Die Grundlagen der Überlieferung im Islam – Web Ausgabe
Abu Hamzah al-Afghani
1. Ausgabe 2010
Design: www.risalatun.com
بسم هللا الرمحن الرحيم
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
angewandt an den Ahadith der Ru‘yah
Ein Beispiel für angewandte Hadith-Wissenschaften
und eine Widerlegung diverser Kritiken an ihrer Authentizität
Abu Hamzah al-Afghani
www.risalatun.com
(Erstmaliges Erscheinungsdatum: 20.5.2010)
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Inhalt
ANMERKUNGEN ZUR UMSCHRIFT ........................................... 10
VORWORT ZU DIESER AUSGABE ............................................. 12
Einführung .................................................................... 15
OHNE ÜBERLIEFERUNG KEINE RELIGION ............................................. 15
DIE KRITIK AN JENEN RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN, DIE KEINE
AUTHENTISCHE ÜBERLIEFERUNG AUFWEISEN KÖNNEN ............................ 15
EIN AUSSICHTSLOSES GEGENARGUMENT ............................................. 16
DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DER WIDERLEGUNG VON FUNDAMENTEN
UND DER WIDERLEGUNG VON EINZELNEN BEHAUPTUNGEN; BEISPIEL
CHRISTENTUM ............................................................................. 18
BEISPIEL: SCHIITENTUM UND KURZE ERWÄHNUNG EINIGER
HAUPTPUNKTE BEI DER WIDERLEGUNG IHRER GRUNDLAGEN ................... 19
Die Ablehnung tausender Überlieferungen ................................................... 19
Die Schiiten verfügen selbst über keinerlei authentische Überlieferung ....... 21
Andere Punkte bei der Kritik des Fundaments des Schiitentums ................... 22
DIE RU’YAH ............................................................................... 24
AKHBARU-L-AHAD ....................................................................... 25
Beispiel und erster Hadith: von Jariru-bnu Abdillah....... 27
GRAFISCHE DARSTELLUNG DIESES HADITH IM SAHIHU-L-BUKHARI ............. 27
ALLGEMEINE BETRACHTUNG DER KETTE ............................................. 29
FESTSTELLUNG DER EINZELNEN WEGE DIESES HADITH............................. 29
Der Weg von Ismailu-bnu Abi Khalid über Qaisu-bnu Abi Hazim über
Jariru-bnu Abdillah (ra) .................................................................................. 29
Der Weg von Bayanu-bnu Bischr über Qaisu-bnu Abi Hazim über
Jariru-bnu Abdillah ........................................................................................ 29
NÄHERE BETRACHTUNG DES HADITH ................................................. 30
Hier ist jedoch folgendes zu beachten: .......................................................... 30
3
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Anmerkung: Die Bezichtigung mit der Lüge über den Propheten (sas)
bedeutet die Bezichtigung mit dem Kufr ....................................................... 33
Das Prinzip der Überlieferung der Sunnah ..................... 35
ES IST UNMÖGLICH, DASS EINER DIESER GELEHRTEN EINFACH ZAHLREICHE
KETTEN ERLÜGT UND NIEMAND MERKT, DASS ER EIN LÜGNER IST ............... 35
DIE ÜBERLIEFERER UND IHRE ÜBERLIEFERUNGEN SIND WEITHIN
BEKANNT ................................................................................... 35
EIN ERLOGENER SANAD BLEIBT NICHT UNENTDECKT. DAS IST DER SINN
DIESER WISSENSCHAFT .................................................................. 36
DIE BEWIESENE GLAUBWÜRDIGKEIT DER HADITH-ÜBERLIEFERER............... 39
ZUSAMMENFASSEND IST ALSO ZU SAGEN ............................................ 41
NIEMAND HAT DER ÜBERLIEFERUNG DER MUSLIME AUCH NUR IRGEND
ETWAS ENTGEGENZUSETZEN. EIN WORT AN DIE GEGNER DES ISLAM .......... 42
Die zusätzliche Sicherheit durch die Prüfmethode der
Gelehrten...................................................................... 44
DIE MENSCHLICHE FEHLBARKEIT ÄNDERT NICHTS AN DER AUTHENTIZITÄT
DER SUNNAH .............................................................................. 44
DIESE TATSACHE KANN MAN AM FOLGENDEN BEISPIEL IN UNSERER
GEGENWART VERDEUTLICHEN.......................................................... 46
Die Überlieferung von Mubtadicah und was die Gelehrten
damit überhaupt meinten. ............................................ 48
DIE ÜBERLIEFERUNG VON DEN KHAWARIJ IM SPEZIELLEN ........................ 51
Die Realität der Khawarij und ihr islamisches Urteil ...................................... 51
Die Überlieferung der Khawarij ..................................................................... 52
Über die Überlieferer von Bukhari und Muslim und ihre
Voraussetzungen in den beiden Sahih Werken .............. 53
WICHTIGER HINWEIS, UND BESCHREIBUNG DER KERNARGUMENTATION
GEGEN DIE SCHIITEN IM THEMA DER ÜBERLIEFERUNG ............................ 56
4
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
BEISPIEL FÜR EINEN EINWANDFREIEN ÜBERLIEFERER VON BUKHARI ............ 59
DAS URTEIL DER AHADITH DER SAHIHAIN UND DESSEN DER HADITHE
DAVON ABLEHNT .......................................................................... 61
BEISPIEL FÜR EINEN ÜBERLIEFERER VON DEM BUKHARI ÜBERLIEFERT
TROTZ UNBERECHTIGTER KRITIK ....................................................... 66
Al-Mizzi über Qaisu-bnu Abi Hazim ............................................................... 66
Zusammenfassung und Analyse .................................................................... 68
Eine neue Kritik von einem neuen Khariji. Der Muhaddith der
Ibadiyyah ....................................................................................................... 72
Der Zweifel an der Sunnah ist der Zweifel am Qur’an .... 74
DAS URTEIL ÜBER QUR'ANIYYIN UND DIE HEUTIGEN SCHIITEN .................. 76
DASS DIE SUNNAH IM ALLGEMEINEN EINE VERPFLICHTUNG
DARSTELLT, IST OHNEHIN SELBSTVERSTÄNDLICH .......................... 79
Eingehendere Erläuterung der Frage des Mutawatir und
der Akhbaru-l-Ahad ...................................................... 84
WAS MUTAWATIR UND KHABARU-L-AHAD BEDEUTET ........................... 84
MUTAWATIR MACNAWI UND MUTAWATIR LAFDHI ................................ 84
WAS DIE GELEHRTEN WIRKLICH MIT TAWATUR MEINTEN ........................ 85
DIE BEWEISE, DASS DER KHABARU-L-WAHID EIN ARGUMENT IM
DIN IST ............................................................................ 88
Über den Stellenwert der Verteidigung der Sunnah ...................................... 88
ERSTES ARGUMENT UND ERSTE GRUPPE VON BEWEISEN: ES IST
UNBESTREITBAR, DASS DER PROPHET (SAS) AHAD ENTSANDT HAT ............. 89
Abgesandte von ihren Stämmen, welche der Prophet zurücksandte um
den Din zu lehren ........................................................................................... 90
Die Beweise welche aus diesen Ahadith entnommen werden können .......... 91
ZWEITE GRUPPE VON BEWEISEN: DIE ANORDNUNG DES PROPHETEN
(SAS) ZU VERKÜNDEN, OHNE DIE FESTLEGUNG EINER ZAHL ...................... 93
Die Beweise aus diesen Ahadith .................................................................... 94
BEWEISE AUS DEM QUR’AN ............................................................ 95
5
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
DRITTE GRUPPE VON BEWEISEN: DIE SALAF AKZEPTIERTEN DEN KHABAR
DES EINZELNEN ............................................................................ 97
Schubuhat ...................................................................................................... 97
VIERTE GRUPPE VON BEWEISEN: JEDES GEBOT UND VERBOT IST EINE
GLAUBENSFRAGE ......................................................................... 99
DIE PROBLEME DER PHILOSOPHEN .................................................. 100
DAS VERSTÄNDNIS DER MEISTEN ALTEN GELEHRTEN UND DAS
FEHLVERSTÄNDNIS DER NEUEN....................................................... 104
Imamu-l-haramain al-Juwaini ..................................................................... 105
An-Nadham von den Muctazilah.................................................................. 105
Ibnu-l-Hajib .................................................................................................. 106
Al-Amidi ....................................................................................................... 106
Al-Qarafi ...................................................................................................... 106
Ibnu-n-Najjar ............................................................................................... 107
Ibnu Taimiyyah ............................................................................................ 107
Das Urteil von jemandem, der einen Khabaru-l-Wahid aufgrund dieser
Bidcah nicht annimmt .................................................................................. 111
Grundlegende Widerlegungen des Schiitentums im
Thema der Überlieferung und einiger schiitischer
Schubuhat................................................................... 112
DIE ABLEHNUNG DER SUNNAH UND IHRE FOLGEN FÜR DIE SCHIITEN
SELBST .................................................................................... 112
EHEMALIGE SCHIITISCHE HADITH-GELEHRTE UND IHRE ANALYSE
SCHIITISCHER „ÜBERLIEFERUNGSKUNST“ .......................................... 112
DIE SCHIITEN KÖNNEN REIN TECHNISCH GESEHEN NIEMALS DIE
VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE SO SICHERE ÜBERLIEFERUNG ERFÜLLEN ....... 113
DER EINZIGE WEG ZUR BEURTEILUNG DER RUWAT SIND DIE BÜCHER
DER RIJAL-GELEHRTEN ................................................................. 113
DIE IRRSINNIGE BEHAUPTUNG „WIR NEHMEN NUR VON
UNFEHLBAREN“. EIN WEITERER FUNDAMENTALER WIDERSPRUCH ........... 114
EINE WEITERE FLUCHT: „MAN DARF NICHTS VON VERSTORBENEN
NEHMEN, SONDERN NUR VON LEBENDEN“ ........................................ 117
6
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
EINE WEITERE FLUCHT: „NUR DIE LEBENDEN GELEHRTEN DÜRFEN VON
DEN TOTEN NEHMEN.“ ................................................................ 118
WENN MAN AUSNAHMSLOS NUR VOM IMAM NEHMEN DARF, SIND DIE
SCHIITEN HEUTE ZUR IRRE VERDAMMT ............................................. 119
WENN DER DIN NICHT VON UNFEHLBAREN WEITERGEGEBEN WERDEN
KANN, WARUM HAT DER PROPHET (SAS) DANN SOLCHE ZU DIESEM
ZWECK ENTSANDT? .................................................................... 120
DIE ÜBERLIEFERTE SUNNAH ENTHÄLT ZAHLREICHE PROPHEZEIUNGEN,
DIE SICH SEHR EXAKT BEWAHRHEITET HABEN ...................................... 121
SCHUBHAH: DER HADITH MUTAWATIR IST JA BEI DEN GELEHRTEN
SELBST GAR NICHT EINHEITLICH DEFINIERT. WIE KANN DANN JEMAND
ZUM KAFIR WERDEN WEIL ER EINEN MUTAWATIR ABLEHNT? ................. 121
Die wahre Bedeutung dieser Aussage ......................................................... 122
Über die Definition und Grenze des Tawatur und die Widerlegung der
Zahlenangaben ............................................................................................ 122
Was zum Verständnis dieser Zahlenangaben zu erwähnen ist .................... 123
SCHUBHAH: AL-BUKHARI WURDE VON EINIGEN GELEHRTEN SEINER ZEIT
KRITISIERT. DAMIT IST SEINE GANZE ÜBERLIEFERUNG HINFÄLLIG. ............. 127
Die Behauptung, al-Bukhari‘s Wort wäre bei Ahlu-s-Sunnah Gesetz, ist
eine Lüge...................................................................................................... 128
Einige Informationen über die Wissenschaft des Jarh und Tacdil, der
auch die Gelehrten selbst unterworfen waren ............................................ 128
Aber angenommen al-Bukhari wäre ein Fasiq gewesen.............................. 130
DIE BEHANDLUNG DER SCHUBHAH UM MUHAMMADU-BNU YAHYA-DHDHUHLI (RA) IM SPEZIELLEN .......................................................... 133
Muhammadu-bnu Yahya selbst hat die Ahadith von Bukhari nicht
angezweifelt! ............................................................................................... 133
Die Realität Jener Zeit und die verdrehte Darstellung davon ...................... 135
Abu Hatim ar-Razi und Abu Zurcata-r-Razi haben ihre Begründung für
ihr Urteil über Bukhari explizit erwähnt, und diese ist hinfällig. .................. 136
Wenn Bukhari selbst sich in der Öffentlichkeit von dieser Ansicht
distanzierte, wie kann man ihm diese Ansicht dann noch zur Last
legen? .......................................................................................................... 136
Einige Worte von Ibnu Hajar über diese Begebenheit ................................. 137
7
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Bei sehr bekannten Personen ist es unvermeidlich, dass einige Leute
auch schlechte Meinungen über sie haben .................................................. 139
WIE DIE MEINUNG DER GELEHRTEN ÜBER BUKHARI IN WIRKLICHKEIT
WAR ....................................................................................... 140
Einige ausgewählte Aussagen des Lobes seiner Zeitgenossen und
Schüler ......................................................................................................... 148
Einige Ereignisse welche die Stärke seines Hifdh, seinen fließenden
Verstand und sein Wissen über die cIlal zeigen ........................................... 151
Die Überlieferungen der Ru’yah .................................. 154
ZWEITER HADITH: VON ABU HURAIRAH (RA) .......................... 154
Grafische Darstellung der Ketten im Sahih von Bukhari .............................. 155
Feststellung des ersten Weges von Abu Hurairah (ra)................................. 156
Feststellung des zweiten Tariq von Abu Hurairah (ra) ................................. 156
Allgemeine Betrachtung dieses Hadith ........................................................ 156
Was der Khariji hierzu sagt .......................................................................... 157
ANMERKUNG ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN ALLAHS ...................... 157
ALLGEMEINE WIDERLEGUNG DES IBADI IN DER FRAGE DER
RU’YAH ......................................................................... 163
DRITTER HADITH: VON ABU SACID (RA) ................................. 164
DER ERSTE TARIQ VON ABU SACID (RA) IM SAHIHU-L-BUKHARI .............. 164
DER ZWEITE TARIQ VON ABU SACID (RA) IM SAHIHU-L-BUKHARI ............ 164
GROBE ANALYSE DES HADITH ........................................................ 164
VIERTER HADITH: VON SUHAIBI-BNI SINAN............................. 165
GRAFISCHE DARSTELLUNG ............................................................ 165
BETRACHTUNG DES HADITH .......................................................... 165
FÜNFTER HADITH: VON AMMARU-BNU JASIR.......................... 165
GRAFISCHE DARSTELLUNG DES SANAD ............................................. 166
BETRACHTUNG DES HADITH .......................................................... 166
WEITERE ÜBERLIEFERUNGEN .............................................. 166
ALLGEMEINE BETRACHTUNG ALLER ANGEFÜHRTEN AHADITH ....... 168
8
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
DAS URTEIL VON DEMJENIGEN, DER DIE RU’YAH MIT DEM
WISSEN ÜBER DIESE AHADITH ABLEHNT ................................. 170
Schubuhat im Bezug auf die Ru’yah ............................ 171
DIE BEHAUPTUNG, CA'ISCHAH (RA) HÄTTE EBENFALLS DIE RU’YAH
ABGELEHNT .............................................................................. 172
DIE BEHAUPTUNG: DER GELEHRTE MUJAHID (RA) HÄTTE DIE RU'YAH
ABGELEHNT .............................................................................. 174
SCHLUSSWORT ................................................................ 175
9
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Anmerkungen zur Umschrift
• Die Verstärkung eines Buchstaben durch das Schaddah ( ) ـwird durch die
Verdoppelung des Buchstaben wiedergegeben, wie im Wort Schaddah selbst.
• Das geschlossene t der Weiblichkeit am Ende des Wortes ( ) ةwird mit
einem h angedeutet, es sei denn das Wort wird in einem Satz
weiterverbunden. Dann wird es ausgeschrieben. Auch im Arabischen würde
man ein solches t als h aussprechen, wenn man darauf stehen bleibt.
• Der Buchstabe cAin ( ) عwird mit einem hochgestellten c wiedergegeben, so
wie im eben genannten Namen des Buchstaben selbst.
• Das Hamzah ( ) ءwird durch ein Apostroph wiedergegeben, z.B. Ra’s. Am
Anfang des Wortes wurde es jedoch unterlassen.
• Das يwird mit einem y wiedergegeben, z.B. Qiyamah. Demzufolge muss der
Name Taimiyyah auf die gezeigte Art geschrieben werden. Bei einem
vokallosen y, dem der Vokal a vorrausgeht wird aber ai geschrieben, z.B.
Schaikh.
Am Ende einiger Worte, vor allem Namen wurde diese Schreibweise aber in
der Regel vereinfacht, weil dies auch im Arabischen oft so gehandhabt wird,
z.B. al-Bukhari.
• Bei einigen bekannten und häufig genannten Namen bzw. Worten, wurde
von der Umschrift abgegangen, z.B. Ali, Umar, Amr, Abd, Abu …
• Auf die Unterscheidung der ähnlichen Buchstaben und die Darstellung der
Langvokale durch Punktierung usw. wurde verzichtet um den Lesefluss nicht
zu stören. In diesen Fällen ist es ohnehin besser sich der Schreibweise und der
Aussprache bei einer Person zu versichern, die Arabisch kann.
• Es wird darauf geachtet Verben und Eigenschaftswörter klein zu halten, um
diese dem Deutschen anzugleichen.
• Es wird so weit wie möglich versucht die Worte gemäß dem arabischen
Redefluss zu verbinden, um möglichst nah an die korrekte arabische
Aussprache heranzukommen.
• Grammatikalische Fälle werden nur in Ausnahmefällen - vor allem bei häufig
vorkommenden Worten – berücksichtigt, um dem arabischen Redefluss
gerecht zu werden. Wie z.B. „Die Muschrikun“, „Von den Muschrikin“ und „Er
sagte zu den Muschrikin“.
10
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
• Der Dual wird durch das Wort „beide“ angezeigt, wobei das nachfolgende
Wort wie im Deutschen im Plural verbleibt, z.B. „die beiden Ayat“.
• Besonders bei zusammenhängenden Ausdrücken wurde dies aber völlig
vernachlässigt. Stattdessen wird immer der „erste Fall“ also der sog. Rafc
verwendet.
11
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
:بسم هللا واحلمد هلل والصالة والسالم على رسول هللا وآله وصحبه وبعد
Vorwort zu dieser Ausgabe
Die Grundlage der Überlieferung ist eines der essentiellen Themen bei der
Befassung mit dem Islam bzw. mit Religion im Allgemeinen. Für das richtige
Verständnis des Islam ist die Auseinandersetzung damit unerlässlich. Deshalb
erschien es sinnvoll dieses wichtige Thema in einem Buch zu behandeln.
Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass diese Abhandlung dem
Thema keinesfalls gerecht wird. Die detailliertere Analyse einiger Punkte und
eine Umstrukturierung wären sicher möglich und auch sinnvoll. Da eine solche
umfassende Überarbeitung - wie es scheint - aber in nächster Zeit aus
verschiedenen Gründen nicht ins Auge gefasst werden kann, wurde es
schließlich vorgezogen das Buch in seiner gegenwärtigen Form zu verbreiten.
Dies macht mehr Sinn, als es weiterhin ohne jeglichen Nutzen zu belassen. Es
befinden sich darin sicher nützliche Informationen, die dem deutschsprachigen Leser sonst nicht zugänglich sind.
Das Buch umfasst hauptsächlich drei Themen:
1. Die Grundlagen der Überlieferung im Islam. Hierbei werden auch einige
wichtige Fragen und Scheinargumente erwähnt, mit denen einige Leute bzw.
Gruppen versuchen die Überlieferungsmethoden der Muslime zu entkräften.
2. Akhbaru-l-Ahad1.
Das arabische Wort Khabar bedeutet Nachricht. Damit wird hier eine Überlieferung
gemeint. Der Plural ist Akhbar.
1
Das Wort Ahad bedeutet Einzelner. In diesem Buch ist in der Regel der Plural gemeint,
also eigentlich Aahaad. Die Einzahl wäre Ahad. Khabaru-l-Ahad bzw. Akhbaru-l-Ahad
bedeutet hier also "die Überlieferung(en) von Einzelpersonen".
12
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
3. Das Beispiel der Ru’yah1.
Während der Abhandlung des Themas wurde aber klar, dass es erforderlich
wäre, jedes dieser Themen für sich gesondert abzuhandeln. Dann könnte man
auch jedes Teilgebiet mit größerer Sorgfalt besprechen. Die zuvor
angesprochene mögliche Überarbeitung des Themas würde sich sicherlich
unter anderem auf diesen Aspekt beziehen.
Das Buch stellt also nur einen bescheidenen Beitrag für diesen Din2 dar, der
durch die Unzulänglichkeit des Verfassers sicher stark eingeschränkt ist. Möge
unser Herr darin Nutzen sein lassen für jene, die die Wahrheit suchen, Amin3.
Das primäre Ziel der vorliegenden Arbeit ist, dem Leser die historische
Überlieferungsmethode der Muslime und damit ihre Authentizität näher zu
bringen. Dadurch wird dem Muslim erklärt, wie seine Religion schließlich zu
ihm gelangte. Auf der anderen Seite kann sich der nicht-muslimische Leser
einen Überblick über das Thema verschaffen.
Es wurde versucht das Buch grundsätzlich auch für Personen lesbar zu
machen, die kein größeres Vorwissen über das Thema bzw. den Islam im
Allgemeinen haben. Zu diesem Zweck wurden Fremdworte und Fachbegriffe
durch Anmerkungen erläutert. Das richtige Verständnis aller erwähnten
Aspekte wird jedoch nur durch ein gewisses Maß an vorausgehenden
Informationen möglich sein. Deshalb sind solche Leser dringend beraten
neben diesem Buch auch grundlegendere Schriften über den Islam
heranzuziehen.
Um dem Leser den Vergleich mit den Originaltexten zu erleichtern, wurden
diese stets vor der jeweiligen deutschen Übersetzung angeführt. Dies ist auch
insofern notwendig, da von der wörtlichen Übersetzung zwangsläufig leicht
abgewichen werden musste. Eine exakte Übertragung des Satzes macht den
Text im Deutschen quasi unlesbar, ein Problem dem man bei Übersetzungen
immer ausgesetzt ist.
Ru’yah bedeutet wörtlich Sichtung bzw. Sehen. Hier ist jedoch speziell die Frage
gemeint, ob Allah im Jenseits gesehen werden kann oder nicht.
1
Religion, wobei das arabische Wort mehr als dies umfasst. Es könnte mit
„umfassender Lebensweg“ wiedergegeben werden.
2
3
Die arabische Entsprechung zum Wort Amen.
13
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Zu den Übersetzungen ist zu sagen, dass sie alle vom Verfasser dieses Buches
selbst direkt aus dem Arabischen ins Deutsche übersetzt wurden. Sie wurden
also nicht von anderen Quellen übernommen, noch aus einer Zweitsprache
übersetzt.1 Dabei wurde versucht mit großer Sorgfalt und Genauigkeit zu
arbeiten. Ebenso wurden zusätzliche Anmerkungen zur Verdeutlichung
eingefügt, um etwaige Ungenauigkeiten, die sich zwangsläufig bei der
Übersetzung ergeben, so weit wie möglich zu minimieren. Die Anführung der
Originaltexte soll dem Leser zusätzliche Sicherheit und Möglichkeit zur
Überprüfung geben.
Ich bitte unseren Herrn um seine Hilfe in dieser Arbeit, sowie in allen anderen
Angelegenheiten und danke Ihm für Seine Hilfe und Unterstützung bei der
Herausgabe dieses Buches und für all Seine unzählbaren Gnaden im
Allgemeinen. Sodann spreche ich meinen Dank all jenen aus, die einen Beitrag
zu dieser Arbeit geleistet haben. Möge unser Herr es ihnen auf die beste Art
und Weise vergelten, Amin.
Dies bezieht sich auch auf die Ayat (Verse) des Qur’an. (Auch wenn hierbei stets
darauf hingewiesen wird, dass es sich um eine bloße Übertragung der Bedeutung des
Qur’an handelt, da man ihn nicht exakt übersetzen kann. Das stimmt natürlich, jedoch
trifft dies in Wirklichkeit auf jede Übersetzung zu. Deshalb ist es eigentlich nicht falsch,
das Wort Qur’an-Übersetzung zu verwenden, wa-llahu aclam, und Allah weiß es am
besten).
1
Bei der Einsicht der verschiedenen vorliegenden Qur’an-Übersetzungen in deutscher
Sprache wurde klar, dass sie im Grunde alle mehr oder weniger schwere Übersetzungsfehler beinhalten.
14
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Einführung
OHNE ÜBERLIEFERUNG KEINE RELIGION
Der Islam stützt sich zweifelsohne, wie auch jeder andere Din vor ihm, auf die
Offenbarung, die der jeweilige Prophet (as)1 erhielt. Deshalb ist es zwingend
notwendig, auf die Überlieferung dieser Offenbarung zurückzugreifen. Nur die
Überlieferung ermöglicht uns heute, am Qur’an und an der Sunnah2 fest zu
halten.
DIE KRITIK AN JENEN RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN, DIE KEINE
AUTHENTISCHE ÜBERLIEFERUNG AUFWEISEN KÖNNEN
Aus dem Gesagten ist es selbstverständlich, welchen Stellenwert die
Überlieferung in unserem Din einnimmt. Sie hat ohne Zweifel eine zentrale
Bedeutung. Ebenso muss es auch in jeder anderen Religion sein.
Wer behauptet die Wahrheit von seinem Propheten erhalten zu haben, muss
als Erstes die korrekte und authentische Überlieferung von diesem Propheten
beweisen können. Denn die bloße Behauptung ist kein Beweis. Es ist also
nicht ausreichend einem Propheten (as) einfach dies oder jenes
zuzuschreiben. Selbst wenn er die Wahrheit sagte, heißt dies noch lange nicht,
dass sich die angeblichen Überlieferungen wirklich mit seinen Worten bzw.
mit seiner Lehre decken.
Genau dies ist auch einer der wichtigsten Kritikpunkte an den anderen
Religionen. Sie selbst geben nämlich zu, und müssen auch zugeben, dass sie
1 calaihi-s-Salam
bzw. wenn mehrere Propheten erwähnt werden calaihimu-s-Salam. Zu
Deutsch „Friede und Heil sei auf ihnen“. Ebenso verhält es sich mit der Abkürzung
(sas), welche im Grunde dieselbe Bedeutung trägt und häufig erwähnt wird.
Auf diese Weise werden die Propheten im Allgemeinen von Muslimen in Ehren
gehalten. Es bleibt dem Leser hier und auch im Folgenden überlassen, diese und
andere Abkürzung auszusprechen. Werden mehrere Propheten genannt, wird dieser
Ausspruch als Plural nur ganz am Ende erwähnt.
Mit Sunnah ist hierbei alles gemeint, was vom Propheten (sas) überliefert wurde.
Diese Sunnah stellt, neben dem Qur’an, die zweite Quelle des Islam dar.
2
15
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
über keinerlei authentische Überlieferung verfügen. Dies ist eine historische
Tatsache1.
EIN AUSSICHTSLOSES GEGENARGUMENT
Die Anhänger jener Religionen wissen dies und wurden von den Muslimen in
der Geschichte damit auch konfrontiert. Ihnen war aber ebenso klar, wie
aussichtslos es ist das Gegenteil zu behaupten. Die historischen Fakten
erklären zu deutlich, dass ihre Überlieferungen keinesfalls authentisch sind.
Deshalb versuchten sie schließlich irgendwann in ihrer Verzweiflung eine
Verteidigungsaktion zu setzen. Sie versuchten mit diversen Scheinbeweisen zu
Die Tatsache, dass z.B. das alte und neue Testament ohne Zweifel nicht authentisch
ist, wird kein vernünftiger Historiker abstreiten. Siehe zu diesem Thema das Buch
„Abgeschrieben, falsch zitiert und missverstanden - Wie die Bibel wurde, was sie
ist“ von Bart D. Ehrman. Der Autor, zählt in Fachkreisen unbestritten weltweit zu den
größten Fachmännern bezüglich der biblischen Urschriften.
1
Das angesprochene Buch dreht sich nur um dieses Thema. Dort sagt er unter anderem
(S. 23, 24):
„Wir haben nicht nur keine Originale, wir haben auch nicht die ersten Abschriften
der Originale. Wir haben noch nicht einmal Abschriften der Abschriften der
Originale oder Abschriften der Abschriften der Abschriften der Originale.
Was wir haben, sind Abschriften, die später angefertigt wurden - viel später. In den
meisten Fällen handelt es sich um Kopien, die Jahrhunderte nach den darin
beschriebenen Ereignissen angefertigt wurden. Und diese Abschriften unterscheiden sich untereinander an vielen tausend Stellen. Wie wir später in diesem
Buch sehen werden, unterscheiden sich diese Abschriften an so vielen Stellen
voneinander, dass wir noch nicht einmal genau wissen, wie viele Unterschiede es
gibt. Insgesamt gibt es wohl mehr Unterschiede zwischen den Manuskripten als
Worte im neuen Testament.“
Jeder, der Einsicht hat in die Überlieferungswissenschaften des Islam, steht verblüfft
vor dieser und vielen anderen Aussagen der renommiertesten Wissenschaftler im
Bezug auf die alten Schriften des Juden- und Christentums, welche nur unbestreitbare
Tatsachen über die nicht vorhandene Authentizität der jüdischen und christlichen
Quellen beschreiben.
Die Gelehrten der islamischen Geschichte trieben die Genauigkeit bei der
Überlieferung ins äußerste Extrem. Es hat nie eine vergleichbare Überlieferung in der
Menschheitsgeschichte gegeben. Für damalige Verhältnisse waren diese Vorgehensweisen sicher das Äußerste des Machbaren. Diese Tatsache soll durch das vorliegende
Buch gezeigt werden.
16
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
zeigen, dass der Islam ebenfalls keine authentische Überlieferung aufweisen
kann.
Man muss sich die Realität dieser Vorgehensweise vor Augen führen. Sie
versuchten also erst gar nicht zu beweisen, dass ihre Überlieferung
authentisch ist. Die verzweifelte Aktion bestand vielmehr darin zu zeigen, dass
der Islam auch keine Authentizität aufweisen kann. Dies alles, damit man im
Anschluss sagen könne, der Islam ist also in dieser Hinsicht auch nicht
vorzuziehen und das Argument seiner Authentizität ist damit widerlegt.
