SR 246 Sachverhalt

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Landespolizeidirektion
Kriminalpolizeiinspektion Homburg
Kriminalkommissariat Homburg SG 1
Datum: 12.11.2012
VN: 4321/15082012/0030
Sachbearbeiter: PK Dühn
Vermerk
Heute, am Montag, den 12.11.2012 gegen 00.15 Uhr, erreichte uns auf der
Dienststelle der Anruf eines Taxifahrers. Es handelt sich um folgende Person:
Herr Paul Schmidt, Im Gässling 3, 66424 Homburg.
Herr Schmidt teilte sinngemäß folgendes mit:
„Ich habe Nachtschicht. Gerade war ich auf der Fahrt von Zuhause zu meinem
Standplatz am Bahnhof. Dabei fuhr ich an dem Geschäft „Adi’s Lebensmittelmarkt“ in
der Erbacherstraße 87 vorbei. Seit einigen Monaten sind das Geschäft und der
Parkplatz mit einem hohen Zaun umgeben. Aus der Richtung der Lieferantenzufahrt
sah ich plötzlich Blinkzeichen mit einer Taschenlampe. Deshalb hielt ich an. Beim
Aussteigen hörte ich Hilferufe einer männlichen Person aus dieser Richtung.
Allerdings ist das Einfahrtstor zum Geschäftsgelände verriegelt. Da ich zu dick bin,
kann ich auch nicht über den Zaun steigen. Bitte kommen Sie schnell. Ich glaube, da
ist etwas passiert“.
PK Tick und ich begaben uns mit dem Einsatzwagen und Blaulicht zu dem in der
Nähe gelegenen Geschäft. Vor Ort trafen wir auf Paul Schmidt, der mit seinem Taxi
vor dem Eingangstor stand. Aus Richtung der Lieferantenzufahrt sahen wir
Blinkzeichen mit einer Taschenlampe. Auch waren schwache Hilferufe zu hören. Mit
einem Bolzenschneider öffneten wir daher das mit einer Kette und einem
Vorhängeschloss gesicherte Einfahrtstor und begaben uns zur Lieferantenzufahrt.
In der Nähe der Laderampe lag auf dem Boden eine am Kopf stark blutende
männliche Person. Es handelte sich um den Geschäftsinhaber des
Lebensmittelmarkts:
Herr Adalbert Müller, Erbacherstraße 85, 66424 Homburg.
Herr Müller – von allen „Adi“ gerufen – ist in ganz Homburg bekannt. Sein Geschäft
führt er schon mindestens 30 Jahre. Letzte Woche hat er seinen 70. Geburtstag
gefeiert. Nach einem Schlaganfall von vor zwei Jahren kann er nur noch mit einer
Gehhilfe gehen. Ansonsten ist er aber rüstig.
Die Stirn von Herrn Müller wies fast über die gesamte Breite eine Platzwunde auf.
Diese blutete stark. Der Rollator von Herrn Müller lag zwei bis drei Meter entfernt zur
Seite gekippt auf dem Boden. Ebenso lagen dort zwei Kokosnüsse. In der rechten
Hand hielt Herr Müller seine Taschenlampe, mit der er wohl die Blinkzeichen
gegeben hatte. Herr Müller war stark benommen. Angaben konnte er daher keine
machen. Er murmelte immer nur „die Bastarde“ und zeigte auf die in der Nähe
abgestellten Müllcontainer.
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Der Notarzt wurde gerufen. Herr Müller wurde sodann mit Notarzt und
Krankenwagen in die Universitätsklinik hier in Homburg gebracht.
Sodann wurden zur Aufklärung des Tatgeschehens folgende Schritte unternommen:
1. Sofort wurden die Eingangstür zum Geschäft sowie eine Seitentür, welche als
Personaleingang genutzt wird, untersucht. Alle Türen waren verschlossen und ohne
Einbruchsspuren. Gleiches galt für das Rolltor am Lieferanteneingang.
2. Anschließend wurden die Müllcontainer in Augenschein genommen. Es handelte
sich um zwei große grüne Container. Die Klappen hierzu waren jeweils mit einem
Vorhängeschloss gesichert. Beide Vorhängeschlösser waren aufgebrochen. Die
Aufbruchspuren waren frisch. Neben einem Container fand PK Tick eine
Eisenstange, welche offenbar zum „Knacken“ der Schlösser verwendet worden war.
