Streifenhörnchenzucht Eine Dokumentation über die Zucht, die Genetik sowie über moralische Grundsätze einer Streifenhörnchen- Zucht Texte & Grafiken verfasst und zusammengestellt von Layla Bollmann Fotos & Logo Michael Hemmi www.burunduk.ch www.burunuk-forum.ch.vu [email protected] Wichtiger Hinweis: Eine Vervielfältigung oder Veröffentlichung aller Texte, Fotos oder Grafiken der hier kostenlos zur Verfügung gestellten Dokumentation, ist ohne die ausdrückliche Genehmigung der oben aufgeführten Verfasser nicht gestattet. Sollten die Rechte Dritter verletzt worden sein, so bitten wir um eine sofortige Kontaktaufnahme. Wir werden die betreffenden Inhalte oder Passagen selbstverständlich löschen. Stand Februar 2012 1 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Inhaltsverzeichnis Allgemeine Hinweise zum Thema Zucht 4 Definition von Zucht (Wikipedia) 4 Züchter – Hobbyzüchter 4 Stammbaum und Zuchtbuch 4 Prüfung und Selektion 4 Verpaarung von verschiedenen „farbigen“ Hörnchen 5 Inzucht/ Linienzucht 5 Inzestzucht 5 Einführung in die Vererbungslehre von Johann Mendel 6 Grundsätzliches 6 Reduktionsteilung (Meiose) 6 Dominante und rezessive Vererbung 6 Wichtige Anmerkung zu den verwendeten Gencodes 7 Die Uniformitätsregel (Tafel A) 8 Die Spaltungsregel (Tafel B) 9 Rezessiver Erbgang 10 Spaltungsregel: Anderes Beispiel für einen rezessiven Erbgänge (Tafel C) 11 Spaltungsregel: Anderes Beispiel für einen rezessiven Erbgänge (Tafel D) 12 Unabhängigkeitsgesetz/Neukombinationsregel (Tafel E) 13 Rezessiver Erbgang im Hinblick auf Defekte 16 Defektträger und Anlageträger 16 Rezessive Vererbung eines möglichen Defekts bei Tafel B: 16 Rezessive Vererbung eines möglichen Defekts bei Tafel D: 17 Rezessive Vererbung eines möglichen Defekts bei Tafel A: 18 Rezessive Vererbung eines möglichen Defekts bei Tafel C: 18 Vererbungschema von Erbkrankheiten bei rezessivem Erbgang 19 Gencodes für Streifenhörnchen 20 Tabellarische Übersicht über die Gencodes bei Streifenhörnchen Ursprüngliche „Farbvarianten“ bei Streifenhörnchen 20 21 Naturfarben = Wildtyp – Gencode: BB 21 Zimt = Phäomelanin – Gencode: pp 22 Weiss ohne rote Augen = Leuzismus – Gencode: xx 23 Weiss mit roten Augen = Albinismus – Gencode: cc 24 2 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Neuere „Farbvarianten“ bei Streifenhörnchen 25 Dunkelbraun/ Schwarz = Melanismus – Gencode: EE (Extension) 25 Grau = Dilute – Gencode: dd 26 Beige/ Hellbraun = Gegenteil Melanismus – Gencode: ee (Non-Extension) 27 Schecken = Abgeschwächte Form des Leuzismus – Gencode: ss 28 Artenvielfalt durch Evolution 29 Evolution und Evolutionsfaktoren (Wikipedia) 29 Rekombination (Wikipedia) 30 Mutation (Wikipedia) 30 Selektion (Wikipedia) 30 Gendrift 30 Streifenhörnchenzucht: Tierliebe oder Gewinnmaximierung? 31 Mutationen in der Zucht 31 Gefahr von Zuchtschäden durch Gewinnmaximierung 31 Verantwortungsvolles Züchten heisst auch Aufklärungsarbeit zu leisten 33 Vorüberlegungen für die Zucht von Streifenhörnchen 34 Streifenhörnchen- Zucht – von der Paarung bis zur Aufzucht 36 Die Paarungszeit 36 Balzritual und Paarungsakt 36 Trächtigkeit 36 Geburt 37 Entwicklung und Aufzucht der Jungtiere 37 Was macht einen seriösen Züchter aus? 39 3 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Allgemeine Hinweise zum Thema Zucht Definition von Zucht (Wikipedia) Unter Zucht versteht man die kontrollierte Fortpflanzung mit dem Ziel der genetischen Umformung. Dabei sollen gewünschte Eigenschaften verstärkt und ungewünschte Eigenschaften unterdrückt werden. Um die Ziele zu erreichen, werden durch den Züchter oder die Züchterin zum Beispiel nach einer Leistungsprüfung eine Zuchtwertschätzung durchgeführt, um dann gezielt Individuen mit gewünschten Eigenschaften durch Selektion zu wählen und gezielt miteinander zu kreuzen oder zu verpaaren. Es können auch auf künstlichem Weg Mutationen ausgelöst oder Organismen gentechnisch modifiziert werden. Neue Pflanzensorten oder Tierrassen werden als Neuzüchtungen bezeichnet, diese unterliegen gesetzlichen Bestimmungen. Züchter – Hobbyzüchter Streng genommen gibt es keine professionellen Streifenhörnchen-Züchter (wie etwa bei der Vieh- und Nutztierzucht), weil es weder einen Zuchtverband gibt, der sogenannte Rasse- und Zuchtkriterien, sowie Minimalstandards für Zuchtbetriebe definiert, noch ein Zuchtregister existiert, wo die gezüchteten Tiere mit entsprechenden Daten und Zuchtnummern eingetragen werden müssen. Folgedessen gibt es auch keine Qualitätsprüfungen durch offizielle, akkreditierte Verbände, welche die Haltungsbedingungen, Richtlinien und die Zuchtbücher der Züchter überprüfen, sowie Zertifikate/ Gütesiegel verteilen oder entziehen können. Somit entfällt die bisweilen müssige Diskussion/ Frage, welche Streifenhörnchen Züchter für sich den Titel „professioneller“ Züchter in Anspruch nehmen dürfen und welche nicht. Streifenhörnchen- Züchter fallen also per definitionem unter den Begriff Hobbyzüchter (oder Kleintierzüchter). Dennoch gibt es gravierende Unterschiede zwischen den verschiedenen Züchtern. Während die einen salopp gesagt, „der Natur ihren freien Lauf lassen“ und ohne nennenswerte Vorbereitung einfach aufs Geratewohl zwei Streifenhörnchen verpaaren, nehmen die anderen diese verantwortungsvolle Aufgabe sehr ernst. Sie bereiten sich seriös auf die Zucht vor und hinterfragen ihre Methoden immer wieder selbstkritisch, um die Qualität ihrer Zucht kontinuierlich zu verbessern. Stammbaum und Zuchtbuch Um eine seriöse Zucht zu betreiben, sollte man detaillierte Kenntnis über den Stammbaum/ die Abstammung der Zuchttiere haben, um Inzuchten, unerwünschte Vererbungsmerkmale und Erbkrankheiten so gut wie möglich ausschliessen zu können. Nur wenn ein Züchter seine Tiere gut kennt, ist er in der Lage abzuschätzen, welche Tiere er verpaaren kann. Ausserdem sollte der Züchter ein Zuchtbuch führen, und alle Informationen/ Erkenntnisse säuberlich und konsequent eintragen. Im Zuchtbuch festgehalten werden sollten. Prüfung und Selektion Vor jeder Verpaarung sollten die Zuchttiere einer Prüfung unterzogen werden. Um den „Zuchtwert“ zu bestimmen sollte man immer das Zuchtbuch konsultieren und den Phänotyp (falls möglich auch den Genotyp) des Zuchtpaares und der seiner Eltern, Geschwister und Nachkommen in die Erwägungen mit einbeziehen. Nur wenn sich in dieser Zuchtlinie keine phänotypischen Auffälligkeiten (Missbildungen, Zahnfehlstellungen, Diabetes, Seh- und Hörschwächen usw.) gezeigt haben, sind die Tiere für eine Verpaarung geeignet. Auch wenn das Zuchtpaar gesund ist, kann es vorkommen, dass sich überraschend ein Gen-Defekt bei einem der Jungen manifestiert. In diesem Fall dürfen die Eltern nicht mehr für die Zucht verwendet 4 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu werden, weil sie demzufolge beide Anlageträger dieses Gen-Defekts sind. Das gilt auch für die Geschwister, weil auch sie genotypische Träger dieses Defekts sein könnten. Natürlich sollten die Zuchttiere auch sonst gesund und vital sein, besonders das Muttertier. Erfahrungen aus der letzten Zuchtperiode sollten herbeigezogen werden, denn wenn beispielsweise die Mutter übergebührlich nervös war oder ihre Jungen schlecht versorgt hat, sollte sie besser nicht mehr verpaart werden. Nicht unerheblich sind auch verhaltenstypische Merkmale. Sehr scheue, überängstliche, aggressive oder sonst irgendwie verhaltensgestörte Hörnchen sollten ebenfalls nicht für die Zucht verwendet werden, denn für die Sozialisation der Jungtiere spielt die Mutter eine entscheidende Vorbildrolle. Verpaarung von verschiedenen „farbigen“ Hörnchen Bei der Verpaarung sollte man die Vererbungslehre von Mendel stets im Auge behalten, denn auch die Farben werden dominant-rezessiv vererbt, wobei der Wild-Typ immer dominant ist. Bei intensiven Farbzuchten kann es zu fehlerhaften Genen kommen, die beispielsweise zu Blind- oder Taubheit führen können, deshalb ist es wichtig, niemals zwei weisse Hörnchen zu verpaaren. Am besten ist es, wenn man jeweils ein reinerbiges und ein mischerbiges Hörnchen für die Zucht verwendet, denn dadurch werden die Risiken für Fehlbildungen vermindert. Inzucht/ Linienzucht Inzucht ist verständlicherweise ein sehr umstrittenes Thema, das die Gemüter immer wieder stark erhitzt und in Internetforen zu hitzigen „Wortgefechten“ führt. Im Allgemeinen hat die Inzucht einen sehr negativen Anstrich. Aber dabei wird oft vergessen, dass bei praktisch allen Tierarten, die systematisch gezüchtet wurden/ werden, regelmässig und gezielt Inzucht betrieben wird, um Zuchtmerkmale zu fördern und unerwünschte Eigenschaften heraus zu züchten. Infolge einer intensiv betriebenen Inzucht über mehrere Generationen kann es jedoch zu einer Inzuchtdepression kommen. Die Symptome einer Inzuchtdepression sind eine Reduktion der Fitness, eine verminderte Krankheitsresistenz und Fruchtbarkeit und kleiner werdende Nachkommen. Sobald neues Blut in die Zuchtlinie kommt, verschwinden in der Regel die Symptome der Inzuchtdepression sofort wieder. Dies gilt allerdings nicht für manifestierte Gen-Defekte! In der Natur kommt Inzucht immer wieder vor, vor allem bei Tieren welche in Familienverbänden oder Kolonien leben. Besonders wenn kleine Tierpopulationen völlig abgeschnitten von anderen Tieren ihrer Art leben (z.B. auf Inseln) entsteht über viele Generationen hinweg fast zwangsläufig Inzucht. Im selben Masse, wie negative Eigenschaften durch die abnehmende Genvielfalt begünstigt werden, können sich aber auch positive Merkmale verstärken. Diesen Umstand machen sich Züchter zunutze, um mit Hilfe der Inzucht ganz bestimmte Zuchtziele zu erreichen. In diesem Fall spricht man von Linienzucht. Damit sind jedoch nicht einzelne Inzuchtverpaarungen gemeint, sondern ein aufwändiges Zuchtprogramm, das im Idealfall mehrere Zuchtlinien umfasst, die parallel nebeneinander laufen und sehr ähnliche Eigenschaften aufweisen. Inzestzucht Inzestzucht ist eine extreme Form der Inzucht. Damit sind Verpaarungen gemeint, die ersten Grades miteinander verwandt sind. Also Vater – Tochter, Mutter – Sohn oder Vollgeschwister. Solche Verpaarungen werden von den Zuchtverbänden vieler Tierarten grundsätzlich abgelehnt und nur noch in Ausnahmefällen bewilligt. 5 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Einführung in die Vererbungslehre von Johann Mendel Grundsätzliches Bei der Vererbung der Gene sind Frau und Mann gleichberechtigt. Beide geben ihre Anlagen zu gleichen Teilen an ihre Nachkommen weiter. Trotzdem kommt es unter Geschwistern bekanntlich vor, dass die einen Kinder mehr nach der Mutter und die anderen mehr nach dem Vater kommen. Der Grund dafür ist, dass die unterschiedlichen Merkmale polygenetisch bestimmt werden. Dabei mischt der Zufall die Erbanlagen für jedes gezeugte Kind unterschiedlich. In jeder Körperzelle trägt ein Individuum auf den Chromosomen die gesamten Erbinformationen in doppelter Ausführung (46 Chromosomen, bzw. 23 Chromosomenpaare). Die befruchtungsfähigen Keimzellen (Eizellen & Spermien) tragen dagegen nur die Hälfte dieser Erbinformationen. Die Chromosomen beinhalten die sogenannte DNS (Dexyrio-Nuklein-Säure), die wiederum in viele tausend Genabschnitte unterteilt ist. Jedes Gen ist für ein Merkmal oder einen Teil davon zuständig. Ist nur ein Gen für die Ausbildung eines Merkmals zuständig, so wird dieses monogen, braucht es mehrere Gene, dann wird es polygen bestimmt. Der zugehörige Erbgang wird entsprechend als monogenetischer, bzw. polygenetischer Erbgang bezeichnet. Reduktionsteilung (Meiose) Die Auswahl der Erbanlangen für ein neu gezeugtes Individuum erfolgt durch eine Reduktionsteilung, die Meiose genannt wird. Dieser Vorgang ist notwendig, denn würden zwei Keimzellen (Eizellen & Spermien) jeweils ihren gesamten Chromosomensatz einbringen, dann würde sich dieser in den folgenden Generationen jeweils verdoppeln, wodurch Störungen/Defekte vorprogrammiert wären. Im Laufe der Evolutionsgeschichte entwickelte sich deshalb ein Reduktionsmechanismus, bei dem der doppelte Gensatz der Mutter (in den Eierstöcken), bzw. der des Vaters in den Hoden in einen einfachen vermindert wird. Weil durch diese Reduktionsteilung in den Keimzellen (Eizellen & Spermien) nur noch jeweils die Hälfte der Chromosomen enthalten sind, geben Mutter und Vater dementsprechend auch nur noch die Hälfte ihrer Erbanlangen weiter. Bei jeder Zeugung setzt sich eine neue, einzigartige Mischung zusammen. Je grösser die Übereinstimmungen bei diesen neu zusammengesetzten Erbmischungen bei den Nachkommen sind, desto mehr gleichen sich die Geschwister. Dominante und rezessive Vererbung Nachfolgend geht es vornehmlich um den monogenetischen Erbgang, also