Alleine diese Vorgehensweise zeigt schon wie weit solche Leute vom
Verständnis der Offenbarung und von der Kenntnis ihres Schöpfers (swt)1 und
seiner tatsächlichen Eigenschaften entfernt sind. Was kann bei einer solchen
Argumentationsweise noch vom Vertrauen in die eigene Überlieferung und
die eigene Religion übrig geblieben sein?
Wenn sie also ohne weiteres zugeben einer Botschaft zu folgen, von der sie
ohnehin nicht wissen, ob sie nun verfälscht ist oder nicht, was hilft es ihnen in
dieser aussichtslosen Position noch zu zeigen, dass der andere auch keine
gesicherten Quellen hat? Selbst wenn dies zutreffen würde, müssten sie
eingestehen, dass sie die Wahrheit aus ihrer eigentlichen Quelle nicht
besitzen. In jedem Falle müssten sie also danach suchen. Was soll dies also für
ein Argument sein?
In diesem Buch soll es um die Erklärung der Grundlagen der islamischen
Überlieferungswissenschaften gehen. Das Ziel kann aber nicht mehr sein, als
Licht auf dieses Thema im deutschsprachigen Raum zu werfen. Es geht darum,
die grundsätzlichsten Dinge zu verdeutlichen. Alles weitere würde den
Umfang des Buches sprengen.
Des Weiteren muss auf folgende wichtige Sache hingewiesen werden. Das Ziel
dieses Buches ist nicht primär, die Widerlegung anderer Gruppen, auch wenn
einige der falschen Grundlagen jener Gruppen und Strömungen aufgezeigt
werden. Hierbei werden auch einige Schubuhat2 angeführt und behandelt.
1
Subhanahu wa tacala. Zu Deutsch in etwa: Gepriesen ist Er und hocherhaben.
2
Scheinargumente. Die Einzahl lautet Schubhah.
17
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DER WIDERLEGUNG VON
FUNDAMENTEN UND DER WIDERLEGUNG VON EINZELNEN
BEHAUPTUNGEN; BEISPIEL CHRISTENTUM
Es ist ein Unterschied, eine andere Idee bzw. Glaubensrichtung von Grund auf
zu widerlegen, oder einige Fragen zu beantworten welche andere Leute über
unseren Din aufwerfen. Wenn also z.B. ein Christ versucht eine unhaltbare
Behauptung über den Islam zu verbreiten, dann erklärt man diese spezielle
Sache und widerlegt das Scheinargument.
Eine völlig andere Sache hingegen ist die Widerlegung der Fundamente des
Christentums selbst. Hierzu ist es notwendig auf diese Fundamente
einzugehen.
So z.B. die Dreifaltigkeit, welche sich in Wirklichkeit diametral zum einzig
wahren Monotheismus verhält. Diese Theorie, welche der hoch verehrte
Prophet Isa1 (sas), ebenso wie alle anderen Propheten (as) unserer
Überzeugung nach niemals vertrat, sondern welche er, wie auch jeder andere
vor und nach ihm, auf das Schärfste verbat. Das ist der Kern jeder Botschaft
des einzigen anbetungswürdigen Herrn zu seinen Dienern.
Ebenso die zuvor angesprochene Tatsache, dass die Bibel in keinster Weise
authentisch ist. Ein Faktum, das wohl kein ernst zu nehmender Historiker
abstreiten wird.
Die Klärung der Fragen bzw. Behauptungen welche über unseren Din
verbreitet werden, ist also eine Sache. Die Widerlegung der Fundamente der
anderen Richtungen, ist eine völlig andere.
1
Jesus, der Friede und Segen des Herrn sei auf ihm.
18
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
BEISPIEL: SCHIITENTUM UND KURZE ERWÄHNUNG EINIGER
HAUPTPUNKTE BEI DER WIDERLEGUNG IHRER GRUNDLAGEN
Das erste Ziel dieses Buches ist also, die Grundlagen des Islam hinsichtlich
seiner Überlieferung aufzuzeigen und sodann einige Schubuhat zu widerlegen,
auch wenn einige fundamentale Widersprüche der anderen Richtungen
angesprochen und vielleicht auch näher behandelt werden.
So verhält es sich beispielsweise auch beim Schiitentum. Einige der Fragen
bzw. Behauptungen welche sie aufwerfen und verbreiten, sollen behandelt
werden. Diese dienen als Beispiel für ihre Vorgehensweise. Auf diesem Weg
kann man die Antwort für viele Scheinargumente dieser Strömung selbst
finden.
Die Widerlegung des Schiitentums selbst hingegen ist wiederum eine andere
Zielsetzung. Hierbei wäre es notwendig, über die grundsätzlichen
Widersprüche des Schiitentums ins Detail zu gehen1. Im Folgenden sollen
einige wichtige davon kurz angesprochen werden:
DIE ABLEHNUNG TAUSENDER ÜBERLIEFERUNGEN
Die Schiiten lehnen tausende Ahadith2 ab, welche ihrem Din widersprechen.
Diese sind historisch jedoch unwiderlegbar, woran selbst die Historiker der
Juden, Christen und Atheisten nicht zweifeln.
Alleine das Leben von Aliyyu-bnu Abi Talib3 (ra)4 ist dafür viel mehr als
ausreichend:
Siehe dazu im Detail „Die Grundlagen des Schiitentums - Eine kritische Analyse“
vom Verfasser dieses Buches.
1
Plural von Hadith. Ein Hadith ist eine Überlieferung vom bzw. über den Propheten
(sas). Dieser und ähnliche arabische Ausdrücke werden im weiteren Verlauf
klarerweise häufig wiederkehren.
2
Als Plural des Wortes Hadith wird häufig das eingedeutschte Wort Hadithe verwendet.
Es wurde auch in diesem Buch mehrfach verwendet.
3
Der bekannte Prophetengefährte und vierte rechtgeleitete Kalif der Muslime.
4
Radiya-llahu canhu, Allah ist mit ihm zufrieden.
19
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
• Seine gute Beziehung zu Abu Bakr, Umar und Uthman1 (ra), den drei Kalifen
vor ihm.
• Ihr gegenseitiges Lob füreinander.
• Die Tatsache, dass er ihnen die Treue schwor, ebenso wie alle anderen
Sahabah2 (ra).
• Wie er diese Kalifen unterstütze und bei ihnen zahlreiche Funktionen
ausübte, sich mit ihnen verbündete und sie gegen andere verteidigte.
• Wie er ihre Güte bezeugte und dies auch selbst vom Propheten (sas)
überlieferte und vieles mehr.
Diese Überlieferungen sind so zahlreich, dass sie kein vernünftiger Mensch
ablehnen könnte, da es bei einer solchen Anzahl von Leuten und
verschiedenen Überlieferungen unmöglich ist, dass sie sich auf das Erlügen
dieser Dinge einigen. Das ganze Leben von Aliyyu-bnu Abi Talib (ra), welches
uns überliefert wurde, ist ein gewaltiger historischer Beweis für die
Unsinnigkeit der schiitischen Verschwörungstheorie3.
Bei einer solchen Anzahl spielt nicht einmal mehr die Güte des einzelnen
Überlieferers eine Rolle. Selbst wenn diese zahlreichen Überlieferer diese
Dinge erlügen wollten, hätten sie sich nicht darauf einigen können.
Wie verhält es sich dann erst, wenn jene Überlieferer nicht irgendwelche
unbedeutenden, unbekannten Einzelpersonen sind, sondern eine Armee von
Gelehrten, welche als die vertrauenswürdigsten Personen ihrer GesellschafDie ebenso bekannten Prophetengefährten und ersten drei rechtgeleiteten Kalifen
der Muslime.
1
Prophetengefährten. Die Einzahl lautet Sahabi. Diese Gefährten des Propheten sind
die ersten und wichtigsten Überlieferer der prophetischen Botschaft. Deshalb werden
sie im Folgenden auch mehrfach erwähnt.
3 Der Grundsatz des schiitischen Glaubens ist die Idee von zwölf heiligen unfehlbaren
Führern (Imamen) nach dem Propheten (sas). Gemäß der schiitischen These hat sich
die überwiegende Mehrheit der Prophetengefährten (ra) nach dem Propheten (sas)
gegen Ali (ra), den ersten dieser angeblichen Imame, verschworen und ist dadurch
vom Islam abgefallen.
2
Dies sind unbestreitbare Prinzipien des Schiitentums, weshalb die alten Quellen des
Schiitentums diese Glaubensinhalte auch einheitlich vermitteln.
Siehe dazu: „Die Grundlagen des Schiitentums“.
20
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
ten galten? Man war sich bei niemandem sicherer, dass er keinesfalls über
den Propheten (sas) lügen würde. Die Hadith-Gelehrten wussten dies durch
ihre Kenntnis dieser Überlieferer und durch den Vergleich ihrer Überlieferungen, wie sich noch genauer zeigen wird.
Wie ist es dann erst, wenn die Schiiten selbst zahlreiche solche Überlieferungen in ihren Quellen anführen? In der Regel taten sie dies, weil ihnen gar
nicht auffiel, dass sie dem Fundament ihres eigenen Din widersprechen.
Kommt hinzu, dass genau diese Überlieferer, welche die Schiiten alle als
Lügner und Betrüger abtun wollen, so viel löbliches von Ali (ra) überlieferten.
Laut den Schiiten aber war ihr ganzes Leben, ihr ganzes Wirken eine einzige
Verschwörung gegen diesen Mann. Wie töricht müssten jene angeblichen
Feinde von Ali (ra) also gewesen sein, um von ihm all diese Dinge zu
überliefern?
DIE SCHIITEN VERFÜGEN SELBST ÜBER KEINERLEI AUTHENTISCHE ÜBERLIEFERUNG
Die Schiiten versuchen diesen Umstand immer zu verdecken, indem sie jene,
die an der Sunnah festhalten mit ihren eigenen Überlieferungen
konfrontieren. So lautet ein bekanntes Argument bei ihnen „Ein Weg der sich
durch seine eigenen Quellen widerlegt, hat es nicht verdient, dass ihm
gefolgt wird.“ Sie versuchen also möglichst viele Scheinargumente aus den
Quellen ihrer Gegner selbst zu bringen. Teils durch die Verdrehung von
Tatsachen, oder die Heranziehung falscher Überlieferungen, oder die
Verwendung doppeldeutiger Aussagen oder Begebenheiten. Sodann
präsentieren sie diese vielen Schubuhat als die „Widerlegung der Leute der
Sunnah mit ihren eigenen Quellen“.
Das Ziel ist, dass der Jahil1 bei dem ganzen „Zauber“ vergisst sich einmal
Gedanken darüber zu machen, wo denn nun eigentlich die Überlieferungen
der Schiiten selbst sind!
Hierzu reicht es an sich aus, die Unbrauchbarkeit der Überlieferungen des
wichtigsten Werkes der Schiiten Usulu-l-Kafi von al-Kullaini aufzuzeigen.
Alleine hiermit stürzt das ganze Schiitentum in sich zusammen.
1
Der Unwissende.
21
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Man muss sich bloß vor Augen halten, dass die überwiegende Mehrheit der
Schubuhat der Schiiten, gar nicht in ihren Büchern zu finden ist! Ihr ganzer Din
ist so aufgebaut. Er hat keine Basis. Genau deshalb besteht das Wirken der
Schiiten darin, bei jedem der sie kritisiert so viel wie möglich scheinbare
Widersprüche zu finden. Was diese Scheinargumente betrifft, so gibt es in
Wirklichkeit für jedes davon eine korrekte Erklärung und eine
unproblematische legitime Auslegung.
Ihr eigenes Problem jedoch ist aber dadurch nicht gelöst. Das Verhalten der
Schiiten ist hierin also dem der Christen gleich. Es scheint ihnen der Angriff die
beste Verteidigung zu sein. Ein kläglicher Angriff jedoch, wenn man damit nur
verdecken will, dass man nichts zu verteidigen hat. Unwissende Menschen
lassen sich so täuschen. Wer jedoch selbst auf festem Boden steht, hat diese
Vorgehensweise sofort durchschaut und macht sich in Ruhe und Gelassenheit
daran aufzuzeigen, dass solche Leute gar kein Fundament besitzen.
Das Vorgehen der Schiiten soll die Leute darüber hinwegtäuschen zu
hinterfragen, wo denn diese Fundamente ihres eigenen Din bei den Schiiten
selbst korrekt überliefert vorzufinden sind. Wenn man alleine diesem Punkt
nachgeht, dann erlebt man viele Überraschungen. Diese bloße Tatsache reicht
aus um sicher zu sein, dass das Schiitentum jeder Grundlage entbehrt.
ANDERE PUNKTE BEI DER KRITIK DES FUNDAMENTS DES SCHIITENTUMS
Die beiden oben genannten Kritikpunkte wurden hier erwähnt, weil sie mit
dem Thema des Buches zusammenhängen. Abgesehen davon gibt es aber
noch zahlreiche entscheidende Kritikpunkte1. Vor allem:
• Die Abwesenheit der Imam-Theorie im Qur’an, wobei sie die Grundlage des
Schiitentums darstellt.
• Der Glaube an die Verfälschung des Qur’an.
• Der Takfir2 der Sahabah (ra).
1
Siehe auch hierzu „Die Grundlagen des Schiitentums - Eine kritische Analyse“.
Takfir bedeutet hier „jemanden zum Kafir, also zum Nicht-Muslim erklären“. Der hier
erwähnte Takfir der Prophetengefährten (ra) ist ein grundlegender Glaubensinhalt des
ursprünglichen Schiitentums, wie schon zuvor erwähnt wurde.
2
22
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
• Der Widerspruch zu zahlreichen unmissverständlichen Aussagen des Qur‘an,
wie zum Beispiel der eben erwähnte Punkt1.
Eine Widerlegung des Schiitentums muss also nach diesem Muster vorgehen
und die angesprochenen Themen aufgreifen. Auch wenn bereits das hier nur
schnell erwähnte jedem Menschen mit gesundem Verstand und Herzen völlig
ausreichen müsste um von der Falschheit jenes Din fest überzeugt zu sein.
Dies ist ein wichtiger Punkt der geklärt werden musste. Das Ziel dieses Buches
ist also die Erläuterung der Grundlage der Überlieferung in unserem Din.
Jeder Muslim soll wissen, wie dieser Qur’an und diese Sunnah zu ihm kam.
Auch die Widerlegung einiger Schubuhat in diesem Buch dient in erster Linie
diesem Ziel.
Es ist also auch völlig unsinnig, vor allem für jemanden der kein fundiertes
Wissen hat, sich auf die Strategie und Ablenkungsmanöver der Schiiten
einzulassen. Die Diskussion mit ihnen kann sich von Anbeginn nur um die
Grundlagen drehen. Hat der Gegner diese Punkte verstanden und unsere
Grundlagen akzeptiert kann man sich mit ihm über weitere Fragen
unterhalten und ist ohne weiteres für jede Kritik offen.
Mit jemandem der jedoch unweigerlich an den erwähnten falschen
Grundlagen festhält, macht es keinen Sinn weiter zu reden.
Mit solchen Leuten diskutieren wir sicher nicht über Detailfragen der HadithWissenschaften oder die Beurteilung einzelner Ahadith. Wenn also ein Schiite
meint: „In euren Büchern ist dieser und jener Hadith überliefert, aber er ist
nicht richtig.“, dann antworten wir ihm: „Das Problem der Schiiten besteht
nicht darin, dass man hier und da einen Überlieferer oder eine Kette
kritisiert. Das Problem ist, dass sie die Überlieferung in ihrer Gesamtheit
ablehnen, weil sie ihrer Theorie widerspricht.“
Wie soll also eine sinnvolle Diskussion über einen einzelnen Hadith stattfinden
wenn man sich auf die Grundlagen des Din und der Überlieferung gar nicht
geeinigt hat? Für einen solchen Dialog kann es keine Basis geben.
Dies, weil der Qur’an an etlichen Stellen die Gefährten des Propheten (sas) lobt und
ihre Güte und Rechtschaffenheit bezeugt. Die Schiiten versuchen krampfhaft die
offensichtliche Bedeutung all dieser Verse zu entstellen.
1
23
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
DIE RU’YAH
Wie bereits angedeutet, sollen die Grundlagen der Überlieferung in diesem
Buch auch praktisch angewendet werden. Hierfür wurden die Ahadith über
die Ru’yah gewählt. An diesen Ahadith zeigen sich die im Buch besprochenen
Dinge deutlich und sind somit auch besser verständlich.
Ru’yah bedeutet Sicht. Es geht hierbei um die Tatsache, dass die Mu'minun1
ihren Herrn im Jenseits sehen werden. Diese Tatsache ist in zahlreichen
Ahadith erwähnt und sie zählt zu den sehr stark überlieferten Angelegenheiten im Islam.
In der Geschichte gab es aber verschiedene Gruppen welche diesen
Glaubensinhalt ablehnten, weil er nicht mit ihren erdachten Konzepten und
Vorstellungen übereinstimmte. So leugneten diese Angelegenheit Anhänger
der Muctazilah2, der Schiiten, der Qur'aniyyin3 und andere.
Viele dieser Leute lehnten die Ru’yah ab, ohne Wissen über die Überlieferungen und deren Stärke zu haben. Andere, wie die Schiiten und
Qur'aniyyun akzeptieren diese Überlieferungen grundsätzlich nicht, weil sie
die ganzen Bücher der Überlieferung der Sunnah als verfälscht betrachten. Sie
erachten die Überlieferer allesamt als unzuverlässig. Jemand der den
schiitischen Glauben in all seinen Konsequenzen umsetzt kommt darüber
hinaus nicht umhin so gut wie alle Sahabah (ra) und sonstigen Überlieferer
aus dem Islam auszuschließen.
In dieser Abhandlung sollen diese Irrmeinungen widerlegt, und die Richtigkeit
der Ahadith über die Ru’yah bewiesen werden.
Hierzu ist es hilfreich einen Blick auf die Überlieferungsketten zu werfen.
Aufgrund der zahlreichen Überlieferungen über die Ru’yah beschränkt sich die
Arbeit bei der etwas genaueren Betrachtung auf die Ahadith der sechs Hadith
Mu’minun ist der Plural des Wortes Mu’min. Ein Mu’min ist jemand, der den
sogenannten Iman verwirklicht. Das Wort Iman wird im Deutschen quasi immer als
Glaube wiedergegeben. Es umfasst jedoch weit mehr als den bloßen Glauben. Siehe
dazu im Detail: „Der vergessene Monotheismus“.
1
2
Eine der frühen Sekten des Islam.
3
Auch diese Sekte gibt es in Wirklichkeit schon sehr lange.
24
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Bücher1, im speziellen die beiden Sahih-Werke2. Unter Umständen wird noch
der Musnad von Imam Ahmad3 einbezogen. Die wichtigsten Ketten werden zu
diesem Zweck grafisch dargestellt.
Der Gegenstand dieser Abhandlung ist jedoch nicht die detailierte Behandlung
der Ru’yah und aller Dinge die damit in Verbindung stehen. Es geht primär um
den Aspekt der Überlieferungswissenschaften. Dies, weil das Problem der
Ablehnung der Sunnah – wie erwähnt –, egal ob insgesamt oder teilweise, ein
viel tiefgreifenderes ist. Trotzdem sollen alle wichtigen Aspekte, die mit der
Ru’yah in Zusammenhang stehen zumindest erwähnt und ausreichend erklärt
werden.
AKHBARU-L-AHAD
Eine weitere Bidcah4 hat sich so stark verbreitet, dass sie heute ganz allgemein
als eine - oder sogar die - richtige Ansicht an den meisten Universitäten
unterrichtet wird. Dabei handelt es sich um die Behauptung, die
Überlieferung von einer oder einigen Einzelpersonen5 sei in gewissen
Teilbereichen des Din kein Argument. So behaupteten manche, diese
1
Al-Kutubu-s-sittah
2
Hierbei handelt es sich um die beiden Werke Sahihu-l-Bukhari und Sahihu Muslim.
Al-Bukhari gilt als Imamu-l-Muhaddithin, also der Führer der Hadith-Gelehrten. Er ist
wohl der bekannteste Hadith-Gelehrte überhaupt. Dasselbe gilt für sein Sahih-Werk,
dass bei Ahlu-s-Sunnah als das richtigste Buch der Überlieferung von Menschenhand
überhaupt gilt. Er verstarb 256 n.H. im Alter von 62 Jahren.
Muslimu-bnu-l-Hajjaj (204-261) war ein Schüler von al-Bukhari und mit ihm
gemeinsam einer der größten Gelehrten des Hadith.
Ahmadu-bnu-Hanbal (164-241 n.H.). Einer der bedeutendsten Gelehrten der
islamischen Geschichte. Muhaddith (Hadith-Gelehrter) und Faqih (Rechtsgelehrter). Er
war der, zeitlich gesehen, letzte der vier Imame, deren Methode nach ihrem Tode stark
befolgt wurde.
3
Diese Rechtsschulen wurden jedoch nicht von diesen Imamen selbst bewusst
begründet. Im Nachhinein breitete sich ein stures Festhalten vieler Leute an diesen
Schulen aus, welches der Islam in keinster Weise so vorschreibt.
4
Unerlaubte Neueinbringung in den Islam und Irrgedanke.
5
Also der zuvor schon erwähnte Khabaru-l-Ahad
25
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Überlieferungen seien kein bindendes Argument in der cAqidah. Andere
meinten sogar, sie seien kein Argument in den Usulu-l-Fiqh1.
Es geht so weit, dass manche den angeblichen Ijmac2 der Gelehrten über diese
Bidcah überliefern, während sie doch in Wirklichkeit nur ein Werkzeug ist,
welches seinen Beitrag zur Schädigung des Islam leistet. Aber die Menschen
nehmen dies nicht wahr. Das Ziel ist also die Frage der
Akhbaru-l-Ahad und die Bidcah der Ablehnung gewisser richtiger
Überlieferungen im Überblick darzulegen.
----Die große Unwissenheit über diesen Din und seine Überlieferung erleichtert
den verschiedenen Gruppen mit ihren Scheinbeweisen die Menschen in die
Irre zu führen. Dies, weil die Überlieferung eine essentielle Grundlage dieses
Din darstellt. Wenn jemand also keine Ahnung hat wie Qur’an und Sunnah zu
ihm kamen, dann kann man ihm quasi alles einreden.
Aber hier soll gezeigt werden, dass es unmöglich ist, dass tausende Gelehrte
der Hadith-Wissenschaften sich über die Sicherheit und Stärke von
Überlieferungen einigten, wobei diese Überlieferungen erlogen waren.
Jemand der nur ein wenig Ahnung von der Sunnah hat, ist sich dessen völlig
sicher.
Es sei darauf hingewiesen, dass das Buch mit dem ersten Hadith der Ru’yah
eröffnet wird. Dies schien sinnvoll, da die meisten Menschen heute keine
Vorstellung von einer Überlieferungskette haben. Es ist also besser dies am
Anfang zu veranschaulichen, um sodann die Grundlagen der Überlieferung
besser verstehen zu können. Daraufhin folgt die Erklärung der wichtigen
Grundfragen der Überlieferung und anschließend wird die Untersuchung der
Ahadith über die Ru’yah abgeschlossen.
1
Wissenschaft über die Grundregeln des islamischen Rechts.
2
Konsens.
26
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Beispiel und erster Hadith: von Jariru-bnu Abdillah
Al-Bukhari überliefert folgenden Hadith1:
َِّ اعيل عن قَ يس عن ج ِري ِر ب ِن عب ِد
ِ
ال ُكنَّا
َ َاّلل ق
َ َال َحدَّثَنَا َم حرَوا ُن بح ُن ُم َعا ِويَةَ ق
َ ََحدَّثَنَا ا حْلُ َم حي ِدي ق
ال َحدَّثَنَا إِ حْسَ ُ َ ح ح َ ح َ ح َ ح
ِ
َّ صلَّى
ال إِنَّ ُك حم َستَ َرحو َن َربَّ ُك حم َك َما تَ َرحو َن َه َذا
َ اّللُ َعلَيح ِه َو َسلَّ َم فَ نَظََر إِ َل الح َق َم ِر لَيح لَة يَ حع ِن الحبَ حد َر فَ َق
َ َّب
ِِ ِعنح َد الن
ِ
ِ
ِ الش حم
َّ وع
حعلُوا
ِ ُص ََلة قَ حب َل طُل
َ ُالح َق َم َر َل ت
ضامو َن ِف ُرحؤيَتِه فَِإ حن ح
َ س َوقَ حب َل غُ ُروِبَا فَاف
َ استَطَ حعتُ حم أَ حن َل تُغحلَبُوا َعلَى
ِ ِ َ َوب ق
ِ س َوقَ حبل الحغُر
ِ الش حم
َّ وع
يل اف َحعلُوا َل تَ ُفوتَ نَّ ُك حم
ِ ُك قَ حب َل طُل
َ ُِِثَّ قَ َرأَ َو َسبِِ حح ِِبَ حم ِد َرب
ُ َ
ُ ال إ حْسَاع
„Es berichtete uns al-Humaidi: Es berichtete uns Marwanu-bnu Mucawiyah:
Es berichtete uns Ismail von Qais von Jariru-bnu Abdillah:
„Wir waren beim Propheten (sas). Da blickte er des Nachts zum (Voll)mond…
und sagte: Ihr werdet wahrlich euren Herrn sehen, genau wie ihr diesen
Mond seht2…“
GRAFISCHE DARSTELLUNG DIESES HADITH IM SAHIHU-L-BUKHARI
Es folgt eine grafische Darstellung3 der Ketten dieses Hadith. Diese grafische
Darstellung beschränkt sich auf die al-Kutubu-s-sittah4. Die Kette beginnt
oben beim Sahabi5. Sodann kann man, wie bei einem Baum, die Verzweigung
nach unten erkennen.
Sahihu-l-Bukhari, Nr. 554 (Nummerierungen nach Fathu-l-Bari).
Die Analogie bezieht sich hier nicht auf die Gestalt des Mondes sondern auf die
Deutlichkeit der Sicht.
1
2
Entnommen aus der digitalen Hadith Enzyklopädie über die neun Hadith-Bücher der
Firma Harf.
3
Die sechs bekannten Hadith-Werke, also: Die beiden Sahih-Werke von al-Bukhari und
Muslim, sowie die vier sogenannten Sunan von Abu Dawud, at-Tirmidhi, an-Nasa’i und
Ibnu Majah.
4
5
Prophetengefährte.
27
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Jariru-bnu Abdillah
Qaisu-bnu Abi
Hazim
Ismailu-bnu Abi
Khalid
Bayanu-bnu Bischr
…
…
28
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
ALLGEMEINE BETRACHTUNG DER KETTE
• Man sieht die Stärke der Asanid1 eines solchen Hadith alleine schon bei sehr
oberflächlicher Betrachtung:
• Die Überlieferer sind sehr stark, es sind im Allgemeinen die stärksten
Überlieferer der Sunnah. Dies kann man hier an den Farben2 erkennen, je
heller desto besser. Die Farben sind den Stufen der Einteilung von Ibnu Hajar
al-cAsqalani3 (ra) angeglichen. Der Anfang des Sanad ist stets mit weiß für den
Sahabi (ra) gekennzeichnet. Die blass gelbe Tönung bedeutet also faktisch die
stärkste Stufe die ein Überlieferer überhaupt erreichen kann.
FESTSTELLUNG DER EINZELNEN WEGE4 DIESES HADITH
DER WEG VON ISMAILU-BNU ABI KHALID ÜBER QAISU-BNU ABI HAZIM ÜBER
JARIRU-BNU ABDILLAH (RA)
Wie in der Grafik zu sehen ist wird der Hadith von diesem Weg 6 mal bei
Bukhari überliefert. Darüber hinaus 3 weitere Male bei Muslim. Was dies
genau bedeutet wird in Kürze bei der näheren Betrachtung dieses Hadith
deutlicher.
DER WEG VON BAYANU-BNU BISCHR ÜBER QAISU-BNU ABI HAZIM ÜBER
JARIRU-BNU ABDILLAH
Über diesen Weg überliefert den Hadith lediglich eine Person bei Bukhari.
Asanid bedeutet Überlieferungsketten. Der Singular ist Sanad oder Isnad. Diese
Begriffe werden im Folgenden häufig wiederkehren, deshalb sollte man sie sich an
dieser Stelle einprägen.
1
Anm.: In der schwarz/weiß-Ausgabe dieses Buches können hier optisch nur die
Helligkeitsgrade unterschieden werden.
2
(773-852 n.H.) Ein großer Gelehrter der islamischen Geschichte. Er war bekannt für
sein umfangreiches Wissen in den verschiedensten Wissenschaften des Islam. Dazu
zählt vor allem auch seine Befassung mit der Sunnah und ihren Wissenschaften. Er
verfasste zahlreiche Werke. Das bekannteste davon ist die ausführlichste Erklärung
des Sahihu-l-Bukhari mit dem Namen Fathu-l-Bari. Alleine dieses Werk umfasst in
gängiger gedruckter Ausgabe über zehn umfangreiche Bände.
3
4
Im Arabischen werden diese Wege Turuq, Pl. von Tariq.
29
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
NÄHERE BETRACHTUNG DES HADITH
• Den Hadith hat also eine Person vom Propheten (sas) überliefert, der Sahabi
Jarir (ra). Sodann hat ihn eine weitere Person, mit dem Namen Qais, von
diesem Sahabi überliefert. Von Qais haben ihn dann zwei Personen
überliefert, Ismail und Bayanu-bnu Bischr. Das sind die beiden oben
erwähnten Wege. Von diesen beiden überliefern ihn sodann etliche Leute.
Es sind also alleine bei Bukhari und Muslim 9 verschiedene Ruwat1 von Ismail
wie wir gesehen haben2. Bei dem anderen Weg überliefert ihn dann noch eine
Person von Bayan.
Es handelt sich also um eine einzelne durchgehende Kette im Hinblick auf die
ersten beiden Stufen (Jarir und Qais). Dann – in der dritten Stufe – teilt sich
der Sanad in zwei Wege auf (Ismail und Bayan), und danach teilt er sich in
etliche Wege auf.