In den Containern befanden sich Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Brot, Brötchen,
aber auch Wurst- und Fleischwaren, Joghurtbecher, Butter (alle mit abgelaufenem
Mindesthaltbarkeitsdatum).
Die Eisenstange und die beiden beschädigten Vorhängeschlösser wurden
sichergestellt. Von der Örtlichkeit wurden Bilder gefertigt (vgl. Lichtbildmappe).
Zwischen den Müllcontainern stand eine große Tragetasche aus Plastik, die mit
folgenden Gegenständen befüllt war:
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Acht Päckchen Butter „Meggle“, je 250 gr. (Haltbarkeitsdatum abgelaufen)
Zehn Packungen Frischkäse „Philadelfia“, je 250 gr. (Haltbarkeitsdatum
abgelaufen)
Drei Packungen Sonntagsbraten, je 750 gr. (Haltbarkeitsdatum abgelaufen)
Zwei Päckchen Eier „Landliebe“, je 12 Stück (Haltbarkeitsdatum abgelaufen)
Fünf Becher Erdbeer-Joghurt „Landliebe“, je 250 gr. (Haltbarkeitsdatum
abgelaufen)
Ein Sack Äpfel „Pink Lady“, 3 kg (Äpfel teilweise mit braunen Flecken)
Zehn Bananen (Schalen braun verfärbt)
Die Tasche war so schwer, dass sie kaum von einer Person angehoben werden
konnte. PK Tick und ich räumten die Tasche daher aus und warfen die Lebensmittel
in den Container. Die Tragetasche wurde sichergestellt. Fotos wurden gefertigt
(Lichtbildmappe).
3. Beim Absuchen des Geländes konnte festgestellt werden, dass der das
Geschäftsgelände umfassende Zaun – Höhe: ca. 2,50 Meter – an einer Stelle im
oberen Bereich niedergedrückt war, so als sei jemand darüber gestiegen. Auch
hiervon wurden Bilder gefertigt (vgl. Lichtbildmappe).
Dühn, PK
Hinweis des LJPA:
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Vom Abdruck des Sicherstellungsprotokolls sowie der gefertigten Lichtbildmappe
wird abgesehen.
Landespolizeidirektion
Kriminalpolizeiinspektion Homburg
Kriminalkommissariat Homburg SG 1
Datum: 13.11.2012
VN: 4321/15082012/0030
Sachbearbeiter: PK Dühn
Vermerk
Eine Nachfrage in der Universitätsklinik in Homburg ergab, dass Herr Müller bereits
gestern Abend hatte entlassen werden können. Er soll heute, wenn möglich,
vernommen werden.
Folgende Verletzungen lagen vor: 10 cm lange Platzwunde auf der Stirn, leichte
Gehirnerschütterung.
Die Platzwunde ist mit 15 Stichen genäht worden. Herr Müller muss noch zur
Nachsorge erscheinen. Hierbei werden auch die Fäden entfernt. Eine sichtbare, nicht
operable Narbe wird wegen der Art der Verletzung an der Stirn zurück bleiben. Die
Platzwunde sowie die Gehirnerschütterung rühren – laut Auskunft des behandelnden
Arztes Dr. Christof Brück – von einem Schlag oder Stoß mit einem stumpfen
Gegenstand gegen die Stirn her.
Wegen der Gehirnerschütterung wurde Herrn Müller eine Woche Ruhe bzw.
Schonung verordnet. Bei Kopfschmerzen soll er ein entsprechendes Schmerzmittel
einnehmen.
Dühn, PK
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Landespolizeidirektion
Kriminalpolizeiinspektion Homburg
Kriminalkommissariat Homburg SG 1
Datum: 13.11.2012
VN: 4321/15082012/0030
Sachbearbeiter: PK Dühn
Vernehmung
Person / Status:
Geburtsdatum/ -ort:
Adalbert Müller / Zeuge
08.08.1942 / Homburg
Ich wurde von der Polizei belehrt, dass ich hier als Zeuge zur Sache aussagen soll. Mir wurde
erklärt, dass ich wahrheitsgemäße Angaben machen muss. Ich habe auch verstanden, dass ich
auf solche Fragen die Aussage verweigern darf, sollte ich damit mich selbst oder einen
Angehörigen einer Straftat bezichtigen. Weiterhin wurde mir erklärt, dass ich jederzeit einen
Anwalt zu Rate ziehen kann.