um Gene, die für die Ausbildung eines bestimmten Merkmals zuständig sind. Jedes dieser Gene kommt in jeder Zelle als Paar vor. Diese „Partnergene“ (Allelen) können entweder identisch oder verschieden sein. Ihre Kombination bestimmt die Ausprägung eines Merkmals. Bei identischen Paaren spricht man von reinerbig oder homozygot, bei gemischten von mischerbig oder heterozygot. Von einem dominanten Gen spricht man, wenn seine Wirkung, die eines rezessiven Gens überlagert. Es setzt sich durch und wird sichtbar. Dominante Gene werden in Schemata mit einem grossen Buchstaben dargestellt: z.B. A Umgekehrt werden rezessive Gene von dominanten Genen unterdrückt. Ihre Merkmale sind somit nur noch dann sichtbar, wenn zwei rezessive Gene alleine kombiniert werden oder wenn in weiteren Erbfolgen das Spaltungsgesetz zum Zuge kommt. Rezessive Gene werden in Schemata mit einem kleinen Buchstaben dargestellt: z.B. a Gemäss den oben verwendeten Buchstaben, stellt man ein identisches Paar von dominanten Genen in Schemata als AA dar, ein identisches Paar von zwei rezessiven Genen als aa und eine mischerbige Kombination als Aa. 6 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Wichtige Anmerkung zu den verwendeten Gencodes In den Nachfolgenden Beispielen (Tafeln A – E) habe ich für naturfarbene Streifenhörnchen den Gencode (BB) verwendet und für die weissen Streifenhörnchen den Gencode (xx) für Leuzismus. Leider gibt es hierzu noch keine bestätigten und vereinheitlichten Bezeichnungen, weshalb andere Züchter unter Umständen andere Gencodes verwenden. Man könnte für den Wildtyp selbstverständlich auch die Bezeichnung AA für Agouti verwenden. Agouti wird aber in der Tierzucht nicht immer mit AA angegeben. Bei manchen Tierarten verwendet man aa für farblos, bei anderen wird aa für schwarz verwendet. Deshalb haben wir uns vorerst dafür entschieden die Bezeichnung BB für die naturfarbenen Hörnchen zu gebrauchen. Uns ist durchaus bewusst, dass bei Ratten oder Hamstern die Bezeichnungen für die Farb- und Fellvarianten viel, viel komplizierter sind. Der Gencode reiner Wildfarben bei Hamstern lautet beispielsweise: AA BB baba CC DgDg dsds EE HrHr LL lglg PP RdRd RuRu RxRx SS sasa sgsg toto uu whwh Das bedeutet übersetzt: Der Hamster ist NICHT schwarz (wird durch AA ausgedrückt), nicht Rust (BB) ohne Weissband (baba), nicht weiss (CC, also weder Albino noch DEW oder Extreme Dilute), nicht Dark Grey (DgDg), nicht Dominant Spot (dsds), nicht Cream (EE), nicht Hairless (HrHr), nicht Langhaar (LL), nicht Light oder Lethal Grey (lglg), nicht Zimt bzw. Rotäugig (PP), nicht Recessive Dappled (RdRd), nicht Ruby Eyed (RuRu), ohne Rexfell (RxRx), nicht spotted bzw. Piebald (SS), nicht Satin (sasa), nicht Silver Grey (sgsg), nicht Yellow bzw. Tortoiseshell (toto bei Weibchen, toY bei Männchen), nicht Umbrous (uu) und auch ohne das Weissbauch-Gen (whwh) - er hat also keine der bislang bekannten Mutationen und ist daher Wildfarben. Also ehrlich, ich hoffe von ganzem Herzen, dass es bei Streifenhörnchen niemals soweit kommen wird!!! In der "Hamster- Gensprache" würde man also wahrscheinlich bei einem weissen Hörnchen bb (=inaktiv) und xx (=aktiv) schreiben. Und bei einem Spalterben BB (=aktiv) und XX (=inaktiv) Aber da es bei Streifenhörnchen nicht mehrere Farben nur Farbschläge gibt, halten wir diese Art der Bezeichnung für unnötig kompliziert. 7 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Die Uniformitätsregel (Tafel A) Um seine Erbgesetze wissenschaftlich untersuchen und belegen zu können, züchtete Mendel erst reinerbige Erbsen mit roten und weissen Blüten. Diese homozygoten Erbsen waren das Ausgangsmaterial für seine Experimente (P-Generation). Er kreuzte diese Erbsenpflanzen miteinander doch die Blüten der daraus resultierenden Pflanzen waren nicht rosa (was auf eine intermediäre Vererbung hingedeutet hätte), sondern wiesen nur rote Blüten auf, da dieses Merkmal dominant vererbt wird. Die Gesetze/ Regeln die Mendel aus seinen Studien ableiten konnte, lassen sich auch auf die Vererbung von Genmerkmalen bei Tieren übertragen. Bei der folgenden Betrachtung gehen wir von Streifenhörnchen aus, die reinerbig sind (naturfarbene und weisse). Zur Veranschaulichung sind die dominanten Merkmale (z.B. naturfarbene Streifenhörnchen = B für braun) im folgenden Schema durch schwarze Hörnchen-Silhouetten und die rezessiven (z.B. weisse Streifenhörnchen = x für Leuzismus= keine Farbe) durch helle symbolisiert. Ebenso könnten die schwarzen, bzw. weissen Silhouetten aber auch für andere dominant und rezessiv vererbte Merkmale stehen. (z.B. Gendefekte) 100% mischerbig, naturfarben Bei einer Verpaarung (Kreuzung) eines reinerbigen, naturfarbenen Streifenhörnchen Männchens, mit einem reinerbigen, weissen Streifenhörnchen Weibchen, verschmilzt ein Allel des Vaters (B) mit einem Allel der Mutter (x) zu einem neuen Allelen- Paar (Bx). Bei dieser dominant- rezessiven Vererbung gleichen alle Nachkommen (F1-Generation) im Aussehen (Phänotyp) nur einem Elternteil, da sich nur das dominante Gen (B) durchsetzt. Die Merkmale des rezessiven Gens (x) kommen demzufolge nicht zur Ausprägung, sind aber im Erbgut (Genotyp) vorhanden. 8 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Die Spaltungsregel (Tafel B) Mendel kreuzte die heterozygoten (mischerbigen) Pflanzen der F1-Generation untereinander. In der darauf folgenden Generation (F2-Generation) traten neben den roten wieder weisse Blüten auf. Auf diese Weise konnte Mendel beweisen, dass die genetische Information für die weissen Blüten nicht verloren gegangen war, sondern nur von dem dominanten, roten Merkmal überlagert wurde. Das Spaltungsgesetz besagt demzufolge, dass die Nachkommen einer Kreuzung mischerbiger Individuen nicht mehr gleichförmig sind. Ihr phänotypisches Erscheinungsbild spaltet sich statistisch gesehen in einem Verhältnis von 3:1 auf, da drei von vier Nachkommen rote Blüten haben. In Bezug auf die vererbten Gene beträgt das Verhältnis 1:2:1. Während zwei der rot blühenden Pflanzen ebenfalls heterozygot sind, verfügen die anderen beiden wieder über die homozygoten (reinrassigen) Genmerkmale der „Grosseltern“ (P-Generation). Als Mendel nun die weissblütigen Nachkommen der F2-Generation untereinander weiterkreuzte, stellte er fest, dass sie keine roten Blüten mehr entwickelten. Erst als er diese wiederum mit rot blühenden Pflanzen kreuzte, setzte sich das dominante, rote Genmerkmal gegenüber dem rezessiv, weissen Allel durch. (Uniformitätsregel) Bei diesem Beispiel handelt es sich um eine Verpaarung (Kreuzung) zweier mischerbiger, naturfarbener Streifenhörnchen (Bx) aus der F1-Generation von Tafel A. Die Mutter und der Vater sind sowohl im Phänotyp, als auch im Genotyp gleich. Doch aufgrund der Dominanz des dunklen Farb- Gens sind beide Streifenhörnchen naturfarben, tragen aber im Genotyp das rezessive Gen für Leuzismus (x) der Grossmutter (Tafel A) in sich. Das bedeutet, dass sie dieses an ihre Jungen weiter vererben können. Da durch die Reduktionsteilung (Meiose) in den Keimzellen (Eizellen & Spermien) jeweils nur noch die Hälfte der Chromosomen enthalten sind, können die Mutter und der Vater dementsprechend auch nur die Hälfte ihrer Erbanlangen weitervererben. Der Zufall entscheidet, welche zusammengestellten Hälften der Mutter- und Vater- Allelen in den Keimzellen (Eizellen & Spermien) zum Einsatz kommen und nach der Befruchtung zu neuen Allelen- Paaren verschmelzen. 9 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Im Gegensatz zur Zuchtsituation von Tafel A steht nun eine beschränkte Anzahl von Möglichkeiten hinsichtlich der Farbgebung offen, weil die Nachkommen einer Kreuzung mischerbiger Zuchttiere nicht mehr gleichförmig sind. Statistisch gesehen, spaltet sich das Erscheinungsbild der F2Generation in einem bestimmten, logischen Zahlenverhältnis auf. Überträgt man die Spaltungsregel auf den Streifenhörnchen- Wurf der Tafel B, so ergeben sich prozentual folgende Allel- Kombinationen: 75% der Jungen sind aufgrund ihres äusseren Erscheinungsbildes (Phänotyp) naturfarben. Welche davon reinerbig und welche mischerbig sind, lässt sich von blossem Auge nicht feststellen. 25% der Jungtiere sind reinerbig, naturfarben (BB). Da das rezessive Gen für Leuzismus (x) ist nicht in ihrem Erbgut verankert. 50% der Jungtiere sind mischerbig (Bx) und gleichen somit den Nachkommen der F1Generation (Genotyp und Phänotyp ist gleich). Wie bei ihren Eltern, hat sich das das dominante Farb- Gen (B) durchgesetzt, deshalb sind sie naturfarben. Das rezessive Gen für Leuzismus (x) ist immer noch in ihrem Erbgut (Genotyp) verankert und so können sie dieses an ihre Jungen weitervererben. 25% der Jungtiere sind reinerbig, weiss (xx). Da das dominante Gen (B) ist nicht in ihrem Erbgut verankert. Das Allel für Leuzismus (xx) wurde also verdeckt weitervererbt, obwohl es rezessiv ist und hat somit eine Generation übersprungen. (Rezessiver Erbgang) Rezessiver Erbgang Abgesehen von den weissen Streifenhörnchen bei denen der Genotyp offensichtlich ist, kann man von blossem Auge nicht erkennen, welche naturfarbenen Jungtiere reinerbig bzw. mischerbig sind. Zieht man diese Tiere zur Zucht herbei, kann man also nicht im Voraus abschätzen, wie der Wurf zusammengesetzt sein wird. Damit es zur Manifestation eines rezessiven Merkmals im Erscheinungsbild kommen kann, bedarf es immer zweier Anlageträger. Tritt also ein rezessiv vererbtes Merkmal auch nur ein Mal auf, beweist dies, dass beide Elterntiere die Veranlagung dazu in sich tragen. Für Streifenhörnchen- Züchter ist das Spaltungsgesetz natürlich nicht in gleichem Masse kalkulierbar, wie das Uniformitätsgesetz. Besonders deshalb, weil die von Mendel beobachteten Zahlenverhältnisse der genotypischen und phänotypischen Merkmale längst nicht auf jeden einzelnen Wurf zutreffen, sondern einem statistischen Durchschnitt entsprechen. Es kann also durchaus sein, dass ein rezessiver Genotyp einige Generationen überspringt, bevor er sich dann vielleicht ganz überraschend wieder manifestiert. In so einem solchen Fall sagt man dann auch gerne, dass sich das betreffende Merkmal „durchge-mendel-t“ hat. Man sollte sich als Züchter daher nicht auf die „Prognosen“ der Spaltungsverhältnisse nach Mendel verlassen. So ist es beispielsweise schon vorgekommen, dass die Verpaarung eines Zuchtpaares, bestehend aus einem weissen und einem zimtfarbenen Streifenhörnchen, zu einem Wurf mit fünf weissen Jungtieren geführt hat. In der Praxis können also diese Werte erst nach etwa 50 Nachkommen bestätigt werden, was aber in der Regel gar nicht möglich ist. Lediglich Züchter von Labormäusen oder Pflanzenzüchter, wie Mendel es war, können die logischen statistischen Gesetzmässigkeiten durch ihre Vielzahl an Nachkommen nachzählen. 10 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Spaltungsregel: Anderes Beispiel für einen rezessiven Erbgänge (Tafel C) Bei Tafel C handelt es sich um eine Verpaarung (Kreuzung) eines mischerbigen, naturfarbenen Streifenhörnchens (Bx) mit einem reinerbig, rezessiven weissen Streifenhörnchen (xx). Für den Wurf ergeben sich statistisch folgende Werte: Jeweils 50% der Jungtiere sind sowohl im Phänotyp, als auch im Genotyp gleich. 50% der Jungtiere sind naturfarben. Sie tragen bei dieser Züchtung das rezessive Gen für Leuzismus (x) in sich und können es daher wie in Tafel B, C und D rezessiv weitervererben. 50% der Jungtiere sind weiss. Sie sind reinerbig und vererben das Gen für den Leuzismus (x) rezessiv. Anhand der Tafeln A, B, C & D kann man erahnen, wie schnell sich das genotypische Merkmal für Leuzismus ausbreiten kann! 11 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Spaltungsregel: Anderes Beispiel für einen rezessiven Erbgänge (Tafel D) Bei Tafel D handelt es sich um eine Verpaarung (Kreuzung) eines reinerbigen, naturfarbenen Streifenhörnchens (BB) mit einem mischerbigen, naturfarbenen Streifenhörnchen (Bx). Für den Wurf ergeben sich statistisch folgende Werte: Phänotypisch sehen alle Jungtiere gleich aus. Doch nur 50% sind reinerbig, während die anderen 50% mischerbig sind. Die reinerbigen Jungtiere tragen bei dieser Züchtung kein rezessives Gen für Leuzismus (x) in sich. Anhand der Tabelle A und D kann man erkennen, wie der reinrassige Genotyp vererbt werden kann. Die mischerbigen Jungtiere tragen bei dieser Züchtung das rezessive Gen für Leuzismus (x) in sich und können es daher wie in Tafel B, C und D rezessiv weitervererben. 