HIER IST JEDOCH FOLGENDES ZU BEACHTEN:
• Die bloße Bezichtigung der Lüge dieser Überlieferer ist schon absurd für
jemanden der die Methoden der Hadith-Wissenschaftler kennt um einen
Lügner zu identifizieren. Darauf wird im Folgenden noch gesondert
eingegangen.
• Wenn jemand jedoch behauptet, der Hadith wäre erlogen, dann stellt sich
sodann die Frage wer der Lügner ist.
In den von uns betrachteten Riwayat3 haben diesen Hadith von Ismail mehr
als 9 Personen überliefert und von Bayan 1 Person, also von beiden
zusammen 10 Personen. Es muss also als unmöglich bewertet werden, dass
diese 10 Personen alle die gleiche Lüge ersonnen haben bzw. sich darauf
geeinigt haben. Dies muss als nicht möglich bewertet werden, weil sie sich zu
unterschiedlichen Zeitpunkten an verschiedenen Orten befanden.
Das arabische Wort für Überlieferer, Pl. von Rawi. Auch dieses Wort wird im
Folgenden häufig benutzt.
1
Dies bezieht sich wie gesagt nur auf die Überlieferungen von Bukhari, womit also
eventuelle weitere Überlieferungen in anderen Hadith-Werken nicht berücksichtigt
wurden.
2
3
Das arabische Wort für Überlieferungen, Pl. von Riwayah.
30
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Es bleibt also rein theoretisch die Möglichkeit, dass der Sahabi den Hadith
erlogen hat1 (1. Stufe), oder Qais (2. Stufe), oder Ismail und Bayan zusammen
(3. Stufe), was wieder weitaus unwahrscheinlicher wäre.
Wenn wir also bloß die eben erwähnten Tatsachen betrachten müssen wir
feststellen:
• Rein von der theoretischen Möglichkeit, ist ein Erlügen des Hadith nur in
den ersten drei Stufen denkbar. Alleine dies macht ihn schon zu einem sehr
starken Hadith, weil dieses Stück der Kette sehr kurz ist.
Weiter sind in der dritten Stufe 2 Leute. Die Annahme, dass sie sich beide auf
die Lüge geeinigt haben, ist rein theoretisch schon viel unwahrscheinlicher.
Die Ansicht, der Sahabi Jarir hätte ihn erlogen, ist aus islamischer Sicht noch
schlimmer in Anbetracht der Beweise aus den islamischen Quellen über die
Güte der Sahabah (ra). Aus dem Qur’an und der Sunnah geht deutlich hervor,
dass Allah mit den Sahabah (ra) zufrieden war und dies ist mit der Lüge über
den Propheten (sas) unvereinbar. Das bedeutet nicht, dass sie unfehlbar
waren, das waren sie nämlich sicherlich nicht.
Es ist also nicht auszuschließen, dass ein Sahabi Sünden begeht. Dass er aber
über den Din Allahs lügt ist auszuschließen und darum dreht sich die
Beurteilung der Sahabah (ra) mit der Rechtschaffenheit2. Diesen Punkt haben
einige Leute nicht verstanden, was sie schließlich zu etlichen Schubuhat über
die cAdalah der Sahabah führte. Diese Angelegenheit und die Widerlegung der
damit verbundenen Schubuhat ist jedoch nicht das Thema dieses Buches.
In jedem Fall wird in dieser Betrachtung hier die Lüge des Sahabi theoretisch
nicht ausgeschlossen, weil wir uns in die Lage des Gegenübers versetzen
müssen.
Möge Allah uns davor behüten diesen edlen Gefährten des Propheten (sas) der Lüge
zu bezichtigen. Es handelt sich hierbei und auch bei den folgenden Annahmen um
zweifellos unrechtmäßige Annahmen, aber wir müssen uns in die Sicht des Gegners
versetzen. So wird die Abwegigkeit dieser Ansichten klar und dies wird sich deutlich
nach vollständiger Betrachtung aller in diesem Buch angeführten Ketten zeigen.
1
Diese Annahmen sind rein theoretisch. Bei vollem Verständnis der im Folgenden
erklärten, äußerst genauen Methoden der Hadith-Gelehrten wird sich jedoch zeigen,
dass sie völlig unsinnig sind.
2
Im Arabischen: cAdalah.
31
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Alleine die bisherige Betrachtung zeigt, dass dieser Hadith als sehr stark
bewertet werden muss und dass die Möglichkeit des Erlügens äußerst
eingeschränkt ist1.
Nach den vorangegangenen Betrachtungen einer Überlieferungskette der Muslime
fragt man sich, wie Orientalisten und westliche Historiker überhaupt auf die Idee
kommen hier Kritik zu üben. Es erscheint absurd und zu tiefst lächerlich, wenn Leute,
die selbst keine einzige historische Begebenheit mit einer Überlieferungskette überliefern können, hier mit erhobenem Zeigefinger die Meister der wissenschaftlichen Kritik
mit dem prüfenden, kritischen Auge spielen.
1
Sogar die selbstkritischsten und - wenn man so sagen will - objektivsten Historiker
(wie der zuvor erwähnte Bart Ehrman) treffen aus Sicht der islamischen HadithWissenschaft zu tiefst absurde Aussagen. So findet man Sätze wie: „Was wir aber
wissen ist…“ und „Was wir aber mit Sicherheit sagen können ist…“!
Der Muslim fragt sich hierbei: „Wirklich?! Das wisst ihr mit solcher Sicherheit? Wie
kam dieses Wissen denn zustande?!“
Der westliche Historiker kann nur auf einen Papierfetzen zurückgreifen, der nach sehr
langem Verschollensein irgendwann gefunden wurde. Dann meint er die Schriftzeichen
soweit entschlüsseln zu können, um z.B. zu erkennen: „Ich Hr. sowieso machte dies und
jenes“. Selbst solchen Historikern bleibt nichts anderes als hier zu sagen „Was wir
sicher wissen…“, denn hierbei handelt es sich um das äußerste Maß an „Wissen“, das
bei westlicher Überlieferung zustande kommen kann.
Nach unseren Maßstäben weiß man dadurch rein gar nichts. Es gibt keinen einzigen
Beweis, dass diese Person wirklich der Urheber dieser Schrift war, vielleicht unterlief
ein Fehler, vielleicht ist es nur eine Kopie, oder die Kopie einer Kopie. Vielleicht
handelt es sich um eine glatte Lüge. Es ist gut möglich, dass die vermeintliche Person
niemals existierte. Ohne eine Überlieferungskette hat man im Allgemeinen also nicht
mehr als eine Hand voll Staub. In den Hadith-Wissenschaften kann so etwas im
Konsens der Gelehrten unmöglich als Überlieferung herangezogen werden. Es ist kurz
gesagt völlig nutzlos.
Das Äußerste, was jemand auf Grund eines solchen Schriftstückes aussagen könnte ist,
dass es ungefähr auf das so und sovielte Jahrhundert datiert werden kann. Dies jedoch
nur unter der Vorraussetzung, dass die physikalische Methode der Radiokarbonanalyse zumindest bis zu einem gewissen Grad zuverlässig ist und das sei
dahingestellt. Die Frage jedoch, ob es sich um ein Original handelt, oder um eine
fehlerhafte Kopie, oder ob es überhaupt von dieser Person stammt, oder diese jemals
existiert hat oder es sich um eine bewusste Fälschung handelt, ist in keinster Weise
belegbar.
Auf die Radiokarbonmethode kann hier nicht näher eingegangen werden. Jedoch
müsste eigentlich jedem Menschen mit etwas Einblick in physikalische Messmethoden
--…
32
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Darüber hinaus handelt es sich um eine rein isolierte Betrachtung des Hadith.
Bei der Betrachtung der anderen Ahadith wird klar, dass es völlig unmöglich
ist den Hadith als erlogen zu betrachten. Dadurch zeigt sich letztlich, dass wer
dies tut, einen festen Bestandteil dieses Din geleugnet hat.
Darüber hinaus ging es hier um eine bloße zahlenmäßige Veranschaulichung
der Daten über den Hadith. Bei der näheren Betrachtung der Überlieferer
wird die Stärke und Wertigkeit dieses Hadith erst klar werden.
ANMERKUNG: DIE BEZICHTIGUNG MIT DER LÜGE ÜBER DEN PROPHETEN (SAS)
BEDEUTET DIE BEZICHTIGUNG MIT DEM KUFR1
Es muss klar sein, dass die Behauptung, ein Rawi hätte über den Propheten
(sas) einen Hadith erlogen, bedeutet ihn aus dem Islam auszuschließen. Wer
also über einen Prophetengefährten sagt, er hätte einen Hadith erlogen, hat
ihn damit des Kufr bezichtigt, egal ob ihm dies auf Grund seiner eigenen
Unwissenheit nun klar ist oder nicht.
Der Prophet (sas) sagte:
ب َعلَ َّي ُمتَ َع ِِمدا فَلحيَ تَ بَ َّوأح َم حق َع َدهُ ِم حن النَّا ِر
َ َم حن َك َذ
klar sein, wie große die Fehleranfälligkeit hier sein muss. Die Bestimmung des Alters
mittels Gehalt und Halbwertszeit des radioaktiven Kohlenstoff-Isotops 14C muss
zwingendermaßen starken natürlichen Einflüssen unterworfen sein.
Starke Schwankungen sind also zu erwarten und überhaupt nicht ungewöhnlich,
weshalb diese Methode mehr und mehr kritisiert wurde. Dies zeigen auch
verschiedene wissenschaftliche Publikationen über Messungen, die völlig falsche
Messwerte ergaben. Hier sollte es sich nur um einen Hinweis handeln, dass die
Radiokarbonmethode zur Altersbestimmung also bei weitem nicht so zuverlässig und
unantastbar ist, wie es Historiker seit langem allgemein postulieren.
1 Der Kufr ist das Gegenstück zum Iman. Wie zuvor erwähnt wird das Wort Iman quasi
immer fälschlicherweise mit Glaube übersetzt. Derselbe Fehler unterläuft beim Wort
Kufr, das als Unglaube übersetzt wird, wobei es mehr als dies umfasst. Ein Mensch
kann also sehr wohl die Wahrheit kennen und auch von der Richtigkeit des Qur’an und
der Botschaft Muhammads (sas) überzeugt sein, während er aber wegen diverser
anderer Gründe bzw. Formen des Kufr trotzdem kein Muslim ist. Kurz gesagt: Der Kufr
kann nicht auf die Unwissenheit bzw. den Unglauben beschränkt werden.
Siehe dazu im Detail: „Der vergessen Monotheismus“.
33
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
"Wer über mich absichtlich lügt, der soll seinen Platz im Höllenfeuer einnehmen"1
Dieser Hadith zählt zu den stärksten Ahadith im ganzen Din überhaupt. Er
wurde mit dem at-Tawatur-ul-Lafdhi überliefert. D.h. eine sehr große Anzahl
an Überlieferern hat exakt diesen Wortlaut unabhängig voneinander vom
Propheten (sas) überliefert2. Es handelt sich also hierbei um etliche
unabhängige vollständige Ketten bis zum Propheten (sas).
Manche Gelehrte zählten die Überlieferer der ersten Stufe im Sanad, also die
Anzahl der Sahabah alleine, auf mehr als 70 Personen.
Wer z.B. nur diesen Hadith nach seiner Kenntnis ableugnet, ist mit sofortiger
Wirkung ein Nicht-Muslim, weil er einen sicheren Bestandteil des Islam
ablehnt.
Aber nun zur Klärung einiger Fehlverständnisse, welche entstehen können
wenn man wenig Wissen über die Art der Überlieferung dieses Din hat. Genau
dies ist es nämlich, was die Gegner der Sunnah ausnützen. Deshalb soll in
Kürze gezeigt werden, warum es nicht möglich ist, einen dieser Überlieferer
einfach der Lüge zu bezichtigen. Dies wird klar ersichtlich aus den sicheren
Methoden der Hadith-Gelehrten.
Bis jetzt haben wir also den Hadith isoliert betrachtet. Aber im Zusammenhang zeigt sich, dass er unmöglich erlogen sein kann.
Wir haben also auch die schiitische Sicht berücksichtigt und die theoretische
Möglichkeit des Erlügens des Hadith bei den erwähnten Personen nicht
ausgeschlossen. Aber in der folgenden Erklärung der Grundlagen der
Überlieferung soll gezeigt werden warum diese Möglichkeit ausgeschlossen
ist.
1
Muttafaqun calaihi, also sowohl bei Bukhari als auch bei Muslim.
2
Auf die Mutawatir-Überlieferung wird später noch gesondert eingegangen.
34
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Das Prinzip der Überlieferung der Sunnah
ES IST UNMÖGLICH, DASS EINER DIESER GELEHRTEN EINFACH
ZAHLREICHE KETTEN ERLÜGT UND NIEMAND MERKT, DASS ER EIN
LÜGNER IST
Die irregeleiteten Ablehner der Sunnah versuchen folgendes Bild zu vermitteln:
„Warum kann es nicht sein, dass einer der Überlieferer einfach eine Kette
erlogen hat und dann behauptet hat dieser Hadith sei vom Propheten (sas)?
Es könnte doch sogar sein, dass einfach al-Bukhari die ganzen Ketten
erlogen hat.“
Dies ist jedoch eine sehr banale Vorstellung. So etwas kann nur jemand
behaupten der selbst keine Ahnung von der Sunnah und von diesem Din im
Allgemeinen hat und infolge dessen den Islam auch nicht richtig kennt. Oder
er handelt sich um einen Menschen, der mutwillig versucht die Leute von der
Wahrheit abzubringen. Aus diesem Grund kann man eine derartige
Vorstellung auch nur einer völlig unwissenden Person über den Din des Islam
einreden.
In der Vorstellung vieler Leute scheint die Sunnah einem Salat zu gleichen,
und wenn jemand einen Isnad mehr dazu mischt „dann wird schon niemand
darauf kommen“. Hier und da ein Stück Tomate und Gurke mehr und es bleibt
ganz unbemerkt. In der Realität verhält es sich aber völlig anders:
DIE ÜBERLIEFERER UND IHRE ÜBERLIEFERUNGEN SIND WEITHIN
BEKANNT
Manche Menschen scheinen wirklich zu denken, wenn der Nachbar kommt
und meint: "Ich habe von meinem Vater gehört, dass mein Großvater sagte,
dass sein Urgroßvater sagte….., dass der Prophet sagte…", dass es sich
hierbei um eine akzeptable Überlieferung handelt. Merkwürdig, dass dies der
Vorstellung einiger Menschen über eine gültige Überlieferungskette und
authentische Überlieferung entspricht!
Diese Ruwat erfüllen natürlich in keinster Weise die Bedingungen dafür. Die
erste Frage ist nämlich: Wer sind diese Personen? Sie sind völlig unbekannt.
35
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Und alleine diese Tatsache macht sie in der Wissenschaft des Hadith schon
unbrauchbar.
Die bekannten Überlieferer waren selbst quasi immer Gelehrte. Sie waren
überall bekannt. Es konnte also niemals jemand kommen und behaupten er
hätte dies und jenes von irgend jemandem gehört. Diese Tatsache wird noch
von vielen Faktoren bekräftigt, wie folgt:
EIN ERLOGENER SANAD BLEIBT NICHT UNENTDECKT. DAS IST DER SINN
DIESER WISSENSCHAFT
Die Gelehrten des Hadith, welche die Ahadith überlieferten waren
weitreichend bekannt. Sie hatten selbst etliche Lehrer von denen sie
überlieferten und ebenso viele Schüler an die sie weitergaben.
Bei vielen der Gelehrten beliefen sich die Schuyukh1 von denen sie
überlieferten auf hunderte, bei manchen sogar auf tausende. Al-Bukhari z.B.
hatte in etwa 1500 Schuyukh. Ibnu Hibban al-Busti hatte mehr als 2000
Schuyukh von denen er Hadithe überlieferte.
Nur ein völlig unwissender Mensch kann sich einreden lassen, dass es sich bei
diesen Informationen um irgendwelche Geschichten handelt. Es sind nicht
irgendwelche Traumvorstellungen, die hier und da in einem Geschichtsbuch
erwähnt sind. Diese Dinge sind belegt durch die Bücher jener Gelehrten
selbst.
Denn diese Gelehrten haben ja nicht irgendwelche Hadithe von ihren
Schuyukh gehört um sie anschließend zu vergessen, nur damit man über sie
erzählen kann wie viel sie auswendig konnten. Im Gegenteil sie haben diese
Dinge auch in ihren Büchern die uns heute vorliegen niedergeschrieben und
sie an ihre zahlreichen Schüler weiter überliefert.
Es ist also eine Tatsache die nicht zu leugnen ist, dass diese Gelehrten derartig
viele Lehrer und Schüler hatten, von denen und an die sie Hadithe überliefer-
Pl. von Schaikh, Gelehrter bzw. Lehrer. Hier sind in erster Linie jene Gelehrten
gemeint, von denen der Hadith-Wissenschaftler überliefert. Diese Leute von denen ein
Gelehrter überlieferte wurden im Sprachgebrauch der Hadith-Überlieferer in der Regel
als seine Schuyukh bezeichnet.
1
36
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
ten. Nur ein Mensch ohne jeglichen Sinn für Realität könnte diese Tatsache
bestreiten.
Wenn nun also z.B. al-Bukhari einen Isnad erlogen hätte, wie sollte das jemals
unentdeckt bleiben?
Al-Bukhari (ra) erwähnt z.B. in der ersten Überlieferungskette in seinem
Sahih-Werk am Anfang des Sanad: "Es hat uns al-Humaidi Abdullahi-bnu-zZubair berichtet". Wie könnte er diesen Hadith z.B. erlügen und weder alHumaidi noch irgendeiner seiner Schüler erfährt davon und enthüllt diese
Lüge?
Al-Bukhari (ra) hat in dieser Aussage zusätzlich noch erwähnt, dass er nicht
alleine war als ihm Abu Bakr al-Humaidi diesen Hadith berichtete. Denn er
sagte "…hat uns … berichtet". Wenn die Hadith-Gelehrten dies sagten,
meinten sie, dass sie diese Sache als Gruppe von mindestens zwei Personen
überliefert bekamen. Hierbei handelt es sich nur um eine Feinheit, welche die
unbestreitbaren geschichtlichen Fakten bekräftigt.
Hieraus versteht man auch einen weiteren wichtigen Punkt, der historisch
unanfechtbar ist. Die Hadith-Gelehrten hatten nicht nur insgesamt betrachtet
sehr viele Schüler und Lehrer, sondern sie überlieferten Ahadith auch in der
Regel in Sitzungen bei denen mehrere andere Überlieferer anwesend waren.
All diese Überlieferer waren bekannte Studenten und Gelehrte des Hadith. Sie
alle hatten in der Regel, nach der üblichen Methode der Muhaddithin1, die
Hadithe aufgeschrieben und ebenso auswendig gelernt.
Einige dieser Sitzungen waren sehr stark besucht. Es steht fest, dass al-Bukhari
und andere Gelehrte Sitzungen hatten, zu denen hunderte bis tausende Leute
kamen. So wurde über die Sitzungen von al-Bukhari berichtet, dass quasi alle
Männer und Frauen der gesamten Stadt, welche nicht irgendwie abgelenkt
waren, alles andere ließen um den Unterricht von ihm zu hören. Es wurde mit
Überlieferungsketten überliefert, dass sich bei vielen Anlässen in
verschiedenen Städten die Anzahl der Zuhörer bei ihm oft auf tausende belief.
Davon wird auch im Folgenden einiges erwähnt.
Muhaddith ist das arabische Wort für einen Hadith-Gelehrten. Muhaddithun ist der
Plural.
1
37
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Bei solchen Sitzungen waren etliche andere Gelehrte und Studenten des
Hadith anwesend und haben jeden Hadith mit verfolgt.
Unter all diesen Umständen ist es nicht möglich, dass jemand einen Hadith
inklusive Überlieferungskette erlügt, dies aber niemandem auffällt. Weder
den Lehrern und Schülern welche dieselben Ahadith von denselben Lehrern
überlieferten. Noch den Gelehrten, welche diese Ahadith mit ihren Ketten von
anderen Personen kannten und überlieferten.
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass ein Isnad nicht eine unter den
Menschen unbekannte Sache sein konnte, vom Propheten (sas) bis zum
Zeitpunkt dieser Überlieferung. Es ist nicht möglich, dass plötzlich ein Isnad
auftauchte, der von niemandem gekannt wurde. Wie soll er dann jemals
überliefert worden sein wenn ihn niemand kennt?
Alleine die Tatsache, dass ein Hadith nur von einer Kette überliefert wird, war
bei den alten Gelehrten des Hadith schon ein Grund für Zweifel. Was nicht
heißt, dass niemand anderer unter den Gelehrten diese spezielle Kette
kannte. Sie konnte wohl bekannt sein, jedoch gab es keine weiteren
durchgehenden Ketten dafür.
Ein solcher Hadith, welchen die Gelehrten Gharib nannten, barg schon einen
gewissen Zweifel in sich. Die Gelehrten fanden auch durch tausendfache
Analyse heraus, dass solche Hadithe oft Schwächen in sich trugen. Deshalb
waren sie diesen Überlieferungen gegenüber sehr skeptisch.
Das bedeutet nicht, dass ein solcher Hadith immer abzulehnen bzw.
zweifelhaft ist. Unter gewissen Umständen konnte er durchaus zweifelsfrei
sein. Nämlich dann, wenn alle diese Überlieferer über jeden Zweifel erhaben
waren. Diese Glaubwürdigkeit, Aufrichtigkeit und Freiheit von Zweifel, stand
eben durch die bereits erwähnten und noch folgenden Methoden fest. Die
Haltung der Gelehrten im Bezug auf solche Überlieferungen ist nicht das
Hauptthema dieser Schrift. Jedoch wird noch im Folgenden erklärt, dass die
Überlieferung eines Einzelnen im Islam bindend ist, sofern es keinen Grund
zum Zweifel gibt. Im Kapitel über den Khabaru-l-Wahid wird anhand von
unzähligen Beweisen gezeigt, dass Allah uns Muslimen auferlegt hat diese
Überlieferung anzunehmen.
Man muss sich aber im Klaren sein, dass wir hier, bei den Ahadith der Ru’yah
und den Ahadith von al-Bukhari und Muslim, von einer völlig anderen Qualität
38
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
reden. Ebenso verhält es sich mit tausenden Ahadith, welche von Gruppen
wie den Schiiten und Qur'aniyyin abgelehnt werden.
DIE BEWIESENE GLAUBWÜRDIGKEIT DER HADITH-ÜBERLIEFERER
Wir sehen also:
• Die Hadith Gelehrten waren, wie bereits erwähnt, bei ihren Sitzungen nicht
alleine, sondern es haben diese Sitzungen in der Regel viele Personen mit
verfolgt.
• Sie hatten sehr viele Lehrer. Viele davon waren noch am Leben, als jene
Schüler von ihnen ihre Bücher veröffentlichten. Es ist nicht möglich, dass all
diese Lehrer schwiegen, wenn über den Din und über sie selbst Lügen
verbreitet wurden.
• Sie hatten zahlreiche Schüler welche diese Hadithe von ihnen überlieferten.
Diese Schüler waren ihrerseits wiederum bekannte Gelehrte, welche die
Asanid kannten und wussten welcher Rawi von welchem Rawi überliefert hat.
Sie wussten, wer wen getroffen hat und ob es überhaupt möglich war, dass
der eine vom anderen überliefert. Mit diesem Wissen war es nicht möglich
ihnen einfach einen Isnad nach dem anderen vorzulügen, ohne dass sie dies
merken. Noch dazu hörten sie etliche Ahadith von derselben Person und
wussten durch diese vielfachen Überlieferungen sicher, dass der Mann nicht
lügt.
Man muss sich bewusst sein, dass all diese Schüler den Lehrer nicht einmal
des Erlügens eines einzigen Hadith bezichtigten, wobei viele verschiedene
Menschen abertausende Ahadith von ihm hörten.
• Die zahlreichen Schüler, welche von einem Gelehrten überlieferten, nahmen
nicht nur von ihm sondern ebenso von etlichen anderen Gelehrten. Sie selbst
hatten also wiederum zahlreiche, vielleicht hunderte oder tausende Schuyukh
von denen sie überlieferten. Dort fanden sie die meisten Asanid, speziell jene
der starken Überlieferungen, immer wieder. So konnten sie eindeutig sehen
ob dieser eine Schaikh von ihnen vertrauenswürdig war oder nicht, da sie bei
diesem Überblick den optimalen Vergleich hatten.
Es ist nicht möglich, dass ihnen entgangen wäre, dass ihr Schaikh ein Mensch
ist, der unzählige Ahadith erlügt. Aber dies alles ist eine zwingende Folge und
auch die klare Behauptung der Schiiten. Möge Allah sie rechtleiten aus ihrem
eindeutigen Irrweg.
39
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
• Ebenso ist das Wissen und das Auswendiglernvermögen wie auch die
Genauigkeit bei der Überlieferung der großen Hadith-Gelehrten eine
unbestreitbare Tatsache. Dies, weil es gemäß der vorher beschriebenen
Realität der Überlieferung der Sunnah, unmöglich war, eine solche Fähigkeit
tausenden Leuten vorzutäuschen, ohne sie zu haben.
Die Schüler haben diese Fähigkeit von ihren Lehrern also quasi Tag für Tag
miterlebt. Es ist auszuschließen, dass es ihnen entging, wenn ein Gelehrter
diese Fähigkeit gar nicht hatte. Noch weniger wäre es möglich, dass so
jemand bei tausenden Personen für sein gutes Auswendiglernvermögen und
sein großes Wissen bekannt ist.
Die zahlreichen Schüler und Lehrer der Überlieferer stellen also eine
eindeutige Prüfung ihrer Fähigkeit und ihres Wissens dar. Sie sind ein klarer
Beweis für die Auswendiglernfähigkeit dieser Überlieferer, sowie für ihre
Genauigkeit bei der Überlieferung.
Darüber hinaus ging es sogar so weit, dass es immer wieder zu öffentlichen
Prüfungen von Gelehrten kam. Diese Prüfungen verfolgten viele große
Gelehrte jener Zeit mit, wie auch Leute der politischen Führung des Staates1
und viele Angehörige des Volkes. Eine solche Prüfung zielte nur darauf ab
etwaige Schwächen herauszufinden. Wenn man diese Ereignisse nachliest,
stößt man auf unfassbare Begebenheiten.
So sehr sich die Gegner dieser Überlieferer es auch wünschen würden, aber
diese Tatsachen haben sich zu häufig ereignet, wurden von zu vielen Leuten
miterlebt und überliefert, als dass man sie abstreiten könnte. Zu viele
Studenten, Gelehrte, Prüfer, Amire und Geschichtsschreiber haben diese
Dinge miterlebt.
• Es gab sehr viele bekannte Studenten und Gelehrte des Hadith. Diese und
auch sehr viele Leute des Volkes verfolgten die Hadith-Überlieferung und
Niederschreibung aufmerksam mit. Hierbei ist auch erwähnenswert, dass
viele Leute die damals als Normalbürger und nicht als Studenten galten, in
unserer Zeit sicher als Gelehrte gelten würden. Auch dies geht aus zahlreichen
Überlieferungen der Geschichte hervor, und jeder der die Bücherwelt kennt
weiß dies.
1
unter denen es auch immer wieder Gelehrte gab…
40
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
• Das Erscheinen von Hadith-Büchern wurde mit sehr viel Aufmerksamkeit in
der gesamten islamischen Welt verfolgt. Wenn ein Gelehrter für sein gutes
Auswendiglernvermögen, sein Wissen, seine Anstrengungen und seine
Rechtschaffenheit bekannt wurde, so wurde er dadurch unter allen Muslimen
bekannt.
Wenn er an einem Werk der Hadith-Sammlung arbeitete, so wusste man
überall davon und die Leute verfolgten seine Arbeit mit sehr viel Interesse und
erwarteten das Erscheinen des Buches.
ZUSAMMENFASSEND IST ALSO ZU SAGEN
Es ist unmöglich, dass ein Mensch ein großer Gelehrter der Überlieferung
wurde, der für Aufrichtigkeit und Genauigkeit in der Überlieferung bekannt
war, wobei er in Wirklichkeit diese Fähigkeiten nicht hatte. Noch unsinniger
wäre es zu behaupten, dass so jemand am laufenden Band Hadithe erlog und
trotzdem niemandem etwas auffiel. Wiederum abwegiger wäre die
Vorstellung, dass ein solcher Lügner ein Imam seiner Zeit wurde, dessen
Führung in der Hadith-Wissenschaft alle anderen Gelehrten bezeugten.
Hiermit wird die Irre der Sunnah-Ablehner klar ersichtlich. Wenn jemand in
einem Fall behaupten würde, dass ein erlogener Hadith irgendwie durch diese
extrem sicheren Verfahren hindurch gegangen ist, ohne entdeckt zu werden,
ist das eine diskutable Sache. In diesem Falle müssen aber die Gründe für so
eine Behauptung deutlich aufgezeigt werden. Sodann könnte man den Weg
dieses Hadith auch klar nachverfolgen und so herausfinden, wo das Problem
liegt. D.h. selbst in so einem Fall wäre es diese Methode der Überlieferung,
welche die Schwäche entlarvt. Wenn jemand einen solchen Hadith also für
richtig befunden hätte, war dies aufgrund seiner fehlerhaften Anwendung
dieser Regeln.
Aber wie gesagt, dass jemand behauptet, der eine oder andere Hadith wurde
von diesem oder jenem Gelehrten falsch beurteilt, ist eine diskutable und
realistische Sache. Aber zu behaupten, es gäbe etliche Fälle in denen die
großen Gelehrten der Überlieferung einen sicher erlogenen Hadith als richtig
befunden haben, ist völlig irrsinnig.
Wie steht es dann erst mit den Schiiten und Qur'aniyyin? Sie lehnen nicht nur
viele, sondern tausende Ahadith ab. Sie verwerfen die Bücher vollständig und
bezichtigen die Gelehrten allesamt der Unfähigkeit und der Lüge.
41
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Es ist wirklich eine Katastrophe wenn jemand diese tausenden Leute allesamt
als die übelsten Lügner darstellt. Aber selbst wenn diese vielen Gelehrten
solche Dinge erlügen wollten, wäre es ihnen unmöglich gewesen. Also selbst
wenn wir annehmen würden, dass all diese Leute wirklich solche Feinde des
Islam waren und permanent Ahadith erlogen oder erlogene Ahadith für richtig
befanden, um an der gewaltigsten Verschwörung der Geschichte
teilzunehmen. Selbst dann wäre es unmöglich, dass sie sich auch nur auf
einen minimalen Bruchteil all dieser Lügen einigen könnten. Genau hierin liegt
der Punkt, der in diesem Kapitel herausgearbeitet werden sollte. Durch die
angeführten Tatsachen handelt es sich hierbei um unbestreitbare historische
Fakten für jeden Menschen mit Verstand.
