Rechtsstellung und Wirkungsweise des Landesrahmenvertrages nach § 79 Abs. 1 SGB XII Grundsatz: Ein Landesrahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII entfaltet keine verbindliche Wirkung für die Vertragspartner nach § 75 Abs. 3 ff. SGB XII. Er unterliegt lediglich einer dienenden Funktion und „lebt“ vor allem vom Grad seiner Akzeptanz bei den Vertragspartnern vor Ort. Nur bei hinreichender Akzeptanz wird er zur Auslegung und Ergänzung von einrichtungs- und dienstebezogenen Vereinbarungen gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII herangezogen werden. Der LRV besitzt keinen normsetzenden Charakter, weil eine allgemeine Verbindlichkeitsklausel fehlt. Aus diesem Grund ist es aus Gründen der Vereinheitlichung und der Vereinfachung zwar wünschenswert, einen geeinten Landesrahmenvertrag zum Gegenstand des konkreten Leistungserbringungsrechts rechts zu machen, nicht aber zwingend erforderlich. Für die Gestaltung des Leistungserbringungsrechts sind im Zweifel ausschließlich die konkreten Inhalte von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen für die Vertragspartner verbindlich. Unabhängig davon kann der LRV außerdem nur auf Grund praktischer Eignung akzeptiert werden. Mit der vertragsrechtlichen Konzeption verlangt der Gesetzgeber zum einen grundsätzlich den Abschluss von Leistungs-, Qualitäts- und Vergütungsvereinbarungen gem. § 75 Abs. 3 SGB XII. Zum anderen vertraut er auf den Abschluss eines durch alle Beteiligten akzeptierten LRV zwischen den kommunalen Landesverbänden und dem überörtlichen Sozialhilfeträger einerseits und den Verbänden der Behindertenhilfe andererseits. Läge eine solche Akzeptanz nicht vor, wäre es durchaus denkbar, ein von den Vertragspartnern vor Ort akzeptiertes anderes Regelwerk zum Gegenstand konkreter und verbindlicher Vereinbarungen zu machen. Sieht man die Regelung des § 79 SGB XII als von § 72 Abs. 2 GG erfasst an, wäre das Rechtsgut gleichwertiger Lebensverhältnisse erst dann bedroht, wenn sich konkret eine Entwicklung abzeichnet, bei der sich die Lebensverhältnisse in den Bundesländern in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinander entwickeln. Ohne rahmenvertragliche Regelung auf Landesebene könnte theoretisch also das Gesamtkonzept der §§ 75 ff. SGB XII gefährdet sein. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat der Bundesgesetzgeber als ultima ratio unter bestimmten Voraussetzungen mit § 81 Abs. 1 SGB XII eine Option für die Landesregierungen geschaffen, ersatzweise eine Rechtsverordnung zu erlassen. Diese allerdings hätte normative Wirkung und würde ggf. die Gestaltungsfreiheit in Bezug auf das Vertragsrecht nach §§ 75 ff. SGB XII auch einschränken. Losgelöst davon könnte eine solche Verordnung auch Konnexitätsansprüche der beauftragten Kommunen aus Art. 49 Abs. 2 LVSH begründen. Bereits wegen dieser bundesrechtlichen Bedeutung sind die Landesrahmenverträge ständig auf ihre Praxistauglichkeit hin zu überprüfen und ggf. entsprechende Ergänzungen, Änderungen und Weiterentwicklungen vorzunehmen. Dieses ist aus praktischer Sicht absolut notwendig und vom Bundesgesetzgeber gewollt, was wiederum bedingt, dass natürlich auch immer wieder eine kritische inhaltliche Betrachtung des LRV stattfindet und im Bedarfsfalle auch zu rechtskonformen Kündigungen führen kann. Schon bei grammatikalischer Auslegung nach dem Wortlaut des § 79 SGB XII ergibt sich eindeutig, dass das Wort „gemeinsam“ bei verständlicher Würdigung nur bedeuten kann, dass alle potenziellen Vertragsparteien sich dem gemeinsamen Ziel der zeitgemäßen Versorgung behinderter Menschen in der Behindertenhilfe verpflichtet fühlen und in diesem Sinne praktikable und finanzierbare Regelungen in dem in Rede stehenden Vertrag einen Rahmen geben. Entgegen dem Sinn des Wortes „schließen“ ist ein Abschluss des LRV aber nicht zwingend. Der Bundesgesetzgeber bringt mit der Wortwahl aber zum Ausdruck, dass er den Abschluss von LRV für sinnvoll hält. Der LRV besitzt keinen normsetzenden Charakter, weil eine allgemeine Verbindlichkeitsklausel fehlt. Ferner besteht auch kein einklagbarer Anspruch auf Beteiligung an rahmenvertraglichen Verhandlungen. Ein nicht für allgemeinverbindlich erklärter LRV darf allerdings nicht zu Lasten nicht beteiligter Dritter gehen. Die Unterzeichnung des Rahmenvertrages durch eine Vertragspartei bindet andere Beteiligte auf Landesebene nicht zwingend. Gleiches trifft auf die Vertragspartner vor Ort zu. Eine Bindungswirkung entsteht also nur dadurch, dass die Vertragsparteien nach § 75 Abs. 3 SGB XII den Inhalt des LRV ganz oder teilweise ausdrücklich auch zum Inhalt der jeweiligen konkreten Vereinbarung machen. Der LRV muss sich, um seine Aufgabe erfüllen zu können, auf wesentliche landesspezifische, akzeptable und vereinbarungsgeeignete Aspekte beschränken. Dieses bedeutet im Kern zweierlei: Zum einen müssen sich die Vertragspartner (auf allen Ebenen) bewusst sein, dass die Leistungs-, Qualitäts- und Vergütungsvereinbarungen und damit auch der LRV nicht Selbstzweck sind, sondern dem Wohl des behinderten Menschen zu dienen haben. Erforderlich ist deshalb ein konsequentes „vom Bürger her Denken“, welches vereint mit dem konsequent wirtschaftlichen Denken zu dem führt, was man als „moderne“ Dienstleistung bezeichnen kann. Zum anderen sollten speziell im LRV auch Detailregelungen vermieden werden, die einrichtungsspezifische Fragen treffen. Ein LRV, der keinen ausreichenden Raum für einrichtungsindividuelle Regelungen vor Ort lässt, dürfte auf Dauer nicht akzeptiert werden und ist daher ungeeignet.