12 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Unabhängigkeitsgesetz/Neukombinationsregel (Tafel E) Mendel untersuchte nicht nur den Erbgang eines Merkmals, also die Blütenfarbe der Erbsen, sondern auch noch sechs an weitere. Dadurch wollte er herausfinden, ob die Erbanlagen einer Rasse mit all ihren Ausprägungen (Grösse, Farbe, Proportionen im Wuchs etc.) eine Einheit bilden, oder ob sie auf einzelnen Genen liegen und somit frei kombinierbar sind. Deshalb kreuzte Mendel Pflanzen, die sich in mehreren Merkmalen voneinander unterschieden. Er fand heraus, dass die Merkmale sich frei mischten und keine Einheit bildeten. Die Nachkommen einer roten, grossen Pflanze mit einer weissen, kleinen Pflanze, konnten also sowohl rot und klein, als auch weiss und gross werden. Diese Kombinierbarkeit ist jedoch nur dann möglich, wenn die Merkmale auf verschiedenen Chromosomen liegen, was bei der Erbse der Fall war. Die phänotypischen Ausprägungen spalten sich hierbei in einem jeweils speziellen Verhältnis auf (9:3:3:1). Die Unabhängigkeitsregel beschreibt das Vererbungsverhalten von zwei Merkmalen (z. B. Schwanzlänge & Haarfarbe) bei der Kreuzung reinerbiger Individuen und deren Nachkommen. Beide Merkmale werden unabhängig (daher der Name der Regel) voneinander vererbt, wobei ab der F2-Generation (Enkel) neue, reinerbige Kombinationen auftreten. Bei Züchtungen von Tieren können folgende phänotypische Merkmale eine Rolle spielen: Grösse, Farbe, Fellzeichnungen, Schwanzlänge, Körpertypen, Ohren und Augen. Anmerkung: Ich habe in diesem Beispiel grössere und kleinere Streifenhörnchen verwendet, obwohl dies in der Praxis in der Regel nicht relevant ist (ausser bei Inzestdepression). Ich habe mich für diese Variante entschieden, weil die Unabhängigkeitsregel so optisch gut dargestellt werden kann 100% mischerbig, naturfarben und mischerbig, gross 13 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Die Unabhängigkeitsregel beschreibt also das Vererbungsverhalten von zwei dominant-rezessiven Merkmalen (z. B. Farbe und Grösse), durch die Kreuzung zweier reinerbiger Individuen und deren Nachkommen. Beide Merkmale werden unabhängig voneinander vererbt. In der F1- Generation (Tabelle 1) werden die entsprechenden Merkmale dominant und gleich vererbt (Uniformitätsregel). Das heisst alle Jungtiere sind mischerbig naturfarben & mischerbig gross (Bx Gg). Bei der F2- Generation (Tabelle2) spalten sich die phänotypischen Merkmale nach der Spaltungsregel (9:3:3:1) auf. Das heisst statistisch gesehen gibt es: • 9 naturfarbene, grosse Hörnchen • 3 weisse, grosse Hörnchen • 3 naturfarbene, kleine Hörnchen • 1 weisses, kleines Hörnchen 14 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu In Bezug auf den Genotyp ergeben sich in der F2- Generation folgende Allel- Kombinationen (1:1:2:2:4:2:2:1:1): • 1 ist reinerbig naturfarben & reinerbig gross = BB GG • 1 ist reinerbig naturfarben & reinerbig klein = BB gg, wie der Vater der F1- Generation • 2 sind reinerbig naturfarben & mischerbig gross = BB Gg • 2 sind mischerbig naturfarben & reinerbig gross = Bx GG • 4 sind mischerbig naturfarben & mischerbig gross = Bx Gg, wie ihre Eltern • 2 sind reinerbig weiss & mischerbig gross = xx Bg • 2 sind mischerbig weiss & reinerbig klein = Bx gg • 1 ist reinerbig weiss & reinerbig gross = xx GG, wie die Mutter der F1- Generation • 1 ist reinerbig weiss & reinerbig klein = xx gg Das bedeutet, dass in der F2- Generation statistisch gesehen, zwei neuartige reinerbige AllelKombinationen auftreten (rot hervorgehoben). 15 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Rezessiver Erbgang im Hinblick auf Defekte Da viele Erbdefekte (z.B. Zahnfehlstellungen, Deformationen, Diabetes usw.) rezessiv vererbt werden, sind Zuchtbücher für einen verantwortungsbewussten Züchter ein Muss. Leider ist es mit blossem Auge nicht festzustellen, ob ein Zuchttier Träger eines Gendefekts ist, denn es kann unter Umständen über viele Generationen schlummern, bis es in Erscheinung tritt. Aber taucht ein Defekt in einem Wurf auch nur ein einziges Mal auf, so bedeutet dies, dass beide Elterntiere diese Veranlagung in sich tragen. Denn damit es zur Manifestation eines rezessiven Merkmals im Erscheinungsbild kommen kann, bedarf es immer zweier Anlageträger. Überträgt man also die Vererbung von rezessiven Gendefekten auf die Tafeln A – D und ersetzt dabei das Gen für Leuzismus durch den entsprechenden Defekt, so kann man sich leicht ein Bild davon machen, wie schnell sich ein solcher Defekt verdeckt ausbreiten kann, bis er in Erscheinung tritt. Es versteht sich von selbst, dass man die durch den rezessiven Erbgang ermittelten Anlageträger aus der Zucht eliminieren sollte! Defektträger und Anlageträger Mit Defektträgern/ Merkmalsträgern sind diejenigen Tiere gemeint, bei denen ein Defekt/Merkmal phänotypisch in Erscheinung getreten ist, also sichtbar ist. In Bezug auf das rezessive Gen sind sie reinerbige Homozygoten, weil sie das rezessive Allel in doppelter Ausführung (z.B. kk) tragen. Entsprechend sind nur die reinerbigen im Falle von vererbten Defekten auch wirklich krank. Anders verhält es sich mit den Anlageträgern. In Bezug auf das rezessive Gen des Defekts sind sie mischerbige Heterozygoten, die das gemischte Gen Kk tragen. Bei Anlageträgern tritt das defekte Gen phänotypisch nicht in Erscheinung, sie sind also nicht krank. Aber dennoch sind sie verdeckte Träger des Defekts und vererben ihn rezessiv weiter. Rezessive Vererbung eines möglichen Defekts bei Tafel B: Mal angenommen, die beiden Elternteile sind mischerbig, aber dieses Mal handelt es sich bei der weissen Silhouette nicht um einen Farbschlag sondern um einen Gen- Defekt, den beide Elterntiere verdeckt als Anlageträger in sich trugen. Der Züchter verpaart also zwei vermeintlich gesunde Tiere, bei denen der betreffende Gen- Defekt unter Umständen über viele Generationen hinweg rezessiv weitergeerbt wurde und vor sich hin geschlummert hat. Durch die Verpaarung zweier Anlageträger kann nun der Gen- Defekt „aktiviert“ werden und bei den Jungtieren überraschend phänotypisch in Erscheinung treten. Für den Wurf ergeben sich statistisch folgende Werte: 75% der Jungen zeigen phänotypisch keine Anzeichen eines Gen-Defekts, sie sind also gesund. 25% der Jungen zeigen phänotypisch das Anzeichen für den Gen-Defekt, sie sind Defektträger und somit krank. Sie sind in Bezug auf das defekte Gen reinerbig und würden dieses rezessiv weitervererben. Von den 75% der Jungen, die phänotypisch keine Anzeichen zeigen, sind 2/3 Anlageträger und können den Gen-Defekt rezessiv weitervererben. Nur 25% aller möglichen Nachkommen sind sowohl phänotypisch, als auch genotypisch frei von dem Gen-Defekt, aber um welche Junge es sich handelt, kann man mit blossem Auge nicht feststellen. 16 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Das kranke Junge ist im Bezug auf das defekte Gen reinerbig und würde dieses rezessiv weitervererben. Ausserdem lässt sich daraus schliessen, dass die Eltern beide Anlageträger sind, obwohl sie phänotypisch gesund sind. Daraus folgt, dass weder die Elterntiere noch die Jungen für eine weitere Zucht verwendet werden sollten, auch wenn die meisten nicht krank sind. Doch nur so kann verhindert werden, dass sich der rezessive Gen-Defekt „heimlich“ ausbreitet und später wieder überraschend in Erscheinung tritt. Rezessive Vererbung eines möglichen Defekts bei Tafel D: Angenommen, nur ein Elternteil ist mischerbig und ist Träger eines rezessiven Gen-Defekts. Das andere Tier ist genotypisch frei von besagtem Gen-Defekt. Der Züchter verpaart also wiederum zwei vermeintlich gesunde Tiere. Bei einem wurde der betreffende Gen- Defekt unter Umständen schon über viele Generationen hinweg rezessiv weitergeerbt. Da bei dieser Verpaarung nur einer der beiden Anlageträger für den Gen-Defekt ist, tritt dieser bei den Jungtieren nicht phänotypisch in Erscheinung und kann weiterhin verdeckt weitervererbt werden. Der Züchter ist somit nicht gewarnt und wird die genotypisch belasteten Tiere unter Umständen weiterhin für die Zucht verwenden. Für den Wurf ergeben sich statistisch folgende Werte: 50% der Jungtiere sind genotypisch belastet und können den Gen-Defekt rezessiv und verdeckt weitervererben. 50% der Jungtiere sind genotypisch frei von dem Gen-Defekt. Da der Gen-Defekt unentdeckt blieb kann er sich durch einen Anlageträger heimlich weitervererben und gegebenenfalls unerkannt Generationen überspringen, bis er auf einen weiteren Anlageträger trifft und der Gen-Defekt wieder in Erscheinung tritt. Werden in der Folgegeneration aber alle Nachkommen der Tafel D mit genetisch freien Tiere verpaart, wird sich die Rate der genetisch freien Tiere in dieser Linie von 50 auf 75% erhöhen (12:4) und in der übernächsten Generation schon auf 87.5% (56:8). Das bedeutet, mit zunehmendem Generationenabstand zu dem Anlageträger halbiert sich die Anzahl der möglichen Anlageträger des GenDefekts und damit sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein aus dieser Linie stammendes Tier ein Anlageträger ist. Die heimliche und leise Verbreitung von Gen-Defekten führt bei vielen Züchtern zu einem mulmigen Gefühl. Denn selbst wenn in einer Zucht noch nie Gen-Defekte phänotypisch in Erscheinung getreten sind, weiss man nie sicher, ob die Zuchttiere evtl. doch Anlageträger sind. Besonders wenn „frisches“ Blut in die Zucht aufgenommen wird, könnte ein (weiterer) Anlageträger „eingeschleppt“ werden. Speziell bei der Streifenhörnchen- Zucht, wo vielfach keine Zuchtbücher geführt werden und diesbezüglich quasi ein „Wildwuchs“ herrscht, kann selbst bei einer „Enttarnung“ eines Gen-Defekts die Zuchtlinie von Züchter zu Züchter nicht mehr zufriedenstellend zurückverfolgt werden. Entsprechend können auch die möglichen Anlageträger nicht eruiert und für die Zucht ausgeschlossen werden. 17 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Rezessive Vererbung eines möglichen Defekts bei Tafel A: Verpaart nun ein unseriöser Züchter ein sichtbar krankes Tier, einen reinerbigen Defektträger (weisse Silhouette) mit einem defektfreien Tier, kann er sich zwar über einen Wurf mit phänotypisch gesunden Tieren freuen, aber dennoch ist sein Handeln verantwortungslos, insbesondere wenn er die Käufer der Jungtiere nicht auf die krankhafte Veranlagung aufmerksam macht. Denn diese Tiere sollten natürlich nicht für eine weitere Zucht verwendet werden, denn sie sind zu 100% Anlageträger dieses Defekt-Gens und werden dieses rezessiv weitervererben (Tafel B & D). Der Defekt kann genotypisch Generationen überspringen und wird erst dann wieder in Erscheinung treten, wenn er auf einen zweiten Anlageträger trifft. Ein verantwortungsvoller Züchter würde jedoch niemals einen reinerbigen Defektträger zur Zucht verwenden, denn er denkt nicht nur an die direkte Nachzucht seines nächsten Wurfs sondern auch an die Folgegenerationen. Der Ausschluss eines Defektträgers ist also eine Minimalforderung, die eigentlich absolut selbstverständlich sein sollte! Rezessive Vererbung eines möglichen Defekts bei Tafel C: Hier verpaart nun wiederum ein Züchter einen reinerbigen Defektträger (weisse Silhouette), doch dieses Mal mit einem Anlageträger. In diesem Falle wird der Züchter sozusagen selbst bestraft, dass er mit einem Defektträger gezüchtet hat. Denn wenn ein Defektträger mit einem Anlageträger verpaart wird, fallen bereits in der F1-Generation Defektträger. Für den Wurf ergeben sich statistisch folgende Werte: 50% der Jungtiere sind phänotypisch gesund, aber genotypisch belastet und können den Gen-Defekt rezessiv und verdeckt weitervererben. 50% der Jungen zeigen phänotypisch das Anzeichen für den Gen-Defekt, sie sind Defektträger und somit krank. Sie sind in Bezug auf das defekte Gen reinerbig und würden dieses rezessiv weitervererben Das phänotypisch gesunde Tier ist somit auch als Anlageträger entlarvt, ansonsten hätte es bei der Verpaarung in der F1- Generation keine Defektträger gegeben. Früher hat man dieses Phänomen dazu genutzt, Anlageträger zu entlarven, indem man fragliche Anlageträger mit Defektträgern verpaarte. Solche Test-Verpaarungen sind inzwischen glücklicherweise verboten! In Zukunft wird wohl die Genforschung eine immer grössere Rolle beim Eruieren von Gen-Defekten und Anlageträgern spielen. 