Erfahrungsbericht: Famulatur in Hiroshima 2012

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Erfahrungsbericht: Famulatur in Hiroshima 2012
In der Uni hörte ich von dem Austauschprogramm zwischen der MHH und der Universitätsklinik
Hiroshima. Da ich noch nie in Japan war und die Kultur und Leute schon immer kennenlernen wollte,
hielt ich es für eine sehr gute Gelegenheit und Bewarb mich im akademischen Auslandsamt auf einen
der beiden Plätze in Hiroshima für den Herbst 2012. Die Bewerbung war unkompliziert und bei
Fragen konnte ich mich immer an Frau Bargsten aus dem akademischen Auslandsamt wenden, die
sehr hilfsbereit war.
Am 20.08.2012 sollte die Famulatur beginnen. Ich reiste drei Tage vorher an um mich schonmal ein
wenig einzugewöhnen bevor es los ging. Am Bahnhof in Hiroshima wurde ich von Frau Watari der
Sekretärin aus dem Studentensekretariat, die für die ausländischen Studenten zuständig ist,
Empfangen und in die Uni gefahren. Sie zeigte mir ein wenig das Unigelände, meine Unterkunft und
wo der nächste Supermarkt zu finden sein würde. Untergebracht war ich im so genannten „Resident
House“, das Zimmer war sehr komfortabel und gut ausgestattet, inklusive Küchenzeile und Duschbad
mit Waschmaschine. Was mich gleich als erstes in Japan erstaunte war, dass die Japaner gar kein
Englisch sprechen. Sei es weil sie es nicht können oder weil es ihnen zu peinlich ist etwas falsch
auszusprechen. Das machte die ersten Tage in Hiroshima zu einem kleinen Abenteuer, aber da die
Japaner allgemein sehr hilfsbereit sind, war die Zeit der Eingewöhnung trotz Kultureller Unterschiede
und Sprachbarriere relativ kurz.
Am Montag dem ersten Tag meiner Famulatur fing der Tag mit einer Begrüßungsveranstaltung an.
Frau Watari, der Dekan, sein Stellvertreter und die für mich zuständigen Ärzte (Prof. Awai Leiter des
Institut für Radiologie und Prof. Odan Leiter des Zentrums für Visceral und Transplantationschirurgie). Sie befragten mich nach meiner Motivation, Sprachkenntnissen und meinem Studium.
Danach führte mich Prof. Awai aus der Radiologie durch den Campus und zeigte mir alle wichtigen
Gebäude der Klinik, sowie die Bibliothek, die Mensa, die Turnhalle und den Klinikeigenen Starbucks.
Die Uniklinik Hiroshima ist ein Maximalversorger mit ca. 700 Betten, alle Abteilungen sind vertreten,
sowie eine Zahnklinik und verschiedene Lehrgebäude für Gesundheitliche Berufe. Anschließend
führte Prof. Awai mich durch seine Abteilung und stellte mich so ziemlich jedem Arzt der Abteilung
vor der an dem Tag arbeitete. Im Anschluss lud er mich zum Mittagessen ein, zum traditionellem
Hiroshima Okonomiyaki, einer lokalen Spezialität. Die Tage in der Radiologie gestalteten sich
folgendermaßen, morgens um 9 bis Mittags hatte ich bei einem der Ärzte Unterricht zu
verschiedenen Themen z.B. CT/MRT Befundung, Notfälle oder Tumordiagnostik. Nachmittags ging es
dann in die Klinik meist in die Abteilung Radiologische Onkologie und zwei Tage in die
Interventionelle Radiologie. In der Radiologischen Onkologie, durfte ich mehrfach an der
Sprechstunde teilnehmen, wobei mir der Arzt sehr gut alles erklärt hat und auch bei den
Therapieplanungen für Bestrahlungen mitarbeiten. Am letzten Tag in der Radiologie durfte ich bei
einer Seed Implantation assistieren. In der Interventionellen Radiologie hatte ich Gelegenheit an
Katheterinterventionen teilzunehmen und durfte zweimal bei der Behandlung eines Leberkarzinoms
assistieren. Die Inzidenz für das Hepatozelluläre Karzinom ist in Japan aufgrund der hohen Anzahl an
Hep. B/C Erkrankungen relativ hoch. Die Therapie in der Radiologie bestand aus lokaler
Chemotherapie und thrombosierung der Tumorversorgenden Gefäße.
