SE Psychologie als Gegenstand des Unterrichts LV-Leiter: Mag. Dr. Tamara Katschnig WS 2008/2009 Johanna Greber Sabrina Gallistl Thema der Psychologiestunde: Kinderzeichnungen Klasse: 7. Klasse AHS Lehrplanbezug: Entwicklungspsychologie: Kinderzeichnungen geben einen Einblick in die kognitive Entwicklung des Kindes. Es kann viel über das „Innere“ des Kindes erfahren werden. Lehrziele: Kenntnisse über die kognitive Entwicklung des Kindes und über die Stadien der kognitiven Entwicklung nach Piaget. Kinderzeichnungen geben Einblick in die Entwicklung eines Kindes, da Zeichnen besonders in der frühen Kindheit als Ausdrucksmittel verwendet wird. Wie kann man Zeichnungen deuten, was sind deren Eigentümlichkeiten? Vorangegangene Stunde: Physiologische Entwicklung; Kognitive Entwicklung: Entwicklungsstadien nach Piaget Nachfolgende Stunde: Sozial-emotionale Entwicklung; Entwicklung der Sexualität Stundenfafel: Zeit 3 min 7 min 10 min 10 min 7 min 10 min 3 min Inhalt Einführung Begrüßung, Verbindung zwischen letzter und aktueller Einheit Hauptteil Phasen der Kinderzeichnung Gruppenarbeit: Analyse von Kinderzeichnungen Präsentation der Gruppenarbeit, Ergänzung vom Lehrer (Zusammenfassung) Die Kinderzeichnung als Test Die Familie in Tieren Abschluss Wiederholung und Festigung Methode Lehrervortrag Medien Klassenbuch Lehrervortrag Tafel Schülergespräch Handout, Impulsmaterial Folien, Handout Schüler- und Lehrergespräch Lehrervortrag Schüler- und Lehrergespräch Lehrervortrag Tafel Folien Quellen: Amann, G./Wiklinger, R. (2000): Abenteuer Psyche. – Wien: Wilhelm Braumüller. Lahmer, K. (2000): Kernbereiche der Psychologie. – Wien: E.DORNER GmbH. Schenk-Danzinger, L. (1988): Entwicklungspsychologie. – Wien: Österreichischer Bundesverlag. Schuster, M. (1990): Die Psychologie der Kinderzeichnung. – Berlin Heidelberg: Springer-Verlag. Meili-Schneebeli, E. (2000): Kinderbilder – innere und äußere Wirklichkeit. Bildhafte Prozesse in Entwicklung, Lebenswelt und Psychotherapie des Kindes. –Basel: Schwabe & Co. AG. http://www.knetfeder.de/kkp/malen.html (12.12.2008). 1 SE Psychologie als Gegenstand des Unterrichts LV-Leiter: Mag. Dr. Tamara Katschnig WS 2008/2009 Johanna Greber Sabrina Gallistl Die Phasen der Kinderzeichnung 1. Die Schmierphase (bis 12. Monate) Das Verschmieren von Brei auf dem Tisch ist schon eine erste Form des Malens. 2. Die Kritzelphase (ca.1-3 Lebensjahr) In dieser Phase kritzelt das Kind aus reiner Freude an der Bewegung des Stiftes und an den Spuren, die diese hinterlässt. Es erlernt in spielerischer Selbstnachahmung die zwei Grundelemente jeder graphischen Darstellung, nämlich den Strich, und, über die Spirale, den Kreis. Das Kind macht die ersten Erfahrungen des "Hinterlassens einer Spur" auf dem Papier und wird sich darüber bewusst, dass diese Spuren aus der eigenen Bewegung heraus entstehen. Das Kind malt unbewusst stark prozessorientiert, hat also kein zeichnerisches Ziel vor Augen. Es erfreut sich der Farben, der eigenen Bewegung, die etwas entstehen lassen kann. Mit einem Jahr können die meisten Kinder einen Stift meist gut genug halten, um ihn auf das Papier zu schlagen – diese Technik nennt man Hiebkritzeln. Gefolgt wird es vom Schwingkritzeln, das