18 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Vererbungschema von Erbkrankheiten bei rezessivem Erbgang AA= gesund A A Aa= mischerbige Anlageträger (gesund, verdeckte Träger) A a A A a aa= reinerbige Defektträger (krank) a Genotyp der Eltern AA Aa AA Aa Aa Aa Aa Aa mögliche Allelkombinationen 25% 25% 25% 25% 25% 25% 25% 25% der Jungtiere Total gesund: 50% Total gesund: 0% Total Anlageträger: 50% Total Anlageträger: 100% Total Defektträger: 0% Total Defektträger: 0% A a AA aa 25% 25% A a Aa Aa 25% 25% A a Aa aa 25% 25% a a aa Aa 25% 25% Total gesund: 25% Total gesund: 0% Total Anlageträger: 50% Total Anlageträger: 50% Total Defektträger: 25% Total Defektträger: 50% a a a a Genotyp der Eltern Genotyp der Eltern mögliche Allelkombinationen der Jungtiere Anhand dieser Schemata kann man gut ablesen, wie schnell sich eine Defektmutation ausbreiten kann! Weil die Anlageträger phänotypisch, also dem Aussehen nach gesund sind, kann man mit blossem Auge nicht erkennen, dass sie Träger des Defekts sind. Dadurch kann sich ein Gendefekt über Generationen „heimlich“ ausbreiten, bis schliesslich zwei Anlageträger bei der Paarung aufeinander treffen. aa aa 25% 25% aa aa 25% 25% Total gesund: 0% Total Anlageträger: 0% Total Defektträger: 100% mögliche Allelkombinationen der Jungtiere Dann erst manifestiert sich die Defektmutation bei den Jungtieren, d.h. sie wird sichtbar und beide Elternteile sind als Anlageträger entlarvt. Es versteht sich von selbst, dass ein Züchter in diesem Fall weder mit den Elterntieren, noch mit deren Nachkommen weiter züchten sollte! Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, dass Züchter ein Zuchtbuch führen und die Käufer der Jungtiere Anomalien melden, wen sie (erst später) auftreten. (z.B. Zahnschiefstand, Epilepsie, Sehstörungen etc.) 19 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Gencodes für Streifenhörnchen Trotz intensiven Recherchen und etlichen Nachfragen bei Züchtern konnten wir noch keine einheitlichen Gencodes für die verschiedenen Farbschläge oder anderen phänotypischen Merkmale für Streifenhörnchen finden. Der Grund für diese Uneinigkeit liegt wohl darin, dass es bisher noch keinen offiziellen Zuchtverband gibt , der solche Richtlinien festlegt, wie dies beispielsweise bei Hunden, Katzen, Kaninchen, Hamstern, Mäusen usw. der Fall ist. Die Zucht von Streifenhörnchen ist im Vergleich zu den genannten Tierarten eben noch eine sehr junge Disziplin. Man könnte sagen glücklicherweise, denn dadurch halten sich die Zuchtschäden bisher in einem begrenzten Rahmen. Eines jedenfalls ist klar. Anders als beispielsweise bei Hamstern, wo es zig Farbschläge, sowie andere Merkmale wie, langhaarige, seidenfellige, gescheckte, gebandete usw. gibt, ist das phänotypische Spektrum bei Streifenhörnchen beschränkt. Deshalb müssen auch keine derart komplizierten Gencodes verwendet werden. Ganz unabhängig davon, wie man nun die entsprechenden Gencodes bezeichnen will, ändert dies nichts an den Modellen der Vererbungslehre von Mendel. Einfach gesagt könnte man die Buchstaben einfach auswechseln, wenn es denn jemals dazu kommen sollte, dass sich die Züchter von Streifenhörnchen auf bestimmte, allgemeingültige Gencodes einigen können. Bis es soweit ist haben wir uns nun „provisorisch“ auf die unten, beschriebenen Gencodes festgelegt, in dem Bewusstsein, dass diese eben nicht als absolut zu betrachten sind: Tabellarische Übersicht über die Gencodes bei Streifenhörnchen „Farbe“ „unser“ Gencode andere Bezeichnungen dominant rezessiv naturfarben BB (braun/natur) bb, AA (Agouti) immer evtl. EE zimtfarbig pp (Phäomelanin) zz, blbl (Brown light),bb (rust), rr (red) xx, cc, dd BB weiss xx (Leuzismus) ww, vv (Leuzismus internat.) immer weiss cc (Albino) ww, aa immer Untenstehende Farbvarianten sind noch sehr selten und daher sind die Bezeichnungen, sowie die Angaben über deren Vererbung (dominant oder rezessiv) noch mit Vorsicht zu geniessen! schwarz(selten) EE (schwarz/ Extension) aa (Nonagouti) immer grau (selten) dd (grau/ dilute) gr, si (silver) xx, cc BB, EE, pp beige (selten) ee (Non-Extension) blbl (brown light) xx, cc BB,EE, pp Schecken (selten) ss (Scheckung) dud (dunkel) und duw (hell) xx, cc BB, EE, pp 20 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Ursprüngliche „Farbvarianten“ bei Streifenhörnchen Naturfarben = Wildtyp – Gencode: BB immer dominant (evtl. rezessiv gegenüber EE) andere Bezeichnungen: bb, AA (für Agouti) Naturfarbene Hörnchen werden auch als Wild-Typ bezeichnet, weil sie die gleiche Farbe haben, wie ihre wild Lebenden Verwandten. Von allen Hörnchen sind sie deshalb die robustesten. Es ist deshalb ratsam, bei der Zucht von anderen „Farbschlägen“ immer ein naturfarbenes Hörnchen beizuziehen. Der Agoutilocus ist das Gen für das Agouti signaling peptide (ASIP), dessen Funktion gleichzeitig durch den Melanocortinrezeptor (MC1R) beeinflusst wird, der wiederum vom Extension-Locus verschlüsselt wird. Über das Agouti Gen werden die Pigmentzellen durch ihre Lokalisation und das umgebende Zellmilieu beeinflusst und die Verteilung schwarzer und gelber Pigmente kontrolliert. Dadurch entstehen sowohl die helle und dunkle Bänderung einzelner Haare der Wildfärbung vieler Tierarten als auch die Verteilung über den ganzen Körper, wie beispielsweise die Streifen bei den Streifenhörnchen. Dieses naturfarbene Streifenhörnchen ist ein gutes Beispiel für besonders herausragende Merkmale eines gesunden und vitalen Zuchtböckchens: Es weist eine gute Grösse aus (16 - 17cm ohne Schwanz), es hat eine ausgeprägte Bänderung der Haare (siehe Schwanz), klare regelmässige Streifen, ausgewogene Körperproportionen, einen langen Schwanz (ca. 15 - 16cm) und ein stabiles Gewicht (ca. 120g – 140g). 21 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Zimt = Phäomelanin – Gencode: pp dominant gegenüber xx, cc, dd – rezessiv gegenüber BB, EE andere Bezeichnungen: zz (zimt), blbl (brown light) bb, rr (red) Bei Streifenhörnchen ist Zimt oder Cinnamon ein Farbschlag, der vom Braunton naturfarbener Streifenhörnchen abweicht. Die Farbe ist etwas heller und hat einen wärmenden, rötlichen Ton. Der Grund dafür liegt wahrscheinlich an einer erhöhten Phäomelanin Konzentration im Fell. Melanin, jene Farbpigmente, welche für die Farbgebung der Haare, der Haut und der Augen verantwortlich ist, tritt gewöhnlich in einer Mischung aus zwei Varianten auf: Während Eumelanin für schwarze und braune Farbtöne massgebend ist, beeinflusst das Phäomelanin die Rot-, Hellbraun- und Blondtöne. So gesehen handelt es sich bei „zimt“ um keine eigene Farbe, sondern um einen Farbschlag/ Farbvariante des Wildtyps, der mehr oder weniger ausgeprägt ist. Auch die Fellfarbe naturfarbener Hörnchen wird im Herbst oft etwas rötlicher. DIE Zimtfarbe gibt es also nicht, sondern es gibt Abstufungen von stark bis schwach rötlich, bis hin zu eher blondrötlich. 22 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Weiss ohne rote Augen = Leuzismus – Gencode: xx immer rezessiv andere Bezeichnungen: ww (weiss), vv (international für Leuzismus) Leuzismus ist eine Defekt- Mutation, bei der das Fell weiss und die darunterliegende Haut rosa ist, da die Haut keine Melanozyten (farbstoffbildende Zellen) enthält. Der Grund dafür ist, dass in der frühembryonalen Entwicklung diese Fehlentwicklung dazu führte, dass keine oder nur sehr wenige Melanoblasten aus der Neuralleiste auswandern konnten. Damit gibt es an der Körperoberfläche keine pigmentbildenden Zellen mehr. Bereiche, die mit dem Zentralnervensystem unmittelbar zusammenhängen, besonders die Augen, haben meist zumindest eine gewisse Anzahl pigmentbildender Zellen, so dass die Augen von leuzistischen Tieren hellbraun oder dunkelblau bis orange gefärbt sind. (Auf Fotos leuchten sie jedoch aufgrund des Blitzes oft rot). Ausserdem haben die Streifenhörnchen mit Leuzismus hellbeige bis gräuliche Streifen auf dem Rücken. Hörnchen mit Leuzismus sind aufgrund des fehlenden Melanins lichtempfindlicher als naturfarbene. Das sollte insbesondere bei der Aussenhaltung berücksichtigt werden. In der freien Natur würden es diese Hörnchen schwer haben, zu überleben, weil ihr Fellkleid zu auffällig ist. Deshalb gibt es in der Wildnis nur wenige Hörnchen mit Leuzismus. Es wird oft behauptet, dass leuzistische Streifenhörnchen blind oder taub sind, bzw. dass sie aufgrund einer Sehschwäche Gleichgewichtsstörungen haben und deshalb nur eingeschränkt Klettern und Springen können. Tatsächlich kann es vorkommen, dass sie ähnliche Probleme und Krankheitssymptome aufweisen, wie Albinos. Doch das ist meist auf einen Zuchtschaden durch eine intensive „Weisszucht“ zurückzuführen. Ein Anzeichen dafür ist ein auffälliges Wackeln mit dem Kopf, um besser fokussieren zu können. Wir hatten ein leuzistisches Jungtier (Ayla) aus einer Verpaarung zweier naturfarbener Streifenhörnchen und konnten bei Ayla keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen feststellen. Ganz im Gegenteil: Ayla war ein äusserst robustes und agiles Streifenhörnchen, das beispielsweise weniger saisonbedingte Gewichtsschwankungen hatte, als unsere anderen Streifenhörnchen. Und auch Amadeus, unser weisses „Notfallhörnchen“ zeigt keinerlei Anzeichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung und erfreut sich bester Gesundheit. 23 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Weiss mit roten Augen = Albinismus – Gencode: cc immer rezessiv andere Bezeichnungen: ww (weiss), aa (farblos) Im Gegensatz dazu sind beim Albinismus die Zellen zwar vorhanden, aber unfähig den Farbstoff Melanin zu bilden. Durch diese Pigmentstörung erscheint das Haarkleid bei einem vollständigen Albinismus weiss (ohne beige Streifen) und auch die Augen erscheinen rot, ganz unabhängig davon, welche Augenfarbe das betreffende Tier ohne Albinismus hätte. Albinismus kann bei jeder Tierart und auch bei Menschen auftreten, kommt aber bei Hörnchen sehr selten vor. In der freien Natur würden es diese Hörnchen ebenfalls schwer haben, zu überleben, weil ihr Fellkleid zu auffällig ist. Deshalb gibt es in der Wildnis nur wenige Albino- Hörnchen. Ausserdem sind Albinos aufgrund des fehlenden Melanins überaus lichtempfindlich, haben eine verminderte Sehschärfe und ein gestörtes räumliches Sehen. Dadurch haben Albinos nicht selten Gleichgewichtsstörungen und deshalb Mühe, beim Klettern und Springen die Distanzen richtig einzuschätzen. In der Zucht spielen Albinos, im Gegensatz zu leuzistischen Streifenhörnchen, daher eine sehr untergeordnete Rolle, weil sie aufgrund ihrer Krankheitsanfälligkeit auf dem Markt nicht gefragt sind. 24 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Neuere „Farbvarianten“ bei Streifenhörnchen Die folgenden Farbvarianten sind noch sehr selten und daher sind die Bezeichnungen, sowie die Angaben über die Vererbung (dominant oder rezessiv) noch mit Vorsicht zu geniessen! Dunkelbraun/ Schwarz = Melanismus – Gencode: EE (Extension) dominant gegenüber xx, cc, dd – eventuell auch gegenüber BB andere Bezeichnungen: aa (schwarz/ Nonagouti) Bisher haben wir noch keine Bilder von schwarzen Burunduks gefunden, aber ausgeschlossen ist das nicht, denn bei den amerikanischen Chipmunks hat es schon schwarze Fellfarben gegeben. In der wissenschaftlichen Literatur sowie in der Tierzucht wird der Begriff "Melanismus" häufig bei einer übermässigen Pigmentierung, also bei einer deutlichen Abweichung von der Norm verwendet. Ein melanistisches Tier (auch Schwärzling genannt) ist im Gegensatz zur üblichen Farbgebung seiner Art komplett schwarz gefärbt. Die bekanntesten Schwärzlinge sind die schwarzen Panther. Melanismus gibt es in unterschiedlichen Abstufungen. Man unterscheidet dabei: • Abundismus: hier tauchen neue dunkle Zeichnungselemente auf • Nigrismus: hier werden nur vorhandene dunkle Zeichnungselemente grösser. • Skotasmus: hier besteht völlige Verdunkelung, bzw. komplette Schwarzfärbung Melanismus entsteht gewöhnlich durch die Mutation eines der Gen-Loci, die für die Fellmusterung zuständig sind. Dazu zählen der Agouti-Locus (A) und der Extension-Locus (E). Genetisch sind völlig braune oder gelbe Tiere ohne schwarze Farbpigmente das Gegenteil des Melanismus. Es gibt ein dominantes Allel des Extension-Locus (E) durch das die betroffenen Tiere unabhängig vom Agouti-Locus vollständig dunkel werden (Melanismus). Durch das rezessive Allel e wird das Fell am ganzen Körper rotgelb, so dass auch der Agoutilocus keine Schwarzfärbung mehr erzeugen kann. Dem Melanismus entgegengesetzt erscheinen Albinismus und Leuzismus, wobei die Farbpigmente in der Haut bzw. im Fell aus unterschiedlichen Gründen fehlen. Foto: Michael Cummings 25 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Grau = Dilute – Gencode: dd dominant gegenüber xx, cc – rezessiv gegenüber BB, pp andere Bezeichnungen: grgr (grey), sisi (silver) Grau ist ebenfalls ein Farbschlag, der vom Braunton naturfarbener Streifenhörnchen abweicht. Die Farbe liegt irgendwo zwischen einem verwaschen grau und bräunlich. Die „grauen“ Hörnchen sind so selten und die Erfahrungswerte im Allgemeinen so gering, dass wir uns kaum wagen irgendwelche Aussagen zu diesem Farbschlag zu machen. Auch die in der Tabelle erwähnten Bezeichnungen sind daher mit Vorsicht zu geniessen. Die „grauen“ Hörnchen sind