Ich wurde belehrt, dass ich mich aufgrund einer unwahren Aussage strafbar machen kann. Ich
mache mich strafbar, wenn ich mit meiner Aussage eine Person wider besseres Wissen
verdächtige, eine Straftat vortäusche oder vereiteln möchte. Ferner wurde ich dahingehend
belehrt, dass ich nicht verpflichtet bin, bei der Polizei Angaben zu machen und, falls ich mich
bei der Polizei nicht äußere, durch die Staatsanwaltschaft vorgeladen und im Falle eines
unentschuldigten Ausbleibens zu dem Vernehmungstermin polizeilich vorgeführt werden kann.
„Mir geht’s jetzt wieder ganz gut. Ich habe noch etwas Kopfweh. Die Ärzte sagen, ich
hätte nur eine Platzwunde an der Stirn und eine leichte Gehirnerschütterung. Ein
ärztliches Attest reiche ich nach.
Zu gestern Nacht kann ich nicht viel sagen. Ich saß am Sonntagabend lange vor dem
Fernseher und wollte dann gegen Mitternacht zu Bett gehen. Plötzlich hörte ich
Geräusche von meinem Geschäftsgelände, das neben meinem Privathaus liegt. Mit
meinem Rollator machte ich mich auf den Weg, um nachzusehen. Eine
Taschenlampe hatte ich eingesteckt.
Neben dem Haupteinfahrtstor zu dem umzäunten Gelände gibt es noch eine Tür im
Zaun, so dass ich direkt von meinem Wohnhaus zum Geschäft gelangen kann. Denn
ich bin seit einiger Zeit auf den Rollator angewiesen, ohne den ich weiter kaum
gehen kann.
Als ich im Bereich der Lieferantenzufahrt um die Ecke bog, sah ich drei Gestalten,
die sich an den Müllcontainern zu schaffen machten. Sie sahen mich wohl zunächst
nicht. Ich rief ihnen laut zu: „Was macht Ihr da!“. Sie schienen erschrocken. Einer ließ
noch etwas fallen, dann rannten alle Richtung Zaun davon. Ich konnte sie nicht
einholen, denn sie waren zu schnell. Erkennen konnte ich sie aber auch nicht, da sie
Kapuzenpullis trugen und die Kapuzen über den Kopf gezogen hatten.
Als ich gerade die Müllcontainer erreicht hatte, traf mich ein heftiger Schlag gegen
die Stirn. Mir wurde schwarz vor Augen und ich stürzte wohl. Als ich wieder zu mir
kam, lag ich auf dem Boden. Mir war übel und mein Gesicht war voller Blut.
Aufstehen konnte ich nicht. Ich kramte meine Taschenlampe hervor und gab den
vorbeifahrenden Autos Lichtzeichen. Irgendwann machte einer halt und ich rief um
Hilfe. Kurz später kam auch schon die Polizei und dann der Krankenwagen.
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Ich habe vor einigen Monaten einen Zaun um mein Geschäft bzw. das Gelände
errichten lassen. Denn es war so, dass der Vandalismus zugenommen hatte. Es
wurden Graffitis am Gebäude gemacht, Türen und Fenster beschmiert,
Werbeplakate abgerissen usw. Daneben nahm auch das sog. „Mülltauchen“ zu.
Deshalb habe ich letzte Woche auch noch Vorhängeschlösser anbringen lassen. Das
„Mülltauchen“ oder „Containern“ ist nämlich so eine Sache, die ich nicht so gerne
sehe. Die Leute wühlen nachts in den Containern herum, in denen ich die
Lebensmittel entsorge, um sich damit zu versorgen. Es handelt sich um nicht mehr
verkäufliches Brot, Obst und Gemüse sowie um abgelaufene Lebensmittel (Wurst,
Käse, Joghurt, Butter, Eier usw.). Man kann sicherlich noch vieles davon essen. Aber
gekauft wird es halt nicht mehr, wenn beispielsweise das Brot einige Tage alt ist oder
das Obst Flecken aufweist, das Mindesthaltbarkeitsdatum bei abgepackten Waren
überschritten ist usw.