ins Kreiskritzeln übergeht. Mit etwa 2 Jahren werden erste Linien gemalt, etwa drei Monate später erklären die meisten Kinder, was ihre Kritzeleien zu bedeuten haben. Dabei interessieren sie sich meist noch nicht für die Farbe und bleiben bei einem Stift, bis sie das Bild zu Ende gemalt haben. Es kommen immer mehrere Elemente gleichzeitig vor. Deren Verteilung auf der Zeichenfläche verändert sich von einer massierten Häufung über eine verstreute Verteilung zu einer bewussten Isolierung in Einzelformen. Diese Phase dient dazu, dass Kinder spielerisch die Grundelemente des Schreibens erlernen. 3. Die Vorschemaphase (ca. ab 4 Jahre) Nachdem nun die Grundelemente erworben wurden, werden sie kombiniert, und zwar zu Gebilden. Das Kind beginnt seine gezeichneten Bilder und Formen gewissen Sachverhalten der visuellen Welt – wie Menschen, Tiere, Häuser, etc. – zuzuordnen. Bestimmte Formen stehen also "symbolisch" für gewisse Gegenstände, z.B. stehen zwei Kreise für ein Auto. In dieser Phase wird sehr häufig der Kopffüßler dargestellt, der lediglich aus zwei Beinen und einem Kopf besteht und das Symbol für die menschliche Figur ist. Außerdem werden nun Farben interessant. Zunächst suchen die Kinder die Farben ganz willkürlich aus. Erst später wählen sie die „richtigen“ Farben, etwa grün für die Wiese, oder braun für den Baumstamm. 4. Schemaphase 1 (5-8 Jahre) Ab dem 5. Lebensjahr sind die Entwicklung von Motiven und die Bildorganisation zu einem vorläufigen Abschluss gekommen. Danach wird das Bild zwar noch detailreicher, aber es treten keine prinzipiell neuen zeichnerischen Ereignisse mehr ein. Trotzdem macht die Kinderzeichnung auf dem Weg zur nächsten Entwicklungsphase noch einige Veränderungen durch. Um den Schuleintritt des Kindes herum gewinnt die Kinderzeichnung an Unverwechselbarkeit. Jedes Kind bildet jetzt seine ganz spezifischen, auf seinem individuellen Erfahrungsschatz beruhenden Formvarianten und Bildkonzepte. Die Kinderzeichnung gewinnt jetzt auch an Ausdruck und Mitteilungsgehalten. 2 SE Psychologie als Gegenstand des Unterrichts LV-Leiter: Mag. Dr. Tamara Katschnig WS 2008/2009 Johanna Greber Sabrina Gallistl Kinder können jetzt schon graphische Konturen malen, z.B. das Gesicht im Profil. Außerdem werden Menschen nicht mehr nur als Kopffüßler, sondern etwas detaillierter dargestellt. Viele Kinder malen sogenannte Transparentbilder, das heißt, man kann das eigentlich nicht sichtbare Innere sehen. Obwohl Menschen Kleider anhaben, kann man ihren Körper erkennen. Die Kleider werden einfach darüber gemalt. Die Größe und Anordnung von Motiven im Bild folgt oft nicht der äußeren, sondern der inneren Realität des Kindes. Jene Anteile der Zeichnung, die dem Kind besonders bedeutsam erscheinen, werden auffallend groß, detailreich oder mittig angeordnet gezeichnet. Schemaphase 2 (ca. 8-12 Jahre) Das zeichnerische Verhalten des Kindes verändert sich noch einmal. Nach dieser Phase hören viele Kinder für immer auf, freiwillig zu malen, sodass die allgemeine Entwicklung der Kinderzeichnung hier als abgeschlossen betrachtet werden muss. Die Bilder der Kinder werden detailreicher, sodass die Ähnlichkeit zwischen dem gezeichneten und dem realen Objekt noch einmal beträchtlich zunimmt. Zunehmend beachtet das Kind die Größenrelationen und Perspektiven in seinem Bild. Weiter vom Betrachter entfernt liegende Objekte werden entsprechend kleiner im oberen Bereich des Bildes dargestellt, das sogenannte "Horizontbild" entsteht. Außerdem versucht das Kind ab etwa 10 Jahren, die dritte Dimension in seine Darstellungen einzubeziehen. 