Material Grundrechte im DDR und Verhaeltnis SED MR

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Grundrechte im DDR-Sozialismus. Der Kommentar eines Juristen zum
Entwurf der neuen DDR- Verfassung 1968
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Auch eine Charakterisierung des Wesens der sozialistischen Grundrechte und
Grundpflichten des Bürgers muß stets mit der Frage verbunden sein, wer die
politische und ökonomische Macht ausübt und wem sie zu dienen hat. Weil
aber unter sozialistischen Bedingungen die Macht der Werktätigen auch den
Inhalt der Grundrechte und Grundpflichten, ihrer Verankerung,
Verwirklichung und Gewährleistung bestimmt, widerspiegeln auch sie in ihrer
Gesamtheit alle wesentlichen Seiten der Stellung des Bürgers in der
sozialistischen Gesellschaft. [...]
So zeigt und verbürgt der Verfassungsentwurf mit den Grundrechten und
Grundpflichten jedem Bürger reale Wege, wie er durch sein bewußtes Handeln
gleichermaßen zur Entwicklung der Gesellschaft und seiner Persönlichkeit
beitragen kann und soll. Jedes Grundrecht und jede Grundpflicht verkörpert
ein objektives Erfordernis für diese sich wechselseitig bedingende
Entwicklung. Die Verfassungskonzeption wendet sich entschieden gegen die
verlogene bürgerliche Fiktion von einer angeblich staatsfreien Sphäre, die
durch die Bürgerrechte gesichert sein soll. Der sozialistische Staat ist das
Machtinstrument der Werktätigen; sie brauchen nicht vor der Macht geschützt
zu werden, die sie selbst revolutionär geschaffen haben und nach ihrem Willen
und Interesse ausüben. Die Inanspruchnahme und Verwirklichung der
Grundrechte durch die Bürger führt nicht zu ihrer Isolierung von der
Gesellschaft, sondern läßt sie als Glieder der sozialistischen
Menschengemeinschaft bewußt handeln. [...]
Eine wesentliche Erkenntnis, die sich im Entwurf der Verfassung
durchgängig widerspiegelt, besteht darin, daß die sozialistischen Grundrechte
aus den gesellschaftlichen Verhältnissen des Sozialismus selbst erwachsen,
keine bloße Weiterentwicklung bürgerlicher Grundrechte sind. Das ist ohnehin
evident für die Freiheit von Ausbeutung, Unterdrückung und wirtschaftlicher
Abhängigkeit (Art. 18 Abs. 3)1, die keine bürgerliche Verfassung zu regeln und
zu sichern vermag. Sie ist erst in der sozialistischen Gesellschaft mit der
Überwindung des Privateigentums an Produktionsmitteln möglich und bildet
überhaupt die entscheidende Voraussetzung für die Freiheits- und
Persönlichkeitsentfaltung aller Bürger, für die Gleichheit ihrer Grundrechte,
für die sozialistische Qualität und Sicherung dieser Rechte. [...]
Einschränkungen, die es bei einigen von ihnen gibt, liegen im objektiv
begründeten Interesse der Gemeinschaft und der Bürger selbst. Niemand kann
daran interessiert sein, daß beispielsweise unter Vortäuschung freier
Meinungsäußerung nach Art. 232, anstatt konstruktive Meinungen über die
Lösung der gesellschaftlichen und staatlichen Aufgaben und Probleme
auszutauschen oder selbst Lösungen zu finden, anstatt sachliche Kritik an
auftretenden Mängeln zu üben, destruktiv und absichtlich die sozialistische
Demokratie, der Aufbau des Sozialismus geschädigt wird.
Poppe, Eberhard: Der Verfassungsentwurf und die Grundrechte und Grundpflichten der
Bürger. In; Staat und Recht 17(1968)4, S. 532-542. Aus: Mathias Judt, DDR-Geschichte in
Dokumenten, Berlin 1998, S.80f.
1
Dieser Artikel des Entwurfs entspricht Art. 19, 3 der verabschiedeten Verfassung vom
6.4.1968: »Frei von Ausbeutung. Unterdrückung und wirtschaftlicher Abhängigkeit hat jeder
Bürger gleiche Rechte und vielfältige Möglichkeiten, seine Fähigkeiten in vollem Umfange zu
entwickeln [...]
2 Entspricht Art. 27, l der Verfassung vom 6.4.1968: »Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen
Republik hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und
öffentlich zu äußern. Dieses Recht wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt.
Niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.
Die Regierung als Ausführungsorgan der SED - das Ministerratsgesetz 16.
Oktober 1972
§ l (1) Der Ministerrat ist als Organ der Volkskammer die Regierung der
Deutschen Demokratischen Republik. Er arbeitet unter Führung der
Partei der Arbeiterklasse im Auftrage der Volkskammer die Grundsätze
der staatlichen Innen- und Außenpolitik aus und leitet die einheitliche
Durchführung der Staatspolitik der Deutschen Demokratischen Republik.
Der Ministerrat organisiert die Erfüllung der politischen, ökonomischen,
kulturellen und sozialen sowie der ihm übertragenen Verteidigungsaufgaben
der Deutschen Demokratischen Republik, des sozialistischen Staates der
Arbeiter und Bauern. [...]
§ 2 (1) Der Ministerrat erfüllt seine Aufgaben in Verwirklichung der
Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse auf der Grundlage der Gesetze
und Beschlüsse der Volkskammer. [...]
§ 3 (1) Der Ministerrat leitet unter Ausnutzung der ökonomischen Gesetze des
Sozialismus die Volkswirtschaft entsprechend den Direktiven der
Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, den langfristigen Plänen, den
Fünfjahr- und Jahresplänen und sichert die planmäßige proportionale
Entwicklung der Volkswirtschaft. Er legt die Grundrichtung und die
Hauptaufgaben zur Verwirklichung des wissenschaftlich-technischen
Fortschritts fest und sichert das dafür erforderliche Forschungs- und
Entwicklungspotential. [...]
§ 5 (1) Der Ministerrat leitet die Durchführung der Außenpolitik der Deutschen
Demokratischen Republik auf der Grundlage der Beschlüsse der
Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Die Tätigkeit des
Ministerrates ist darauf gerichtet, die günstigsten äußeren Bedingungen für
den weiteren Aufbau des Sozialismus in der DDR zu schaffen. [...]
§ 14 (1) Die Minister und die Leiter der anderen zentralen Staatsorgane leiten
die ihnen übertragenen Verantwortungsbereiche nach dem Prinzip der
Einzelleitung. Sie sind verpflichtet, die Durchführung der Beschlüsse der
Partei der Arbeiterklasse, der Gesetze und anderer Rechtsvorschriften in
eigener Verantwortung zu sichern und die hierzu erforderlichen
Entscheidungen zu treffen.
Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. Oktober 1972. In:
GB1.1,5,253-256. Aus: Mathias Judt, DDR-Geschichte in Dokumenten, Berlin 1998, S.81.
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