Ergänzende Informationen für die Lehrgangsleitung zum Thema „Anspannungs-Entspannungs-Dehnen (AED)“ Begründung: Durch das Dehnen (Stretching) als eine aktive körperliche Entspannungsform kann eine Entspannung und damit eine positive Beeinflussung des Stressverhaltens, eine Förderung des Wohlbefindens und damit einhergehend ein positiver Einfluss auf das Wechselspiel von Hormonen, Nerven und Immunsystem erreicht werden. Im Einzelnen können folgende Wirkungen durch Entspannungsformen erzielt werden: Senkung der Muskelanspannung Entspannung der Blutgefäße Veränderung der Hirnwellenfrequenzen Senkung der Herzfrequenz und des Blutdrucks Senkung und Harmonisierung der Atemfrequenz Abbau psychischer Hemmschwellen Erhöhung der Konzentrationsbereitschaft und Leistungsbereitschaft Allgemeine Erholung nach einem erhöhten Aktivitätsniveau Erhöhung des Selbstvertrauens Beseitigung muskulärer Verkrampfungen Die Methode des Anspannungs-Entspannungs-Dehnen (AED) hat aufgrund des unterschiedlichen Einflusses auf den Zustand der Muskulatur, ein für den Ausführenden "fühlbaren" Wechsel von Belastung, Anspannung, Entspannung und Wärmeempfinden. Die Konzentration auf die fühlbaren Körpervorgänge begünstigt eine bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit hin zu einer Innensicht, zu einem Hineinschauen in sich selbst und weg von äußeren, störenden oder stressenden Einflüssen. Somit führt der Einsatz der Technik AED zu einem verbesserten Körpergefühl und zu einer ganzheitlichen Selbstwahrnehmung. Die Methode AED wird hier in Verbindung mit den ähnlichen oder in der Fachliteratur gleichermaßen genannten Methoden CHRS oder PNF genannt. Besonderheiten der Zielgruppe: Die Zielgruppe kann sich z. T. auch aus Personen zusammensetzen, die bisher keine weitergehenden Erfahrungen mit verschiedenen Bewegungs- und Entspannungsformen hatten. Des weiteren ist davon auszugehen, dass ein Teil der Teilnehmer keine bewusste Auseinandersetzung hinsichtlich der Selbstwahrnehmung und Beobachtung des eigenen Körpers sowie Reflexion des eigenen Körperverständnisses betrieben hat, sondern eher eine nicht ganzheitlich geprägte, funktionale und mechanische Vorstellung von der Funktion der Abläufe des Körpers hat. 111 P-SuE InfoLL 2007 AED-Informationen / Seite 1 von 5 Daher eignet sich die Methode des Anspannungs-Entspannungs-Dehnens als eine Aktivitätsform für diese Zielgruppe besonders, da sie die Selbstwahrnehmung verstärkt, die bewusste Aufmerksamkeitslenkung auf körperliche Vorgänge unterstützt und eventuell auch dazu beitragen kann, das eigene Aktivitätsniveau im Alltag wahrzunehmen und möglicherweise zu steuern und somit zur Stressregulation einzusetzen. Gerade muskuläre Verspannungen, die als Folge von Stresserleben auftreten können, wie z. B. Verspannungen der Nackenmuskulatur, der Rückenmuskeln, der Hals- und auch der Augen- und der Gesichtsmuskeln, können langfristig zu Spannungskopfschmerz und Migräneerkrankungen führen und sind somit eher erkennbar und durch bewusste Gegensteuerung kontrollierbarer. Der positive Effekt von Dehnungsübungen ist auch auf die psychische Befindlichkeit mit Erhöhung des Selbstvertrauens, des Selbstwertgefühls und der Lebenszufriedenheit festzustellen. Die einfache Durchführung der Bewegungsausführung ist an fast jedem Ort jederzeit möglich und bietet die Chance, dass das Dehnen auch langfristig dauerhaft in den Lebensalltag integriert werden kann. Anforderungen an den/die ÜL/in Umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten bzgl. des Sportangebots Walking Zielgruppengemäße Aufbereitung des Angebots Differenzierung Individualisierung TeilnehmerInnenorientierung Kommunikative Kompetenz zur Gestaltung der Einstiegs- und Reflexionsphasen Konsequenzen für das Sportangebot Präsentation als ein Beispiel für eine körperliche Übungsform Bewegungsausführung mit dem Ziel der Entspannung und Stressbewältigung mit aktiver Ausblick auf die Ausbildung AED als ein gesundheitsorientiertes Angebot innerhalb der verschiedenen Methoden von Stressbewältigung und Entspannung kennen lernen. AED als Stressbewältigungs- und Entspannungsmethode: Auswahl begründen. Möglichkeiten der Einsetzbarkeit in der Übungsgruppe einschätzen. AED als Form in den Lebensalltag implementieren: Analyse der Möglichkeit einer dauerhaften Verhaltensänderung. Ziele des Einsatzes von AED als Methode: Schulung der Körperwahrnehmung, des Körperbewusstseins, der inneren Wahrnehmung, der