Und wie ist es erst, wenn es dabei nicht um irgendwelche Hadithe geht, die
nicht so bekannt sind, sondern um die stärksten Ahadith, welche von etlichen
Personen überliefert wurden? Ahadith die alleine bei Bukhari und Muslim den
strengsten Kriterien unterzogen, und von etlichen Ketten überliefert wurden?
Wie kann jemand mit Verstand nun behaupten, dass bei einer solchen Realität
und solchen Methoden die gesamte überlieferte Sunnah erlogen ist? Diese
Behauptung widerspricht den essentiellen Grundlagen der Überlieferung.
Dies, wobei im nächsten Kapitel noch erwähnt wird, dass die Gelehrten es bei
dem Gesagten nicht beließen. Nein. Sie gingen darüber noch hinaus, und
unterzogen die Überlieferungen noch weiteren Prüfungen. Prüfungen welche
von tausenden Gelehrten durchgeführt wurden, und die Sicherheit der
Überlieferungen in ein noch höheres, extrem sicheres Niveau brachten.
NIEMAND HAT DER ÜBERLIEFERUNG DER MUSLIME AUCH NUR IRGEND
ETWAS ENTGEGENZUSETZEN. EIN WORT AN DIE GEGNER DES ISLAM
Tatsache ist, dass alleine das bis jetzt Gesagte bezeugt, dass Allahu tacala1
diese Ummah2 mit dieser Form der Überlieferung ausgezeichnet hat. Auch
wenn die Gegner des Islam, wie die Orientalisten von den Juden und Christen
und die Schiiten und Qur'aniyyun, sowie andere Nicht-Muslime es gerne
anders hätten.
1
Erhaben ist Er…
2
wörtl. Gemeinschaft, womit hier die Gemeinschaft der Muslime gemeint ist.
42
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Es ist ein Faktum, dass die Sunnah des Propheten (sas), eine historische
Überlieferung mit noch nie da gewesener Genauigkeit ist. In Anbetracht
dieser Tatsache machen sich die Orientalisten – wie zuvor gesagt wurde –mit
ihrer "historisch kritischen Methode" ziemlich lächerlich. Leider gibt es aber
heute nicht mehr viele muslimische Gelehrte, die dies aufzeigen. Deshalb
konnten die Orientalisten seit Jahrzehnten, vielleicht sogar Jahrhunderten, die
Muslime1 für dumm verkaufen und ihnen Minderwertigkeitskomplexe
einreden.
Es bleibt auf eine Zeit zu hoffen, in der die Unwahrheiten und Behauptungen
eines Ignaz Goldziher und Seinesgleichen auch in der deutschen Sprache
aufgearbeitet und widerlegt werden.
Was in diesem Kapitel über die Methode der Überlieferung im Islam im
Vergleich mit anderen Methoden gesagte wurde, stütze sich nur auf bis jetzt
erwähnte Aspekte. Aber von der übermäßigen Prüfung dieser islamischen
Überlieferungen – wie sie im Folgenden erklärt wird – können die
Orientalisten mit ihrer "historisch kritischen Methode" nur träumen. Wie
können diese Leute jene gewaltige Methode der Überlieferung kritisieren und
dann noch einen einzigen Buchstaben ihrer eigenen Geschichtsschreibung für
wahr befinden?
… und oft auch sogenannten Muslime… womit gesagt sein soll, dass dies überhaupt
nur möglich war wegen des Desinteresses jener Leute, die sich zum Islam zählen aber
auf Grund ihrer Abwendung kaum Wissen und Verständnis über ihren eigenen Din
haben.
1
43
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Die zusätzliche Sicherheit durch die Prüfmethode
der Gelehrten
Durch die erwähnten Methoden der Gelehrten bei der Überlieferung der
Sunnah konnten sie also mit äußerster Genauigkeit feststellen ob jemand ein
Lügner ist oder nicht. Genau dies war der Sinn dieser Wissenschaften, nämlich
die Lügner herauszufinden und so das Richtige vom Falschen zu reinigen.
Keinesfalls war es so wie es die verschiedenen Gegner der Sunnah darstellen.
Die beschriebenen Umstände erlaubten es nicht, dass jemand kommt und
einfach so Hadithe erlügt ohne entlarvt zu werden. Insbesondere wenn es sich
um die großen Überlieferer handelt und erst recht, wenn dann noch
behauptet wird sie hätten nicht nur einen Hadith erlogen, sondern etliche
hunderte oder gar tausende, also quasi die gesamte Sunnah!
Aber die Gelehrten begnügten sich hiermit nicht. Sie trieben die Prüfung der
Überlieferungen weiter ins Detail und zwar durch die Analyse der
Überlieferungen der einzelnen Überlieferer. Sie verglichen die
Überlieferungen eines Rawi mit denen der anderen Ruwat.
Durch diese Vorgehensweise bekamen sie weitere Sicherheit über diese
Überieferungen und die Vertrauenswürdigkeit ihrer Ruwat. Wenn ein Rawi
z.B. eine große Anzahl von Ahadith überlieferte, betrachteten sie all seine
Riwayat von jedem Hadith. Sie verglichen seine Riwayah jedes einzelnen
Hadith mit allen anderen Riwayat zum jeweiligen Hadith von anderen
Überlieferern.
Damit wurde die Überlieferung der Sunnah noch zusätzlich gesichert. Wenn
die Riwayat eines Rawi sich so gut wie immer mit denen anderer deckten,
wusste man sicher, dass er keine Ahadith erlügt.
Tausende Gelehrte des Hadith haben auf diese Art seit mehr als einem
Jahrtausend die Überlieferungen geprüft. Genau dies ist die Arbeit eines
Muhaddith.
DIE MENSCHLICHE FEHLBARKEIT ÄNDERT NICHTS AN DER
AUTHENTIZITÄT DER SUNNAH
Die Überlieferer und die Gelehrten sind Menschen. Sie machen Fehler. Egal ob
es sich dabei um Vergessen, Verwechseln oder um Sünden handelt. Wir
44
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
bezeichnen sie nicht als fehlerfrei und stellen sie auch nicht wie Engel dar, so
wie das einige Gegner der Sunnah mit ihren Kult-Figuren machen, welche in
dieser Form nie existiert haben.
Aber wie töricht muss jemand sein, um zu behaupten, dass es deshalb niemals
eine verlässliche Überlieferung geben könnte? Alleine diese Aussage ist aus
islamischer Sicht zweifelsohne gewaltiger Kufr. Wie wäre es dann möglich,
dass dieser Din zu all den nachfolgenden Generationen gelangt, wenn er nicht
überliefert werden kann?
Wie kann ein Mensch mit ein bisschen Verstand behaupten, dass es
unmöglich ist irgendeine Tatsache authentisch zu überliefern? Wie kann dies
erst ein Mensch behaupten, der sich Muslim nennt oder sich überhaupt zu
irgend einer Religion zählt? Denn wie in diesem Buch eingangs erwähnt
wurde, stützt sich ja jede Religion auf das Prinzip der Überlieferung.
Im gesamten Din gibt es doch immer wieder die Anweisung, dass man diese
Religion und ihre Inhalte und Texte weiterüberliefern soll. Dies muss jedem
Muslim völlig klar sein. Wenn jemand auch nur irgend etwas über diesen Din
weiß, kann er dies niemals anzweifeln. Wäre es ohnehin nicht möglich den Din
weiterzuüberliefern, aufgrund der Fehlbarkeit der Menschen, dann wären all
diese Anweisungen völlig sinnlos. Es würde bedeuten, dass Allah und sein
Gesandter (sas) uns immer wieder etwas anordnen, das ohnehin unmöglich zu
erfüllen ist. Kann jemand der Verstand hat also so etwas behaupten?
Der eine Gelehrte kann also sicher hier und da Fehler machen, egal wie fähig
er ist und egal wie genau er arbeitet. Ebenso kann es sein, dass er in einer
Sache seinen Neigungen folgt und einen Überlieferer unwissenschaftlicher
Weise falsch bewertet, ohne sich der Sache richtig bewusst zu sein. Kein
Mensch entgeht solchen Einflüssen und wer meint darüber erhaben zu sein,
ist der erste den man Lügen strafen muss.
Wir alle sind Menschen und teilen die gleiche Unzulänglichkeit. Dies heißt
aber noch lange nicht, dass es deshalb unmöglich ist etwas zu überliefern.
45
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
DIESE TATSACHE KANN MAN AM FOLGENDEN BEISPIEL IN UNSERER
GEGENWART VERDEUTLICHEN
Wir alle wissen von uns selbst wie fehlerhaft wir sind. Wir vergessen,
verwechseln und machen Sünden und wir bitten unseren Herrn um
Vergebung dieser Sünden und versuchen uns in-sha‘a-llah1 stets zu
verbessern. Auch wenn wir die Unfehlbarkeit niemals erreichen werden. Dies
liegt in unserer Natur.
Trotzdem sehen wir, dass der Qur’an, wie wir ihn heute in der Hand halten,
überall ein und derselbe ist. Es gibt sicherlich Milliarden Exemplare weltweit.
Dies alleine beweist, dass Allah, auch heutzutage, diesen Qur'an genau so
erhält. So soll uns doch jemand zeigen wie es möglich wäre diesen Qur'an
heute zu fälschen, wenn er es vermag und er wird es niemals können.
Jeder der die Realität und die Muslime kennt weiß dies mit Sicherheit und
jeder, der den Qur'an auswendig gelernt hat, weiß es noch besser.
Hier sei angemerkt, dass mehrmals fehlerhafte Ausgaben des Qur'an unter die
Menschen gebracht wurden. Diese sind einige Male in verschiedenen
sogenannten islamischen Ländern und sicherlich auch teilweise absichtlich auf
den Büchermarkt gekommen. Viele Feinde des Islam versuchten bereits ganz
offensichtlich ausgewählte Stellen des Qur’an zu ihren Gunsten zu fälschen.
Aber es ist ein völlig sinnloses Unterfangen.
Wenn also jemand kommt und versucht die Sicherheit der HadithÜberlieferung mit einzelnen Beispielen zu entkräften, so hat er darin keinerlei
Halt. Dies ganz abgesehen davon, dass er in der überwiegenden Mehrheit der
Fälle nur vage Geschichten über irgendwelche Überlieferer bringen kann.
Einen eindeutigen, historisch fest gegründeten Beweis für die zahlreichen
falsche Behauptungen werden die Gegner der Sunnah in den meisten Fällen
unmöglich erbringen können.
Selbst wenn, so wird es in den meisten Fällen eine Frage der Auslegung sein.
Leute wie die Schiiten suchen sich solche Dinge in ihrem Wahn, um ihre große
Verschwörungstheorie zu untermauern. Aber es ist bei ihnen quasi immer so,
dass sie Vorfälle im falschen Licht darstellen. Sie könnten sie auch anders
1
so Allah will
46
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
auslegen, so dass sie mit hunderten und manchmal auch tausenden
Überlieferungen übereinstimmen, aber sie ziehen es vor dabei jeder Form von
Vernunft zu widersprechen.
Wenn sie dies schon mit den unzähligen und unzweifelhaften Überlieferungen
vom Propheten (sas) machen, wie müssten sie dann erst ihre GeschichtsVersionen über irgendwelche Überlieferer beurteilen?! Genau diese
Vorgehensweise ist die Grundlage ihres falschen Din.
All dies ändert also überhaupt nichts an der Sicherheit dieser Methode. Selbst
wenn jemand Fälle aufzeigen kann, von verschiedenen Fehlern, so ist das
überhaupt kein Argument zur Entkräftung der Sunnah. Im Gegenteil. Wenn
wirklich ein solch schwerer Fehler vorfällt, wird man sicher nicht finden, dass
alle Gelehrten sich darauf einigten. Damit wird dies also nichts anderes, als
ein klarer Beweis für die Authentizität der Sunnah. Aber die Schiiten
behaupten dies nicht nur über die besten und sichersten Überlieferer der
Geschichte, sondern über die nächsten Leute zu unserem Propheten (sas).
Mit der Tatsache, dass die Menschen Fehler machen, erzählen sie uns also
nichts Neues. Das ist unsere Grundüberzeugung. Diese mussten wir nicht erst
von den Schiiten erlernen. Ganz im Gegenzug sind sie doch diejenigen, die
etliche Leute als unfehlbar deklarieren ohne einen einzigen eindeutigen
Beweis.
Tatsächlich ist es jedoch so, dass tausende andere Überlieferungen als Beweis
gegen ihre Verschwörungstheorie unanfechtbar sind. Aber in ihrer absurden
Welt, lehnen sie tausende Beweise einfach ab und leugnen sie, aufgrund von
einigen wenigen Überlieferungen welche sie auch mit dem gesamten Din in
Übereinstimmung bringen könnten.
47
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Die Überlieferung von Mubtadicah und was die
Gelehrten damit überhaupt meinten.
Unter den Gelehrten der Überlieferungswissenschaften wurde die Frage
diskutiert ob man von einem Mubtadic1 Hadithe überliefern darf.
Es ist klar, dass Leute, welche krampfhaft nach jedem Angriffspunkt suchen,
diese Sache aufgreifen. So z.B. einige Schiiten. Es sind jedoch wieder nur die
Unwissendsten unter ihnen, denn ein Schiite, der seine eigenen Bücher kennt
muss wissen, dass eine solche Kritik sich viel eher gegen ihn selbst richten
würde. Dies wurde auch zuvor bei anderen Dingen erwähnt. Die Schiiten sind
bei ihren Überlieferungen sehr weit davon entfernt solche Dinge kritisieren zu
können. Jedoch soll durch die folgenden Punkte etwas Licht auf diese
Angelegenheit geworfen werden.
• Zuerst muss auf folgende wichtige Tatsache hingewiesen werden. Wenn die
Gelehrten von einem Mubtadic sprachen, meinten sie keinesfalls die
Extremisten unter ihnen.
So passiert es leicht, dass ein Mensch ohne Erfahrung in dieser Wissenschaft
hierin Fehler begeht. Sagte ein Gelehrter z.B. über einen Überlieferer, dass er
"schiitisch war"2, meinte er damit keinesfalls jene extremen Rafidah3, von
denen wir heute sprechen.
Bei ihnen ging es dabei darum, dass jemand Aly (ra) Uthman (ra) vorzieht.
Oder im schwerwiegenderen Falle, dass er ihn Abu Bakr (ra) und Umar (ra) in
der Güte und der Führung vorzieht. Es ging aber keineswegs um Leute die
diese Sahabah als vom Islam Abtrünnige bezeichneten. Auch war damit nicht
Ein Mubtadic ist ein Mensch der eine Bidcah, also eine unerlaubte Neueinbringung in
den Islam, vertritt. Dabei handelt es sich im Speziellen um Glaubensinhalte, die
offensichtlichen Aussagen des Qur’an und der Sunnah widersprechen.
1
Der Pl. ist Mubtadicah.
2
wie z.B.: يتشيع
كان
Die Extremisten der schiitischen Strömungen wurden von den Gelehrten häufig als
Rafidah bezeichnet. Die heutigen Schiiten teilen im Grunde alle Überzeugungen die bei
den damaligen Gelehrten als Gedankengut der Rafidah galten.
3
48
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
die Ansicht gemeint, dass Aly (ra) und seine Familie fehlerfrei seien oder es
mit ihnen insgesamt zwölf unfehlbare, heilige Imame gibt.
Ebenso verstanden sie darunter nicht die Idee, dass diese Imame 70 Millionen
Sprachen kennen und das Wissen über alle Dinge, also das Wissen Allahs
besitzen. Genauso wenig ging es bei diesen Aussagen der Gelehrten um jene
Schiiten, die heute die diversesten Arten des Schirk1 in sich vereinen. So wie
die überwiegende Mehrheit der Schiiten heute, die Imame anrufen und
anbeten und ihren Taghut2-Regenten den Schirk-Gehorsam entgegenbringen.
• Ein Mubtadic ist nicht in jeder Hinsicht gleichzusetzen mit einem Fasiq3, was
seine Überlieferung betrifft. Denn der Mubtadic folgt zwar einer falschen
Ansicht, und ist sich nicht bewusst, dass sein Verhalten grundsätzlich nicht
vom Din ist. Abgesehen von diesem Fehler sieht man aber bei vielen von
ihnen, dass sie sich sehr strikt an die Gebote im Din halten. Wobei sie sich
dann natürlich bei entsprechenden Angelegenheiten auch gemäß ihrer
Irrmeinung verhalten.
Dies ist besonders auch deshalb nicht verwunderlich, da ein Mensch eine
solche Bidcah-Überzeugung haben kann, weil er es auf Grund seiner
Umstände gar nicht oder kaum besser wissen konnte. Es kann sein, dass er
völlig entschuldigt ist, weil er in diesem Punkt unwissend war und andere
Beweise missverstand, wobei er sich anstrengte die Wahrheit zu finden. Oder
aber, dass er mehr oder weniger seinen Neigungen folgte, als es darum ging
sich anzustrengen die Wahrheit in dieser Frage herauszufinden. Aber selbst
wenn er es gar nicht besser wissen konnte ändert das nichts daran, dass er ein
Mubtadic in dieser Angelegenheit ist.
Polytheismus, wobei das Wort mehr umfasst, als dies im Deutschen verstanden wird.
Mit Taghut wird alles bezeichnet was neben Allah angebetet wird. Eine Form der
Anbetung ist der unbedingte Gehorsam bzw. der Gehorsam in Dingen die Kufr und
Schirk sind.
1
2
Siehe dazu im Detail: „Die Religion aller Propheten - Die Lossagung vom Taghut“
und „Der vergessene Monotheismus“, vom Verfasser dieses Buches.
Ein Frevler. Diese Bezeichnung wird verwendet bei Leuten, die durch schwere
Sünden ihre Rechtschaffenheit eingebüßt haben. Wie im Folgenden noch gezeigt wird
erfüllen solche Leute nicht die Voraussetzungen eines akzeptablen Überlieferers.
3
49
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Dies, weil die Bezeichnung Mubtadic von den Begriffen ist, welche die
Schlechtigkeit einer Tat bzw. Aussage oder Überzeugung1 beschreiben.
Ebenso wie auch der Begriff Muschrik. Wer also den Schirk tatsächlich macht,
ist per Definition sicher ein Muschrik und wer eine Bidca in seinen
Glaubensgrundsätzen vertritt, ist damit sicher ein Mubtadic. Ob er jedoch
dafür von Allah bestraft wird oder entschuldigt ist, ist eine andere Frage.
Es wurde schon zuvor erwähnt, was der Grund für die Ablehnung de Riwayah
des Fasiq ist. Wenn er Fisq begeht, also große Sünden, dann ist es nicht
unwahrscheinlich, dass er auch bei der Riwayah unzuverlässig ist.
Jedoch kann die Riwayah des Fasiq theoretisch akzeptiert werden, nachdem
man sich davon versichert hat. Geht man auf Grund der Prüfung seiner
Überlieferungen sicher davon aus, dass er nicht lügt, dann wäre seine
Riwayah vertrauenswürdig.
Es ist zu bedenken, dass ein Mubtadic ein Muslim ist. Man kann ihm nicht
automatisch unterstellen, dass er über den Propheten (sas) lügt. Dies würde
einer Bezichtigung mit dem Kufr gleichkommen. Tatsächlich kann es aber ganz
anders sein. Nämlich, dass ein Mubtadic sehr weit davon entfernt ist über den
Propheten (sas) zu lügen.
Dies alles unter Berücksichtigung dessen, was vorher erwähnt wurde.
Nämlich, dass die Bidac2 über welche jene Gelehrte sprachen, sehr abgeschwächte Formen von den Ausprägungen waren, die wir heute weit verbreitet sehen.
Aus diesem Grunde überlieferten die Gelehrten von diesen Leuten, wenn die
Richtigkeit ihrer Überlieferungen durch die Vergleiche und Prüfungen fest
stand. Besonders bei den frühen Gelehrten war dies der allgemeine Standpunkt. Erst später begannen einige Leute vermehrt über diese Sache zu
diskutieren.
Die früheren Gelehrten waren überhaupt der Ansicht, dass die Überlieferung
eines Mubtadic abgelehnt wird, um ihn dadurch zu rügen bzw. abzuschrecken.
1
Im Arabischen: Asma’u Dhammi-l-Afcal.
2
Pl. von Bidcah
50
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Durch diese Art des Boykotts1 sollte der Mubtadic verstärkt dazu bewegt
werden seinen Standpunkt und die Größe seines Fehlers zu überdenken.
Wenn seine Vertrauenswürdigkeit in der Überlieferung fest stand, lehnten sie
seinen Hadith also nicht ab, weil sie diesen mit Sicherheit für unrichtig hielten,
sondern, um den Hajr, also den teilweisen Boykott durchzuführen, um ihn
nicht in seinen falschen Ansichten zu unterstützen. Es war ihnen also lieber
den Hadith von jemand anderem zu überliefern wenn dies möglich war. Nicht
weil sie seinen Hadith anzweifelten, sondern weil sie ihn dadurch rügen
wollten.
So meinten die Gelehrten sogar, dass die Riwayat der Khawarij2 sehr korrekt
waren. Der Grund hierfür wird im Folgenden kurz erwähnt.
DIE ÜBERLIEFERUNG VON DEN KHAWARIJ IM SPEZIELLEN
DIE REALITÄT DER KHAWARIJ UND IHR ISLAMISCHES URTEIL
Eine Gruppe die im Besonderen erwähnt werden sollte sind die Khawarij.
Bekanntermaßen sind sie ebenfalls Mubtadicah.
Unter den Gelehrten wurde diskutiert ob die Khawarij Muslime waren oder
Kuffar. Also, in wie weit ihre Bidcah eine Bidcah mukaffirah3 ist, die zu ihrem
Ausschluss aus dem Islam führt.
Hierbei ist es aber wichtig den Grund für den Takfir der Khawarij bei einigen
Gelehrten zu verstehen. Die Kernaussage der Khawarij war, dass eine große
Sünde Kufr ist, einen also zum Kafir macht. Diese Aussage widerspricht
zahlreichen Versen des Qur'an. Von dieser Hinsicht begingen sie also Kufr.
Aber ihr Kufr bestand nicht darin, dass sie offenen Schirk ausübten. Die
Khawarij setzten den Tauhid also grundsätzlich um. So gesehen ist es das
Richtige zu sagen, dass sie den Tauhid zwar erfüllt hatten, daraufhin jedoch
1
Im Arabischen al-Hajr.
Eine der frühen irregegangenen Sekten in der islamischen Geschichte. Ihr wichtigstes
Merkmal bzw. der wichtigste Glaubensinhalt, der sie von der richtigen Lehre des
Qur’an unterschied, war die Theorie, dass ein Muslim durch eine große Sünde den
Islam verlässt.
2
3
Eine unerlaubte Neueinbringung in den Islam, die den Kufr nach sich zieht.
51
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Kufr begingen. Dies, um zu erklären, dass ihre Aussage nur dann den Islam
zerstört, wenn der Einzelne dafür nicht entschuldigt sein konnte.
Und daraus wird auch Folgendes klar. Die unterschiedlichen Urteile der
Gelehrten gingen auf die Frage zurück, ob diese Leute bzw. wann sie nun für
ihre Kufr-Aussage entschuldbar sind oder nicht. Manche vertraten hier eine
Meinung, andere widersprachen ihnen. Dies über den allgemeinen Zustand
und das Urteil der Khawarij.
DIE ÜBERLIEFERUNG DER KHAWARIJ
In Bezug auf ihre Überlieferung sind einige Dinge zu erwähnen. Die Gelehrten
überlieferten von den Khawarij eine Reihe von Ahadith. Dies, weil sie sich
unter den Mubtadicah durch eine besondere Eigenschaft auszeichneten und
zwar, dass ihre Bidcah sie teilweise noch weiter von der Lüge entfernte. Denn
die Khawarij glaubten, dass die Sünde der Lüge selbst sie zu Kuffar machen
würde. Deshalb hatten sie große Angst davor in diese Sünde zu fallen.
Viel gewaltiger war in ihren Augen natürlich die Lüge über den Propheten
(sas). Dies ist die Erklärung für die Richtigkeit der Überlieferung der Khawarij.
Denn bei den Gelehrten hat sich praktisch gezeigt, dass die Überlieferungen
der Khawarij-Überlieferer sehr korrekt waren.
Tatsächlich ist es sogar so, dass es Leute gibt die nach Untersuchung dieses
Themas zu folgendem Schluss kamen: Es kann nicht einem einzigen Khariji
historisch eine Lüge nachgewiesen werden.
Das Richtige ist jedoch, dass dies sehr wohl überliefert wurde. Es sei
dahingestellt wie korrekt diese Überlieferungen sind. Jedenfalls ist es ein
Diskussionspunkt bei den Leuten, die sich mit dieser Wissenschaft beschäftigen. In jedem Fall wird die Lüge bei den Khawarij aber sehr selten zu finden
sein und hier ging es darum dies zu zeigen.
52
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Über die Überlieferer von Bukhari und Muslim und
ihre Voraussetzungen in den beiden Sahih Werken
Al-Bukhari und Muslim überlieferten vorwiegend von einwandfreien Leuten.
Dies bedeutet, dass niemand der Gelehrten des Jarh und Tacdil1 irgendwas an
solchen Überlieferern auszusetzen hatte.
Alleine die Tatsache, dass ein Überlieferer von niemandem der Gelehrten
kritisiert wurde ist eine gewaltiges Zeugnis seiner Vertrauenswürdigkeit.
Im Besonderen, wenn man bedenkt wie viele Gelehrte diese Arbeit der
Beurteilung durchführten und wie pedantisch, aber auch hart sie darin waren.
Ebenso ist zu bedenken, dass es eine Reihe von ihnen gab die in ihrer Strenge
bei der Beurteilung sogar übertrieben hatten. Wenn also trotz all dem
Erwähnten ein Rawi völlig unkritisiert bleibt, dann ist dies ein Zeugnis von
äußerst hohem Wert.
Es gibt aber eine Reihe von Fällen, in denen al-Bukhari und Muslim von Leuten
überlieferten, welche kritisiert wurden. In solchen Fällen, sah die
überwiegende Mehrheit der Gelehrten die Person als einwandfrei an. Im
Großen und Ganzen kann man sogar sagen, dass sie sich alle einig waren, bis
auf einen einzigen oder sehr wenige Gelehrte.
Al-Bukhari (ra) nahm solche Leute auf, wenn er und die anderen Gelehrten
diese Kritik als unzulässig und inakzeptabel ansahen. Dies z.B. weil einem
solchen Gelehrten bei seiner Beurteilung für diesen Rawi ein offensichtlicher
Fehler unterlief. So kann es sein, dass er z.B. die Person mit einer anderen
verwechselte, da sie beide einen ähnlichen Namen trugen. Ein solcher
Unterschied muss dann durch weitere Angaben wie Abstammung, Geburtsdatum, Sterbedatum, Geburtsort, Sterbeort, Aufenthaltsort, Lehrer und
Schüler und dergleichen ermittelt werden.
Al-Hafidh Ibnu Hajar al-cAsqalani sagt über die Ruwat der Sahihain2, was im
Folgenden zitiert wird. Er redet an jener Stelle über die Tatsache, dass der
Al-Jarhu wa-t-Tacdil: Die Wissenschaft über die Überlieferer und ihre Güte bzw.
Fähigkeit und Vertrauenswürdigkeit.
1
2
also der beiden Sahih-Werke von Bukhari und Muslim
53
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Sahih von al-Bukhari als das richtigste Buch der Überlieferung überhaupt
bewertet wird. Deshalb erwähnt er die Gründe für den Vorzug des Sahihu-lBukhari gegenüber dem Sahihu Muslim.
Einer der wichtigen Vorzüge ist, dass al-Bukhari‘s Bedingungen noch strenger
waren. Beide, sowohl Bukhari als auch Muslim hatten es sich zum Ziel gesetzt
nur das Richtigste in ihre Werke aufzunehmen. Jeder von ihnen ließ also
zahlreiche Ahadith, wobei er selbst diese für Richtig befand.
Sie hatten also beide weitere Bedingungen aufgestellt damit ein Hadith in ihr
Werk aufgenommen werden kann. Aber die Bedingungen von Bukhari waren
noch strenger.
Ein weiterer Vorzug gegenüber Muslim ist, dass die Anzahl der Ruwat welche
überhaupt kritisiert wurden, wenn auch unberechtigt, bei Bukhari geringer ist.
So sagt ibnu Hajar (ra) hierüber in „Hadyu-s-Sari“1:
وعند التأمل يظهر أن كتاب البخاري أتقن رجاال وأشد اتصاال وبيان ذلك من أوجه أحدها أن الذين انفرد
البخاري ابإلخ راج هلم دون مسلم أربعمائة وبضع وثالثون رجال املتكلم فيه ابلضعف منهم مثانون رجال والذين
انفرد مسلم ابإلخراج هلم دون البخاري ستمائة وعشرون رجال املتكلم فيه ابلضعف منهم مائة وستون رجال وال
... شك أن التخريج عمن مل يتكلم فيه أصال أوىل من التخريج عمن تكلم فيه وإن مل يكن ذلك الكالم قادحا
اثلثها أن الذين انفرد هبم البخاري ممن تكلم فيه أكثرهم من شيوخه الذين لقيهم وجالسهم وعرف أحواهلم واطلع
وال شك أن احملدث أعرف حبديث شيوخه ممن تقدم منهم... على أحاديثهم وميز جيدها من موهومها
„Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass das Buch von Bukhari noch
hochwertiger ist im Bezug auf seine Überlieferer und die Vollständigkeit
seiner Ketten. Dies erklärt sich durch folgende Umstände:
Erstens: Die Überlieferer von denen Bukhari alleine, also unabhängig von
Muslim, überliefert, belaufen sich auf etwas mehr als 430 Überlieferer. Jene,
über die behauptet wurde, dass sie schwach sind, zählen 80 Leute.
Die Überlieferer von denen Muslim, unabhängig von Bukhari überliefert,
belaufen sich auf 600 Leute. Über 160 davon wurde behauptet, sie wären
schwach.
1
Der Einführungsband des Fathu-l-Bari.