aber so selten und die Erfahrungswerte im Allgemeinen so gering, dass die folgenden Angaben mit Vorsicht zu geniessen sind. Wahrscheinlich ist das sogenannte Dilute- Gen für diese spezielle Aufhellung verantwortlich. Als Dilute-Gen (engl. dilute „verdünnen“) oder Verdünnungs-Gen werden bei unterschiedlichen Tierarten verschiedene Gene bezeichnet, deren Mutationen zu einer Aufhellung der Intensität der Fellfarbe führen. Myosin 5A ist für den Transport der Melanosomen (Farbstoffkörnchen) zu den Spitzen der Zellausläufer der Melanozyten (Farbstoffbildenden Zellen) zuständig. Dort werden sie an die Zellen, die nachher gefärbt sein sollen übertragen. Die Anzahl Melanosomen ist normal, sie verklumpen aber so miteinander, dass die Farbe dadurch aufgehellt wird. Durch die Konzentration in unregelmässigen Gruppierungen wird die Lichtabsorption vermindert und schwarzes Fell erscheint grau. Zusätzlich ändern sie die Form der Melanozyten und verkleinern die Melaningranula, was die Aufhellung verstärkt. Das Dilute-Gen rezessiv gegenüber dem Wildtyp-Allel für die unaufgehellte Farbe. Bei einem Teil der durch das Dilute-Gen aufgehellten Tiere ist die Mutation mit Haarausfall und einer Veränderungen der Haarwurzeln verbunden. Graues Baumstreifenhörnchen 26 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Beige/ Hellbraun = Gegenteil Melanismus – Gencode: ee (Non-Extension) dominant gegenüber xx, cc, rezessiv gegenüber BB, EE andere Bezeichnungen: blbl (brown light) Die beigen/ hellbraunen Hörnchen sind erst kürzlich in Zuchten aufgetaucht und daher sind die Erfahrungswerte so gering, dass wir uns kaum wagen irgendwelche Aussagen zu diesem Farbschlag zu machen. Auch die in der Tabelle erwähnten Bezeichnungen sind daher mit Vorsicht zu geniessen. Da beige Hörnchen noch sehr selten sind, gibt es noch sehr unterschiedliche Vermutungen, wie es zu dieser Farbvariante kommt. Es kommen also verschiedene Möglichkeiten in Frage: Es könnte sein, dass der Extension-Locus dafür verantwortlich ist. Als Extension-Lokus bezeichnet man den Locus des Gens für das Transmembranprotein MC1R dessen Mutationen im unterschiedlichen Ausmass die Menge des Eumelanins (verantwortlich für Braun- und Schwarztöne) in den Haaren verringern und gleichzeitig die Menge des Phäomelanins (verantwortlich für Rot-, Hellbraun- und Blondtöne) vergrössern oder umgekehrt. So gesehen könnte es also sein, dass ein sehr hoher Anteil an Phäomelanin für die helle Farbe verantwortlich ist (wesentlich mehr als bei zimtfarbenen Hörnchen). Durch das rezessive Allel e wird das Fell am ganzen Körper rotgelb, so dass auch der Agoutilocus keine Schwarzfärbung mehr erzeugen kann. Dazwischen gibt es mehrere Allele, die den Einfluss des Agouti-Gens zulassen, so dass ein Muster möglich wird, beispielsweise Streifen oder Flecken. Bei den beigen/ hellbraunen Streifenhörnchen könnte es sich aber auch um eine abgeschwächte Form des Leuzismus handeln. Im Vergleich zum "vollständigen" Leuzismus, könnte es sein, dass bei beigen Hörnchen einfach mehr Melanoblasten ausgewandert sind und sich gleichmässig im Körper verteilt haben, weshalb diese Hörnchen nun etwas heller als wildfarbene, aber deutlich dunkler als die allgemein als weiss bezeichneten Hörnchen sind. Es wäre aber auch möglich, dass das sogenannte Dilute- Gen für diese spezielle Aufhellung verantwortlich ist. Als Dilute-Gen (engl. dilute „verdünnen“) oder Verdünnungs-Gen werden bei unterschiedlichen Tierarten verschiedene Gene bezeichnet, deren Mutationen zu einer Aufhellung der Intensität der Fellfarbe führen. (Mehr Infos siehe graue Hörnchen) Wie gesagt bewegen wir uns bei beigen Hörnchen noch auf „spekulativem Boden“. 27 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Schecken = Abgeschwächte Form des Leuzismus – Gencode: ss dominant gegenüber xx, cc, – rezessiv gegenüber BB, EE, pp andere Bezeichnungen: dud (dunkel) und duw (hell) Gescheckte Streifenhörnchen sind zwar selten, können aber bei allen Säugetieren, also auch bei Streifenhörnchen vorkommen. Schecken sind eine abgeschwächte Form des Leuzismus, also eine Defektmutation. Inzwischen weiss man, dass es mehrere unterschiedliche Gene gibt, deren Mutationen zu Leuzismus und Scheckung führen können. Die Scheckung entsteht dadurch, dass eines der Gene, welche die Auswanderung der Melanozyten beeinflussen, mutiert ist und deshalb nicht so viele Zellen auswandern und/ oder nicht zu allen Körperstellen gelangen. Bei gescheckten Tieren gelangen die Melanozyten also nicht überallhin, wodurch weisse Flecken entstehen, während an anderen Stellen normal viele Melanozyten vorhanden sind. Je nach Art des mutierten Gens können unterschiedliche Scheckungsmuster entstehen. Je nach Lage der Flecken und Art des zugrundeliegenden Leuzismus können gescheckte Tiere blaue bis normalfarbene Augen haben, manchmal haben sie auch zwei verschiedene Augenfarben (IrisHeterochromie). Melanin beeinflusst die Entwicklung der Sehnerven, so dass leuzistische Tiere manchmal eine Sehbehinderung haben, die der Sehbehinderung der Tiere mit Albinismus entspricht. Wenn die Scheckung durch ein Gen verursacht wird, das die Vorläuferzellen der Ganglionzellen der Hörnerven mit beeinflusst, ist das betroffene Tier schwerhörig oder taub. Nach zunächst ungestörter Entwicklung des Innenohres treten in den ersten Tagen des Lebens degenerative Veränderungen an der Kochlea auf. Die Schwere der Veränderungen im Innenohr kann variieren. Einzelne Scheckloki führen in der Embryonalentwicklung darüber hinaus zu schweren Missbildungen der betroffenen Tiere, die so weit gehen können, dass Tiere, die auf beiden parallelen Chromosomen das mutierte Gen haben, nicht einmal bis zur Geburt überleben oder kurz nach der Geburt sterben. Von allen Scheckloci gibt es jedoch auch harmlose Mutationen, die lediglich zu weissen Flecken führen. 28 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Artenvielfalt durch Evolution Evolution und Evolutionsfaktoren (Wikipedia) Evolution ist die Veränderung der vererbbaren Merkmale einer Population von Lebewesen von Generation zu Generation. Diese Merkmale sind in Form von Genen kodiert, die bei der Fortpflanzung kopiert und an den Nachwuchs weitergegeben werden. Durch Mutationen entstehen unterschiedliche Varianten (Allele) dieser Gene, die veränderte oder neue Merkmale verursachen können. Diese Varianten sowie Rekombinationen führen zu erblich bedingten Unterschieden (Genetische Variabilität) zwischen Individuen. Als Evolutionsfaktor bezeichnet man Prozesse, durch die der Genpool, das ist die Gesamtheit aller Genvariationen in einer Population verändert wird. Evolutionsfaktoren sind somit für die Entwicklung des Lebens und der Artenvielfalt auf der Erde mitverantwortlich. 29 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Zwar sind Mutationen mit positiven Folgen seltener als negative oder neutrale Mutationen, wenn aber eine positive Mutation erfolgt ist, trägt der Mechanismus der Natürlichen Selektion dazu bei, dass diese sich in einer Population ausbreiten kann. Die wesentlichen Evolutionsfaktoren sind: Rekombination (Wikipedia) Durch Rekombination die durch die Meiose bei der Keimzellenbildung und die Kernverschmelzung bei der Befruchtung erfolgt, werden die Erbanlagen der Eltern neu kombiniert, so dass Nachkommen mit individuellen (einzigartigen) Kombinationen von Erbanlagen entstehen. Bei der Rekombination bleiben die relativen Häufigkeiten der Erbanlagen in einer Population unverändert, aber die (insbesondere phänotypische) Variabilität der Individuen in einer Population wird wirksam erhöht. Rekombination findet bei ungeschlechtlicher Fortpflanzung nicht statt und ist auch nicht wirksam zwischen eineiigen Zwillingen, die aus einer gemeinsamen befruchteten Eizelle entstehen. Mutation (Wikipedia) Durch Mutationen, spontane Veränderungen der Basensequenzen der DNA, entstehen fortwährend neue Erbanlagen. Findet eine Mutation in einer Zelle statt, aus der später Keimzellen hervorgehen, so wird die veränderte Erbanlage über die befruchtete Eizelle auf die Nachkommen übertragen und verändert damit den Genpool der Population. Die neue Erbanlage führt zu Merkmalsausprägungen, die bisher in der Population nicht vorkamen. Ob es zu einer nachhaltigen Veränderung des Genpools kommt, hängt entscheidend davon ab, wie die Selektion auf die neue Merkmalsausprägung wirkt. Erbanlagen, die zu nachteiligen Merkmalsausprägungen führen, verschwinden wieder aus dem Genpool oder bleiben selten. Selektion (Wikipedia) Die Selektion ist die natürliche Auslese durch die Umwelt. Eine Voraussetzung für Selektion ist die durch Rekombination und Mutation verursachte Variabilität in einer Population. In den meisten Populationen werden viel mehr Nachkommen erzeugt, als in ihrem Lebensraum überleben können. So sterben viele Individuen einer Generation, bevor sie sich fortpflanzen können, oder bekommen weniger Nachkommen als andere Individuen mit vorteilhafteren Merkmalsausprägungen. Die Individuen leisten also einen unterschiedlichen Beitrag zum Genpool der Folgegeneration. Die relativen Häufigkeiten der Erbanlagen mit günstigen Merkmalsausprägungen nehmen in der Population zu, während die relativen Häufigkeiten der Erbanlagen mit ungünstigen Merkmalsausprägungen abnehmen. Gendrift (Wikipedia) Unter Gendrift versteht man eine zufallsbedingte Änderung des Genpools. Sie ist in kleinen Populationen wirksamer als in grossen. So kann zum Beispiel bei einer Naturkatastrophe oder einer Seuche eine Gruppe von Trägern bestimmter Merkmale plötzlich aussterben. Es breitet sich der überlebende Teil der Population mit etwas anderer genetischer Zusammensetzung aus, beim zufälligen Überleben von Individuen mit nachteiligen Erbanlagen breiten sich sogar diese aus. Ein weiteres Beispiel für Gendrift ist die Besiedlung eines neuen Lebensraums durch eine kleine Gründerpopulation. Die neue Population weist die Häufigkeitsverteilung der Erbanlagen der Gründerpopulation auf, die sich zufallsbedingt von der der Stammpopulation unterscheiden. 30 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Streifenhörnchenzucht: Tierliebe oder Gewinnmaximierung? Mutationen in der Zucht Grundsätzlich sind also Mutationen bei Säugetieren ein natürlicher Prozess. Ob sich eine Mutation hinterher als Selektionsvor- oder -nachteil erweist, kann man so erst mal nicht sagen. Fact ist, dass in der freien Natur gewisse Mutationen eher einen Nachteil darstellen und deshalb die Weitergabe dieser Mutation von selbst geregelt wird. So sind beispielsweise ein weisses Fell, Sehstörungen, Taubheit usw. klare Selektionsnachteile und die Überlebenschancen dieser Tiere eher gering. Doch diese natürlichen Selektons- Prozesse werden durch gezielte Zuchten bestimmter Mutationen ausgesetzt. Denn nun kann keine natürliche Auslese/ Selektion mehr stattfinden, sondern der Züchter entscheidet, in welche Richtung sich seine Zucht entwickeln soll. Das bedeutet, dass ein Züchter eine grosse Verantwortung trägt, denn von seinen Entscheidungen hängt es ab, ob der Fortbestand einer gesunden, vitalen Zuchtpopulation gesichert wird oder ob dem Genpool durch verantwortungsloses Herumexperimentieren erheblicher Schaden zugefügt wird. Gefahr von Zuchtschäden durch Gewinnmaximierung Leider scheint es aber viele "Züchter" zu geben, die ihre Zuchtziele nach dem Kriterium der grösstmöglichen Gewinnmaximierung richten. Ohne jeglichen Skrupel oder in sträflicher Unkenntnis über die möglichen Folgen ihres fahrlässigen Handelns versuchen sie, möglichst exotische Farbschläge zu züchten. Je grösser dabei die Zuchtanlage ist, umso verheerender können die Folgen für die gesamte Streifenhörnchen- Population sein, denn besonders die verdeckt vererbten Zuchtschäden können sich dadurch rasend schnell ausbreiten und so schon binnen weniger Jahre zu einer Katastrophe führen! Ich möchte dies an folgendem Beispiel verdeutlichen: Anfangs gab es "nur" naturfarbene Streifenhörnchen. Es waren die Nachkommen von Wildfängen, die genetisch gesund und "sauber" waren. Durch eine Laune der Natur, kam es dann zu den ersten leuzistischen (weissen) Hörnchen, quasi ein Gendefekt, der eben dann und wann vorkommen kann. Nun, in der freien Natur hätten diese leuzistischen Hörnchen einen Selektionsnachteil gehabt, denn durch ihr auffälliges Fellkleid wären sie von Fressfeinden viel leichter entdeckt worden, sprich: Die meisten hätten wahrscheinlich nicht mal die Gelegenheit dazu bekommen, sich fortzupflanzen, deshalb wäre dieser Gendefekt nur in sehr begrenztem Masse weiter vererbt worden. Doch in der Zucht herrschen andere Gesetze! Dort regeln leider die Nachfrage und der Preis das Geschehen. Als also die ersten leuzistischen Hörnchen (per Zufall) in der Zucht auftauchten, gab es einen derartig hohen Run auf diese (noch) seltenen Streifenhörnchen, dass Käufer bereit waren Unsummen dafür zu zahlen. Ganz klar, was dann passierte! Einige Züchter hatten das grosse Geld gerochen und begannen damit, diesen Gendefekt um jeden Preis und ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Tiere nachzuzüchten. Da dieser Gendefekt rezessiv vererbt wird, brauchte es zwei Generationen, bis garantiert weisse Jungtiere auf die Welt kamen. In der 1. Generation fielen „nur“ Spalterben, das heisst, die Jungtiere waren phänotypisch, also dem Aussehen nach naturfarben, hatten aber allesamt die Veranlagung für Leuzismus geerbt. Will heissen, es gab in dieser Generation keine reinerbigen, naturfarbenen Streifenhörnchen mehr! Um den Prozess nun zu beschleunigen wurden diese Jungtiere wieder miteinander verpaart (Inzestzucht) und so fielen in der 2. Generation die ersten weissen Jungtiere. 