Deshalb muss ich das Zeug entsorgen. Ich zahle ein Entgelt an ein
Entsorgungsunternehmen, die Firma Paulus GmbH, das die Container abgeholt und
zur Müllverbrennungsanlage nach Neunkirchen fährt. Aus den erwähnten Gründen
habe ich den Zaun errichten lassen und Schlösser an den Müllcontainern
angebracht. Wie gesagt, vieles, was ich in den Müllcontainern entsorge, kann man
sicherlich noch essen. Aber ich kann das „Containern“ trotzdem nicht zulassen! Zum
einen wirkt sich das negativ auf meinen Umsatz aus. Denn was die Leute aus den
Containern herausnehmen können, wird nicht mehr gekauft. Zum anderen sind ja
auch verdorbene Sachen darunter. Wenn da jemand erkrankt, bin ich unter
Umständen haftbar.
Ich könnte mir vorstellen, dass heute Nacht solche „Mülltaucher“ zugange waren.
Wenn mir nun gesagt wird, dass zwischen den Containern eine große Tragetasche
mit abgelaufenen Lebensmitteln abgestellt war, so kann ich sagen, dass diese weder
von mir noch vom Personal dort abgestellt worden ist.
Ich stelle Strafantrag!“
geschlossen:
Dühn
(Dühn, PK)
selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben:
Müller
(Adalbert Müller)
Hinweis des LJPA:
Vom Abdruck des ärztlichen Attests wird abgesehen. Es bestätigt die im Vermerk
und in der Zeugenaussage wiedergegebenen Verletzungen.
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Landespolizeidirektion
Kriminalpolizeiinspektion Homburg
Kriminalkommissariat Homburg SG 1
Datum: 14.11.2012
VN: 4321/15082012/0030
Sachbearbeiter: PK Dühn
Vermerk
1. Gestern berichtete die SAARBRÜCKER ZEITUNG in ihrem Regionalteil über den
Vorfall in der Nacht von Sonntag auf Montag, den 12.11.2012.
Unter der Überschrift „Dreister nächtlicher Überfall auf „Adi’s Lebensmittelmarkt“ wird
berichtet, dass bislang unbekannte Täter den Zaun zu dem Gelände des
Lebensmittelmarkts überstiegen hätten, um zu „containern“. Hierbei seien sie vom
Geschäftsinhaber erwischt worden, hätten diesen niedergeschlagen und dann das
Weite gesucht.
2. In der Polizeidienststelle erscheint heute
Herr Hartmut Feldmann, wohnhaft Ringstraße 23, 66424 Homburg,
und gibt sinngemäß folgendes an:
„Gestern Nachmittag habe ich in der Zeitung den Artikel über den Überfall auf „Adi‘s
Lebensmittelgeschäft“ gelesen und möchte deswegen eine Anzeige erstatten.
Ich hatte gestern Abend das Smartphone meines Neffen in der Hand. Mein Neffe
wollte, dass ich mir darauf Aufnahmen von einem Rock-Konzert ansehe, das er
kürzlich besucht hatte. Zufällig sah ich dann noch andere Bilder, die sicherlich nicht
für mich bestimmt waren. Und zwar handelte es sich um drei Aufnahmen. Eines
zeigte meinen Neffen mit seinen beiden Freunden nachts am Zaun vor „Adi‘s
Lebensmittelmarkt“. Alle trugen Jeans und Kapuzenpullis. Obwohl die Kapuzen über
den Kopf gezogen waren, konnte ich die Gesichter erkennen. Auf dem nächsten Bild
war zu sehen, wie zwei von ihnen den Zaun überstiegen. Das dritte Bild zeigte einen
geöffneten Müllcontainer, in dem viele Lebensmittel lagen.