54
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
(Und) es gibt keinen Zweifel, dass die Überlieferung von jemandem der
niemals der Schwäche bezichtigt wurde besser ist, als die Überlieferung von
jemandem über den (dies) gesagt wurde. Selbst wenn diese Kritik
unberechtigt war….
Drittens: Die meisten der Überlieferer von denen Bukhari überliefert und
über die die Schwäche behauptet wurde, sind von seinen Lehrern, die er
getroffen hatte, mit denen er saß und die er genau kannte und deren
Ahadith er einsah und die guten davon von den zweifelhaften unterschied….
und ohne Zweifel weiß der Muhaddith besser Bescheid über die Ahadith
seiner eigenen Lehrer, als über die Ahadith jener, die davor waren.“1
Was die Überlieferer betrifft welche nicht völlig unkritisiert waren, so ist zu
ihnen Folgendes zu sagen. Es muss einem klar sein, dass es äußerst
bemerkenswert ist, wenn ein Mensch in der Öffentlichkeit steht und kein
einziger der Gelehrten des Jarh und Tacdil irgendwas an ihm auszusetzen hat.
Bei so vielen Gelehrten, die äußerst streng waren, ist dies eine besondere
Sache. Insbesondere wenn man bedenkt, dass eine Reihe dieser Gelehrten für
ihre Übertreibung bekannt waren.
Deshalb muss völlig klar sein, dass es sicher passieren musste, dass hier und
da ein einwandfreier Rawi unrichtiger Weise der Kritik eines Gelehrten
ausgesetzt wurde. Ebenso konnte ein kleines Missverständnis bei dieser
Strenge schon zu sehr heftiger Kritik führen.
Aus diesem Grunde ist es klar, dass nicht jede Kritik ohne jegliche Betrachtung
angenommen werden kann. Auf diese Sache kann hier nicht im Detail
eigegangen werden, aber einiges davon wird sich am Beispiel des
Überlieferers Qaisu-bnu Abi Hazim (ra) in einem der folgenden Kapitel zeigen.
1
Hadyu-s-Sari, S. 9
55
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
WICHTIGER HINWEIS, UND BESCHREIBUNG DER
KERNARGUMENTATION GEGEN DIE SCHIITEN IM THEMA DER
ÜBERLIEFERUNG
Die Schiiten lehnen die Überlieferer der Sunnah ohnehin alle mindestens als
Mubtadicah und Fasiqin, also schwere Sünder ab. Es wäre somit völlig sinnlos
ihnen hier beweisen zu wollen, dass die Riwayah von einem Mubtadic
angenommen werden kann, wenn sie die Bedingungen dafür erfüllt. Es ist
daher von vorn herein ausgeschlossen, dass man mit ihnen über eine solche
Detailfrage redet, nur weil sie gerne alles Erdenkliche aufwerfen, um
möglichst viel Verwirrung zu stiften.
Ebenso sinnlos ist es aus ihrer Sicht, uns mit diesem Argument zu
konfrontieren. Was würde es ihnen nützen, wenn sie uns dazu bringen, solche
Überlieferungen nicht anzunehmen. In diesem Fall würden wir einige, aber
sicher nicht alle Überlieferungen verwerfen und selbst dann würden noch
unzählige übrig bleiben, die die Falschheit des Schiitentums eindeutig
beweisen.
Aber was würden die Schiiten dann schließlich und endlich behaupten? Sie
würden einfach sagen, dass ohnehin alle Überlieferungen der Bücher der
Sunnah abzulehnen sind. Weil alle Ahadith darin von Leuten überliefert
wurden, die das extreme Schiitentum der Rafidah nicht vertraten. Weder
hatten diese Überlieferer die großen Sahabah (ra) als Abtrünnige oder Frevler
betrachtet, noch waren sie davon überzeugt, dass diese Sahabah Ali (ra) der
Imamah beraubt, ihn hintergangen und verraten hätten. Die Idee der Rafidah
erfordert aber zwingend, dass die Sahabah (ra) die Offenbarung unterdrückt
und verschwiegen hatten und der gesamten Menschheit die Rechtleitung
vorenthielten.
Die Überlieferer der Sunnah haben nichts von all dem geglaubt. Im Gegenteil,
sie haben jene die so etwas sagen als Heuchler und vom Islam Abtrünnige
betrachtet!
Der Schiite wird also im Endeffekt ohnehin alle Überlieferungen ablehnen. Es
gibt für ihn nur ein mögliches Urteil über all diese Ruwat. Nämlich, dass sie
56
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Abtrünnige waren, weil sie laut Schiitentum viele der gewaltigsten Mukaffirat1
durchführten.
Aber, weil die Schiiten von den Fragen des Kufr und Iman in der Regel
überhaupt keine Ahnung haben, findet man bei ihnen häufig eine andere,
völlig widersprüchliche Haltung. Nämlich, dass die Sahabah in ihrer
Allgemeinheit zumindest Fasiqun waren, vielleicht mit der Ausnahme von
etwa zehn Einzelpersonen.
In Wirklichkeit muss also jeder Schiite Takfir auf die Sahabah machen. Egal ob
er es nun versteht und sich des Inhalts seiner Aussage bewusst ist oder nicht.
Aber sollte er sich selbst widersprechen und meinen, die Sahabah seien
Muslime, aber Fasiqun, müsste er ebenfalls ihre Riwayah ablehnen. Denn die
Riwayah von einem Fasiq ist ja abzulehnen, wie sie auch selbst bekräftigen.
Genau dies ist ja der Weg mit dem sie die ganze Sunnah außer Kraft setzen
wollen.
Also im Endeffekt wird ein Rafidi immer gleich sagen: „Diese Überlieferer sind
in unseren Augen ohnehin alle Mubtadicah und Fasiqun, egal wie es die
Leute der Sunnah nun selbst betrachten.“
Die vor kurzem erwähnten Ausführungen über die Überlieferung von einigen
Mubtadicah dienten also in erster Linie unserem eigenen Verständnis. Sie sind
eine Erklärung dafür, wie die Sunnah vertrauenswürdig bis zu uns überliefert
wurde.
Das Kernargument gegen die Schiiten im Thema der Überlieferung ist wie
zuvor beschrieben ein anderes. Mit ihnen müssen wir nicht über solche
Details reden. Ihr Problem ist nicht, dass sie hier und da eine Überlieferung
ablehnen, aus einem gewissen Grund, den sie vielleicht nicht richtig
verstanden haben. Ihr Kernproblem ist, dass sie viele tausende Ahadith
ablehnen und Begebenheiten, die derartig häufig überliefert wurden, dass
nicht einmal die Juden, Christen und Atheisten der Orientalisten und
Historiker sie ableugnen könnten!
Daraus wird ihre sehr unehrliche Haltung ersichtlich. Denn wie lächerlich
erscheint es in diesem Licht, dass sie dann über die eine oder andere
1
Taten bzw. Aussagen die den Kufr nach sich ziehen.
57
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Überlieferung disputieren wollen? Ihre ganze Diskussion bringt ihnen
überhaupt nichts. In keinem Fall können sie diese zahlreichen Überlieferungen
abstreiten, die von den vertrauenswürdigsten Personen übermittelt wurden,
selbst wenn diese Leute bei den Schiiten alle als Frevler galten. Denn wenn
eine Sache von tausenden Frevlern unabhängig überliefert wurde, dann spielt
der Einzelne dabei überhaupt keine Rolle mehr. Da es unmöglich ist, dass sie
alle sich auf diese Dinge geeinigt hatten, wo sie doch zu unterschiedlichen
Zeiten an verschiedenen Orten lebten!
Wie ist es dann erst, wenn es sich um die bewiesenermaßen vertrauenswürdigsten Personen jener Zeit handelt und die Überlieferungen dieser Leute
auch noch durch die genauesten und härtesten Methoden geprüft wurden?!
Methoden die in der gesamten menschlichen Geschichte nicht annähernd
ihresgleichen finden!
58
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
BEISPIEL FÜR EINEN EINWANDFREIEN ÜBERLIEFERER VON BUKHARI
Als Beispiel hierfür, wie auch für das nächste Kapitel, soll ein Überlieferer des
schon erwähnten Hadith über die Ru’yah dienen.
In seiner Kette befindet sich Ismailu-bnu Abi Khalid (ra). Dieser Mann ist völlig
unkritisiert. Alle Gelehrten befinden ihn für einen der größten und
vertrauensvollsten Gelehrten und Überlieferer.
Man kann die gesammelten Aussagen der Gelehrten über die Überlieferer in
Sammelwerken nachschlagen. Das wichtigste und umfangreichste davon ist
Tahdhibu-l-Kamal von al-Hafidh al-Mizzi (ra).
Wenn man in diesem Buch nachsieht, wird man bei Ismail keine Kritik finden,
sondern nur das Lob der Gesamtheit der Gelehrten.
Dies und was im vorherigen Kapitel erwähnt wurde widerlegt auch ein
weiteres, niederes Scheinargument. So meinen manche Rafidah, dass man
quasi immer etwas finden kann bei einem Überlieferer. Man muss nur in
Tahdhibu l-Kamal nachsehen.
Wie krank muss jemand sein, um so ein Argument zu bringen, nur weil er
einige unzweifelhafte Hadithe ablehnt und dies dann mit so einer Aussage
rechtfertigen will.
Was genau ist der Inhalt einer solchen Aussage? Demnach kann also jeder
Mensch so gut wie alles von der Sunnah ablehnen. Er muss nur wissen wo er
sucht. Anschließend kann er dann einfach sagen: „Ich habe nur Ijtihad
gemacht1“.
Ist es wirklich möglich, dass man so eine Vorstellung von der Sunnah hat, und
dann noch behauptet daran zu glauben? Wie tief muss man gesunken sein,
um sich mit solchen Aussagen aus dem Sumpf retten zu müssen?
Solche unsinnigen und offensichtlich schlecht gemeinten Pseudo-Argumente
laufen immer auf die Ablehnung jeder Möglichkeit von Überlieferung
überhaupt hinaus. Nach der genannten Aussage ist es also bei jeder
beliebigen Überlieferung, egal wo und von wem sie überliefert wurde,
möglich, den Inhalt abzulehnen, man muss sich nur etwas Passendes suchen
1
Also mich aufs äußerste angestrengt um die Wahrheit in dieser Frage zu finden…
59
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
vom reichhaltigen Schatz der Schwachpunkte. So denken solche Menschen,
nicht anders. Natürlich ist völlig klar, dass diese unsinnige Kritik ebenso, bzw.
erst recht und noch viel eher, das Fundament der Schiiten wie auch jeder
anderen religiösen Strömung entwurzelt.
Am Beispiel von Ismailu-bnu Abi Khalid haben wir also einen einwandfreien
Überlieferer gesehen. Im Gegensatz zu der oben genannten Behauptung.
Es muss einem also klar sein, welches Zeugnis dies für einen Rawi ist. Speziell
wenn man die große Anzahl der Überlieferungen solcher Personen
berücksichtigt und damit auch die große Anzahl ihrer Lehrer und Schüler, von
denen sie nahmen und an die sie weitergaben.
Aus dieser grafischen Darstellung1 ist ersichtlich wie bekannt dieser Rawi war
und wie zahlreich seine Überlieferungen sind. So sind hier z.B. bei Bukhari 104
Überlieferungen angegeben und bei Muslim 1392. Dabei muss berücksichtigt
werden, dass Bukhari und Muslim nur die besten Überlieferungen
auswählten.
1
aus der digitalen Hadith-Enzyklopädie der Fa. Harf über die neun Hadith-Bücher.
Siehe die blauen Balken, von Rechts begonnen. Ganz rechts also die Überlieferungen
von al-Bukhari, sodann von Muslim und danach in den restlichen Hadith-Werken.
2
60
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Das hier gesagte sollte bedacht werden, wenn im Folgenden die exakten
Methoden der Muhaddithin erläutert werden. Dies, damit klar wird, dass
diese Leute meist sehr viele Hadithe überlieferten. Die Gelehrten haben diese
Überlieferungen sehr genau untersucht und mit allen anderen
Überlieferungen anderer Ruwat verglichen. Es soll also gezeigt werden, wie
unvorstellbar es ist, dass ein unverlässlicher Rawi oder gar ein Lügner
unbemerkt durch so eine Prüfung kommt und am Ende als eine der wichtigen
und vertrauenswürdigen Persönlichkeiten der Überlieferung da steht. Dies
wird in kommenden Kapiteln noch ausführlicher erklärt.
DAS URTEIL1 DER AHADITH DER SAHIHAIN UND DESSEN DER HADITHE
DAVON ABLEHNT
Zu Beginn soll erinnert werden, dass es sich bei den genaueren Betrachtungen
der Überlieferer in diesem Buch nur um Beispiele handelt, damit man das
Prinzip der Überlieferung besser verstehen kann.
Die Widerlegung der Ablehner der Ru’yah hingegen erfordert dies nicht, da
nämlich, nach dieser Erklärung der Grundlagen, noch weitere Ahadith
angeführt werden, welche die Ru’yah bestätigen.
Was man aus diesen Kapiteln jedoch verstehen kann ist, dass auch dieser
erste Hadith sehr stark ist und deshalb die Schubuhat bei einem Menschen
der wirklich die Wahrheit sucht, unberechtigt sind. Das Problem ist, dass
Leute auf einem Irrweg nicht mehr objektiv (be)urteilen. Sie haben keinen
Insaf2 bei der Beurteilung. Wenn sie irgendetwas sehen, was man zur
Widerlegung verwenden könnte, versteifen sie sich sofort darauf. Bei
Überlieferungen, die ihrem Weg allerdings dienlich sind, verhalten sie sich
genau gegensätzlich.
Wer aber diesen einen Hadith ablehnt, seinen Neigungen folgend, dem wird
das nicht die Ablehnung der Ahadith über die Ru’yah in ihrer Gesamtheit
ermöglichen.
Aus diesem Grunde ist es an dieser Stelle angemessen über den allgemeinen
Hukm der Ablehnung von Ahadith aus diesen Büchern zu sprechen.
1
Hier geht es also um das islamische Urteil (im Arabischen Hukm) über diese Ahadith.
2
Gerechtigkeit bzw. Fairness bei der Beurteilung.
61
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Es soll klar sein, dass jene Behauptungen der Gegner dieser Bücher nicht
stimmen. Sie unterstellen den Leuten der Sunnah, dass sie al-Bukhari als heilig
ansehen.
Tatsache ist aber, dass ein anerkannter Gelehrter über die HadithWissenschaft nicht behaupten wird, dass die beiden Sahih Werke, genau wie
der Qur’an über jeden Zweifel erhaben sind. Noch weniger würde er Takfir auf
jemanden machen, weil er einige Ahadith daraus ablehnt.
Die Gelehrten sagten also nie, al-Bukhari sei über jeden Zweifel erhaben,
genau wie der Qur’an, bzw dass es unmöglich sei, auch nur einen einzigen
Fehler darin zu finden, und dass jeder der ihn auch nur kritisiert ein Feind,
Verräter oder Mubtadic wäre.
Bei vielen anerkannten Gelehrten findet man Aussagen in dieser Art: „Die
Gelehrten sind sich einig, dass die Ahadith welche sich in den beiden Sahih
Werken befinden, im Allgemeinen1 unzweifelhaft richtig sind“
Sie meinten damit, dass die Ahadith die sich darin befinden von den
Gelehrten dieses Fachs, im Großen und Ganzen, bis auf sehr wenige
Ausnahmen, alle als richtig bzw. sogar als die richtigsten Ahadith überhaupt
gelten.
Dies heißt nicht, dass der eine oder andere Gelehrte hier und da keine
Ausnahme sehen kann. Egal ob seine Begründung dafür nun irgendwie haltbar
ist oder nicht.
Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass die Gelehrten damit meinten,
dass die enthaltenen Texte der Ahadith2 im Allgemeinen alle authentisch sind.
Trotzdem kann es aber sein, dass der eine oder andere Sanad eines solchen
Hadith zur Diskussion stehen kann. Es kann sein, dass der Matn richtig ist,
durch viele andere Asanid, während aber dieser bestimmte Sanad kritisierbar
ist bzw. kritisiert wurde.
Die Leute die sich an die Sunnah halten und sich zu ihr zählen, halten den
Sahih von Bukhari also nicht für heilig und unkritisierbar. Wäre dies
tatsächlich die Haltung der Gelehrten, dann würden wir nicht bis zum
1
Im Arabischen: fi-l-Jumlah.
Also die sog. Mutun, Pl. von Matn. Der Matn ist also der Text der durch die Kette
überliefert wird. Ein Hadith baut sich demzufolge durch den Matn und den Isnad auf.
2
62
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
heutigen Tage in Fachkreisen immer wieder Bücher finden, die hier und da
einzelne Asanid des Bukhari diskutieren.
Es kann also durchaus sein, dass ein Muhaddith nach ausführlicher
Untersuchung einige Ahadith ablehnt. Dies ist auch passiert, sehr bald nach
dem Erscheinen des Sahih von Bukhari. Bei eingehender Betrachtung zeigte
sich aber an sich immer deutlich die Schwäche der Kritik und die Stärke des
Bukhari. In der Mehrheit der Fälle handelte es sich überhaupt um klare
Verwechslungsfehler und dergleichen.
Deshalb sahen die Leute dieser Wissenschaft von jener Zeit bis heute auch
diese beiden Werke als die ohne Zweifel richtigsten Bücher der Überlieferung
an.
Kein einziger jener Gelehrten aber, die Kritik anbrachten, befand das ganze
Buch oder die meisten Hadithe darin für falsch. Im Gegenteil. Es handelte sich
dabei nur um sehr wenige Ahadith wobei in den meisten Fällen,
erwiesenermaßen ein klarer Fehler vorlag.
Wenn ein Muhaddith also einige Ahadith wegen erwähnten Gründen ablehnt,
wird er für seinen Ijtihad1 belohnt. Wenn sodann eine eingehende Diskussion
mit einem solchen Muhaddith stattfinden würde, könnte man sicher sein,
dass er in der Mehrheit der Fälle von seiner Kritik zurücktreten wird. Weil
diese - wie gesagt - in sehr vielen Fällen auf eindeutige Verwechslungsfehler
und Ähnliches zurückgehen. Genau so zeigte sich dies auch in der Geschichte.
So z.B. der große Hadith-Gelehrte ad-Daraqutni (ra). Er schrieb ein Buch "atTatabbuc" in dem er Ahadith aus den Sahihain anführte und meinte sie
entsprächen nicht den überstrengen Bedingungen des Sahihu l-Bukhari. Er
meinte nicht, dass sie erlogen sind, sondern lediglich, dass sie nicht den
speziellen Bedingungen von al-Bukhari gerecht würden, da al-Bukhari
Bedingungen und Kriterien für "seinen" Sahih aufstellte die über den
"normalen" Sahih-Hadith hinausgingen. Es gibt also durchaus Ahadith die
gemäß der Ansicht von Bukhari selbst als Sahih galten, die er aber trotzdem
nicht in sein Sahih-Werk aufnahm, weil er eben ganz spezielle und strenge
Ijtihad steht für die äußerste Anstrengung bei der Urteilsfindung nach bestem Wissen
und Gewissen.
1
63
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Bedingungen für sein eigenes Sahih-Werk festlegte. Genau deshalb gilt dieses
Sahih-Werk als etwas Besonderes.
Die Gelehrten nach al-Bukhari und ad-Daraqutni haben sich genau mit der
Kritik auseinandergesetzt und fanden, dass ad-Daraqutni in jenen Hadithen
die er kritisierte in der Regel klare Fehler machte. Sie führten die meisten
dieser Fehler auch darauf zurück, dass ad-Daraqutni (ra) sich sehr stark auf
sein Gedächtnis, also auf sein Auswendiggelerntes verließ. Im Gegensatz zu
den meisten Hadith-Gelehrten, die sich in der Regel noch zusätzlich immer auf
das Schreiben bzw. das Geschriebene stützten. Von ad-Daraqutni wird
überliefert, dass man ihn in der Regel immer ohne ein Buch gesehen hat (!),
dass er also so gut wie immer aus dem Gedächtnis überlieferte – was an sich
zwar eine Stärke ist, aber wie in diesem Fall zu solchen Fehlern führen kann.
Jedenfalls waren sich die Gelehrten danach an sich einig, nach gründlicher
Untersuchung der Kritiken, dass al-Bukhari im Grunde immer Recht behielt
und die Einwände unberechtigt waren.
Schlimm ist es aber dann, wenn jemand seinen Neigungen folgt, um viele
Ahadith solchen Richtigkeitsgrades auf diese Art abzulehnen. Er hat also eine
vorgefasste Ansicht und dann versucht er alles was ihr widerspricht irgendwie
zu schwächen. So jemand verdient von Allah für seine Unaufrichtigkeit eine
Bestrafung. Sein Ziel ist es nicht die Wahrheit über jenen Hadith
herauszufinden. Sein Ziel ist es, seine Ansicht zu unterstützen und den Hadith
mit allen Mitteln auszuschalten, da ihm irgendetwas daran nicht gefällt.
Noch schlimmer ist jemand, der sehr viele Ahadith in dieser Art ablehnt. Da es
grundsätzlich nicht möglich ist, dass er Ahadith wegen irgendwelchen
Schubuhat ablehnt, die kein einziger Muhaddith je kritisierte. Bei so
jemandem ist seine schlechte Absicht offenkundig geworden.
Es ist nicht möglich, dass man sich einfach hinsetzt und alle mögliche Kritik
sammelt und dann jeden einzelnen Hadith deshalb ablehnt, ohne auch nur
einen Blick darauf zu werfen, ob diese Kritik akzeptabel ist.
Jemand der so arbeitet will nur so viel wie möglich unter irgendeinem
Vorwand ablehnen. Das ist schon eine offene Feindschaft gegen die Sunnah.
Wer so vorgeht, muss zwangsläufig Dinge kritisieren, bei denen eine Kritik
sicher nicht haltbar ist. So z.B., wenn ein Muhaddith einen Rawi im Bukhari als
Lügner bezeichnet, während aber völlig klar ist, dass er diesen Rawi mit einem
anderen verwechselte. Solche Verwechslungen unterliefen den Gelehrten
zeitweise, auf Grund der Ähnlichkeit mancher Namen. Wenn dies deutlich fest
64
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
steht, ist eine solche Kritik auf keinen Fall akzeptabel. Jemand der aber jede
Kritik ohne jegliche Prüfung und Untersuchung als Tatsache hinnimmt, müsste
so eine Überlieferung aber ablehnen, selbst wenn er genau wüsste, dass bei
dieser Kritik ein eindeutiger Fehler unterlief. Die Begründung wäre schlicht
und einfach, dass jemand diesen Hadith einmal kritisiert hat!
Weit schlimmer ist jemand der alle Ahadith des Bukhari ablehnt. Ebenso
verhält es sich bei jemandem, der verschiedene Angelegenheiten ablehnt,
welche in zahlreichen Ahadith im Bukhari und vielen anderen Werken
überliefert wurden.
So verhält es sich z.B. mit der Ru’yah. Wie wir noch sehen werden, ist es bei
genauerer Betrachtung der verschiedenen Ahadith ausgeschlossen, dass sie
erlogen sind. Wer sie kennt und in ihrer Gesamtheit ablehnt, der hat damit
etwas sicher vom Propheten (sas) Überliefertes abgelehnt. Genau dies ist
auch der Grund warum wir die Gelehrten des Hadith allesamt einig vorfinden
über die Richtigkeit dieser Ahadith.
Es kann also niemand meinen er könne diese Ahadith alle ablehnen, denn er
wird schon überall irgendetwas finden, was er kritisieren kann. Mal
abgesehen davon, dass er dadurch schon seinen Nifaq1 offen kund getan hat.
Aber jene Gelehrten, welche hier und da eine Kritik hatten waren sich alle
einig über die Richtigkeit dieser Ahadith. Deshalb machten sie auch Takfir auf
jene die diese Ahadith allesamt wissentlich ablehnten. In dieser
Angelegenheit bleibt also keinerlei Möglichkeit für eine derartige Kritik im
Sinne einer Ablehnung aller Überlieferungen. Deshalb ist derjenige, der diese
Ahadith mit dem Wissen über ihre Ketten ablehnt, kein Muslim. Derjenige,
der also kein Wissen darüber hat, sollte nicht reden, bevor er weiß. Jedenfalls
kann er in seiner Unwissenheit nicht behaupten, dass diese Ahadith falsch
sind, wobei er sie nicht untersucht hat und wobei er der Gesamtheit aller
Gelehrten dieses Fachs darin widerspricht.
1
Heuchelei.
65
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
BEISPIEL FÜR EINEN ÜBERLIEFERER VON DEM BUKHARI ÜBERLIEFERT
TROTZ UNBERECHTIGTER KRITIK
Als Beispiel soll uns Qaisu-bnu Abi Hazim (ra) dienen. Wie gesagt kommt er
ebenfalls im bis jetzt erwähnten Hadith der Ru’yah vor.
Zu Beginn das Diagramm über die Anzahl seiner Überlieferungen in den neun
Hadith-Büchern:
AL-MIZZI ÜBER QAISU-BNU ABI HAZIM
وقال يعقوب بن شيبة السدوسي :وقيس من قدماء التابعني ،وقد روى عن أيب بكر الصديق فمن دونه وأدركه
وهو رجل كامل ،ويقال :إنه ليس أحد من التابعني مجع أن روى عن العشرة مثله إال عبد الرمحان بن عوف فإان
ال نعلمه روى عنه شيئا.
مث قد روى بعد العشرة عن مجاعة من أصحاب النيب صلى هللا عليه وسلم وكبائهم ،وهو متقن الرواية.
وقد تكلم أصحابنا فيه فمنهم من رفع قدره وعظمه وجعل احلديث عنه من أصح اإلسناد ،ومنهم من محل عليه
وقال :له أحاديث مناكري.
66
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
ومنهم من مل حيمل عليه، وقالوا هي غرائب،والذين أطروه محلوا هذه االحاديث عنه على أهنا عندهم غري مناكري
، كان حيمل على علي رمحة هللا عليه وعلى مجيع الصحابة: وقالوا،يف شيء من ا حلديث ومحل عليه يف مذهبه
. ولذلك جتنب كثري من قدماء الكوفيني الرواية عنه،واملشهور عنه أنه كان يقدم عثمان
„Yacqubu-bnu Schaibah as-Sadusi sagte: „Qais ist von den Qudama‘1 der
Tabicin2. Er überlieferte von Abu Bakr as-Siddiq, den er auch erlebte, und
anderen. Er war ein vortrefflicher tadelloser Mann. Es wird gesagt, dass
keiner von den Tabicin von den Zehn3 überlieferte wie er. (Er überlieferte von
diesen Zehn) außer von Abdurrahman Ibnu Auf. Soweit wir wissen hat er von
ihm nichts überliefert.
Sodann überlieferte er abgesehen von den Zehn noch von einer ganzen
Reihe der Gefährten des Propheten (sas) und er ist meisterhaft in seiner
Überlieferung.
Einige Kollegen redeten über ihn. Von ihnen gibt es solche die ihn sehr
schätzen und die Hadithe von ihm zu den richtigsten Überlieferungsketten
zählen und es gibt solche, die ihn kritisierten und meinten er überliefere
Manakir4.
Jene die ihn schätzten sahen diese Hadithe von ihm aber nicht als Manakir
an, sondern meinten sie sind Ghara’ib. Und dann gibt es solche die ihn
bezüglich des Hadith überhaupt nicht beanstandeten, dafür aber wegen
seinem Madhhab5. Jene meinten er hätte eine negative Haltung gegenüber
Ali (ra) und gegen die Sahabah. Das Bekannte von ihm ist (jedoch), dass er
Uthman vorzog. Deshalb haben viele der alten Kufiyyun seine Überlieferung
gemieden.“6
1
wörtl.: den Alten bzw. Ersteren.
2
Die Generation nach den Sahabah.
Damit sind jene Prophetengefährten gemeint, denen das Paradies zusammen in
einem bekannten Hadith versprochen wurde.
3
4
Im Folgenden wird die Bedeutung dieses Begriffes sowie anderer noch klarer.
5
Gemeint ist: in einigen cAqidah-Fragen.
6
Tahdhibu-l-Kamal, 24: 13
67
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
اي أاب هشام أما تذكر إمساعيل بن: مسعت أاب خالد األمحر يقول لعبد هللا بن منري: وقال أبو سعيد األشج...
. حدثنا قيس بن أيب حازم هذه األسطوانة يعين أنه يف الثقة مثل األسطوانة:أيب خالد وهو يقول
„… Und es sagte Abu Sacid al Aschajj: „Ich hörte Abu Khalid al-Ahmar zu
Abdullahi-bnu Numair sagen: „Oh Abu Hisham. Kannst du dich nicht
erinnern an Ismailu-bnu Abi Khalid als er sagte:
„Es überlieferte uns Qais ibnu Abi Hazim, diese Säule.““ Er meinte, dass er in
der Vertrauenswürdigkeit war wie eine tragende Säule.“1
Vor dem obigen Zitat erwähnte al-Mizzi noch folgendes:
. أجود التابعني إسنادا قيس بن أيب حازم: عن أيب داود،وقال أبو عبيد األجري
„Abu cUbaidin-il-Ajurri sagte: „von Abu Dawud: „Der beste der Tabicin im
Isnad ist Qais ibnu Abi Hazim.“““2
ZUSAMMENFASSUNG UND ANALYSE
Der Zustand von Qais (ra) lässt sich also wie folgt zusammenfassen:
1, Die Allgemeinheit der Gelehrten sieht ihn als einen unzweifelhaften, höchst
zuverlässigen Rawi an, sodass manche der Gelehrten sogar meinten, seine
Überlieferung ist die beste aller Tabicin.
2, Wenn im Allgemeinen alle Gelehrten des Jarh und Tacdil einen Rawi als
zuverlässig erachten, ist dies ein hohes Zeugnis. Wenn dann einer dieser
Gelehrten ihn als unzuverlässig betrachtet, so ist er derjenige der dafür einen
sehr guten Grund haben muss. Man kann islamisch gesehen einen solchen
Menschen nicht als unzuverlässig bezeichnen, außer mit einem sehr triftigen
Grund.