31 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Ohne Sinn und Verstand verpaarten verantwortungslose Züchter sodann die weissen Hörnchen miteinander, was schliesslich in einer Katastrophe mündete. Denn als unmittelbare Folge dieser Intensivzuchten kam es bei den Jungtieren zu Sehbehinderungen, Taubheit, Störungen des Nervensystems, und zu schweren Missbildungen. Es dauerte Jahre, bis sich dann endlich die Erkenntnis durchsetzte, dass man zwei weisse Streifenhörnchen nicht miteinander verpaaren darf. Deshalb züchten seriöse Züchter heute nur noch über naturfarbene oder zimtfarbene Hörnchen. Dadurch konnten die schlimmsten Zuchtschäden zwar weitestgehend ausgemerzt werden, aber dennoch hat dieses Zuchtdesaster seine Spuren hinterlassen: Denn trotz der nunmehr „vernünftigeren“ Zuchtplanung hat die Streifenhörnchen- Population Schaden genommen. Inzwischen ist es nämlich kaum mehr möglich garantiert reinerbige, naturfarbene, also "unverpfuschte" Zuchttiere zu finden, was aber für den seriösen Aufbau einer Zucht dringend erforderlich wäre! Dies liegt daran, dass quasi als „Nebenprodukt“ der Zucht von weissen Streifenhörnchen massenhaft Spalterben generiert werden. Das ist auch der Grund dafür, dass inzwischen übermässig viele weisse Jungtiere fallen, selbst wenn beide Elterntiere naturfarben sind. Denn wenn zwei Streifenhörnchen miteinander verpaart werden, die beide verdeckte Träger des Leuzismus- Gens sind, dann fallen statistisch gesehen 25% weisse Jungtiere und wiederum 50% Spalterben! Doch jetzt da die weissen Hörnchen keine Seltenheit mehr sind, kann man auch nicht mehr derart hohe Gewinne erzielen, also "experimentieren" manche Züchter munter weiter. Und nun sind bereits die nächsten Farbvarianten in der Zucht aufgetaucht! Neben grauen und beigen Streifenhörnchen finden sich bereits die ersten Schecken auf dem Markt! Und weil man mit diesen Exoten wiederum einen viel höheren Gewinn erzielen kann, geht das ganze Drama wieder von vorne los! Besonders die Schecken bereiten mir dabei grosse Sorgen: Da sich viele "Züchter" ja leider nicht mit der Genetik auseinandersetzen oder es ihnen schlicht egal ist, besteht die begründete Gefahr, dass sie versuchen werden, Schecken durch Inzestzucht oder über weiss zu züchten, was letztlich zu denselben verheerenden gesundheitlichen Schädigungen führen wird, wie oben beschrieben. Denn bei den Schecken handelt es sich um eine abgeschwächte Form des Leuzismus und weil die weissen Hörnchen ja reinerbig in Bezug auf den Leuzismus sind, dürfte man diese nicht verpaaren. Zu Bedenken gilt es auch, dass einzelne Scheckloki in der Embryonalentwicklung zu schweren Missbildungen, Sehstörungen, Taubheit und zu Störungen des Nervensystems der betroffenen Tiere führen können, wenn die Tiere auf beiden parallelen Chromosomen das mutierte Gen haben. Es gibt zwar auch Scheckloki die zu harmlosen Mutationen, also lediglich zu weissen Flecken führen. Aber das kann man den Tieren erst mal nicht ansehen, dazu bräuchte es einen Gentest! - Die Zucht von Schecken sollte also - wenn überhaupt - nur von sehr erfahrenen und vor allem von wirklich verantwortungsvollen Züchtern betrieben werden! Aber ich höre jetzt schon die meist ahnungslosen Käufer nach den neuen „Exoten“ schreien und so wird es mit Sicherheit irgendwelche gewissenlose Züchter geben, welche noch so gerne bereit sind diese Nachfrage zu befriedigen! Die ganze Entwicklung mit den exotischen Farbschlägen ist wirklich sehr, sehr besorgniserregend und gefährdet auf Dauer den gesamten Streifenhörnchen- Bestand! Denn je mehr herumexperimentiert wird, desto mehr (unerwünschte) Mutationen werden sich einschleichen. Man braucht kein Prophet zu sein, um einen Blick in die Zukunft werfen zu können! Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis es bei Streifenhörnchen zu ähnlichen, verheerenden und möglicherweise irreversiblen Zuchtschäden und Qualzuchten kommt, wie beispielsweise bei Farbmäusen oder Ratten! 32 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Verantwortungsvolles Züchten heisst auch Aufklärungsarbeit zu leisten Um dem oben beschriebenen Trend entgegen wirken zu können, müssten die diejenigen Züchter, welche eben nicht des Geldes willen, sondern aus Liebe und tiefstem Respekt Streifenhörnchen züchten endlich aus ihrem Schattendasein treten und anfangen Aufklärungsarbeit zu leisten. Viele (angehende) Streifenhörnchen- Halter sind sich einfach nicht bewusst, dass sie mit ihrem Kaufverhalten, den Markt entscheidend beeinflussen und mit ihrem Verlangen nach „exotischen“ Farbvarianten wesentlich dazu beitragen, gewissenlose Züchter zu motivieren, herumzuexperimentieren. Denn: Wo es keine Nachfrage gibt, da gibt es auch keinen Markt! Aufklärung heisst also das Zauberwort! Aber wie? Das es verhältnismässig wenig Informationsmaterial in Form von (Fach-) Büchern gibt, wenden sich viele Streifenhörnchen- Interessierte direkt an Züchter oder sie suchen spezialisierte Streifenhörnchen- Foren im Internet auf, um sich zu informieren. Gerade letzteres wäre das ideale Medium, um breit angelegte Aufklärungsarbeit zu leisten. Durch diese Plattformen erreicht man bei weitem die meisten Interessenten. Das Problem ist jedoch, dass es nur wenige Foren gibt, wo man offen über das Thema Zucht und damit auch über die problematische Seite von Intensivzuchten sprechen kann. Das ist dann leider die Kehrseite davon, dass man dieses Thema ausklammert, denn so können wichtige Informationen nicht in Umlauf gebracht werden. Und genau deshalb wissen die angehenden Käufer auch nicht Bescheid. Wir wurden schon oft angefeindet, weil wir alle unsere Erfahrungen, insbesondere diejenigen der Zucht und Aufzucht transparent und damit für Interessierte zugänglich machen. Uns wird vorgeworfen, dass wir damit unerfahrene Halter dazu animieren könnten, in die Zucht einzusteigen, die ja aber nur „erfahrenen“ Züchtern überlassen werden sollte. (Erfahren ist aber nicht unbedingt gleichbedeutend mit seriös!!!) Diese Argumentation mag zwar nachvollziehbar sein, aber aus Erfahrung wissen wir, dass sich angehende Züchter dadurch keineswegs aufhalten lassen. Ohne Informationen züchten sie dann halt einfach aufs Geratewohl drauf los, nach dem Motto: Es wird schon schief gehen! Durch eine transparente Information über Zucht und Genetik und einen offenen Erfahrungsaustausch unter Züchtern, könnten schon mal diejenigen Streifenhörnchen- Halter, die sich seriös auf eine Zucht vorbereiten wollen, auf mögliche Probleme und Gefahren der Zucht vorbereitet und sensibilisiert werden. Somit würde sich der Kreis, seriöser Züchter vergrössern und auch die Gefahr von Zuchtschäden würde sinken. Ausserdem könnten die Züchter wiederum auf die Interessenten Einfluss nehmen, welche allenfalls mit dem Gedanken spielen, sich ein Streifenhörnchen mit einer seltenen Farbvariante zuzulegen. Nur durch eine tierliebende und verantwortungsvolle Grundhaltung der Züchter einerseits und eine intensive Aufklärung angehender Halter andererseits, kann es uns gelingen, einen gesunden Fortbestand der Streifenhörnchen- Population zu erreichen. Das sind wir unseren gestreiften, kleinen Lieblingen schuldig! – Oder etwa nicht? 33 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Vorüberlegungen für die Zucht von Streifenhörnchen Bevor man Streifenhörnchen züchten will, sollte man sich in aller Ruhe folgende Überlegungen machen: Hat man Zeit und die Geduld, sich mit der Genetik auseinander zu setzen? Auch wenn sich die Streifenhörnchen ja „scheinbar“ von selbst verpaaren und man als Halter quasi „nichts“ dazu tun muss, so ist es doch notwendig, dass man sich als Züchter vorgängig seriös auf eine Zucht vorbereitet! Als Züchter trägt man nämlich eine grosse Verantwortung gegenüber der Rasse, die man züchtet! Wenn man ohne über die Konsequenzen nachzudenken oder ohne die möglichen Folgen zu kennen, einfach nur Streifenhörnchen vermehrt, kann man der ganzen Population unbeabsichtigt grossen Schaden zufügen! Man muss stets bedenken, dass man ja die Jungtiere abgibt und es ist gut möglich, dass die Käufer diese wiederum zur Zucht einsetzen. Durch Unkenntnis können sich so verdeckte Schädigungen des Erbgutes schnell ausbreiten, was im schlimmsten Fall dazu führen könnte, dass ganze Populationen mit einer Defektmutation „verseucht“ werden. Um dieser Gefahr entgegenwirken zu können, ist eine gute und seriöse Vorbereitung für angehende Züchter daher ein Muss! Steht genug Platz zur Verfügung? Streifenhörnchen brauchen für eine erfolgreiche Verpaarung viel Platz mit Kletter- Laufmöglichkeiten für ihr „Balzritual“. Am besten ein Auslaufzimmer oder eine neutralen, grosse Zuchtvoliere. Ausserdem braucht man zusätzliche Volieren, falls man die Jungtiere nach Erreichen des Selbstständigkeitsalters (ab 8 Wochen) nicht an neue Halter abgeben konnte. Nach spätestens 6 Monaten, eventuell aber auch schon früher, braucht man dann für jedes der Jungen eine eigene Voliere, weil es dann zu Revierkämpfen kommt. Hat man genügend Zeit? Das Zuchtpaar sollte während der Paarung nicht ständig in einer gemeinsamen Voliere gehalten werden, deshalb braucht man viel Zeit, sie im richtigen Moment zusammen in den Auslauf zu lassen. Die Empfängnisbereitschaft des Weibchens findet alle 7 – 10 Tage statt und richtet sich nicht nach dem Terminkalender der Halter. Es braucht unter Umständen mehrere Anläufe, bis die Verpaarung geklappt hat. Während dem gemeinsamen Auslauf muss man die Hörnchen sehr gut beobachten und sie gegebenenfalls sofort voneinander trennen, wenn die Stimmung umschlägt. Ist das Zuchtpaar gesund und sind sich die beiden zugetan? Bevor man ein Zuchtpaar aussucht, sollte man die Vererbungslehre von Mendel studiert haben, damit man weiss, welche Tiere man verpaaren darf. (Keine Verpaarung von weissen Hörnchen!!!) Man sollte seine Hörnchen gut kennen, damit man eine Selektion treffen kann. Dazu gehören Kenntnisse des Stammbaums (Vorgeschichte/ Erbkrankheiten), Gesundheit, genotypische und phänotypische Merkmale, Verhalten/ Charakter usw. Es kann vorkommen, dass ein Paar keinen Nachwuchs zeugen kann, was verschiedene Ursachen haben kann. Das muss man als Züchter akzeptieren. 