Ich befürchte nun, dass mein Neffe und seine beiden Freunde etwas mit dem
Überfall zu tun haben. Zunächst habe ich mir überlegt, meinen Neffen direkt darauf
anzusprechen. Aber dann dachte ich mir, ein Überfall mit einem Verletzten ist kein
Kavaliersdelikt. Das ist Sache der Polizei und deshalb bin ich damit zu Ihnen
gekommen, auch wenn es sich um meinen Neffen handelt, den ich eigentlich nicht
„anschwärzen“ müsste. Aber es ist besser, Sie kümmern sich darum. Ich werde
später mit meinem Neffen über die Sache reden.
Bei meinem Neffen handelt es sich um
Kevin Rauber, geb. 15.03.1989 in Homburg, wohnhaft Parallelstraße 14,
66424 Homburg.
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Er studiert Medizin hier in Homburg und wohnt im Nachbarhaus in einer
Wohngemeinschaft mit seinen beiden Freunden, die ebenfalls auf den Bildern zu
sehen waren.
Es sind:
Marvin Keller, geb. 01.01.1989 in Homburg,
und
Sebastian Pritz, geb. 18.11.1989 in Homburg,
beide ebenfalls unter der Anschrift wie mein Neffe wohnhaft.
Die drei sind schon seit dem Kindergarten, den sie gemeinsam besuchten, dicke
Freunde und haben sich oft in Kevins Elternhaus getroffen. Auch Marvin und
Sebastian studieren Medizin hier in Homburg. Deshalb haben sie sich
zusammengetan und gemeinsam eine Wohnung angemietet. Ich kenne alle drei
ebenfalls sehr lange, da ich neben meiner Schwester wohne und die drei dort noch
immer ein und ausgehen.
Es tut mir zwar leid, sie nun bei der Polizei wegen der Sache anzeigen zu müssen.
Aber bei einem Überfall hört die Freundschaft bzw. Verwandtschaft auf!
Ich bin jetzt in Eile, aber jederzeit bereit, auch eine Zeugenaussage zu meinen
Beobachtungen zu machen, wenn dies noch erforderlich sein sollte.“
3. Aus Zeitgründen wurde mit Herrn Feldmann für den nächsten Tag ein Termin zur
Vernehmung als Zeuge vereinbart.
4. Nachdem Herr Feldmann gegangen war, suchten PK Tick und ich umgehend die
Anschrift von Kevin Rauber auf, um ihn mit dem angezeigten Sachverhalt zu
konfrontieren. Er kam gerade von einer Vorlesung an der Uni nach Hause. Wir
erklärten ihm, dass er in Verdacht stehe, etwas mit dem Überfall auf „Adi‘s
Lebensmittelmarkt“ zu tun zu haben, und baten ihn, zum Polizeirevier mitzukommen,
um eine Aussage zu machen, wozu er sich bereit erklärte.
Dühn, PK
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Landespolizeidirektion
Kriminalpolizeiinspektion Homburg
Kriminalkommissariat Homburg SG 1
Datum: 14.11.2012
VN: 4321/15082012/0030
Sachbearbeiter: PK Dühn
Vernehmung
Person / Status:
Kevin Rauber / Beschuldigter
Geburtsdatum/ -ort: 15.03.1989 / Homburg
Als Beschuldigter haben Sie das Recht, keine Angaben zur Sache zu machen. Sie können sich
aber äußern. Sie können jederzeit, auch jetzt schon, einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen,
befragen und Sie können auch Beweisanträge stellen. D.h., wenn Sie jemanden benennen
können, der Sie auch entlasten kann, dann können Sie das hier gerne sagen.
„Ich will Angaben machen. Von dem Überfall auf „Adi‘s Lebensmittelmarkt“ am
12.11.2012 habe ich gehört. Das stand ja auch lang und breit in der Zeitung. Den
Lebensmittelmarkt von Adalbert Müller kenne ich sehr gut, da ich dort früher häufig
für meine Eltern eingekauft habe. Aber mit dem Überfall habe ich überhaupt nichts zu
tun. Ich weiß auch gar nicht, wie die Polizei hierauf kommt.
Vorhalt: Es soll Bilder geben, die Sie mit Ihren beiden Freunden Marvin und
Sebastian am Tatort zeigen; auch wie dort eingedrungen wurde. Was sagen
Sie dazu?