Das Arbeitsklima in der Radiologie war sehr freundlich und alle haben sich große Mühe gegeben,
auch wenn manchmal die Sprache ein kleines Problem darstellte. Ich wurde zum Abendessen mit der
Abteilung eingeladen und auch zu einem Baseballspiel der Hiroshima Carps.
Der zweite Teil meiner Famulatur fand in der Visceral- und Transplantationsabteilung statt. Der Tag
begann nicht um neun wie in der Radiologie, sondern um halb acht und zwar mit der
Frühbesprechung, wie es auch in Deutschland in den meisten chirurgischen Abteilungen üblich ist.
Danach wurde eine Visite abgehalten mit allen Ärzten der Abteilung um sich die gerade
besprochenen Patienten anzuschauen. Die Abteilung bestand aus vier Teams, das Gastro-, das Colondas Leber- und das Transplantteam. Für mich war vorgesehen, dass ich in jedem Team 2 bzw. 3 Tage
verbringe. Die Abteilung operierte an nur zwei Tagen die Woche. Hinzu kam, dass in die Uniklinik nur
komplizierte Fälle kamen. Kleine OPs wie Appendix oder Cholecystektomien werden in den
peripheren Krankenhäusern gemacht. Obwohl es in Japan nicht üblich ist, dass Studenten an
Patienten mitarbeiten (z.B. darf man bevor man fertiger Arzt ist kein Blut abnehmen), durfte ich
mehrfach bei Operationen assistieren und sogar nähen und knoten. Ich hatte auch Gelegenheit bei
zwei Lebertransplantationen (beides Lebendspenden von Verwandten, was ja in Deutschland nicht
üblich ist für Lebertransplantationen) zuzuschauen. Diese gingen jedoch bis 10 Uhr Abends und
länger. Ich hatte auch mehrfach die Gelegenheit mit anderen Studenten im Unieigenen
Simulationszentrum das Laporoskopieren zu üben und verschiedene OPs am Simulator
durchzuführen, was eine Menge Spaß gemacht hat. In der Chirurgie traf ich auch endlich japanische
Studenten, die dort ein Blockpraktikum machten. Der Kontakt zu Ihnen war sehr nett und sie gaben
sich, wie alle, viel Mühe mir alle Fragen zu beantworten und mir viel zu erklären.
Auch von den Chirurgen wurde ich mehrfach zum Essen eingeladen und verbrachte sehr nette
Abende, mit in ihrer Freizeit erstaunlich redseligen Ärzten.
Mich erstaunte immer wieder wie viel Zeit die Ärzte teilweise im Krankenhaus verbringen, vor allem
die Assistenzärzte und Residents, die teilweise bis 10 und 11 Uhr Abend in der Klinik sind. Viele Ärzte
leisten zusätzlich an Ihren freien Tagen oder Nächten Zusätzlich in Privatkliniken Dienste um Geld
dazuzuverdienen, was sie Beitu nennen, das kommt vom deutschen Wort Arbeiten. Überhaupt gibt
es im medizinischen Bereich viele deutsche Wörter, während des Studiums müssen die Japaner auch
ein Jahr Deutsch belegen. Weitere Beispiele sind z.B. Magen, Krebs, Sterben oder Weiße für weiße
Blutkörperchen usw., was mich am Anfang ein bisschen verwirrt hat.
Die Famulatur in Hiroshima war eine tolle Erfahrung, die ich um nichts mehr missen möchte. Sie hat
mir viele neue Eindrücke und Kontakte geschenkt und ich finde es sehr gut, dass unsere Uni dieses
Austauschprogramm anbietet und kann es jedem weiterempfehlen.
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