34 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Kann man Komplikationen umgehen? Es kann leider auch bei Streifenhörnchen zu unvorhergesehenen Komplikationen kommen. Das Muttertier könnte sterben, krank werden oder die Tiere verstossen/totbeissen. Kann man mit solch traurigen Situationen umgehen? Man muss unter Umständen als Züchter einspringen, wenn die Mutter stirbt oder nicht alle oder gar keine Jungtiere versorgen kann. Das bedeutet, dass die Jungen alle 2 Stunden von Hand gefüttert werden müssen, selbstverständlich auch in der Nacht!! Ist man bereit dazu? Man sollte natürlich schon vorher auf alle Eventualitäten vorbereitet sein und alles besorgt haben, was für die Handaufzucht benötigt wird!! Wenn man Vollzeit arbeitet, dürfte es schwierig sein, die Jungtiere aufzupäppeln. Man muss vorher mit dem Chef reden. Ist der Chef aufgeschlossen und verständnisvoll? Trotz allen Bemühungen könnten die Jungen sterben. Kann man damit umgehen?? Hat man Abnehmer für die Jungtiere und/ oder wie organisiert man sich diesbezüglich? Bereits nach 8 – 10 Wochen haben die Jungen das Selbständigkeitsalter erreicht. Man sollte sich also frühzeitig um neue Halter für die Jungen kümmern. Es kann durchaus vorkommen, dass die Mutter ihre Jungtiere nach Erreichen des Selbständigkeitsalters verstösst und dass sich auch die Jungtiere selbst untereinander nicht mehr vertragen. Es ist mit einigem Aufwand verbunden, Inserate zu schalten und die Interessenten auf „Herz und Nieren“ zu prüfen. Leider ist nicht jeder Interessent für die Haltung von Streifenhörnchen „qualifiziert“ (zu wenig Zeit, zu wenig Platz, zu wenig Kenntnisse usw.) Eigentlich gehört es zu einem guten Service dazu, dass man besonders Neuhaltern Informationen über Streifenhörnchen in Form einer kleinen Broschüre zur Verfügung stellt. Ausserdem sollte man sich auch hinterher Zeit nehmen, den Abnehmern Jungtiere beratend zur Seite zu stehen. Das kann mitunter sehr zeitaufwändig sein. Hat man Zeit und die Disziplin ein Zuchtbuch zu führen? Man sollte als Züchter bestrebt sein, gewissenhaft und diszipliniert Buch über die Zuchtergebnisse zu führen, was mit sehr viel Arbeit verbunden ist. Dazu gehören mindestens ein Stammbaum, die Daten der Verpaarung, der Zeitpunkt und die Grösse des Wurfs, sowie mögliche Komplikationen und Verluste. Anhand dieser Daten wird dann die nächste Verpaarung geplant. Ausserdem sollten die Daten der Abnehmer notiert werden, um diese allenfalls zu informieren, sollten hinterher irgendwelche Zuchtschäden ans Licht kommen (damit diese die Jungtiere nicht möglicherweise für die Zucht einsetzen). Vorteilshaft ist es auch, wenn man versucht, mit den Abnehmern in Kontakt zu bleiben, damit man erfährt, falls etwas mit den Jungtieren nicht in Ordnung ist. So kann man allfällige Zuchtschäden früh erkennen und die Zuchtpaare (und deren Nachkommen) aus der Zucht ausschliessen. Wenn auch nur einer der oben genannten Punkte Mühe bereitet oder nicht erfüllt werden kann, dann sollte man die Finger von der Zucht lassen!! Streifenhörnchen zu züchten ist mit einer grossen Verantwortung verbunden und deshalb sollte auf keinen Fall blauäugig herumexperimentiert werden! Das gebieten die Tierliebe und der Tierschutz! 35 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Streifenhörnchen- Zucht – von der Paarung bis zur Aufzucht Die Paarungszeit Die Paarungszeit beginnt bei der Innenhaltung im Dezember und dauert etwa bis Mai. Bei der Aussenhaltung setzt sie je nach Witterung etwas später ein, also etwa im März/April. Bei den Männchen schwellen die Hoden sichtlich an, ein Zeichen dafür, dass sie nun jeder Zeit paarungsbereit sind. Die Weibchen hingegen, sind in der Paarungszeit nicht konstant empfängnisbereit. Glücklicherweise ist es jedoch sehr einfach festzustellen, wann der richtige Zeitpunkt für eine Verpaarung gekommen ist, denn die hohen Pfeiftöne oder das ausdauernde Zwitschern kann man kaum überhören! In der Regel hält die Empfängnisbereitschaft 2 – 3 Tage an. Nach einem Unterbruch von 7 – 10 Tagen, beginnt der Zyklus von vorn, falls das Weibchen nicht inzwischen trächtig ist. Balzritual und Paarungsakt Wenn das Weibchen pfeift oder zwitschert, lassen wir das Zuchtpaar zum gemeinsamen Freilauf in ein Zimmer. Wenn das Weibchen wirklich paarungswillig ist und das Männchen als möglichen Partner akzeptiert, beginnt nun das Balzritual, das sich über mehrere Stunden hinziehen kann. Dabei nähert sich das Männchen vorsichtig dem Weibchen, „umgarnt“ es mit seinem Charme, wird aber vom Weibchen meist erst spielerisch weggejagt. Manchmal muss das Männchen sich wirklich alle Mühe geben, bis das Weibchen sich „ergibt“ und der eigentliche Paarungsakt beginnen kann. Das Männchen fasst das Weibchen dabei um die Hüften, während der Schwanz des Weibchens senkrecht nach oben zeigt. Der eigentliche Akt dauert nur etwa 20 Sekunden und dabei sind knurrende oder quietschende Laute zu hören. Wir sind uns nicht sicher, wer diese von sich gibt, aber vermutlich stammen sie vom Männchen. Nach dem ersten Paarungsakt beginnt das Prozedere wieder von vorn. In der Regel kommt es so zu 8 – 10 Kopulationen, innerhalb von 1 – 2 Stunden. Meist wird das Weibchen aber irgendwann aggressiv und verjagt das Männchen sodann mit zunehmender Vehemenz. Das ist für uns dann das Zeichen, das Paar wieder zu trennen und die beiden Hörnchen wieder ihre Käfige zurück zu führen. Während den darauf folgenden 1 - 2 Tagen lassen wir das Zuchtpaar nochmals gemeinsam in den Freilauf. Dabei beobachten wir die beiden jedoch ganz aufmerksam. Lässt das Weibchen das Männchen nicht mehr an sich heran oder fängt es gar an, nach dem Männchen zu schnappen, dann trennen wir die beiden sofort wieder und lassen sie nur noch zeitversetzt in den Freilauf. Diese Trennung ist sehr wichtig, nicht nur um das Männchen vor Beissattacken zu bewahren, sondern auch um das Weibchen vor den stressigen Annäherungen des Männchens zu schützen, das immer noch paarungsbereit ist. Das ist auch der Grund, warum wir dringend davon abraten, das Zuchtpaar während der ganzen Paarungszeit in einem gemeinsamen Käfig beisammen zu lassen. Es sei denn, jemand verfügt über eine wirklich sehr grosse Voliere, die genug Ausweichmöglichkeiten für die Tiere bietet. Diese Voliere sollte jedoch eine neutrale Zone darstellen, weil der Partner sonst als Eindringling ins eigene Territorium angesehen wird, wodurch es zu heftigen Revierkämpfen kommen kann. Hat es mit der Paarung geklappt, dann bleiben die sonst wiederkehrenden Lockrufe des Weibchens nach 7 – 10 Tagen aus. Wenn nicht, dann fängt das Pfeifkonzert des Weibchens wieder an und das Balzritual kann von neuem beginnen… Trächtigkeit War die Befruchtung erfolgreich, toleriert das Weibchen in der Regel keine Artgenossen mehr in seiner Umgebung. Während der Tragezeit braucht es dann viel Ruhe und widmet sich hingebungsvoll dem Nestbau. In dieser Zeit benötigt das Weibchen besonders abwechslungs- und vitaminreiche Nahrung, in Form von Früchten, Sämereien, Nüssen und frischen Ästen. Aber auch ab und zu einen zusätzlichen Mehl36 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu wurm oder etwas mehr Sojasprossen werden gerne genommen. Nebst dem normalen Futter empfiehlt es sich, zusätzlich einen Kalkstein und eventuell Milch zu reichen. Allerdings darf man unter keinen Umständen Kuhmilch verwenden! Streifenhörnchen vertragen Kuhmilch sehr schlecht und bekommen davon mitunter heftigen Durchfall. Geeignet sind hingegen laktosereduzierte KatzenAufzuchtmilch von Gimpet oder Babymilch (z.B. Heilnahrung HN 25 Aptamil von Milupa, Humana Heilnahrung mit Bananengeschmack und ev. Hypoallergene Milch HA pre von Milupa). Am besten probiert man diese Produkte schon vor der Trächtigkeit aus, um die Verträglichkeit zu überprüfen, nicht dass es während der Tragezeit zu Komplikationen kommt. Ausserdem reichen wir der werdenden Mutter regelmässig Streifen aus ungebleichtem Haushaltspapier in die Voliere. Sorgfältig faltet sie diese, um damit ihr Nest auszupolstern. Keinesfalls darf man den Streifenhörnchen Hamsterwatte geben, denn diese kann zu gefährlichen Darmverschlüssen führen! Leider wird diese von manchen Verkäufern in Zoofachgeschäften dennoch empfohlen. Als Nistmaterial eignen sich nebst Haushaltspapier beispielsweise der Inhalt einer Kapok- Schote, Holzwolle oder Stroh/ Heu. Letzteres verwenden wir jedoch nicht gerne, weil es vorkommen kann, dass so Parasiten ins Nest eingeschleppt werden. Die Tragezeit dauert zwischen 29 und 32 Tagen. In den ersten Wochen kann man meist nicht viel erkennen, doch ab der letzten Woche ist ein deutlich gewölbter Bauch erkennbar, der sich langsam Richtung Becken verlagert. In dieser Zeit vermindert sich die Aktivität der werdenden Mutter zusehends. Oft liegt sie dann stundenlang in der Hängematte oder an sonst einem bevorzugten Ruheplatz und nimmt dabei meist eine Seitenlage ein. Geburt Die erfolgte Geburt erkennt man gewöhnlich daran, dass die Mutter eines Morgens nicht mehr wie gewöhnlich aus ihrem Nest kommt. Da die Jungen stets in der Nacht geboren werden, kann man deshalb davon ausgehen, dass die Jungen auf die Welt gekommen sind. Ausserdem kann man auch deutlich sehen, dass das Bäuchlein über Nacht verschwunden ist, wenn sie das erste Mal wieder auftaucht. Das Muttertier verbringt nun die ersten paar Tage fast ununterbrochen im Nest und kommt nur noch selten heraus, um etwas zu trinken oder schnell ihre Backentaschen zu füllen, bevor sie wieder im Nest verschwindet. In der Regel sollte man es sich verkneifen, das Nest vor Ablauf von 1 – 2 Wochen zu überprüfen. Besonders beim ersten Wurf, nehmen die Weibchen solche Störungen sehr übel. Aus Angst um die Jungen beginnt es dann nicht selten, die Jungtiere in ein anderes Versteck zu tragen, was mitunter dazu führen könnte, dass die Kleinen unterkühlen oder zu wenig Milch bekommen. Im schlimmsten Fall kann der Stress sogar bewirken, dass die Mutter ihre Jungtiere verlässt oder gar totbeisst. Falls es dennoch nötig sein sollte, das Nest zu kontrollieren, beispielsweise weil die Mutter sich ungewöhnlich lange nicht mehr zeigt, dann sollte man in jedem Fall Einweghandschuhe tragen, damit man keine Duftspuren hinterlässt. Hat die Mutter ein gutes Vertrauensverhältnis gegenüber den Haltern und zeigt sie keine nervöse Unruhe in den Tagen nach der Niederkunft, so kann man nach 1 – 2 Wochen einen kurzen Blick ins Nest riskieren. Am besten dann, wenn die Mutter sich nicht im Wurfkasten befindet und abgelenkt ist. Entwicklung und Aufzucht der Jungtiere Die durchschnittliche Wurfgrösse beträgt etwa 3 – 6 Junge. Aber wir haben gehört, dass es auch Würfe von 10 – 12 Jungen gegeben haben soll. Da die Mutter jedoch nur 6 – 8 Zitzen hat, stellt eine solche Vielzahl von Jungtieren gewöhnlich ein grosses Problem dar. Es ist daher naheliegend, dass unter diesen Umständen die Mutter auf die Unterstützung der Halter angewiesen ist (Tipps zur Handaufzucht). 37 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Natürlich braucht die Mutter auch in dieser Säuge-Zeit besonders abwechslungs- und vitaminreiche Nahrung. Insbesondere Haferflocken werden gerne genommen, weil sie milchtreibend sind. Hat die Mutter überdurchschnittlich viele Jungtiere geboren, empfiehlt es sich, sie zusätzlich mit Baby-Brei (Getreide und Obst) vermischt mit gemahlenen Nüssen und evtl. einem Tropfen Honig aufzupäppeln. Aber auch ein paar Notfalltropfen (Bachblüten – Rescue Remedy) ins Wasser gemischt können manchmal Wunder wirken und die Abwehrkräfte stärken. Bei einer durchschnittlichen Wurfgrösse kann man in der Regel den Dingen ihren Lauf lassen und die Aufzucht getrost der Mutter überlassen. In den meisten Fällen meistern die jungen Mütter diese Aufgabe souverän und mit der nötigen Umsicht. Leider sind aber auch bei Streifenhörnchen Komplikationen nicht ausgeschlossen, wodurch es wiederum an den Haltern liegt, bei Bedarf einzuspringen (Tipps zur Handaufzucht). Die Jungen sind bei der Geburt blind, nackt und taub, denn die Ohrmuscheln sind noch nicht richtig ausgebildet und die Augen noch fest verschlossen. Auch das Schwänzchen erinnert in dieser Zeit eher an einen Regenwurm, als an einen Tierschwanz. Nach ein paar Tagen zeichnen sich die ersten Farbstreifen auf der nackten Haut ab, bevor sich nach etwa einer Woche der erste Flaum bildet. In diesem Stadion erkennt man jedoch schon, ob es sich um naturfarbene oder weisse Streifenhörnchen handelt. Im Alter von etwa drei Wochen beginnen die Jungen ihre Augen zu öffnen und auch die Ohrmuscheln haben sich nun soweit entwickelt, dass sie vom Köpfchen abstehen. Ausserdem haben die Jungtiere nun ein glänzendes Fell und ihre ersten buschigen Schwanzhaare bilden sich, wenn auch erst nur graue. Laufen können sie in der Regel noch nicht, sie schieben sich lediglich vorwärts. In den ersten Lebenswochen sind die Jungtiere absolut hilflos und gänzlich auf die intensive Pflege der Mutter angewiesen. Sie verlassen ihr Nest in dieser Zeit nie und schlafen fast ausnahmslos. Das Muttertier ist besonders am Anfang oft sehr nervös und überängstlich und reagiert deshalb nicht selten aggressiv auf jede Art von Eindringlingen, also auch auf die Halter. Etwa nach vier bis fünf Wochen werden die Jungtiere zusehends aktiver und beginnen neugierig ihre Umgebung zu erkunden. Anfangs trägt die Mutter die mutigeren Jungtiere meist sofort zurück in den Bau, doch mit der Zeit duldet sie diese Entdeckungstouren immer mehr. Bringt die Mutter Futter ins Nest, so beginnen die Kleinen nun, erstmals feste Nahrung, beispielsweise in Form von Obst und Haferflocken, zu sich zu nehmen. Körner fressen sie in der Regel noch nicht, weil sie diese nicht schälen können. Die Mutter säugt ihre Jungtiere ca. 6 – 8 Wochen lang. Bei grossen Würfen unter Umständen etwas länger. Zunehmend bevorzugen die Jungtiere jedoch feste Nahrung und nehmen auch vermehrt Wasser zu sich. Bis zum Alter von 8 Wochen sollte man die Jungen nicht von der Mutter trennen, weil sie von ihr alles Notwendige für ihr Leben lernen. Entnimmt man die Jungtiere zu früh, weisen sie oft Defizite in der Sozialisation auf. So um die 8. Woche herum kann man erkennen, dass die Mutter die Jungtiere nicht