Soweit
ich
weiß,
gibt
es
bei
„Adi‘s
Lebensmittelgeschäft“
keine
Überwachungskameras. Was soll das mit den Bildern? Sie wollen mich doch bloß
aufs Glatteis führen!
Vorhalt: Nochmals: Es soll Bilder geben, die Ihre Freunde und Sie am Tatort
zeigen. Auch sollen die Bilder das Überklettern des Zaunes zeigen.
Also gut, ich packe aus! Wir waren das, also der Marvin Keller, Sebastian Pritz und
ich. Die Sache tut uns im Nachhinein wahnsinnig leid und ich habe deswegen ein
ziemlich schlechtes Gewissen.
Es ist so, dass wir drei gerne auf Rock-Konzerte von berühmten Bands gehen. Das
kostet aber ziemlich viel Geld und wir finanzieren alle drei unser Studium nur mit
„BaföG“. Unsere Eltern können uns leider auch nicht unterstützen. Durch einige
Zeitungsbeiträge sind wir auf die Idee gekommen, das Geld für Lebensmitteleinkäufe
einzusparen, wenn wir „containern“, also noch essbare Lebensmittel aus den
Müllcontainern heraussuchen. Daneben finden wir drei es aber auch echt nicht gut,
wenn essbare Lebensmittel einfach so weggeworfen werden. In entsprechenden
Publikationen kann man nachlesen, dass alleine in Deutschland jährlich bis zu 20
Millionen Tonnen Lebensmittel in Containern entsorgt werden, obwohl diese noch
grundsätzlich essbar sind. Das geht doch nicht, wenn man bedenkt, wie viele
Menschen auf der Welt hungern bzw. verhungern! Deshalb finden wir es nicht
schlimm, wenn wir „containern“ und damit unsere Konzertkasse etwas aufbessern
können.
Nun zu der Nacht zum 12.11.2012: Seit einiger Zeit ist „Adi‘s Lebensmittelgeschäft“
eingezäunt. Daher mussten wir über den Zaun klettern. Wir hatten eine große
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Plastiktragetasche dabei, die gefüllt werden sollte. Als wir an die Container kamen,
stellten wir fest, dass Vorhängeschlösser angebracht waren, die früher dort nicht
hingen. Uns war schon klar, dass es „Adi“ nicht passte, wenn wir uns an seinen
wertlosen Lebensmitteln vergreifen, aber das war uns egal.
Sebastian fand dann eine Eisenstange im Bereich der Laderampe. Damit brachen wir
die Schlösser auf und legten die Eisenstange dann beiseite. Danach fingen wir an,
die große Tasche voll zu räumen. Auch steckten wir uns Butterpäckchen in die
Taschen unserer Pullis. Die Kapuzen hatten wir über den Kopf gezogen, so dass wir
im Falle einer Entdeckung unerkannt hätten flüchten können. Während wir am
Suchen und Räumen waren, kam der „Adi“ mit seinem Rollator um die Ecke und
brüllte uns an. Sofort rannten wir los, um nicht geschnappt zu werden. Wir mussten
ja damit rechnen, dass er schon die Polizei verständigt hatte. Die schwere Tasche
ließen wir zurück. Die hätte man zu zweit tragen müssen. Auch hätte es gedauert,
die Tasche über den Zaun zu heben.
Beim Loslaufen hatte ich noch zwei Kokosnüsse in der Hand, die ich kurz zuvor aus
einem Container herausgewühlt hatte. Vor lauter Schreck war ich mit denen
losgelaufen. Beim Zaun angekommen, konnte ich sie nicht einstecken, da sie zu
groß waren. Beim Klettern waren sie aber hinderlich. Da ich mich über das plötzliche
Erscheinen von „Adi“ sehr erschrocken, aber auch geärgert habe, warf ich die
Kokosnüsse kurzerhand in seine Richtung, um sie los zu werden. Ehrlich gesagt, war
es mir egal, ob ich ihn treffe und verletze, aber mir war schon klar, dass ich ihn
treffen konnte. Ich war aufgebracht und habe die Kokosnüsse in seine Richtung
geworfen. Alles andere war mir egal. Wenn ich nun höre, dass „Adi“ stärker verletzt
wurde und eine Narbe an der Stirn zurückbehält, tut mir das leid. Das habe ich nicht
gewollt.
