Dreifaltigkeitsfest

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Predigt am Dreifaltigkeitsfest, Sonntag 15. Juni 2003, in St. Michael
Liebe Gemeinde!
Das Dreifaltigkeitsfest beschließt wie ein gewaltiger Schlußakkord den Reigen der Erinnerungsfeste
an die Heilstaten und Heilszusage unseres Gottes, an die wir uns vom Advent bis Pfingsten erinnern.
Aber dieser Schlußakkord hat nie eine ähnliche Popularität und ein vergleichbares Brauchtum
erhalten wie etwa Ostern oder gar Weihnachten.
Das ist in gewisser Weise verständlich, weil es nicht eine konkrete Lebensstation Jesu erinnert, weil
es - scheinbar zumindest - abstrakter ist, spekulativer, etwas für theologische Spitzfindigkeiten, die
sich nie erschöpfen - ganz so nach dem Bild, nach der Szene, die uns vom heiligen Augustinus, der
bekanntlich ein großes Werk über die Dreifaltigkeit geschrieben hat, überliefert wird: Augustinus
entdeckt am Strand einen Jungen (oder einen Engel), der mit einer Muschel Wasser aus dem Meer
in eine kleine Sandgrube schöpft. Der Theologe fragt das Kind, was es da tue. Ich schöpfe das Meer
in die Sandgrube. Darauf Augustinus: Das wird dir wohl nicht gelingen. Und die Antwort des Knaben:
Genauso wenig wie es dir gelingen wird, das Geheimnis Gottes zu ergründen. Ein Gott in drei
Personen - wie soll sich das denken lassen. Mehr noch: Stört das nicht eher im Dialog mit
Angehörigen anderer monotheistischer Religionen - Muslimen etwa, die uns vorhalten, wir seien mit
unserer Rede vom dreieinen Gott vom Ein-Gott-Glauben weggekommen
Das Dreifaltigkeitsfest also etwas für Insider, für die, die sich berufsmäßig mit Dogmatik beschäftigen,
ein wenig abgehoben, ohne konkrete Verortung?
Das stimmt nach dem heutigen Evangelium so nicht: dieses Fest hat eine Verortung, eine sehr
konkrete, eine sehr nahe am Leben der einzelnen Christin, des einzelnen Christen sogar, eine
Verortung, die sehr viel und ganz zentral mit unserem Leben, mit unserem Christsein zu tun hat: die
Taufe. Wir sind aufgenommen in die Gemeinschaft mit Gott, in die Gemeinschaft der Kinder und
Erben Gottes durch den Namen des dreifaltigen Gottes, durch einen Gott, von dem wir mit dieser
Dreifaltigkeit aussagen, daß er wesentlich Beziehung, Zuwendung ist, nicht irgendwo fern entrückt,
sondern wir in seiner Gemeinschaft, er ganz zugewendet zum Leben, zu den Freuden, zu den Leiden
der Menschen.
Das ist kein abstrakter Gott, der die Israeliten in der heutigen ersten Lesung an die Geschichte
erinnert. Auf dem Weg der Menschen zur Erkenntnis, daß Gott einer ist, steht der Hinweis, diesen
einen im Erlebten zu suchen, in den Geschichten und in der Geschichte der Gemeinschaft, ein Gott
im Himmel und auf der Erde, ein Gott, der besorgt ist um das Wohlergehen der Menschen. Er
engagiert sich eifernd und zielstrebig. Er zieht mit seinem Volk durch dick und dünn, er ist brennend
nahe, er ist da, lebt und leidet mit dem Volk.
Darf man so menschlich von diesem Gott sprechen? Die Bibel kennt das Bilderverbot und diese so
ganz konkrete Rede von Gott. Diese schockierende Art, von Gott‚ offenbarend als dem nahen zu
reden, wurde gelegentlich vom Übereifer für dogmatische Definitionen in den Hintergrund gedrängt.
Der Gott dieses Festes spricht aber nicht durch komplizierte Formeln und Erklärungen, sondern er
offenbart sich in dem, was seinem Volk widerfährt. Die Verhältnisse in Mesopotamien, der Heimat
Abrahams, und ihre religiösen Praktiken, die in den Augen Abrahams der vernunft entbehrten,
wurden zur Stimme Gottes. Und Abraham hat sie gehört. Die Unterdrückung der Israeliten in Ägypten
wurde zur Stimme Gottes. Und Mose hat sie gehört und verstanden. Später, als es in Israel Könige
gab und mit ihnen die Macht der Herrschenden wie überall den Ton angab, standen Männer auf, die
sagten: So nicht! "Siehe da, der Rechtlose schreit!"
Allein die Geschichte, beginnend mit der Schöpfung über Abraham, die Propheten, über Jesus, über
die neutestamentlichen Gemeinden, die vielen christlichen Gemeinden, die daraus erwachsen sind,
ist der Zugang zu diesem Gott, auch zur wenigstens anfanghaften Erkenntnis dieses Gottes, um die
wir immer wieder ringen, auch wenn wir nicht berufsmäßig damit zu tun haben. Mit den vermittelten
Gottesbildern, mit unserem Gottesbild werden wir uns zwangsläufig immer wieder auseinandersetzen
müssen, wenn wir in einer lebendigen Beziehung zu Gott bleiben wollen.