Nachdem all jene Gelehrten ihn als einen der besten Überlieferer beurteilen,
kann ein Gegensätzliches Urteil nicht ohne weiteres akzeptiert werden. Der
Grund für diese negative Beurteilung3 muss sehr deutlich erklärt4 sein und
1
2
Tahdhibu-l-Kamal, 24: 15
Tahdhibu-l-Kamal, 24: 13
3
Im Arabischen al-Jarh
4
Im Arabischen mufassar
68
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
fest stehen. Wenn nicht, könnte es genauso gut ein Fehler des Beurteilenden
sein oder eine Übertreibung.
Erst wenn dies alles fest steht, kann dieses Urteil betrachtet und analysiert
werden, damit seine Richtigkeit oder Falschheit gezeigt wird.
In diesem Falle sehen wir, dass nur von Yahya-bnu Sacidin-il-Qattan (ra)
derartiges überliefert wird. Seine Aussage könnten manche Leute als
deutliche Kritik verstehen, wobei sie jedoch nicht deutlich ist, wie sich in
Kürze zeigen wird.
Von den anderen anerkannten Gelehrten dieser Wissenschaft aber, wird
keine konkrete Kritik überliefert.
3, Es wird lediglich noch erwähnt, dass einige Leute seine Riwayah nicht
annahmen. Aber diese sind nicht mit Namen erwähnt und damit ist diese
Anmerkung hinfällig. Denn wer sind diese Leute? Es können alle möglichen
Personen sein.
Weiter können es kaum die anerkannten und bekannten Gelehrten des Jarh
und Tacdil sein, denn von ihnen ist uns nur Positives über ihn bekannt.
Dies zeigt klar, dass diese Leute von denen wir nicht genau wissen um wen es
sich dabei konkret handelt, kein Gewicht in dieser Hinsicht haben. Denn
wären sie bedeutende Leute dieser Wissenschaft, wäre uns deutliche Kritik
von diesen Gelehrten überliefert. Aber das Gegenteil ist der Fall. Des
Weiteren haben wir nicht einmal ihre Namen. Wir können also wie erwähnt,
nicht das Urteil von jemandem nehmen, der uns nicht einmal konkret bekannt
ist.
4, Die Kritik jener Leute bezog sich darauf, dass er angeblich die Bidcah des
Nasb vertrat. Damit ist gemeint, dass er etwas gegen Aly (ra) hegt bzw. im
schlimmeren Fall abfällig über ihn redet usw.
Aber derjenige der ihre Aussage hier erwähnt, also Yacqubu-bnu Schaibah,
erklärte, dass Qais dafür bekannt war, Uthman Aly vorzuziehen. Das heißt, er
vertrat keine Bidcah sondern eine anerkannte Meinung. Diese Kritik wäre also
ohnehin unberechtigt, selbst wenn sie uns sicher überliefert würde. Das
Problem ist eher so zu formulieren, dass die Kritiker in diesem Fall die
Übertreiber in die andere Richtung waren. Denn die bloße Annahme der oben
erwähnten Meinung war bei ihnen schon eine Bidcah.
69
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
5, Von dem bisher gesagten ist also klar, dass es keinen Beweis gibt, dass Qais
die Bidcah des Nasb vertrat. Deshalb ist es auch nicht erlaubt ihn dieser Sache
zu bezichtigen. Man kann ihn also nicht im Gegensatz zu all den positiven
Bewertungen der Gelehrten ohne handfesten Beweis abwerten.
Aber es gibt noch eine Sache die zuzüglich belegt, dass Qais sicher kein Nasibi
war. Er überlieferte den Hadith der „Kilabu Hau’ab“. Dieser Hadith wurde aber
von den Nasibah an sich nicht überliefert, weil ihn nämlich die Gegner der
Nasibah für sich verwendeten.
6, Selbst wenn jemand tatsächlich diese Bidcah des Nasb vertritt, so muss
folgendes klar sein: Diese Sache ist weit geringer als das was wir z.B. heute
von den Schiiten sehen. Auch das damalige alte Schiitentum war bei weitem
nicht das was es heute ist. Weder die Schiiten noch die Nasibah, also diese
beiden gegensätzlichen Bidcah-Richtungen, machten Takfir auf die Sahabah.
Ebenso behaupteten sie nicht, dass einer von ihnen fehlerfrei wäre und der
Glaube daran eine Grundlage des Iman darstellt.
Aber mal angenommen, bei einem Überlieferer stünde fest1, dass er diese
Bidcah vertritt. Selbst dann ist es nicht in Ordnung, seine Überlieferung in
jedem Falle abzulehnen. Denn wenn er hunderte oder sogar tausende Ahadith
überlieferte, stand nach der Prüfung der Gelehrten fest ob er
vertrauenswürdig war oder nicht. Wenn sie ihm also keine einzige Lüge
nachweisen konnten, und auch keine groben Fehler, war seine Verlässlichkeit
damit bestätigt.
Wie zuvor beschrieben wäre die Frage dann nur noch, ob man von einem
Mubtadic den Hadith überliefert, wobei man ihn von anderen auch überliefern
kann.
Jemand der gerecht in seinem Urteil ist, würde diese Überlieferung sicher
annehmen. Aber jemand der nur seiner schlechten Absicht nachgeht, um
irgendeinen Kritikpunkt zu finden, wird seinen Neigungen folgen. Darüber
hinaus wird er dies nur bei den Hadithen tun, die ihm nicht passen. Bei den
Was bei Qais nicht der Fall ist, deshalb ist es auch falsch ihn diesbezüglich zu
kritisieren. Aber hier handelt es sich um eine bloße Annahme.
1
70
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Hadithen die er hingegen für seine eigene Bidcah missbrauchen kann, hat er
diese Art der Kritik schnell vergessen.1
7, Die zuvor erwähnte kritische Aussage von Yahya-bnu Sacid al-Qattan war
„Munkaru-l-Hadith“. „Munkar“ heißt sprachlich an sich „schlecht“ bzw.
„abzulehnen“. Aber hier kommt es öfter zu einem Missverständnis. Denn
einige der alten Gelehrten meinten mit einem Hadith Munkar, einen Hadith
der nur von einer Kette überliefert wurde. Denn solche Ahadith waren bei den
Gelehrten grundsätzlich zweifelhaft. Der Grund für diesen Zweifel lag in ihrer
Erfahrung. Sie wussten, dass solche Ahadith oft nicht stimmen.
Wenn aber andere Umstände diesen Hadith sicherten, konnte er durchaus als
starker Hadith angenommen werden.
Jedenfalls ist die bloße Tatsache, dass jemand solche Ahadith überliefert kein
Zeichen seiner Schwäche. Jene Gelehrten meinten damit also nicht, dass sein
Hadith grundsätzlich abzulehnen ist. Sie meinten, dass er einige solche
Ahadith überlieferte. Mit dieser Aussage ist demnach nicht bezweckt, dass der
Rawi nicht vertrauenswürdig ist.
8, Yahya al-Qattan gilt bei den Gelehrten als ein Übertreiber, auch wenn er als
einer der ganz großen Gelehrten dieser Wissenschaft zählt. Seine Kritik muss
mit Vorsicht betrachtet werden. Speziell dann, wenn er allen anderen
Gelehrten widerspricht.
9, Al-Bukhari und Muslim waren die Führer in den Hadith-Wissenschaften zu
ihrer Zeit. Die Gelehrten ihrer Zeit bekundeten Bukhari dies sehr häufig, wie
sich noch im Detail zeigen wird.
Sie und auch ihre Schuyukh von denen sie diese Ahadith überlieferten,
wussten sehr genau über diese Überlieferer Bescheid. Sie kannten auch
eventuelle Kritiken wenn es welche gab und konnten so noch viel besser
abschätzen wie es wirklich um sie steht.
Zudem kannten sie auch die anderen Gelehrten, welche diese Überlieferer
beurteilten. Sie hatten also sehr detaillierte Informationen darüber, ob diese
Kritik eines einzelnen Gelehrten berechtigt war oder ob sie unberechtigt war,
wie alle anderen Gelehrten meinten.
Das in diesem Punkt Erwähnte also alles unter der Annahme, dass man Qais diese
Bidcah nachweisen könnte, aber das ist wie gesagt nicht der Fall.
1
71
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Al-Bukhari und Muslim würden sich also auf einen solchen Menschen niemals
stützen, es sei denn sie wären sicher, dass diese Kritik unberechtigt ist. Oder
sie wussten, dass es sich dabei gar nicht um eine Kritik handelt, was aber
heute viele Leute missverstehen.
10, Wie erwähnt gab es nach Bukhari Gelehrte des Faches, welche einige
Ahadith in seinem Werk kritisierten. So z.B. ad-Daraqutni (ra). Es ist mir aber
nicht bekannt, dass einer dieser Kritiker z.B. Qaisu-bnu Abi Hazim als schwach
aburteilte. Aus dieser Tatsache kann man ersehen, dass das eben über Qais
Gesagte stimmt. Da kein einziger dieser Gelehrten, wobei sie die Besten ihres
Faches waren, diese Kritik als berechtigt ansah.
Wenn nun jemand behauptet, sie hätten dies nur gemacht, weil sie Bukhari
nicht kritisieren wollten, so ist dies völlig absurd, da sie nämlich genau dies
taten. Ihre Absicht war ja in ihren Werken der Kritik jeden Hadith anzuführen,
der für sie in irgendeiner Weise die Bedingungen von Bukhari nicht erfüllte.
EINE NEUE KRITIK VON EINEM NEUEN KHARIJI. DER MUHADDITH DER IBADIYYAH
Mit einer neuen Kritik an Qais kam der zeitgenössische Muhaddith der
Ibadiyyah im Oman auf. Jene Ibadiyyah sind eine Splittergruppe der Khawarij,
welche jedoch zudem noch philosophisch beeinflusst sind. Sie befinden sich
heute vorwiegend im Oman, wo diese Sekte die Staatsreligion darstellt, aber
auch z.B. in Nordafrika. Diese Gruppe vertritt zahlreiche abscheuliche Bidac.
So meinen sie z.B., dass der Qur’an erschaffen sei und lehnen die Ru’yah ab.
Natürlich tragen sie auch den Kerngedanken der Khawarij, dass ein Mensch
durch eine große Sünde zum Kafir wird und damit vom Islam abfällt.
Ihr Muhaddith Ali al-Hijri ist ein Beispiel für jemanden, der einfach nach jeder
möglichen Kritik sucht, um dann abzulehnen was ihm nicht gefällt. Der Hukm
von so jemandem wurde schon weiter oben beschrieben.
Neben seiner unehrlichen Grundeinstellung und seinem Kritikwahn übersieht
er aber immer wieder einige Dinge. Er ist sich seiner Kritik zu sicher, wie das
folgende Beispiel zeigt.
In Bezug auf Qais meint er, dass dieser Überlieferer abzulehnen ist, weil er
gegen Ende seines Lebens senil wurde. Al-Hijri erklärt weiter, dass man eine
Riwayah von ihm also nicht akzeptieren kann, wenn man nicht weiß, wann
diese genau überliefert wurde. Kennt man also den Zeitpunkt der
Überlieferung von ihm nicht, wäre es möglich, dass diese Überlieferung von
ihm zur Zeit seiner Senilität stattfand und damit hinfällig wäre.
72
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Diese Schubhah ist eigenartig. Deshalb ist wahrscheinlich vorher auch
niemand damit gekommen. Man kann dazu folgendes sagen:
1, Die Grundregel bei den Gelehrten war, dass ein anerkannter Muhaddith
von seinem Lehrer niemals kommentarlos etwas überliefert, wenn er bei ihm
einen Zustand wie die Senilität erkennt. Wenn einen Rawi dies traf, waren
klarerweise die Schüler die ersten die dies mitbekamen.
Es ist also unsinnig so zu argumentieren. Denn gerade von diesen Schülern
wissen wir ja, dass ihr Schaikh zu einem gewissen Zeitpunkt senil wurde.
2, Deshalb erwähnten diese Schüler solche Umstände bei ihrer Beurteilung.
Aus diesem Grund finden wir solche Umstände bei den Gelehrten des Jarh
und Tacdil vermerkt.
Al-Hijri hat die Angelegenheit also umgedreht. Der Grundsatz ist, dass wenn
ein Überlieferer wirklich senil war, wir dies in den Büchern nachschlagen
können. Dort ist dann von den Gelehrten dieser Wissenschaften vermerkt,
wer von ihm während seiner Senilität Hadithe überliefert hat und dass diese
zu meiden sind.
Die Gelehrten wussten also genau Bescheid über die Überlieferer. Wenn eine
Überlieferung wirklich zu jenem Zeitpunkt überliefert wurde, finden wir dazu
eine Anmerkung bei ihnen. Aber nicht wie der Ibadi meint, dass man nun
jeden einzelnen Hadith von Qais verwerfen muss, weil man nicht weiß wann
genau er überliefert wurde. Nur in der Welt solcher Mubtadicah sind die Dinge
so einfach, was ihnen ihre „Arbeit“ natürlich, gemäß ihrer Vorstellungen,
enorm erleichtert.
3, Der Ibadi hat einen groben Fehler in seinen Recherchen gemacht. Wir
wissen nämlich in diesem speziellen Fall ganz genau, dass diese Überlieferung
nicht in der Zeit der Senilität von Qais stattfand. Derjenige von dem
überliefert wird, dass Qais mit 102 Jahren senil wurde, ist sein Schüler Ismailubnu Abi Khalid selbst.
Genau dieser Mann, Ismail, überlieferte nun auch den betreffenden Hadith
über die Ru’yah. Wie könnten wir also nun sagen, dass es nicht möglich ist
festzustellen wann der Hadith überliefert wurde, wo doch der Überlieferer
selbst uns mitgeteilt hat, dass Qais mit 102 senil wurde!
Damit ist diese Schubhah eindeutig widerlegt. Damit wurde auch ein Beispiel
gezeigt, wie die Überlieferer der Sahihain und anderer Bücher der Sunnah
unberechtigter Kritik ausgesetzt wurden. Ebenso wurde deutlich, welch
73
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
detailliertes Wissen die großen Gelehrten des Hadith bei der Beurteilung der
Überlieferer heranzogen. Leute wie al-Bukhari und Muslim hatten natürlich
ein viel klareres Bild über jene Überlieferer, als wir es heute je haben können.
Man muss bedenken, dass sie ihr ganzes Leben lang umherreisten, auf der
Suche nach solchen Informationen. So lernten sie die Überlieferer und auch
die Leute um diese Überlieferer herum persönlich kennen.
Der Zweifel an der Sunnah ist der Zweifel am
Qur’an
Wie soll es trotz dieser Methode möglich sein, dass ein großer Überlieferer
etliche Ahadith erlügt und dies nicht auffällt? Es ist völlig unmöglich, dass er
und etliche andere, die denselben Hadith überliefern, immer diesen selben
Hadith, vielleicht noch mit identischem Wortlaut erlügen. Erst recht wenn
man bedenkt, dass die Anzahl der Überlieferer beträchtlich war und sie zu
verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten lebten. Sehr viele von ihnen,
welche denselben Hadith überlieferten, hatten sich niemals kennengelernt.
Wie könnte es dann erst möglich sein, dass so jemand etliche Ahadith erlügt
und dies nicht auffällt oder gar die ganze Sunnah oder ihr Großteil erlogen ist?
Kein Mensch mit Iman kann dies aussagen. Wie kann so jemand noch
behaupten an den Qur’an und seine korrekte Überlieferung zu glauben?
Jemand der die gesamte Sunnah anzweifelt und auch nur die Möglichkeit in
Erwägung zieht, dass quasi alle Überlieferer Lügner und Betrüger waren, kann
niemals an die Authentizität des Qur’an glauben. Die ist aus islamischer Sicht
deutlicher Kufr.
Wer diese Überlieferungen ablehnt, der hat jeglicher Vernunft widersprochen.
Tatsache ist, er will große Teile dieses Din nicht akzeptieren und sucht deshalb
nach etwaigen Begründungen. Diese Gegner des Islam lehnen Dinge ab, die
ohne den geringsten Zweifel aus dem Munde des Propheten (sas) kamen.
Man muss sich vor Augen halten, dass selbst die meisten Orientalisten nicht
anzweifeln würden, dass diese Dinge unbestreitbare historische Tatsachen
sind. Dabei handelt es sich um Juden, Christen oder Atheisten, welche sich
grundsätzlich nicht zum Islam bekennen!
74
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Kann sein, dass der eine oder andere von ihnen diese Tatsachen aus Hass
gegenüber dem Islam doch leugnet. Aber die Menschen sind heutezutage
sehr auf die wissenschaftlichen Methoden getrimmt. Bei ihnen zählt nur die
Empirik. Wenn man diese Sachverhalte den westlichen Historikern und
Orientalisten gut analysiert präsentiert und die Verdrehungen und
Scheinbeweise vieler Orientalisten wie die Goldzihers und anderer entblößt,
kann man damit rechnen, dass so gut wie niemand von ihnen die
Authentizität der Sunnah bestreiten würde. Jene die sie aber doch bestreiten
würden, hätten sich damit vor der versammelten Szene ihrer eigenen
Gelehrten lächerlich gemacht. Wie sollen sie diese Art der Überlieferung
anzweifeln? Sie würden damit ihre gesamte Geschichtsschreibung mit einem
mal restlos diskreditieren.
Die Mehrheit nicht-muslimischer Historiker zweifelt diese Authentizität nicht
an. Und wenn man die Unklarheiten darüber beseitigen würde, wären die
Zweifler unter ihnen sicher eine unbedeutende Minderheit. Sie glauben nicht,
dass Muhammad (sas) ein Prophet war, aber sie bestreiten nicht, dass er
diese Dinge gesagt hat.
Was ist dann mit Leuten wie den Schiiten? Welcher Gegensatz zum Islam
muss in ihrem Verständnis sein, um zu leugnen was Nicht-Muslime nicht
leugnen?!
Wie schlimm ist es erst um sie bestellt, wenn sie ganz unverschämt und offen
nicht nur die gesamten Überlieferer und die unbestreitbaren Tatsachen
ableugnen, sondern gleich die ersten Überlieferer, die Sahabah (ra), quasi in
ihrer Gesamtheit als Lügner und Abtrünnige bezeichnen?
Leute, die diesen Din zum Sieg geführt haben, an der Seite des Propheten
(sas) selbst. Leute, die mit der Zunge und mit der Hand kämpften, damit
dieser Din uns heute unverfälscht erreicht. Menschen also, die in einer
unbestreitbaren Anzahl von Überlieferungen von Allah und seinem Gesandten
(sas) gelobt wurden.
Wie kann jemand behaupten, dass die erste und zum Propheten (sas) nächste
Generation der letzte verlogene Verschwörer-Abschaum war? Was wäre dies
dann für eine Ummah? Wie könnte dies sein, wo die prophetischen
Überlieferungen uns doch klar sagen, dass die Menschen, in ihrer
Allgemeinheit betrachtet, umso schlechter werden, je weiter sie von ihrem
Propheten (sas) entfernt sind.
75
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Wie kann es sein, dass Allah dann im Qur'an über so eine Gemeinschaft sagt:
َِّ وف وتَ حن هو َن ع ِن الحم حن َك ِر وتُ حِْمنو َن ِِب
ِ ت لِلن
ّلل
ُك حن تُ حم َخ حي َر أ َُّمة أُ حخ ِر َج ح
ُ َ ُ َ َّاس ََت ُحم ُرو َن ِِبل َحم حع ُر ِ َ َ ح
„Ihr seid die beste Gemeinschaft die je unter den Menschen hervorgebracht
wurde. Ihr gebietet das Gute und verbietet das Schlechte und habt Iman an
Allah.“1
Laut Aussage der Schiiten sind die Allerersten das Allerletzte und das was
danach kommt ist noch schlechter und schlechter. Bei unserem Herrn, welch
ein Widerspruch zu diesem Din!
Möge Allah sie rechtleiten aus ihrem tiefen Irrweg, vor allem jene, die die
Rechtleitung suchen und sie auch wollen. Möge Er uns vor dem Übel jener
beschützen, die den Kufr begehren, Amin.
Dadurch können wir nun auch die immer wiederkehrende Haltung der
Gelehrten verstehen, genau wie Ibnu Taimiyyah2 (ra) auch im Folgenden
schildert:
DAS URTEIL ÜBER QUR'ANIYYIN UND DIE HEUTIGEN SCHIITEN
Ibnu Taimiyyah (ra) sagte:
وأما من جاوز ذلك إىل أن زعم أهنم ارتدوا بعد رسول هللا عليه الصالة والسالم إال نفرا قليال يبلغون بضعة عشر
نفسا أو أهنم فسقوا عامتهم فهذا ال ريب أيضا يف كفره ألنه كذب ملا نصه القرآن يف غري موضع من الرضا
عنهم والثناء عليهم بل من يشك يف كفر مثل هذا فإن كفره متعني فإن مضمون هذه املقالة أن نقلة الكتاب
والسنة كفار أو فساق وأن هذه اآلية اليت هي { كنتم خري أمة أخرجت للناس } وخريها هو القرن األول كان
عامتهم كفارا أو فساقا ومضموهنا أن هذه األمة شر األمم وأن سابقي هذه األمة هم شرارهم وكفر هذا مما يعلم
ابضطرار من دين اإلسالم
وهلذا جتد عامة من ظهر عليه شيء من هذه األقوال فإنه يتبني أنه زنديق وعامة الزاندقة إمنا يسترتون مبذهبهم
1
Surah Ali cImran: 110
(661-728 n.H.) Einer der hervorragendsten Gelehrten der islamischen Geschichte. Er
war bekannt für sein außerordentliches Wissen in den diversen Wissenschaften des
Islam und jenen Wissensgebieten die damit direkt oder indirekt zu tun haben (wie die
verschiedenen Sprachwissenschaften usw.). Ibnu Taimiyyah wird deshalb häufig mit
der Bezeichnung Schaikhu-l-Islam betitelt.
2
76
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
" … und was denjenigen betrifft, der darüber noch hinausgeht und
behauptet, dass sie1 nach dem Propheten (sas) vom Islam abgefallen sind,
außer einigen wenigen die sich vielleicht auf etwas mehr als zehn belaufen,
oder sie im Allgemeinen als Frevler bezeichnet, so gibt es keinen Zweifel an
seinem Kufr.
Da dies ein Lüge über die Texte des Qur'an an verschiedenen Stellen
darstellt. (Jene Texte z.B.) über die Zufriedenheit Allahs mit den Sahabah
und sein Lob ihnen gegenüber. Nein, es ist sogar so, dass der Kufr jemandes,
der bloß am Kufr einer solchen Person zweifelt, eine Tatsache wird.
Denn der Inhalt dieser Aussage ist, dass die Überlieferer des Qur'an und der
Sunnah Kuffar oder Fussaq waren und dass die (erwähnten Personen) in der
Ayah: Ihr seid die Beste aller Gemeinschaften, die je aus den Menschen
hervorgebracht wurde – und die Besten dieser Ummah sind ihre Ersten – in
ihrer Allgemeinheit Kuffar waren. Und ebenso, dass diese Ummah die
schlechteste aller Gemeinschaften ist und die Ersten dieser Ummah die
Schlechtesten sind.
Der Kufr von jemandem, der so etwas sagt, ist von den Dingen die zwingend
vom Islam gewusst werden müssen.
Deshalb findet man im Allgemeinen denjenigen, bei dem sich etwas hiervon
zeigt2, deutlich als Zindiq3 vor und die Mehrzahl der Zanadiqah verstecken
sich nur hinter ihrem Madhhab4."5
Hieraus wird also klar ersichtlich welche Haltung die Gelehrten im Konsens
gegenüber solchen Personen hatten, welche die Sunnah ablehnten. Dies ist
von den Gelehrten seit der Frühzeit des Islam in etlichen Texten überliefert.
Die Qur'aniyyun welche die Sunnah vollständig ablehnen sind hiermit ohne
irgend einen Zweifel Kuffar. Ob sie sich nun selbst als Muslime betrachten
1
Die Sahabah (ra).
von diesen Überzeugungen, Aussagen und Handlungen wie das Beschimpfen der
Sahabah.
2
3
heuchlerischer Kafir.
Denkrichtung. Er meint, sie sind Munafiqun (Heuchler), die ihren Kufr nur hinter
diesen Gedanken verbergen.
4
5
„as-Sarimu-l-maslul", Kapitel über die Beschimpfung der Sahabah.
77
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
oder meinen an den Qur'an zu glauben, ist dabei völlig belanglos. Denn jeder
Muslim muss zwingend von diesem Qur’an und dem gesamten Din wissen,
dass Allahu tacala die Sunnah zur bindenden Rechtsquelle gemacht hat.
Ebenso die Schiiten, welche dies glauben. In der heutigen Realität kann man
sagen, dass alle Schiiten im Allgemeinen glauben, dass die Sahabah (ra)
zumindest Fussaq waren und dass quasi die gesamten Überlieferungen
verfälscht und erlogen sind. Das ist auch selbstverständlich, da tausende
dieser Überlieferungen ihrem Din widersprechen.
Außerdem weiß jeder, der die Überzeugungen der Schiiten näher kennt, dass
diese Überzeugungen sicher den Takfir der Allgemeinheit der Sahabah (ra)
bedeuten. Einigen Schiiten ist dies, auf Grund ihrer Unwissenheit über den
eigenen Din, nicht klar oder sie lügen einfach und meinen die Sahabah wären
bei ihnen Muslime. Dieses Lügen für einen "guten" Zweck ist bei ihnen nicht
ungewöhnlich, es ist bei ihnen gang und gäbe. Dabei handelt es sich um das
Prinzip der sogenannten Taqiyyah1.
Das Mindeste was die Rafidah also heute in ihrer Allgemeinheit sagen ist, dass
die Sahabah (ra) im Großen und Ganzen Fussaq waren, wobei sie noch viele
Dinge über sie sagen, die unweigerlich den Kufr der Sahabah zur Folge haben.
Da sie jedoch zusätzlich dazu nicht die geringste Ahnung von den Fragen des
Iman und Kufr haben, ist ihnen diese Tatsache nicht klar.
Deshalb sind sie allein wegen ihrer Haltung gegenüber den Sahabah (ra) keine
Muslime. Da sie dies größtenteils glauben, kann und muss man auch dieses
allgemeine Urteil über sie fällen. Wobei es nicht auszuschließen ist, dass es
hier und da jemanden gibt der sich Schiite nennt, aber diese Ansichten nicht
teilt. Aber die Urteile der Scharicah in der Realität können sich nicht auf solche
Ausnahmefälle beziehen2. Es wäre also niemals möglich einer Gemeinschaft
mit offensichtlichen Gemeinsamkeiten ein gegensätzliches Urteil zu geben,
Auch für dieses Thema sei auf das zuvor erwähnte Buch über die Widerlegung der
Grundlagen der Schiiten verwiesen.
1
Hiermit ist natürlich nur das äußerliche Urteil (al-Hukmu-dh-dhahir) in den Gesetzen
des Diesseits (Ahkamu-d-Dunya) gemeint. Es geht also nicht um das tatsächliche Urteil
(al-Hukmu-l-batin) in den Gesetzen des Jenseits (Ahkamu-l-Akhirah). Ein Mensch kann
also äußerlich, aus unserer Sicht das Urteil seiner Gemeinschaft annehmen, während
er aber tatsächlich, im Wissen Allahs dieses Urteil nicht teilt.
2
78
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
weil unter Umständen einige Einzelpersonen diese Gemeinsamkeiten nicht
teilen.
Hinzuzufügen ist hier, dass die Schiiten seit vielen Jahrhunderten noch
weitere Handlungen durchführen, die dem Islam in seinen Grundzügen
widersprechen. Seit langem gesellt sich bei ihnen zu den beschriebenen
Gedanken auch die Ausübung des deutlichen Schirk in der Rububiyyah und
der Uluhiyyah. Sie rufen Ali (ra), Hasan (ra), Husain (ra) und Fatimah (ra) direkt
an und erbitten von ihnen was nur von Allah erbeten werden darf. Ebenso
praktizieren sie Schirk bei den Gräbern ihrer Gelehrten und haben einen
extremen Heiligenkult.
Dies ist ihr Zustand seit vielen Jahrhunderten. Wie verhält es sich dann erst in
der Gegenwart, wo sie zu diesem Schirk auch noch den Schirk des Hukm und
Taschric1 massiv ausüben? Diese Form des Schirk hat sich seit einiger Zeit in
der Welt sehr stark ausgebreitet, egal ob bei den sogenannten Sunniten oder
den Schiiten. Aber auch zu diesem Thema muss auf andere Schriften
zurückgegriffen werden, die darauf im Detail eingehen.
Dass die Sunnah im Allgemeinen eine Verpflichtung
darstellt, ist ohnehin selbstverständlich
An dieser Stelle soll nur ein kurzer Hinweis eingebracht werden, da die
Verpflichtung der Annahme der Sunnah für jeden Muslim als eine Selbstverständlichkeit angesehen werden muss. Es muss klar sein, dass jeder, der die
Sunnah grundsätzlich ablehnt, kein Muslim sein kann.
Auf die Beweise dafür kann in diesem Buch nicht im Detail eingegangen
werden. Sie werden hier vorausgesetzt. Auf die Widerlegung der Qur'aniyyin
welche die gesamte Sunnah von Grund auf ablehnen, wird also hier nicht
detailliert eingegangen. Die Tatsache, dass solche Leute noch weiter vom
Islam entfernt und schlimmer in ihrer Heuchelei sind, ist für die meisten
Menschen, die sich heute überhaupt Muslime nennen, ohnehin eine
Selbstverständlichkeit.
1
Regentschaft und Gesetzgebung.
79
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Die Beweise dafür sind sehr zahlreich und leicht verständlich. Davon sollen in
Kürze nur Folgende andeutungsweise erwähnt werden.
1, Es ist ohnehin selbstverständlich, dass dieser Din weiter überliefert werden
muss. Das muss jeder Muslim wissen, ohne auch nur eine Ayah des Qur’an
gehört zu haben. Diese Tatsache ist schon alleine durch die vorhergehenden
Umam1, wie die Gemeinschaft von Musa (as) und Isa (as)2 völlig klar.
Es ist ein selbstverständliches Grundprinzip, dass die Botschaft des jeweiligen
Propheten weitergeleitet werden muss. Wie sollte sie sonst jemals andere
Personen erreichen, die diesen Propheten (as) nie getroffen haben?
Deshalb sagt Allah auch im Qur’an, dass er Muhammad (sas) zur ganzen
Menschheit entsandt hat. Wie soll er zur ganzen Menschheit gesandt worden
sein, ohne dass dieser Din von ihm überliefert wird? Da er nicht jeden
einzelnen Menschen bis zum letzten Tag getroffen hat, ist dies unmöglich.