5. Ende der Schemaphase und Jugendalter Die gewählten Themen werden vielfältiger. Jugendliche versuchen in ihren Zeichnungen, die unserer Kultur übliche Zentralperspektive zu bewältigen. Eine kritische Haltung gegenüber eigenen Unzulänglichkeiten entsteht. 3 SE Psychologie als Gegenstand des Unterrichts LV-Leiter: Mag. Dr. Tamara Katschnig WS 2008/2009 Johanna Greber Sabrina Gallistl Eigentümlichkeiten von Kinderzeichnungen 1)Das Kind zeichnet, was es weiß und nicht was es sieht. Beispielsweise werden Menschen, die Bananen gegessen haben, mit Bananen im Bauch gezeichnet. Des Weiteren ist die Kleidung der Person in diesem Fall durchsichtig. (Abb.1) 2) Es kommt zu verschobenen Größenverhältnissen, die abhängig von der Wichtigkeit für das Kind sind. Wenn Kinder ihre Familie zeichnen wird diejenige Person am größten gezeichnet, die für das Kind die meiste Autorität hat. (Abb. 2) 3) Wenn Kinder wichtige Teile in ihrer Zeichnung weg lassen, kann dies zwei Gründe haben: Dies geschieht zum einen wegen der noch unvollständigen teilinhaltlichen Durchgliederung des Wahrnehmungsobjektes, zum anderen werden unangenehme Sachen weg gelassen. Dieses Bild wurde von einem linkshändigen Kind gezeichnet, das zum Schreiben mit rechts gezwungen wurde. Der rechte Arm ist nicht vorhanden, da dieser als unangenehm empfunden wurde. (Abb. 3) 4) Da es für das Kind schwierig ist zeitliche Abläufe in den richtigen Zusammenhang zu bringen, werden nacheinander abgelaufene Ereignisse auf Bildern nebeneinander dargestellt. Das Bild des Ausfluges verdeutlicht dieses Merkmal besonders gut. Alle Ereignisse bis zur Ankunft auf dem Berggipfel sind chronologisch festgehalten. (Abb. 4) 5) Im 6. und 7. Lebensjahr nimmt die Zentralisation in den Zeichnungen stetig zu. Anfangs werden Gegenstände zusammenhanglos nebeneinander angeordnet, während später Zusammenhänge zwischen den Gegenständen deutlich gemacht werden. Diese typische Darstellung zeigt ein Haus neben dem ein Baum sowie Blumen stehen und eine Sonne am Himmel scheint. Mit der Zeit werden auch Personen und ihre Beziehungen zueinander (Familie, Freunde) dargestellt. (Abb. 5) 6) Oftmals enthalten Kinderzeichnungen symbolische Elemente, die Ängste, Bedürfnisse und Konflikte verdeutlichen. 7) Massive Dislokationen (Auge neben Kopf, Fuß neben Bein) können im Symbolstadion vorkommen. Bei älteren Kindern sind sie jedoch ein Hinweis auf eine psychische Störung. 8) Bei der Farbgebung geht es dem Kind um die Freude an der Farbe und nicht um eine reale Darstellung. Farben werden ganz willkürlich gesetzt. 9) Das Hauptmotiv der 5- bis 8jährigen Kinder überall auf der Welt ist das Haus. Es symbolisiert Geborgenheit und stellt den Lebensraum dar. 4 SE Psychologie als Gegenstand des Unterrichts LV-Leiter: Mag. Dr. Tamara Katschnig WS 2008/2009 Johanna Greber Sabrina Gallistl Abb.2 Abb.1 Abb.3 Abb.4 Abb.5 5