Konzentration. Orientierung an den individuellen Voraussetzungen der Teilnehmer/innen: Implementierung von Reflexions- und Gesprächsphasen innerhalb der Gruppe 111 P-SuE InfoLL 2007 AED-Informationen / Seite 2 von 5 111 P-SuE InfoLL 2007 AED-Informationen / Seite 3 von 5 Hintergrundwissen der Methode AED Das Anspannungs-Entspannungs-Dehnen ist eine Dehntechnik, deren Phasen in der Ausführung neben dem statischen Dehnen (Stretching) eines Muskels eine Anspannung und Entspannung des gleichen Muskels beinhalten. Mit dieser Methode des AED soll eine zusätzliche Wirksamkeit erreichen werden, wenn sehr verspannte und verkürzte Muskulatur durch andere Dehnungsmethoden nicht mehr erfolgreich beeinflusst werden kann. (Blum 1993) Gerade bestimmte Muskeln der Skelettmuskulatur sind durch Stress, insbesondere auch im Stadium der Erschöpfungsphase, im erhöhten Maße angespannt. Die im menschlichen Verhalten durch die Evolution festgelegten Reaktionen in Stresssituationen "Kampf oder Flucht" (Fight-or-Flight-Syndrom) kommt es zu einer Anspannung, die, wenn sie nicht wieder abgebaut wird, zu einer bleibenden Erhöhung des Muskeltonus führt. Gleichzeitig führt dies zu einem erhöhten Sauerstoffbedarf in der Muskulatur, aber auch einer Einengung der ver- und entsorgenden Blutgefäße. Dadurch besteht die Gefahr einer Unterversorgung mit Sauerstoff sowie ein reduzierter Abtransport von Stoffwechselprodukten (z. B. Laktat). Insbesondere Bereiche wie der obere Wirbelsäulenbereich mit Schultern und Gesicht sowie der Lendenwirbelbereich sind von Muskelverspannungen betroffen. Folge davon können Kopfschmerzen, Spannungskopfschmerz, Migräne sowie im Lendenwirbelbereich Bandscheibenvorfälle sowie Schmerzen aufgrund von Fehlbeanspruchung des Stütz- und Bewegungsapparats sein. Ferner können auch Augenprobleme Verspannungen hervorrufen. Das AED soll gerade für die betroffenen verkürzten und verspannten Muskelgruppen angewandt und in das allgemeine Stretching-Programm ergänzend integriert werden. Gerade das Dehnen kann als eine mögliche Methode eingesetzt werden, um den negativen Kreislauf von stressbedingten Muskelanspannungen, -verspannungen bis hin zu Schmerzen zu durchbrechen: Dehnen als (1.) Entspannungstraining, um vegetative und hormonelle Fehlsteuerungen langfristig zu beseitigen, (2.) eine Bewältigungsstrategie im Verlauf des Allgemeinen Anpassungssyndroms (ASS) effektiv einzusetzen und damit präventiv stressbedingte Folgeerscheinungen zu vermeiden. Durch das Erspüren des Gegensatzes von Anspannung und Entspannung im sensorischen Nervensystem wird ein "inneres Gedächtnis" für das Gefühl des herabgesetzten Muskeltonus der Skelettmuskulatur ausgeprägt. Dieses ist dann willkürlich wiederholbar. (Indirekt wird auch die glatte, nicht willkürlich steuerbare Muskulatur der inneren Organe beeinflusst, da dem Hypothalamus durch entspannte Skelettmuskulatur signalisiert wird: kein Stress vorhanden). Ausführung der Technik Zuerst wird der Muskel langsam bis zur Endposition (Dehngrenze) gedehnt. Nun wird derselbe Muskel für 6 – 10 sec. maximal gegen einen äußeren Widerstand (eigene Hand, Wand, Gerät, Partner) isometrisch angespannt (d. h. ohne Verkürzung des Muskels). Danach wird der Muskel bei gleich bleibender Gelenkposition für 2 – 4 sec. entspannt. Darauf folgt eine weitere Dehnungsphase mit einer Dauer von 10 sec., gefolgt von einer zweiten und dritten Entspannungs- und anschließenden Dehnungsphase. 111 P-SuE InfoLL 2007 AED-Informationen / Seite 4 von 5 Dabei tritt folgender Effekt auf: nach der isometrischer Kontraktion, der kurzen Entspannungsphase mit darauf folgender Dehnung findet eine „Irritation“ der Muskelspindel statt; die Sehnenspindeln-Aktivierung führt zu „postkontraktorischer“ Hemmung. Die postisometrische Relaxation nach der isometrischen Spannung wird zur optimalen Dehnung des Muskels ausgenützt. Phasenstruktur und Zeitablauf Dehnung Anspannung Entspannung Dehnung Entspannung Dehnung Entspannung Dehnung 10 sec 6–10 sec 2–4 sec 10 sec 2–4 sec 10 sec 2–4 sec 10 sec Vorteile des AED: hochwirksam fördert Durchblutung und Stoffwechsel in der Muskulatur fördert die Sensibilisierung für die Körperreaktionen und das Gefühl von Anspannung und Entspannung der Muskulatur Nachteile Erlernen der Technik erfordert mehr Körpergefühl als die Methode des passiv gehaltenen Dehnens höhere Konzentration für die Durchführung erforderlich 111 P-SuE InfoLL 2007 AED-Informationen / Seite 5 von 5