Dies muss demnach jedem Muslim zwingend vom Islam klar sein.
2, Ohne die Sunnah ist es gar nicht möglich die verschiedenen Anweisungen
im Din korrekt durchzuführen, da der Qur’an in den meisten Dingen nur
allgemein gehalten ist. Die Sunnah erklärt ihn. So gibt es im Qur’an etliche
Anweisungen, ohne nähere Erklärung zur genauen Durchführung. Ohne diese
Erklärung ergäben diese Ayat3 nicht den gewünschten Sinn.
Den Din kann man also nur dann so leben wie Allah es eigentlich wünscht,
wenn man die Sunnah kennt und lebt. Die Sunnah ist der gelebte Qur’an.
3, Allah sagt klar im Qur’an:
ِ ِ َ وأَنحزلحنَا إِلَي
ِ ّي لِلن
َّاس َما نُ ِِز َل إِل حَي ِه حم َول ََعلَّ ُه حم يَتَ َف َّك ُرو َن
َ ِِ َك ال ِذ حك َر لتُ ب
َ َ ح
„Und wir haben zu dir ad-Dhikr4 herab gesandt, auf dass du den Menschen
erklärst was zu ihnen herab gesandt wurde. Hoffentlich denken sie nach.“5
1
Gemeinschaften. Pl. Von Ummah.
2
Moses und Jesus
3
Verse
4
die Erinnerung
5
Surah an-Nahl: 44
80
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Aus der Ayah ist klar ersichtlich, dass Allah dem Propheten (sas) etwas
offenbart hat, mit dem er den Menschen erklärt was zu ihnen herabgesandt
wurde. Dabei handelt es sich um die Sunnah, welche den Qur’an näher
erklärt. Sie erklärt im Detail, was im Qur’an allgemein gehalten wurde.
4, Alle Ayat in denen Allah uns befiehlt Ihm und dem Propheten (sas) zu
gehorchen, sind ebenso ein klarer Beweis für die Verpflichtung an der Sunnah
festzuhalten. Wobei zu beachten ist, dass Allah dies manchmal sprachlich
auch trennt um klar darauf hinzuweisen, dass man auf der einen Seite Allahs
Rede folgen muss, genau wie man auf der anderen Seite der Rede des
Propheten (sas) folgen muss. Manchmal wird der Gehorsam zum Propheten
(sas) hierbei auch speziell erwähnt.
So sagt Allah z.B.:
ِ َّ َطيعوا
ِ
ّي
َ الر ُس
ُ اح َذ ُروا فَِإ حن تَ َولَّحي تُ حم فَا حعلَ ُموا أَََّّنَا َعلَى َر ُسولِنَا الحبَ ََل
َّ يعوا
ُ ِغ ال ُحمب
ول َو ح
ُ اّللَ َوأَط
ُ َوأ
„Und gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten und seid auf der Hut.
Und wenn ihr euch abwendet so wisset, dass unserem Gesandten nichts als
die Verkündung auferlegt ist.“1
ِ اّلل غَ ُف
ِ
ِ َّ اّلل فَاتَّبِع ِوِن ُحُيبِب ُكم
ِ
َّ يعوا
َاّلل
ُ ) قُ حل أَط31( يم
ُ ََّ قُ حل إِ حن ُك حن تُ حم ُُتبو َن
ٌ َُّ اّللُ َويَغحف حر لَ ُك حم ذُنُوبَ ُك حم َو
ٌ ور َرح
ُ ح
ِ
ِ َّ ول فَِإ حن تَولَّوا فَِإ َّن
ين
َ الر ُس
َّ َو
َح
َ اّللَ َل ُُيب الح َكاف ِر
„Sprich. Wenn ihr Allah (wirklich) liebt so folgt mir. Dann wird Allah euch
lieben und euch eure Sünden vergeben. Allah ist sehr vergebend und
barmherzig. Sprich, Gehorcht Allah und dem Gesandten. Und wenn sie sich
abwenden so liebt Allah die Kafirin nicht.“2
َِّ ُوِل حاْلَم ِر ِم حن ُكم فَِإ حن تَ ن َاَ حعتم ِف ََيٍ فَرُّوه إِ َل
ِ َّ َطيعوا
ِ
ِ َّ
اّلل
َ الر ُس
َّ يعوا
ُ ُ ح
ول َوأ ِ ح
ُ اّللَ َوأَط
ُ ين آ ََمنُوا أ
َ ُح
ح
َ ََي أَي َها الذ
ِ
َِّ ول إِ حن ُكنح تم تُ حِْمنو َن ِِب
ِ الر ُس
س ُن ََتح ِويَل
َّ َو
َ ِّلل َوالحيَ حوم حاْل َِخ ِر ذَل
ُ ُح
ك َخ حي ٌر َوأ ح
َ َح
„Oh ihr die ihr Iman habt. Gehorcht Allah und gehorcht seinem Gesandten
und den Inhabern der Befehlsgewalt unter euch. Und wenn ihr in
1
Surah al-Ma’idah: 92
2
Surah Ali cImran: 31-32
81
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
irgendeiner Sache uneinig seid dann führt sie zurück zu Allah und dem
Gesandten wenn ihr an Allah und den letzten Tag Iman habt…“1
Allah nennt hier den Gehorsam Ihm gegenüber (swt) und wiederholt die
Anweisung nochmal sprachlich beim Gehorsam zum Propheten (sas).
Während Er (swt) dies aber beim Gehorsam gegenüber den Leuten der
Befehlsgewalt nicht erwähnt, worin ein klarer Beweis liegt, dass man ihnen
nur gehorchen darf im Gehorsam gegenüber Allah und seinem Gesandten.
Weiter ist dies ein klarer Beweis dafür, dass man alles vom Propheten (sas)
nehmen muss, selbst wenn es nicht explizit im Qur’an steht, denn sonst hätte
Allah sicher nicht mehrmals im Qur’an den Gehorsam zum Propheten (sas)
separat erwähnt.
Ebenso wird das Gesagte in der folgenden Ayah völlig klar:
ِ اّللَ ََ ِدي ُد ال ِحع َق
َّ اّللَ إِ َّن
َّ ول فَ ُخ ُذوهُ َوَما نَ َها ُك حم َعنحهُ فَانحتَ ُهوا َواتَّ ُقوا
اب
ُ الر ُس
َّ َوَما آ َََت ُك ُم
„Und was euch der Gesandte gibt2, so nehmt es. Und was er euch untersagt,
so unterlasst es. Und fürchtet Allah. Wahrlich Allah ist hart im Bestrafen.“3
Dies schließt alles ein was er anordnet, egal ob es im Qur’an steht oder nicht.
Ebenso klar geht es aus folgenden Versen hervor:
َّ اع
اك َعلَ حي ِه حم َح ِفيظا
َ الر ُس
َ َاّللَ َوَم حن تَ َوَّل فَ َما أ حَر َسلحن
َّ َم حن يُ ِط ِع
َ َول فَ َق حد أَط
„Wer dem Gesandten gehorcht, der hat (damit) Allah gehorcht. Und wer sich
abwendet, so haben wir dich nicht als Beschützer über sie gesandt.“4
َِّ وما أَرسلحنا ِمن رسول إَِّل لِيطَاع ِبِِ حذ ِن
ِ
َّ استَ غح َف ُروا
استَ غح َف َر َُ ُم
َ ٍُس ُه حم َجا
َ ُ
اّللَ َو ح
وك فَ ح
ُ َ ََ ح َ َ ح
َ اّلل َول حَو أَنَّ ُه حم إ حذ ظَلَ ُموا أَنح ُف
ِ
َّ ول ل ََو َج ُدوا
اّللَ تَ َّواِب َرحيما
ُ الر ُس
َّ
„Und wir haben keinen einzigen Propheten entsandt, außer (mit dem Sinn
bzw. Ziel), dass ihm gehorcht wird. Und wenn sie sie zu dir gekommen wären
als sie sich selbst unrecht taten, und Allah um Vergebung gebeten hätten,
1
Surah an-Nisa: 59
2
bzw. anordnet.
3
Surah al-Haschr: 7
4
Surah an-Nisa': 80
82
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
und (auch) der Gesandte für sie um Vergebung gebeten hätte, dann hätten
sie Allah (sicher) sehr verzeihend und barmherzig vorgefunden.“1
Allah hat alle Gesandten also überhaupt nur gesandt, auf dass ihnen gehorcht
wird. Was würde es denn für einen Sinn machen Leute zu schicken, die seine
Anweisungen überbringen, damit ihnen dann nicht gehorcht wird. Das ist
völlig absurd.
Wie widersprüchlich sind dann erst jene Nicht-Muslime, die sich Muslime
nennen und Gesetze neben Allah erlassen oder jene, die dies gut heißen, oder
ihnen sogar darin folgen, oder diese Tawaghit2 darüber hinaus als Muslime
ansehen.
Wer das nicht versteht, der hat den Sinn der Entsendung eines Propheten
nicht verstanden. Er weiß nicht, was jedes muslimische Kind unbedingt wissen
sollte.
Solche Ayat und Ahadith, welche eindeutig beweisen, dass die Sunnah
bindend ist, gibt es viele. Wer auch immer dies leugnet, wie die Qur'aniyyun
ist kein Muslim und dies muss jedem Muslim klar sein.
5, Es ist vom Propheten (sas) tausendfach überliefert, dass er Dinge
angeordnet hat, die nicht im Qur’an stehen. Wer also die Sunnah ablehnt,
weist diese Überlieferungen alle zurück und ist damit ohne den geringsten
Zweifel kein Muslim.
Oder er gesteht ein, dass diese Überlieferungen stimmen. Wenn also der
Prophet (sas) vor ihm stünde und ihm etwas befielt, würde er ihn fragen "Ist
das eine Ayah vom Qur’an", und wenn er (sas) sagen würde „nein“, dann
würde eine solche Person antworten "Dann mache ich es nicht". Damit wäre
diese Person zweifelsohne genauso wie derjenige, der die Überlieferungen
ableugnet, wenn nicht schlimmer.
Dies war also ein kurzer Hinweis auf die unzähligen Beweise für diesen
Grundsatz.
1
Surah an-Nisa': 64
2
Pl. Taghut
83
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Eingehendere Erläuterung der Frage des
Mutawatir und der Akhbaru-l-Ahad
WAS MUTAWATIR UND KHABARU-L-AHAD BEDEUTET
In den Büchern der Hadith-Wissenschaften und anderen Werken findet man
in etwa folgende Definition für den Mutawatir-Hadith:
"Ein Hadith der von einer großen Anzahl von Überlieferern überliefert wird,
in jeder Stufe seines Sanad, sodass es in der Realität unmöglich ist, dass sie
sich auf eine Lüge einigten."
In weiterer Folge kann man sagen, dass bei den Gelehrten im Grunde alles
was nicht Mutawatir ist, als der Khabar von Ahad1 zu bezeichnen ist.
Wenn der Hadith also z.B. von einer, zwei oder drei Personen überliefert wird,
ist er ein solcher Hadith von Ahad. Auf die genaue Grenze und andere
Angelegenheiten wird im Folgenden noch näher eingegangen.
MUTAWATIR MACNAWI UND MUTAWATIR LAFDHI
Die Gelehrten trafen eine wichtige Unterscheidung. Einen Hadith, welcher von
sehr vielen Leuten im gleichen Wortlaut überliefert wurde nannten sie
Mutawatir lafdhi. Wenn eine Angelegenheit jedoch von sehr vielen Leuten,
aber mit unterschiedlichem Wortlaut überliefert wurde, nannten sie die
Überlieferung Mutawatir Macnawi.
Die ist eine sehr wichtige Sache, denn die Ahadith, welche im exakt selben
Wortlaut in dieser Art überliefert wurden sind relativ wenige, während jedoch
sehr viele Angelegenheiten in verschiedenen Ahadith mit unterschiedlichen
Wortlauten erwähnt werden und dadurch unmöglich abzulehnen sind.
Dies Tatsache z.B., dass der Prophet (sas) beim Duca‘ öfter die Hände hob.
Auch wenn dies nicht in mehreren Ahadith mit dem exakt gleichen Wortlaut
überliefert wurde, so ist die Tat selbst in unzähligen Ahadith erwähnt, womit
die Sache völlig authentisch und zweifelsfrei ist. Jeder Muslim ist verpflichtet
1
also als Überlieferung von Einzelpersonen...
84
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
an die Richtigkeit dieser Inhalte zu glauben, sofern er überhaupt Kenntnis von
diesen Überlieferungen hat.
WAS DIE GELEHRTEN WIRKLICH MIT TAWATUR MEINTEN
Manche fügten noch einige Dinge zur Definition hinzu oder formulierten sie
anders. Diese Dinge haben keinen Bezug zu unserem Thema hier.
Jedoch haben die Gelehrten mit ihrer Bewertung "Mutawatir" in der Regel
lediglich gemeint, dass ein solcher Hadith auf Grund der Vielzahl der
Überlieferer völlig authentisch ist. Der Begriff Mutawatir bezog sich bei ihnen
nur auf die Stärke eines Hadith, welche von der Anzahl der Überlieferer
gewonnen wird.
Aber die folgende Tatsache ist der überwiegenden Mehrheit der Menschen,
vor allem heute, überhaupt nicht bewusst:
Die Gelehrten meinten nicht, ein Hadith könne unmöglich authentisch sein,
außer durch die Anzahl der Überlieferer. Bei ihnen konnte ein Hadith noch
durch andere Umstände völlig authentisch sein, auch wenn er nicht von einer
sehr großen Zahl von Überlieferern weitergegeben wurde.
Wenn nun ein Mensch nach Qur’an und Sunnah geht und versucht die
Gelehrtenaussagen dementsprechend zu verstehen, hätte er kein Problem die
Wahrheit in dieser Frage zu finden. Genau dies wäre auch die von Allah
vorgeschriebene Methode. Aber die Leute folgen in der Regel den Aussagen
der Gelehrten und machen sie zum obersten Gesetz.
Nun ist es aber so, dass sie die Aussagen der Gelehrten oft falsch verstehen.
Weil sie eben nicht zum Qur’an und zur Sunnah zurückkehren, bleibt es auch
bei diesem falschen Verständnis. So ergibt es sich, dass ihnen die Rechtleitung
verwehrt wird.
Nach diesem Muster haben die meisten Menschen heute, ihren Din in der
philosophischen Schule gelernt. Und wenn man die Aussagen der Leute
betrachtet, die mit der verwerflichen Philosophie infiziert wurden, kann man
bei ihnen folgende Unterteilung finden:
• Ein Hadith der Mutawatir ist, also authentisch durch die Anzahl, hat das
sichere Wissen zur Folge.
• Ein Hadith, der nicht Mutawatir ist, also bei dem diese Anzahl nicht gegeben
ist, hat kein sicheres Wissen zur Folge.
85
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Diese Einteilung, welche man heute bei den meisten Menschen findet die sich
zum Islam zählen, ist aber falsch. Sie ist eine abzulehnende Bidcah, wie sich insha’a-llah noch sehr genau zeigen wird.
Die Mehrheit der alten Gelehrten hingegen meinte etwas völlig anderes. Sie
meinten, ein Hadith kann sehr wohl völlig authentisch sein, auch wenn er
seine Stärke nicht aus der Vielzahl der Überlieferer gewinnt, sondern z.B. aus
der Tatsache, dass diese Überlieferer zu den Besten überhaupt zählen, und
eine Lüge bei ihnen ausgeschlossen ist.
Wie zuvor beschrieben: Wenn tausende Gelehrte, hunderte oder tausende
Überlieferungen einer Person geprüft und mit anderen verglichen haben und
niemals eine Lüge feststellen konnten, sodass sich schließlich alle
bedeutenden Muhaddithun über seine Güte einig waren, dann ist es nach
realistischen Maßstäben völlig auszuschließen, dass er in diesem einen Hadith
gelogen hat. Ebenso ist bei so einem Überlieferer auszuschließen, dass er in
einer wichtigen Sache des Din einen schweren Fehler macht und etwas völlig
falsches überliefert, oder einfach irgend etwas erzählt, dessen er sich nicht
völlig sicher ist.
In genau solchen Fällen hat uns Allah befohlen diese Überlieferung
anzunehmen. Es ist also keine Frage von eigener Philosophie oder großen
Denkansätzen, sondern ein von Allah vorgeschriebener Handlungsmaßstab.
Dies wird sich aus zahlreichen Beweisen zeigen.
Es gab also Gelehrte die durchaus sagten: "Ein Khabaru-l-Ahad kann das
sichere Wissen nach sich ziehen1, selbst wenn er nicht Mutawatir ist"
So kommt es, dass einige Gelehrte meinten: "Ein Khabaru-l-Wahid, der das
sichere Wissen zur Folge hat, auf Grund von diversen Umständen, wird
ebenfalls Mutawatir genannt, selbst wenn er nicht von dieser Anzahl
überliefert wird"
Dies, weil sich die Nomenklatur2, bei den Gelehrten unterschied. Bei dem
einen ist also alles Mutawatir was authentisch ist, egal ob diese Authentizität
nun durch die Anzahl der Überlieferer oder durch andere Aspekte entsteht.
1
Im Arabischen: yufidu-l-Yaqin
2
die Terminologie/Benennungen.
86
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Bei so jemandem bezieht sich die Unterteilung demnach auf die Authentizität
und nicht auf die Anzahl.
Bei einem anderen hingegen ist alles was von einer solchen Anzahl überliefert
wurde Mutawatir. Diese Einteilung bezieht sich somit auf die Anzahl, was
nicht heißt, dass ein Nicht-Mutawatir bei einem solchen Gelehrten unmöglich
authentisch sein kann.
Alleine die Einteilung in „yufidu-dh-Dhann“1 und „yufidu-l-Yaqin“ ist eine
Bidcah, wenn man darauf eine derartig falsche Einteilung baut.
Ein Blick auf diese Begriffe lässt sofort erahnen, dass sie philosophische
Floskeln sind. Aber als diese Begriffe aufkamen, mussten die Gelehrten sie
verwenden um zu zeigen, dass diese Vorgehensweise nicht korrekt ist.
Denn die verschiedenen Mubtadicah kamen schließlich und lehnten von der
Sunnah sehr viele Ahadith ab. Immer wenn ihnen ein Hadith widersprach,
verwendeten sie einige bekannte Begründungen, aber vor allem diese Bidcah.
Sie sagten einfach: „Der Hadith hat nicht das völlig sichere Wissen zur Folge“.
So gab es viele Gelehrte, die von diesem Gedanken beeinflusst wurden und
teilweise auch nicht wirklich die richtige Meinung darüber kennen lernten. Es
gab sicher Zeiten und Orte, wo ein Mensch nur mit dieser Bidcah-Ansicht
aufwuchs und auch starb.
So findet man unter vielen Gelehrten in der Geschichte die Ansicht, dass ein
Khabaru-l-Ahad kein bindendes Argument in Glaubensfragen sei. Sie meinten,
wenn der Hadith nicht Mutawatir ist, kann er in Glaubensfragen nicht
verwendet werden. Er kann nur in Bezug auf Taten und Vorschriften usw.
verwendet werden.
Diese Einteilung ist aus islamischer Sicht eine völlig abzulehnende Neueinbringung. Sie ist in Wirklichkeit so verwerflich, dass Ibnu-l-Qayyim2 (ra) sie
einen Taghut nannte. Er erklärt, dass diese Bidcah sehr viele Menschen in die
1
Im Deutschen: Zeigt das unsichere Wissen an bzw. hat dieses zur Folge.
Ibnu Qayyimi-l-Jauziyyah (691-751 n.H.). Einer der hervorragendsten Gelehrten der
islamischen Geschichte. Er war der Schüler von Ibnu Taimiyyah (ra). Ebenso wie sein
Lehrer war auch er bekannt für sein außerordentliches Wissen in den diversen
Wissenschaften des Islam und jenen Wissensgebieten, die damit direkt oder indirekt
zu tun haben (wie die verschiedenen Sprachwissenschaften usw.).
2
87
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Irre geführt hat und dass sie und einige andere Bidac dem Islam vernichtenden
Schaden zufügten.
Wem auch immer dies anhand von Beweisen erklärt wird und er danach
trotzdem nicht von dieser Bidcah ablässt, hat jenen Taghut angebetet.
In Wirklichkeit ist es so, dass jeder, der einen sicheren Hadith vom Propheten
(sas) ablehnt, wobei er keinen richtigen Kritikpunkt an der Überlieferung hat,
damit prinzipiell eine Kufr-Handlung durchgeführt hat. Im Folgenden werden
auch die klaren Beweise dafür angeführt. Jeder der Iman hat und nur ein
bisschen über diese Argumente nachdenkt, kann sie nach vernünftigen
Maßstäben nicht ablehnen.
Die Beweise, dass der Khabaru-l-Wahid ein
Argument1 im Din ist
Bei diesem Kapitel kann es sich wie bei anderen in diesem Buch nur um eine
oberflächliche Betrachtung handeln, da dies ein großes Thema ist und den
Rahmen des Buches sprengen würde. Es wäre ohne weiteres möglich und
auch wünschenswert, über die angesprochenen Beweise allein ein großes
Buch zusammenzustellen. Deshalb ist es angemessen an dieser Stelle kurz auf
den Stellenwert der Verteidigung der Sunnah hinzuweisen.
ÜBER DEN STELLENWERT DER VERTEIDIGUNG DER SUNNAH
Bis jetzt zeigte sich deutlich, wie wichtig die Verteidigung der Sunnah gegen
jene, die sie angreifen und entkräften wollen aus islamischer Sicht ist. Dabei
handelt es sich ohne Zweifel um den Jihad mit dem Argument und der
Erklärung. Die Entkräftung der Schubuhat, der Jihad der cUlama‘2, wurde von
den Gelehrten oft als die beste Form des Jihad bezeichnet.
Dieser Jihad ist immer aufrecht, im Gegensatz zum Jihad mit der Waffe,
welcher gewissen Bedingungen unterliegt. Er kann Pflicht sein unter gewissen
Umständen und unter anderen nicht. Ebenso gibt es Umstände unter denen
er grundsätzlich verboten ist. Genau so wie er dem Propheten (sas) in Mekka
1
Im Arabischen Hujjah
2
also der Gelehrten
88
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
verboten war und den meisten Propheten (as) niemals der Kampf angeordnet
wurde. Im Gegensatz dazu ist der Kampf gegen das Falsche mit dem Qur’an
und der Sunnah, und der Aufruf zum Tauhid immer und überall eine
allgemeine Pflicht, mit der alle Propheten (as) stets entsandt wurden.
ِ فَ ََل تُ ِط ِع الح َكافِ ِرين وج
اه حد ُه حم بِ ِه ِج َهاُّا َكبِريا
ََ َ
„So gehorche nicht den Kafirin und führe mit ihm einen großen Jihad gegen
sie“1
Diese mekkanische Ayah wurde geoffenbart bevor Allah die Ayah herabsandte, die erstmals den Kampf mit der Waffe zur Verteidigung erlaubte.
Die Muslime sind also angehalten ihre äußerste Anstrengung zu investieren,
um den Qur’an und die Sunnah zu verteidigen, anstatt zuzusehen wie sich die
Gegner des Islam über ihr wichtigstes Gut hermachen.
Möge Allah jene Leute mehren, die nicht nur große Reden schwingen und
daran arbeiten aus sich in den Augen der Menschen Helden zu machen,
sondern das Falsche mit der Wahrheit aus dem Qur’an und der Sunnah
zurückweisen. Möge Er (swt) unsere Absichten reinigen. Amin.
ERSTES ARGUMENT UND ERSTE GRUPPE VON BEWEISEN: ES IST
UNBESTREITBAR, DASS DER PROPHET (SAS) AHAD ENTSANDT HAT
Es wird in etlichen Ahadith erwähnt, dass der Prophet (sas) Leute entsandte
um den Din zu überbringen. So schickte er Leute um den Din zu lehren und
Botschaften zu übergeben. Solche Leute waren aber niemals durch eine
gewisse Zahl definiert.
Diese Tatsache wird vom Propheten (sas) im Tawatur macnawi überliefert. Es
sind unzählige Ahadith, die dies zeigen und wer sie kennt und ihre Aussage
verstanden hat, muss sie unweigerlich akzeptieren. Andernfalls hat er einen
festen Bestandteil des Din verleugnet und damit Kufr begangen.
Im Folgenden werden, wie gesagt, nur einige dieser Ahadith, und diese auch
nur schemenhaft erwähnt:
1
Surah al-Furqan: 52
89
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
1. Entsendung von Mucadhu-bnu Jabal (ra) in den Jemen um den Din zu
lehren1.
Er wurde also entsandt um den Tauhid zu erklären. Der Prophet (sas) ordnete
ihm dies im Hadith ausdrücklich an.
2. Entsendung von Muscabu-bnu cUmair (ra) nach Medina um den Din zu
lehren2.
3. Der Prophet hat Mucadh und Abu Musa al-Aschcari (ra) beide entsandt,
jeden zu einem anderen Ort3.
4. Entsendung von al-Bara', Ali und Khalid (ra), jeden einzeln in den Jemen4.
5. Entsendung von zwölf Boten, zu zwölf verschiedenen Königen, um sie zum
Islam aufzurufen.
Dies alleine ist ein unumstößliches Argument. Asch-Schafici (ra) führte es
unter anderen in seinem Buch „ar-Risalah“ an.
6. Entsendung von cAmru-bnu Hazm (ra) um den Din zu lehren5.
ABGESANDTE VON IHREN STÄMMEN, WELCHE DER PROPHET ZURÜCKSANDTE UM
DEN DIN ZU LEHREN
7. Rifacatu-bnu Zaid6
8. Maliku-bnu-l-Huwairith7 den der Prophet (sas) mit seiner Gesandtschaft
zurück schickte, um das zu lehren, was er bei ihm gehört hatte.
9. Wafdu8 Abdi-l-Qais9
1
Bei Bukhari und Muslim und anderen.
2
3
Wird erwähnt bei Ahmad, Malik, Ibnu Kathir, den Büchern der Sirah und anderen.
Bukhari.
4
Bukhari.
An-Nasa'i, al-Hakim und adh-Dhahabi, al-Haithami, al-Baihaqi, ad-Daraqutni, Ibnu
Hisham ….
5
6
Ibnu Hisham
7
al-Bukhari
8
Abordnung/Delegation von
9
bei Bukhari von Ibnu cAbbas
90
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
10. Dimamu-bnu Thaclabah1
Al-Bukhari hat über die Wufud2 auch ein eigenes Kapitel angelegt.
Allein solche Ahadith kann man in großer Zahl finden. Sie sind ein
unumstößlicher Beweis, dass einzelne Personen, oder kleine Gruppen von
unbestimmter Zahl den Din überliefern können. Dies lässt sich klar aus
folgenden Tatsachen ersehen:
DIE BEWEISE, WELCHE AUS DIESEN AHADITH ENTNOMMEN WERDEN KÖNNEN
1. In vielen dieser Ahadith wird ausdrücklich erwähnt, dass es sich um
Einzelpersonen handelte.
2. In manchen, dass es sich um wenige Personen handelte, also nicht um eine
große Zahl an Überlieferern.
3. Der Prophet (sas) hat niemals eine gewisse Zahl festgelegt. Alleine daraus
weiß man ohne Zweifel, dass es eine solche Festlegung niemals geben kann.
Wäre sie erforderlich, hätte er sie sicher erwähnt.
4. Die Behauptung einer bestimmten Zahl erfordert einen Beweis und wenn
eine solche Zahl nicht überliefert wird, dann fehlt auch jeder Beweis.
5. Wenn jemand behauptet, man könne die Zahl aus einem anderen Beweis
ableiten z.B. aus einer Ayah im Qur’an, so ändert dies nichts. Denn der
Prophet (sas) hat diese Zahl in den erwähnten Ahadith nicht bindend
gemacht. Damit ist ohne irgendeinen Zweifel klar, dass diese Festlegung eine
Bidcah ist, welche der Tat des Propheten (sas) eindeutig widerspricht. Der
angebliche Beweis aus dem Qur’an wird dadurch nur als falsch ausgelegter
Vers deutlich.
6. Wenn jemand behauptet, dass es vielleicht eine solche Zahl gäbe, aber wir
sie nicht kennen, so ist die Antwort: Es kann unmöglich sein, dass er (sas) eine
solche Zahl festgelegt hat, sie uns aber niemals überliefert wurde, denn die
Anzahl dieser Vorkommnisse ist sehr groß. Es kann nicht sein, dass er (sas)
dies explizit bei diesen Vorfällen erwähnt, angeordnet oder festgelegt hat,
ohne dass es in den Überlieferungen jemals erwähnt wurde.
1
bei Bukhari
2
Pl. von Wafd
91
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
7. Ebenso ist dies unmöglich, weil es sich hierbei um eine der wichtigsten
Angelegenheiten im ganzen Din handelt. Wie kann es sein, dass es eine solche
Zahl gibt und wir nichts davon wissen?! Ohne diese Zahl wüssten wir dann ja
nicht was wir annehmen können und was nicht. Wir würden Ahadith
annehmen, wobei der Prophet (sas) es bei dieser Zahl untersagt hätte. Andere
wiederum würden wir ablehnen, wobei der Prophet (sas) es bei dieser Zahl
zur Pflicht gemacht hätte. Bei dieser Wichtigkeit ist es unmöglich, dass ein
solcher Dalil einfach verschwunden ist und besonders, dass er in diesen
Ahadith nicht erwähnt wurde – wie noch in einem Punkt gesondert erwähnt
wird.
8. Kein Zweifel, dass wenn jemand den Islam von einer einzigen solchen
Person hört und nicht daran glaubt ein Kafir ist. Wer sagt, dass man an die
Überlieferung einer Person in einer Glaubensfrage nicht glauben muss,
müsste behaupten, dass er nicht zum Kafir würde! Ebenso würde es
bedeuten, dass eine Einzelperson den Islam niemals in ausreichender Weise
überbringen kann.
9. Wenn jemand behauptet: "Dies war nur zur Zeit des Propheten (sas) so.
Weil sich die benachrichtigte Person ja dann beim Propheten (sas) versichern
kann", so ist dies völlig absurd. Jemand der so etwas sagt hat ein krankes Herz
das die Wahrheit nicht annehmen will. Denn:
Es ändert überhaupt nichts, da die Person im Moment der Überbringung
daran zu glauben hat und andernfalls ein Kafir ist, weil sie ohne Zweifel den
Islam ablehnt.