Die Rede vom dreifaltigen Gott handelt nicht von einem fernen Gott, sondern zeigt gerade den Gott,
der in die Welt drängt, der sich mit seinem Geist einmischt durch die Propheten, die es zu allen
Zeiten gab, in Jesus, der sich einmischt in die Geschichte.
Gott ist seinem Wesen nach Gemeinschaft und Nähe, Leben, das sich mitteilt.
Wir sind als Abbild dieses Gottes geschaffen, auf diesen Gott hin getauft. Gott bemüht sich und
versucht immer wieder die im Menschen vorhandene Anlage zum Tragen, zur Wirksamkeit zu
bringen: daß er zur Gemeinschaft mit Gott und untereinander geführt wird.
Die Kenntnis von dem ganz anderen Gott, der mit der Welt ist und doch nicht Teil der Welt ist, ist
immer verbunden mit einer neuen Lebensweise, mit einem neuen Zusammen von Menschen, das
etwas von der Art dieses Gottes anzeigt. So wie sein eigenes Kennzeichen geteiltes Leben ist, gilt
dieses Kennzeichen auch für die, die zu ihm gehören. Für Israel gibt es keine Zufälle oder
Schicksalschläge. Alle Ereignisse werden zur An-Rede Gottes an sein Volk, die Konsequenzen hat:
umkehren zum Hören, sich wieder sammeln, zusammenbleiben und keine Ungerechtigkeit
untereinander dulden.
Jesus hat diese neue Lebensweise praktiziert und verkörpert wie kein anderer. Der gegenseitige
Dienst steht über allem. Und er sit getragen von der ständigen und innigen Zwiesprache mit dem
Vater, zu dem er den Menschen ein inniges Miteinander weist: unser Vater, wir die Erben Gottes.
Eines Gottes, den viele ablehnen, weil er für sie eine Welt des Zwanges, der Verbote und Blockaden
verkörpert, nicht eine Chance der Befreiung, weil sie meinen, sie müßten ihn im Namen der
Menschlickeit ablehnen. Das muß uns zu denken geben: Als Getaufte präsentieren wir sein Bild. Wie
sieht das Gesicht Gottes aus, das wir der Welt vorstellen?
Geben auch wir mißverstandene und mißverständliche Gottesbilder weiter, die Religion zur
Herrschaft über die Mitmenschen gebrauchen oder die meinen, man könne eine Messe lesen lassen,
damit die Aktienkurse wieder steigen?
Präsentieren wir den Gott, der seine Sache den Menschen anvertraut hat? den Gott, der nur sichtbar
und hörbar ist, wenn ihm die Gemeinschaft seiner Gläubigen Gestalt und Stimme verleiht. Darin liegt
unsere Verantwortung: Zeigen wir möglichst vielen Menschen den Gott der Zuwendung zur Welt und
zum anderen, den Gott, der das Leben verwandelt, den wir nicht ausschöpfen können, so wie wir das
Meer nicht in eine kleine Grube umfüllen können, für den wir aber offen sein, den wir auskosten
sollen, zu dem wir Du sagen dürfen, zu dem wir von unserem Leben sprechen dürfen...
Fürbitten
Wir wollen den dreifaltigen Gott, den Schöpfer, den Erlöser, den Vollender anrufen, zu ihm von
unserem Leben sprechen:
- Stille: jede und jeder kann sich besinnen auf die Stimme Gottes in ihrem/seinem Leben
- Vater, du hast unsere Welt erschaffen und dir ein Volk erwählt. Schenke deinem Volk aus Juden
und Heiden die Einheit, dass es ein Segen für die Völker sei und so Zeugnis gebe von dir
- Herr Jesus, du zeigst uns den Weg zum Vater. Hilf uns unser Erbe verantwortlich zu verwalten und
unserer Zeit die Ankunft des Gottesreiches glaubhaft zu verkünden
- Heiliger Geist, du bist dem Gottesvolk als Tröster und Beistand gesandt. Entzünde und bewahre in
uns die Leidenschaft, mit der Gott sich seiner Schöpfung und den Geschöpfen zuwendet, damit der
Lobgesang auf die neuen Taten Gottes auch unsere Zeit erfülle.
Du hast den Geist deines Sohnes in unsere Herzen gelegt und uns zu deinen Kindern berufen. Wir
vertrauen auf deine Güte und preisen dich. Amen
Begrüssungstext
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, auf den Namen des dreifaltigen
Gottes sind wir einst getauft worden. Der Gott, der in seinem ganzen Wesen Zuwendung, Beziehung,
Austausch, mitgeteiltes Leben ist, hat uns sein Mitgehen, sein Bei-uns-sein zugesagt. darum
kommen wir hier zusammen, dafür danken wir.
Für diesen Gott sollen wir Zeugnis ablegen, für diesen Gott, der mit seinem Geist den Menschen
ganz nahe sein will, dessen Herrlichkeit in der Erniedrigung aufleuchtet, der danach brennt, die
Mensche zur Freiheit der Kinder Gottes zu führen.
Zu diesem Gott rufen wir im Kyrie
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