Frage: Waren die Würfe mit den anderen abgestimmt?
Nein. Das war alleine meine Sache. Sebastian und Marvin hatten damit nichts zu tun.
Die haben auch später mit mir geschimpft, weil ich mit den Nüssen geworfen habe.
Am besten besuchen wir drei den „Adi“ und entschuldigen uns bei ihm.
Frage: Was hattet Ihr in den Taschen, als Ihr losgelaufen seid?
Jeder hatte zwei Päckchen Butter „Meggle“ in der Tasche. In den Containern war viel
abgelaufene Butter. Deshalb hatten wir welche in die Tragetasche gepackt und uns
auch welche in die Taschen gesteckt. Jeder zwei Päckchen, wie gesagt.
Anschließend zuhause haben wir uns noch über die „magere“ Ausbeute geärgert.
Frage: Wie oft habt Ihr schon vorher in „Adi‘s Lebensmittelmarkt“ bzw. in
anderen Märkten „containert“?
Dazu sage ich nichts! Im Übrigen möchte ich nochmals betonen, dass ich das
„Containern“ nicht schlimm finde. Denn es wird zuviel weggeworfen. Das muss nicht
sein. Wenn die Sachen, die in Containern entsorgt werden, essbar sind, sollte man
sie nicht wegwerfen. Ich stehe daher zu dem, was ich getan habe und werde mich
einem Strafverfahren stellen.“
geschlossen:
selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben:
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Dühn
(Dühn, PK)
Rauber
(Kevin Rauber)
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Landespolizeidirektion
Kriminalpolizeiinspektion Homburg
Kriminalkommissariat Homburg SG 1
Datum: 16.11.2012
VN: 4321/15082012/0030
Sachbearbeiter: PK Dühn
Ermittlungsvermerk
1. Der Zeuge Hartmut Feldmann ist zum vereinbarten Vernehmungstermin am
15.11.2012 nicht erschienen. Als ich ihn telefonisch erreichte, teilte er mit, nun nicht
mehr als Zeuge aussagen zu wollen. Denn es ginge immerhin um seinen Neffen. Da
bräuchte er ja ohnehin nichts zu sagen. Zudem habe er gehört, dass sein Neffe alles
zugegeben habe, seine Aussage also gar nicht mehr erforderlich sei.
2. Die Beschuldigten Marvin Keller und Sebastian Pritz wurden gestern zu einer
Beschuldigtenvernehmung geladen. Beiden riefen kurz vorher an und teilten mit, bei
der Polizei nicht aussagen zu wollen. Außerdem habe ihr Freund Kevin doch schon
reinen Tisch gemacht und alles Wesentliche gesagt. Dem sei nichts hinzuzufügen.
3. Für den Beschuldigten Kevin Rauber hat sich ein Verteidiger bestellt, wie sich aus
dem anwaltlichen Schreiben, das heute Morgen eingegangen ist, ergibt.
4. Nach Kenntnisnahme des anwaltlichen Schreibens setzte ich mich telefonisch mit
dem zuständigen Bereitschaftsstaatsanwalt Simon in Verbindung. Nach Erörterung
des Sachverhalts beantragte dieser beim Amtsgericht Homburg den Erlass eines
Durchsuchungsbeschlusses, welcher antragsgemäß erlassen und per Fax an die
Polizeidienststelle übermittelt wurde. Die anschließende Durchsuchung der von dem
Beschuldigten Kevin Rauber bewohnten Räume verlief ergebnislos. Dessen
Smartphone mit den Bildern, von denen sein Onkel berichtet hatte, konnte nicht
aufgefunden werden.
Dühn, PK
Hinweise des LJPA:
1. Der Beschluss des Amtsgerichts, von dessen Abdruck abgesehen wird, und die
Durchsuchung waren ordnungsgemäß.
2. Die Akten wurden am 23.11.2012 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken zur
weiteren Veranlassung übersandt. Von dort wurde dem Akteneinsichtsgesuch des
Verteidigers entsprochen.