mehr an ihre Zitzen heranlässt und sie manchmal auch ruppig abweist. Von nun an muss man das Muttertier gut beobachten, denn jetzt haben die Jungen das Selbständigkeits-Alter erreicht und es kann jederzeit soweit sein, dass die Mutter ihre Jungen nicht mehr in ihrem Territorium duldet. Hat man noch keine Abnehmer für die Jungtiere, so müssen sie nun in einer separaten Voliere untergebracht werden. Die Jungen vertragen sich in der Regel noch ca. 6 Monate lang, doch dann gehen auch sie in ihr natürliches, einzelgängerisches Dasein über und beginnen ihr eigenes Revier abzustecken. Nun ist der Zeitpunkt gekommen auch die Jungtiere voneinander zu trennen, weil die Revierkämpfe nun immer heftiger ausgetragen werden. Sind die Witterung und die Bedingungen günstig, so fängt das Weibchen nun wieder regelmässig an zu pfeifen, um ihre Empfängnisbereitschaft anzuzeigen. Als Halter kann man dann entscheiden, ob man bereit für einen Zweitwurf ist oder ob man lieber bis zum nächsten Frühjahr warten will. 38 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Was macht einen seriösen Züchter aus? Es stellt sich meist nicht die Frage, ob ein Züchter „professionell“ ist, sondern ob er seriös arbeitet, ganz unabhängig davon wie gross seine Zucht ist. Wie kann nun aber ein potenzieller Käufer erkennen, welche Züchter seriös sind und welche nicht? Folgende Kriterien können angehenden Neuhaltern als Anhaltspunkte dienen, „den Spreu vom Weizen zu trennen“. Konfrontieren und „testen“ sie den Züchter mit einer kleinen Auswahl an Fragen und sie werden schnell feststellen, ob sie ihm ihr Vertrauen schenken wollen: Die Anzahl Jahre, die ein Züchter Streifenhörnchen züchtet Erfahrung ist nicht gleich Erfahrung… Beim Züchten ist Erfahrung eine Sache, aber noch viel wichtiger ist es, wie sich der Züchter im Vorfeld auf die Zucht vorbereitet hat. Fundierte Kenntnisse über die Genetik und zu wissen nach welchen Kriterien eine Selektion des Zuchtpaares getroffen werden sollte, ist entscheidend für den Erfolg einer gesunden Zucht. Natürlich kann Erfahrung ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, aber auch nur dann, wenn der Züchter diese in den Dienst einer gesunden Zucht- Population stellt. Will heissen: Nur weil ein Züchter seit vielen Jahren züchtet, heisst das noch lange nicht, dass er auch ein seriöser Züchter ist! Die Anzahl der Zuchtpaare Was sagt dies über die Qualität der Zucht aus? Je mehr desto besser? Oftmals werden Züchter mit wenigen Zuchtpaaren von den „professionellen“ Grosszüchtern verächtlich als Hobbyzüchter bezeichnet und belächelt. Doch die Grösse einer Zuchtanlage sagt noch gar nichts über die Qualität einer Zucht aus. Wenn ein Züchter mit einer überschaubaren Anzahl von Zuchtpaaren arbeitet, hat er viel eher Zeit, sich um die einzelnen Jungtiere zu kümmern und diese an die Hand zu gewöhnen, als ein Grosszüchter, der 50 – 150 (!) Jungtiere pro Jahr und natürlich deren Eltern in seiner Zuchtanlage zu verpflegen hat. Die selektive Auswahl der Zuchtpaare Nach welchen Kriterien wählt ein Züchter seine Zuchtpaare aus? Bei der Selektion der Zuchtpaare nehmen Züchter einen wesentlichen Einfluss darauf, wie sich die kommende Population der Streifenhörnchen entwickelt. Entsprechend gross ist daher die Verantwortung, die man als Züchter trägt! Manche Züchter legen leider einen grossen Wert auf die Herauszüchtung von exotischen Farbschlägen, was jedoch oft Inzestzuchten zur Folge hat. Dies wiederum schadet dem Genpool der gesamten Streifenhörnchen- Population, was besonders bei Grosszüchtern verheerende Folgen haben kann. Ein seriöser Züchter hingegen richtet seine Selektion nach der Gesundheit und Vitalität der Elterntiere aus, die ausserdem besonders gut sozialisiert sein sollten. 39 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Der persönliche Augenschein des Zuchtbetriebs und der Zuchtpaare Sehr wichtig, aber leider nicht jederzeit möglich. Es gibt Züchter, die jederzeit nach Voranmeldung bereit sind, allfälligen Interessenten ihre Zuchtanlagen zu zeigen. Manche Züchter jedoch sehen davon ab, weil sie verhindern wollen, dass durch zu viele Besucher Krankheitskeime eingeschleppt werden könnten. Dennoch ist es vorteilhaft, wenn man sich vorher ein Bild davon machen kann, ob die Hörnchen gesund aussehen und wie sie untergebracht sind (Grösse der Volieren, Sauberkeit usw.). Deshalb ist es ratsam, frühzeitig anzufragen, bevor die Paarungszeit begonnen hat. Fundierte Kenntnisse über die Vererbungslehre Hat der Züchter Kenntnisse über die Vererbungslehre? Als wir uns auf unsere Zucht vorbereitet haben, versuchten wir so viel wie möglich über die Zucht von Streifenhörnchen in Erfahrung zu bringen. Wir schrieben oder riefen mehrere „etablierte“ Züchter an, doch wir mussten bald einsehen, dass diese uns entweder keine Auskunft geben wollten… oder konnten. Inzwischen wissen wir aus Erfahrung, dass viele dieser Züchter tatsächlich nicht halb so viele Kenntnisse über die Vererbung, die Genetik oder die Aufzucht von Jungtieren haben, wie sie es gerne gegen Aussen darstellen möchten! Welche Farbschläge gezüchtet werden Wie viele Farbschläge züchtet ein Züchter? Je mehr Farbschläge gezüchtet werden, desto seriöser müssen Zuchtbücher geführt werden und je wichtiger sind fundierte Kenntnisse über die Vererbungslehre. Denn durch intensive Farbzuchten steigt die Gefahr von unerwünschten Mutationen, die nicht selten verdeckt weitervererbt werden. Manchmal dauert es viele Generationen, bis solche Zuchtschäden phänotypisch (äusserlich) in Erscheinung treten. Besonders bei Grosszüchtern kann dies verheerende Folgen für die gesamte Streifenhörnchen- Population haben, weil die Jungtiere nach ganz Europa exportiert wurden, ohne eine Chance, die Käufer/ Züchter zu warnen, wenn diese Zuchtschäden erstmals auftreten. Ein seriöser Züchter wird sich auf wenige Farbschläge beschränken, damit er möglichst keine Zuchtschäden, durch Intensivzuchten generiert. Das bringt zwar weniger Geld ein, aber dient dafür dem gesunden Fortbestand der Streifenhörnchen- Population. Das Führen von detaillierten Zuchtbüchern Führt der Züchter ein Zuchtbuch? Für eine seriöse Zucht sind Zuchtbücher eigentlich ein Muss. Doch ein aussagekräftiges Zuchtbuch zu führen ist sehr aufwändig und es erfordert eine anhaltende Disziplin. Leider hat uns auch hier die Erfahrung gezeigt, dass nur wenige Züchter diese Mühsal auf sich nehmen. Wenn man nämlich nach dem Stammbaum der Jungtiere fragt, erhält man oftmals entweder gar keine Antwort oder nur sehr oberflächliche Angaben. 40 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Kenntnisse betreffs der Handaufzucht in Notfällen Hat der Züchter auch schon Handaufzucht betrieben? Als wir uns auf unsere Zucht vorbereiteten, fragten wir bei diversen Züchtern nach, wie sie sich auf eine (mögliche) Handaufzucht vorbereiten und wie dies genau vonstattengeht. Wen wundert es, wir bekamen keine einzige Antwort! Wenn man bedenkt, dass besonders die Grosszüchter in einer Saison 50 – 150 Jungtiere haben, fragt man sich schon, ob sie dafür überhaupt die Zeit hätten! – Wohl kaum! Also liegt der Verdacht nahe, dass sie sich gar nicht erst die Mühe machen… sie haben ja genug andere Jungtiere! Auf der anderen Seite liest man von Züchtern, die ihre Tiere ganz bewusst zu früh von ihren Müttern trennen, um sie von Hand aufzuziehen und so besonders zutrauliche Jungtiere zu erhalten. Wir distanzieren uns ganz klar von solchen Methoden! Denn letztlich gibt es nichts Besseres als die Muttermilch und die Mutter spielt auch bei der Sozialisation eine ganz wichtige Rolle. Handaufzucht sollte also nur betrieben werden, wenn das Muttertier krank ist, zu wenig Milch hat oder wenn es ganz wegfällt! Ab welchem Alter werden die Jungtiere abgegeben? Gibt ein Züchter die Jungtiere zu jung ab? Es gibt leider immer noch Züchter, die ihre Jungtiere schon ab vier Wochen an Halter abgeben mit der Begründung, dass die Jungen so besonders zutraulich und handzahm werden. Das ist eine Brachialmethode die oft nach hinten losgeht, besonders dann, wenn solche Jungtiere an unerfahrene Halter abgegeben werden! Wir distanzieren uns ganz klar von solchen Methoden und halten dies für Tierquälerei! Jungtiere sollten bei der Abgabe mindestens 8 Wochen alt sein, denn erst dann haben sie das Selbständigkeitsalter erreicht. Werden die Jungtiere zu früh abgegeben, haben sie einerseits zu wenig lange Muttermilch bekommen, was für die Gesundheit der Jungen abträglich ist und andererseits konnten sie wichtige Dinge, wie beispielsweise die Nutzung einer Toilette oder wie ein Nest gebaut wird, nicht lernen. Kritische Nachfrage des Züchters vor dem Verkauf des Jungtieres Stellt ein Züchter den potenziellen Käufern Fragen? Nicht selten verkaufen Züchter ihre Jungtiere ohne einen Gedanken an die Jungtiere und deren Zukunft zu verschwenden. Hauptsache er wird sie schnell los. Ein seriöser Züchter erkundigt sich jedoch vorher, wie gross die Voliere eines potenziellen Käufers ist, wie es um seine Vorkenntnisse steht und ober er genug Zeit hat, dem Hörnchen regelmässigen Freilauf zu gewähren – …ansonsten geht es ihm nur ums Geld! Beratung vor und nach dem Kauf des Jungtieres Bietet ein Züchter eine Beratung vor und nach dem Kauf an? Nicht selten hören wir von verunsicherten Neuhaltern, dass sie ihre Züchter nach erfolgtem Kauf nicht mehr erreichen können oder diese keine Auskunft mehr erteilen wollen. Ein Züchter sollte angehenden Hörnchen- Haltern sowohl vor, als auch nach dem Kauf des Tieres mit Rat und Tat zur Seite stehen. Besonders bei Neuhaltern ist das sehr wichtig und gehört unserer Ansicht nach zu einem guten, seriösen Service dazu. 41 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu Abgabe von Jungtieren für die Paarhaltung in einer nicht trennbaren Voliere Verkauft oder bietet ein Züchter ohne Fragen zu stellen mehrere Streifenhörnchen an? In Foren kann man immer wieder lesen, dass unerfahrenen Haltern gleich zwei Streifenhörnchen (Burunduks) aufs Mal verkauft werden. Oftmals handelt es sich dabei sogar um Geschwister. Den Käufern wird weis gemacht, dass sich diese gut vertragen sollen. Ein seriöser Züchter gibt keine Jungtiere an Halter ab, welche die Hörnchen gemeinsam in einer Voliere halten wollen (Burunduks sind Einzelgänger!!!). Ausnahmen können evtl. bei sehr, sehr grossen, abtrennbaren Aussenvolieren und bei Haltern gemacht werden, die den Hörnchen ein eigenes, grosses Zimmer zur Verfügung stellen können. Bei Baumstreifenhörnchen sind die Verhältnisse genau umgekehrt. Diese sind Gruppentiere und dürfen nicht als Einzeltiere gehalten werden! Entsprechend sollte da ein seriöser Züchter nachfragen, ob ein einzelnes Tier für eine Vergesellschaftung vorgesehen ist. Ansonsten sollte er die Käufer darauf aufmerksam machen, dass es nicht artgerecht ist Baumstreifenhörnchen einzeln zu halten. Abgabe eines Zertifikats/ einer Urkunde/ eines Zuchtausweises o.ä. Gibt der Züchter den Käufern ein Dokument mit den Angaben zu den Eltern/ Geburtstermin etc. ab? Leider bieten das die wenigsten Züchter an. Dabei hält sich der Aufwand für eine derartige Dienstleistung in Grenzen. Wenn sich alle Züchter dazu durchringen könnten, wäre es wesentlich einfacher, eine Übersicht darüber zu gewinnen, woher die Streifenhörnchen und deren Vorfahren stammen. Das wiederum könnte dazu beitragen, ungewollte Inzuchten zu vermeiden. evtl. Abgabe von schriftlichem Infomaterial Stellt ein Züchter (Neu-) Haltern Infomaterial zur Verfügung? Leider ist das eher die Ausnahme, als die Regel. Die meisten Züchter wollen oder können diesen Service nicht anbieten. Besonders bei Hörnchen- Neuhaltern wäre jedoch hilfreich, schriftliche Tipps zur Eingewöhnung und Haltung abzugeben. Der Aufwand für diese einfache Dienstleisung hält sich in Grenzen, käme aber sowohl Haltern, als auch Jungtieren zugute. Fazit: Wir persönlich sind der Meinung, dass nichts gegen kleine Hobby-Zuchten spricht, sofern die Züchter sich vorher ernsthaft darauf vorbereitet und nicht einfach darauf los experimentiert haben. Nicht selten sind es gerade die Jungtiere aus überschaubaren, kleinen Zuchten, die besonders zutraulich sind, weil die Züchter sich entsprechend viel Zeit für die Jungtiere nehmen, um sie an die Hand zu gewöhnen. Meist ist auch der Service bei Hobby- Züchtern viel kundenorientierter und freundlicher, als bei Grosszüchtern und deshalb fühlen sich besonders Neuhalter besser getragen. Angehende Neuhalter können Anhand von gezielten Fragen leicht herausfinden, ob sie einem seriösen Züchter gegenüberstehen oder einem reinen „Geschäftsmann“. 42 Texte und Grafiken Layla Bollmann – www.burunduk.ch – www.burunduk-forum.ch.vu