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Rechtsanwalt Jörg Temming
Strafverteidiger
Vorab per Fax
Landespolizeidirektion
Kriminalpolizeiinspektion Homburg
Kriminalkommissariat Homburg SG 1
Vogelstraße 17
66424 Homburg
Ihre Zeichen, Ihre Nachricht vom
Unser Zeichen, unsere Nachricht vom
4321/15082012/0030
12/0234 jt
Telefon, Name
Datum
16.11.2012
Sehr geehrter Herr Dühn,
in dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Kevin Rauber u.a.
zeige ich unter Beifügung einer Vollmacht an, dass ich die Verteidigung des
Beschuldigten Kevin Rauber übernommen habe.
Der Beschuldigte sowie sein Onkel Hartmut Feldmann haben mir von den bisherigen
Ermittlungen berichtet. Hierzu ist folgendes zu sagen:
Der Onkel meines Mandanten ist bei seinen Angaben, die er bei der Polizei gemacht
hat, nicht belehrt worden. Wäre dies geschehen, hätte er es sich unter Umständen
überlegt und nicht von den Bildern auf dem Smartphone seines Neffen erzählt.
Das Handy meines Mandanten ist im Übrigen am Wochenende verloren gegangen
und nicht mehr auffindbar.
Einer Verwertung der Aussage meines Mandanten wird widersprochen. Die
Vernehmung war nicht ordnungsgemäß, denn seitens der Polizei wurde suggeriert,
es lägen belastende Fotos vor. Mithin wurde mein Mandant getäuscht, so dass seine
Angaben nicht verwertbar sind. Mein Mandant widerruft daher seine Aussage und
macht Gebrauch von seinem Aussageverweigerungsrecht.
Abschließend wird um die Gewährung von Akteneinsicht gebeten.
Mit freundlichen Grüßen
Temming
Rechtsanwalt
SÄBENERSTRAßE 119, 66111 SAARBRÜCKEN,  0681 / 87007
KTO.NR. 987-555, BLZ 59050444 (SPARKASSE SAARBRÜCKEN)
13
Vermerk für die Bearbeitung
1. Der Sachverhalt ist hinsichtlich der Beschuldigten Kevin Rauber, Marvin
Keller und Sebastian Pritz aus staatsanwaltlicher Sicht strafrechtlich und
strafprozessual zu begutachten.
2. Die Entschließung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, die am 14.01.2013
ergeht, ist zu entwerfen.
3. Im Fall der Erhebung einer Anklage ist die Darstellung des wesentlichen
Ergebnisses der Ermittlungen erlassen. Der Entwurf ist auf den Anklagesatz
einschließlich der anzuwendenden Vorschriften, jedoch ohne nähere Angaben
zu den Personalien, zu erstrecken. Eine Begleitverfügung ist nicht zu fertigen.
4. Im
Fall
einer
vollständigen
Einstellung
des
Verfahrens
ist
eine
Einstellungsverfügung zu fertigen.
5. Sollten weitere Ermittlungen für erforderlich gehalten werden, so ist zu
unterstellen, dass diese durchgeführt worden sind, aber keine weiteren
Erkenntnisse gebracht haben.
6. Die Formalien (Ladungen, Zustellungen, Vollmachten, Belehrungen und
Unterschriften) sind in Ordnung, soweit sich aus dem Aktenauszug nichts
Gegenteiliges ergibt; Zuständigkeitsvorschriften sind eingehalten.
7. Straftaten außerhalb des Strafgesetzbuchs und Ordnungswidrigkeiten sind
nicht zu prüfen.
8. Der
Bundeszentralregisterauszug
weist
für
die
Beschuldigten
keine
Eintragungen aus.
9. Von den §§ 153 – 154 e, 407 ff. StPO ist kein Gebrauch zu machen. Ein
Verweis auf den Privatklageweg ist ausgeschlossen.
10. Alle für die Fallbearbeitung relevanten Tat- und Wohnorte liegen in der
saarländischen Stadt Homburg. Homburg hat ein Amtsgericht und liegt im
Bezirk
des
Saarbrücken.
Landgerichts
Saarbrücken
sowie
der
Staatsanwaltschaft
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