10. Ebenso widerspricht dieser Aussage, dass die Sahabah (ra) dies im
Konsens ganz genauso handhabten und in gleicher Weise die Generationen
nach ihnen. Es ist nicht möglich, dass der Prophet (sas) eine solche
Besonderheit darin darstellt und sie dann alle ebenso verfahren.
11. Wie gesagt ist es unmöglich, dass der Prophet (sas) den Sahabah diese
Zahl nicht weitergegeben hat und sie darüber in Unwissenheit beließ. Ebenso
ist auszuschließen, dass er sie ihnen genannt hat, sie uns diese Zahl aber
überhaupt nicht weiter überlieferten. Denn in diesem Fall wäre ein
bedeutender Teil des Din verloren gegangen. Speziell weil diese eine Sache
zum Verlust von vielen Ahadith führen würde bzw. zur Unklarheit über einen
sehr großen Teil der Offenbarung.
92
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
12. Wir wissen sicher, dass der Prophet (sas) niemals so etwas gesagt hat wie
"Es sollen immer nur 3, oder 5, oder 10, oder 20 … den Din überliefern".
Hätte er so etwas gesagt, wäre es gleichbedeutend mit der Aussage "Ihr dürft
nichts überliefern außer wenn ihr so und so viele seid". Denn es wäre dann
niemandem überhaupt erlaubt eine Sache in Glaubensfragen zu überliefern,
außer mit der angeordneten Zahl. Ein solches Verbot ist uns niemals
überliefert worden. Es gibt keinen einzigen Dalil dafür. Ebenso würde dies
auch bedeuten, dass eine Verkündung des Islam unter dieser Anzahl von
Verkündern nicht bindend wäre.
13. Wenn jemand behauptet (wie dies auch manche tun): „Der Prophet hat ja
mit den Boten ein Schriftstück geschickt. Deshalb musste man diesen Boten
glauben.“, so ist dies genauso absurd. Denn der Prophet (sas) hat auch viele
andere Personen ohne Schriftstück entsandt. Er schickte Leute um den Din zu
lehren!
Weiter hat sich derjenige, der so argumentiert, damit, auch in Bezug auf diese
Boten, selbst widerlegt, auch wenn ihm dies nicht bewusst ist. Denn er hat
damit selbst den Beweis bestätigt, dass eine Einzelperson eine Botschaft
überbringen kann an die man unbedingt glauben muss. Ihr Argument bringt
ihnen also gar nichts. Denn genau dies ist die Aussage der Gelehrten von Ahlus-Sunnah wa-l-Jamacah, die Aussage der Muhaddithin. Sie sagen: Eine
Überlieferung kann durch die Vielzahl ihrer Überlieferer unzweifelhaft
werden, oder durch andere Umstände. In diesem Fall haben die Kritiker also
selbst ausgesagt, dass ein versiegeltes Schriftstück ein solcher Umstand sein
kann.
Dies ist also in jedem Fall durch die Geschichte der Boten belegt. Denn was
auch immer der Grund für die Authentizität und Beweiskraft ihrer Botschaft
war, sie bleiben in jedem Fall Einzelpersonen.
ZWEITE GRUPPE VON BEWEISEN: DIE ANORDNUNG DES PROPHETEN
(SAS) ZU VERKÜNDEN, OHNE DIE FESTLEGUNG EINER ZAHL
Diese Anordnung wird ebenfalls in etlichen starken Ahadith erwähnt. Z.B:
1.
ِ
َّ نَض ََّر
ُاّللُ حام َرأ َِْس َع منَّا َح ِديثا فَ َح ِفظَهُ َح ََّّت يُبَ لِِغَهُ غَ حي َره
93
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
“Möge Allah den fröhlich machen, der einen Hadith von uns hört , ihn
auswendig lernt und jemand anderem verkündet.“1
2.
بَ ِلِغُوا َع ِِن َول حَو آيَة
„Verkündet weiter (was ihr) von mir (hört), selbst wenn es nur eine Ayah
ist.“2
3.
ِ َّ لِي ب لِِغ
ِ
ب
َُ
َ الشاه ُد الحغَائ
„Der Anwesende soll (das Gesagte) dem Abwesenden verkünden.“3
Diese Dinge kommen wie gesagt oft vor.
DIE BEWEISE AUS DIESEN AHADITH
1. Der Prophet (sas) hat keine genaue Zahl festgelegt, aber er hat die Leute
angewiesen, die Angelegenheit weiter zu überliefern. Da die Ansprache
allgemein ist, umfasst sie ohne Zweifel auch den Einzelnen, zwei oder drei
Personen usw.
2. Es ist unmöglich, dass der Prophet (sas) ihnen nicht eine genaue Zahlenangabe zu diesem Zeitpunkt mitgeteilt hätte, weil es in dieser Situation
unbedingt erforderlich wäre. Dürften sie also nur in gewisser Weise
überliefern, kann es nicht sein, dass er ihnen diese Erklärung schuldig bleibt.
Dies nennt man Ta'khiru-l-Bayan can Waqti-l-Hajah4 und dies ist nicht erlaubt
wie die Gelehrten des Usulu-l-Fiqh häufig erklären.
3. Noch abwegiger wäre es, wenn der Dalil grundsätzlich nie zu uns kam, wie
zuvor schon ausgeführt wurde.
1
Ahmad, Abu Dawud, at-Tirmidhi, Ibnu Majah, ad-Darimi.
2
Bukhari, Ahmad …
3
Muslim …, Bukhari hat dazu ein eigenes Kapitel im Sahih angelegt
Also: "Das Aufschieben der Erklärung auf einen späteren Zeitpunkt als erforderlich".
Diese Angelegenheit wird in den Büchern des Usulu-l-Fiqh behandelt.
4
94
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
4. In einigen Ahadith wird deutlich die Einzahl verwendet. Es ist also noch viel
abwegiger, dass er (sas) sie einfach im Ungewissen darüber belässt, wobei im
Hadith die Einzelperson deutlich angesprochen wird.
BEWEISE AUS DEM QUR’AN
In vielen Ayat finden wir implizit klare Beweise, dass dem Einzelnen die
Verkündung des Din aufgetragen wird. Da diese Ansprache allgemein gehalten
ist, bezieht sie sich immer auch auf den Einzelnen. Weil es weiter keinen Dalil
gibt, der diesen Einzelnen oder eine gewisse Zahl ausschließt, bleibt es auch
dabei:
1.
ِ َّ وإِ حذ أَ َخ َذ
ِ
ِ َّ
ِ اب لَتُ بَ يِِنُ نَّهُ لِلن
اٍ ظُ ُهوِرِه حم َوا حَتَ َرحوا بِ ِه َثََنا
َ َين أُوتُوا الحكت
َ
َ َّاس َوَل تَكحتُ ُمونَهُ فَ نَ بَ ُذوهُ َوَر
َ اّللُ ميثَا َق الذ
ِقَلِيَل فَب ح
س َما يَ حشتَ ُرو َن
ئ
َ
„Und als Allah den Leuten des Buches das Wort1 abgenommen hat: „Ihr
werdet es2 sicher den Menschen (weitergeben und) erklären und es
keinesfalls verschweigen. Da warfen sie es hinter ihre Rücken und erwarben
damit einen minderwertigen Lohn. Wie übel ist doch was sie erwarben.“3
2.
ِ َإِ َّن الَّ ِذين يكحتُمو َن ما أَنحزلحنَا ِمن الحب يِن
ِ ََّاس ِف الحكِت
ِ ات َوا حََُدى ِم حن بَ حع ِد َما بَيَّ نَّاهُ لِلن
َّ ك يَل َحعنُ ُه ُم
َ ِاب أُولَئ
َِ َ َ َ ُ َ َ
ُاّلل
ِ
َّ
َويَل َحعنُ ُه ُم الَلعنُو َن
„Wahrlich. Jene die das verheimlichen was Wir von den deutlichen
Beweisen und der Rechtleitung herabsandten, nachdem Wir es den
Menschen im Buche erklärten, jene verflucht Allah und es verfluchen sie die
Verfluchenden.“4
Allah teilt uns also mit, dass jene die das Wissen verbergen verflucht sind.
Wenn es dann aber jemand weiter erzählt, hat er damit einen Fehler
gemacht, weil er nicht z.B. vier weitere Personen dazu genommen hat?!
1
den Vertrag
2
das Buch
3
Surah Ali cImran: 187
4
Surah al-Baqarah: 159
95
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Ebenso stellt sich die Frage: Dürfte man ihm dann auch nicht glauben, weil er
ja nur einer ist oder weil die Verkünder eine Gruppe von nicht ausreichender
Zahl sind?! Dies alles ist völlig absurd. Wäre es so, müsste diese Zahl in der
Ayah selbst erwähnt sein, aber sie ist im ganzen Din nicht überliefert.
3.
ِ
اسأَلُوا أَ حه َل ال ِِذ حك ِر إِ حن ُكنح تُ حم َل تَ حعلَ ُمو َن
َ َِوَما أ حَر َسلحنَا ِم حن قَ حبل
ك إَِّل ِر َجال نُوحي إِل حَي ِه حم فَ ح
„Und Wir haben vor dir niemanden geschickt außer Männer, denen wir
eingaben1. So fragt die Leute des Dhikr2, wenn ihr nicht wisst.“3
Diese Ayah beinhaltet klar und deutlich: Wenn jemand einen Einzelnen über
den Din befragt und er eine Sache korrekt überliefert, dann erfüllt er damit
sicher die Pflicht des Fragenden, solange er nicht irgendeinen Grund zum
Zweifel hat. Denn diese Ayah ist allgemein gehalten, Allah hat keine weiteren
Bedingungen gestellt und es gibt im ganzen Din keine Vorschrift bezüglich
einer bestimmten Anzahl.
4.
ِِ
ِ ََي أَي ها الَّ ِذين آَمنُوا إِ حن جاٍ ُكم ف
ِ ُاس ٌق بِنَ بإ فَ تَ ب يَّ نُوا أَ حن ت
ّي
صيبُوا قَ حوما ِِبَ َهالَة فَ تُ ح
َ صبِ ُحوا َعلَى َما فَ َعلحتُ حم َنُّم
َ َ
َ َ
َ َ
ََ ح
„Oh ihr, die ihr Iman habt. Wenn zu euch ein Fasiq4 mit einer Nachricht
kommt, dann versichert euch, damit ihr nicht Leuten durch (eure)
Unwissenheit Schlechtes zufügt und dann im Bedauern erwacht über das
was ihr getan habt.“5
Allah lehnt also hier die Überlieferung bzw. Aussage einer Einzelperson nicht
ab. Vielmehr muss man sich von der Richtigkeit der Aussage überzeugen,
wenn sie von einem Fasiq stammt. Aber Allah sagte in der Ayah nicht: „Wenn
ein Einzelner zu euch kommt, dann nehmt nichts von ihm solange bis sie zu
fünft sind.“
1
offenbarten
2
Wissens
3
Surah an-Nahl: 43
4
Frevler / Jemand der schwere Sünden begeht
5
Surah al-Hujurat: 6
96
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Allah hat es also zur Pflicht gemacht, sich zu versichern. Als Grund dafür
nannte er den Fisq1, aber nicht die Tatsache, dass es sich um einen Einzelnen
handelt. Wäre dies ebenso ein Grund für die Schwächung seiner
Überlieferung, hätte Allah es ebenso als Grund angegeben. Aber Allah hat
dazu geschwiegen.
DRITTE GRUPPE VON BEWEISEN: DIE SALAF AKZEPTIERTEN DEN
KHABAR DES EINZELNEN
Die Sahabah (ra) haben nach dem Propheten (sas) ebenso gehandelt. Sie
haben den Khabaru-l-Wahid akzeptiert und auch selbst Einzelpersonen
beauftragt. Keiner von ihnen hatte dagegen irgendeinen Einwand. Sowie auch
keiner meinte, es gäbe eine gewisse Anzahl, wobei diese Überlieferungen sehr
zahlreich sind.
SCHUBUHAT
Und auch hierbei kommen einige Leute mit Schubuhat. Sie bringen einige
wenige Überlieferungen, in denen ein Sahabi eine weitere Aussage zur
Bestätigung verlangt. Vom Propheten (sas) führen jene Leute hierbei einen
Hadith an, in dem er ebenfalls zur Aussage einer Person noch jemand anderen
befragte.
Jedoch ist jede einzelne dieser wenigen Geschichten, ein klares Argument
gegen sie, aus folgenden Gründen:
1. Mit diesen Ahadith haben sie klar bewiesen, dass Akhbaru-l-Ahad eine
Hujjah sind, denn in jedem dieser Vorfälle reichte eine weitere Aussage aus.
Damit waren es also zwei. Aber alle Verfechter der Bidcah der Ablehnung der
Akhbaru-l-Ahad meinen, dass dies nicht mutawatir ist. Also haben sie selbst
ihre Bidcah widerlegt und ihnen bleibt kein einziger Beweis, der für ihre
Theorie spricht, sondern alles spricht gegen sie.
2. Nach dem man aus unzähligen Beweisen weiß, dass es eine solche
Festlegung einer Zahl der Überlieferer nicht gibt, kann es nur eine Erklärung
geben. In diesen wenigen Einzelfällen kann es unmöglich sein, dass sie die
Überlieferung ablehnten weil sie nur von einer Person kam. Es muss für ihre
1
Frevel bzw. starke Sündhaftigkeit
97
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Ablehnung bzw. Versicherung also einen anderen Grund geben. Dies ist eine
völlig klare Sache. Trotzdem soll es im Folgenden näher erklärt werden.
Nun, wir wissen ohne Zweifel, dass genau diese Sahabah (ra) und der Prophet
(sas) selbst die Überlieferung eines Einzelnen stets angenommen haben.
Ebenso wissen wir auch, dass sie selbst einzelne Personen entsandten. Dies
steht durch unzählige Überlieferungen fest, von denen bereits viele erwähnt
wurden.
Es ist also unmöglich, dass sie dutzende Male selbst den Khabar von einer
Person nehmen und Einzelpersonen entsenden, aber dann auf einmal bei
irgendeiner beliebigen Person sagen "Nein, du bist nur alleine, also hole
einen Zweiten".
Diese Behauptung bedeutet, dem Propheten (sas) und seinen Gefährten (ra)
völlig willkürliches und sinnloses Handeln zu unterstellen. Würde ein Muslim
in vollem Bewusstsein über diese Konsequenz eine solche Behauptung über
den Gesandten (sas) aufstellen, würde er damit den Islam verlassen.
Jeder Mensch mit Iman, der nicht den Zaigh1 im Herzen hat, muss hier alle
Beweise vereinen. Er muss zwingend sagen: „Sowohl der Prophet (sas) in dem
einen Hadith, als auch die Sahabah in den wenigen Überlieferungen von
ihnen, haben die Sache sicher nicht abgelehnt weil sie von einem Einzelnen
kam, sondern aus einem anderen Grund“.
Genau dieser Grund, aus dem sie die Überlieferungen abgelehnt hatten, wird
darüber hinaus quasi immer ausdrücklich in diesen Überlieferungen erwähnt
oder er ist ganz klar ersichtlich. Was ist also mit Leuten die so eine Schubhah
bringen, um ihre falsche Ansicht zu stützen? Möge Allah uns vor dem Zaigh
bewahren.
1
die von Allah im Qur’an am Anfg. von Suratu Ali cImran beschriebene Abweichung
98
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
VIERTE GRUPPE VON BEWEISEN: JEDES GEBOT UND VERBOT IST EINE
GLAUBENSFRAGE
Tatsächlich ist es so, dass die bloße Einteilung der Angelegenheiten in
Glaubensinhalte zum einen und Taten usw. zum anderen, eine offensichtliche
Bidcah darstellt.
Denn wie soll es jemals möglich sein, diese Dinge exakt zu trennen? Wenn
man z.B. die Ahadith des Bukhari ansieht, so findet man quasi in jedem
Hadith, der Anordnungen bezüglich Halal und Haram1 beinhaltet, auch
Glaubensinhalte erklärt. Können die Anhänger jener Bidcah denn nun sagen:
„Wir glauben, dass diese Anordnungen vom Propheten (sas) stammen, sind
aber nicht überzeugt, dass die Glaubensinhalte im selben Hadith tatsächlich
von ihm (sas) kamen?“
Des Weiteren ist der bloße Gedanke dieser Unterteilung völliger Unsinn, da
nämlich jede Anordnung bezüglich Halal und Haram ohne den geringsten
Zweifel eine Glaubenssache ist. Wer hat denn diese Sache für Halal oder
Haram erklärt? Der Prophet (sas) berichtet hier, dass Allah diese Sache
verboten oder erlaubt hat. Es ist unmöglich hierbei zu sagen, dass dies keine
Glaubensfrage ist.
Durch diese Tatsache, ist jede Anordnung des Propheten (sas), auch wenn sie
mit Taten zu tun hat, eine Glaubensfrage. Dadurch wird ohne Zweifel jeder
Hadith, bei dem ein Einzelner ein Gebot oder Verbot vom Propheten (sas)
übermittelt, ein Beweis dafür, dass der Khabaru-l-Wahid eine Hujjah im
gesamten Din, also auch in Glaubensfragen ist.
Diese Beweise sind quasi ein Meer ohne Ende. Es handelt sich dabei um die
gesamte Sunnah.
Wir sagen also „eine Hujjah im gesamten Din“, weil der Din eins ist. Diese Art
der Überlieferung ist also eine Hujjah in allen Teilbereichen des Din, denn der
Islam ist in Bezug auf diese Sache eine Einheit, die untrennbar zusammenhält.
Es geht nicht darum ob es ein einzelner Rawi ist, oder wie viele es sind. Es
geht darum wie vertrauenswürdig dieser spezielle Hadith ist. Dazu müssen
1
Erlaubtem und Verbotenem
99
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
alle Faktoren berücksichtigt werden, nicht nur die Zahl. Die Zahl der
Überlieferer gibt hier unter anderem darüber Auskunft, aber nicht nur.
DIE PROBLEME DER PHILOSOPHEN
Das Problem in der ganzen Geschichte war – wie so oft - der Einfluss der
Philosophie auf die Menschen. Deshalb sahen viele Gelehrte in dieser Sache
nicht klar.
Es ist eine Tatsache, die durch die vorhergehenden Beweise und noch viele
mehr, unweigerlich fest steht: Allah hat uns verpflichtet, die Nachricht von
einer vertrauenswürdigen Person unbedingt zu nehmen. Mit der einen
Bedingung, dass es nämlich keinen Grund zum Zweifel an der Person oder der
Nachricht gibt.
Aber die bloße Behauptung, der Hadith sei abzulehnen, weil es sich nur um
eine, zwei oder drei Personen handelt, ist unzweifelhaft eine Bidcah.
Aber das Problem dieser Philosophen ist wie immer, dass sie ihren
"erhabenen" Verstand über die Anweisungen des Schöpfers stellen. Allah sagt
ihnen, wenn jemand kommt und ihr keinen Grund zum Zweifel habt, dann
müsst ihr seine Nachricht annehmen. Genau dies ist die Aussage der
unzähligen Beweise. Sie aber sagen "Aber ist es denn vernünftig es so und so
zu machen", "Ist es den verstandesgemäß", "Stell dir doch mal dies und
jenes vor ".
Der Muslim hingegen sagt hierbei das, mit dem Allah die Mu'minin im Qur’an
beschrieben hat: "samicna wa atcna", „Wir hören und gehorchen“.
Aus diesem Grund findet man die Philosophen als die unwissendsten Leute
über den Qur’an und die Sunnah vor, während sie bei ihren Anhängern auf
das Podest der größten Gelehrten gehoben werden. Ihre Anhänger glauben in
ihrer Unwissenheit, dass die Kenntnis der Regeln der griechischen Philosophie
von Aristoteles und anderen, das wahre Wissen im Din ist, aber in Wirklichkeit
ist es nur die große Unwissenheit über diesen Din.
So kommen sie also hierbei mit ihren philosophischen Fallbeispielen. "Stell dir
vor jemand kommt zu dir und sagt dir ein Haus sei abgebrannt. Nun kommt
ein zweiter ganz unabhängig von ihm und sagt dir das auch und dann ein
dritter usw. Es ist doch klar, dass sich die Stärke dieser Überlieferungen
unterscheidet."
Wir sagen hierzu:
100
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Das, was diese Leute in ihren „atemberaubenden“ Beispielen erklären wollen,
weiß jeder Muslim und jeder der Hadith-Gelehrten wusste es ebenso. Es ist
uns nicht neu und wir sagen nichts Gegensätzliches.
Aber was sie nicht verstehen ist Folgendes:
1. Die bloße Tatsache, dass die Überlieferungen dieser Leute sich unterscheiden, beweist noch lange nicht, dass man die Überlieferung von einer, zwei
oder drei Personen immer ablehnen kann. So etwas braucht einen Dalil und
den haben sie nicht. Während aber gegen diese Bidcah hunderte Beweise
stehen.
2. Wenn die eine Person, die dies überliefert, Abu Bakr as-Siddiq (ra) ist, dann
ist die Sache für uns sicher. Angenommen er käme zu ihnen und sagt: "Ich
habe vor fünf Minuten den Propheten (sas) gehört wie er sagte: „Es gibt im
Jannah diese und jene Sache.““, wollen sie dann sagen, dass dies bei ihnen
nicht vertrauenswürdig wäre? Während sie andererseits den Khabar von fünf
Leuten ihresgleichen nehmen würden?!
Man sieht also, wir können diese Sache ebenfalls verstandesmäßig beweisen.
Wie auch nicht? Stimmt doch diese Scharicah immer mit dem Verstand
überein.
Also, was uns betrifft, so würden wir die Überlieferung von Abu Bakr (ra)
sicher nehmen und die Überlieferung von fünf von ihnen wahrscheinlich
häufig ablehnen.
3. Desweiteren müssen sie – gemäß ihrer Ansicht – sagen, dass immer wenn
es sich um fünf handelt, die Überlieferung absolut authentisch ist. Egal wer
diese Personen sind. Und immer wenn es einer ist, bzw. unter fünf, müssen
sie sie als nicht authentisch bezeichnen. Egal wer dieser eine ist. Diese
zwingende Folge ist schon schlimm genug und rein verstandesmäßig
überhaupt nicht haltbar.
4. Wir können ihnen auf dieselbe Art und Weise begegnen:
Zwischen 5, 6, 7… 100 und tausend gibt es auch einen Unterschied. Damit
könnte man also auch ihre eigenen Gedanken widerlegen. Nur weil eine
Nachricht die unabhängig von hundert Personen überliefert wurde noch
sicherer ist als jene von fünf, heißt das nicht, dass die von fünf sicher zu
verwerfen ist. Wenn man so argumentiert kann man jede Zahl und damit auch
jede Überlieferung verwerfen. Genau das also, was die Gegner des Islam und
101
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
seiner Überlieferungen bzw. die Gegner von Religion ganz allgemein
begehren!
5. Wenn Abu Bakr (ra) einen Hadith überliefert, ist er für uns sicher. Wenn
Umar (ra) dazukommt, ist er für uns noch sicherer. Trotzdem heißt das nicht,
dass die erste Überlieferung nicht authentisch ist, weil dies Dinge variieren. Es
ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Nachrichten im Allgemeinen in
unzähligen Stufen der Stärke variieren. Das liegt in der Natur der gesamten
Schöpfung.
Aber Allah hat uns befohlen den Khabar von Abu Bakr (ra) anzunehmen. Nach
diesem Wissen haben wir uns nicht mehr zu fragen, welche Philosophie wir
nun dem Befehl Allahs vorziehen. Damit ist die Sache für uns erledigt. Wir
nehmen so die Haltung der Mu'minin ein.
6. Wie gesagt: Es ist richtig, dass die Nachrichten in ihrer Stärke variieren und
dies ist ein sehr starker Beweis gegen ihre Philosophie. Denn wenn alle
Nachrichten unterschiedlich sind in ihrer Stärke, dann ist es der Hikmah von
Allah angemessen, dass er eine Grenze festlegt. Diese Grenze ist für uns völlig
klar. Wenn wir an einer Nachricht keinen Zweifel haben, müssen wir sie
annehmen, auch wenn sie von einem Einzelnen kommt.
Allah hat also genau festgelegt: Wenn du etwas von einem hörst, musst du es
nehmen. Es sei denn du hast Grund zum Zweifel.
Hierdurch ist die Grenze definiert. Aber nicht so wie diese Leute es sich in
ihrer Bidcah erdenken.
Auch rein verstandesmäßig ist es klar, dass es eine Festlegung geben muss. Es
muss ja irgendwie geklärt werden, welche Überlieferung zu nehmen und
welche abzuweisen ist.
Dabei muss ein wichtiger Punkt bedacht werden. Natürlich ist es theoretisch
nicht auszuschließen, dass hierbei einmal ein Fehler unterläuft und ein Hadith
genommen wird, der nicht korrekt überliefert wurde. Dies ändert nichts an
der Tatsache, dass eine gewisse Regelung getroffen werden muss. Man darf
auch nicht denken, dass auf diese Art alles Mögliche über diesen Din
überliefert werden könnte. Die Grundlagen des Din und seine wichtigen
Prinzipen stehen durch etliche richtige unabhängige Überlieferungen fest. Sie
könnten niemals Gegenstand eines einzelnen Hadith sein, der zudem auch
noch Fragen bezüglich seiner Richtigkeit aufwirft.
102
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Bei all dem muss ein Muslim auch überzeugt sein, dass Allah seinen Din
schützen wird, genau wie er uns dies auch selbst in seinem Buch berichtet hat.
Wenn er selbst uns also diese Regelung auferlegt hat, dann dürfen wir niemals
davon ausgehen, dass Fehler unterlaufen können, die zur völligen Entstellung
des Din führen. Wie schon gesagt, ist es völlig unmöglich für jemanden der die
Grundlagen der Überlieferung kennt, dass durch einen solchen Fehler
wichtige Grundsätze des Din verändert werden. Dadurch sieht man also, wie
Allah die Natur seiner Offenbarung immun gegen solche Verfälschungen und
Veränderungen gemacht hat.
7. Ebenso müssten sie – gemäß ihrer Ansicht – sagen, dass fünf durchgehende
Ketten immer mutawatir sind, egal wie lange sie sind! Das bedeutet wenn
jemand von der Zeit des Propheten (sas) bis zum heutigen Tage fünf Ketten
anführt, dann ist dies mutawatir. Diese Tatsache ist aber vom Verstand her
abzulehnen. An so eine Überlieferung wird in der Hadith-Wissenschaft nicht
einmal gedacht. Sie wäre ohne irgendeinen Zweifel zu verwerfen.
8. Aber auf der anderen Seite: Wenn Abu Bakr, Umar, Uthman und Ali (ra)
kämen und jeder von ihnen bezeugt: „Ich habe gerade vom Propheten (sas)
dies und jenes gehört.“, wobei sie sich alle einig sind, müssten die Verfechter
dieser Bidcah dies als „nicht mutawatir“ ablehnen!
Was sollten diese Leute bei solch einem Fallbeispiel nun verstandesmäßig
entgegenbringen, wenn sie Mu'minun sind? Ganz abgesehen von den
Beweisen die vorher schon erwähnt wurden.
9. Die Leute, die eine Zahl zur Voraussetzung machen, haben keinerlei Beweis
für die Festlegung dieser Grenze. So kamen alle möglichen Leute mit
irgendeiner Behauptung. Einige Leute haben es gut ausgedrückt "Als ob sie
den Qur’an aufgemacht hätten und die erstbeste Zahl als Beweis
verwendeten, die ihnen unterkam" Dies ist ein weiteres klares Indiz dafür,
dass diese Festlegung im Scharc1 nicht existiert.
1
asch-Scharcu bedeutet hier im Grunde dasselbe wie asch-Scharicah.
103
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
DAS VERSTÄNDNIS DER MEISTEN ALTEN GELEHRTEN UND DAS
FEHLVERSTÄNDNIS DER NEUEN
Aber wie gesagt, meinten die alten Gelehrten oft mit dem mutawatir nicht das
was die Menschen heute glauben. Sie verstehen ihre Aussagen falsch oder
verdrehen sie, um damit den offensichtlichen Beweisen aus Qur’an, Sunnah
und dem klaren Verstand zu widersprechen.
Aber selbst wenn wir annehmen, dass diese Gelehrten es wirklich so gemeint
hätten, könnte man damit nicht den Qur’an und die Sunnah widerlegen. Jeder
Muslim muss überzeugt sein, dass es völlig egal wäre, was die Gelehrten
sagen, in jenem Fall. Den Qur’an mit diesem Wissen zu verwerfen und die
Aussage des Gelehrten vorzuziehen wäre Schirk. Es gibt keine Zweifel, dass
viele Menschen genau dieser Art des Schirk verfallen sind. Wie Allah im
Qur’an sagt, haben sie ihre Gelehrten und Priester zu Herren neben Allah
genommen.
Die meisten Gelehrten waren jedoch sehr wohl der Ansicht, dass auch der
Khabar von einer einzelnen Person das sichere Wissen zur Folge haben kann,
wenn die entsprechenden Umstände gegeben sind. Aber sie nannten ihn
deswegen nicht mutawatir. Der mutawatir war bei ihnen eine spezielle Form
der Überlieferung, die ihre Stärke im Besonderen durch die Anzahl der
Überlieferer gewinnt.
Aber viele unwissende Nachahmer der heutigen Zeit, kennen selbst – wie so
oft – die Bücher ihrer Gelehrten nicht. Um also zu zeigen, dass dem so ist,
werden im Folgenden einige beispielhafte Aussagen angeführt. Daraus wird
klar, dass hier ein Missverständnis vorliegt. Viele jener Gelehrten hatten nicht
das Verständnis, dass die Leute heute von ihnen behaupten.1
Kein Zweifel, dass es an dieser Stelle sowie an anderen in diesem Buch eigentlich
angemessen und richtig wäre, noch detailierter und genauer zu zitieren. Da dies aber
zu weit führen würde, wurden die Zitate in der Regel auf die Schlüsselaussagen
beschränkt. Das primäre Ziel des Buches ist ja einen Überblick zu geben. Durch die
Hinweise kann der Leser auch durch die Rückkehr zu den Quellen weiter ins Detail
gehen.
1
104
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
IMAMU-L-HARAMAIN AL-JUWAINI1
ولكن إذا ثبتت,"فإذا متهد ذلك قلنا ال يتوقف حصول العلم بصدق املخبين على حد حمدود وعدد معدود
"قرائن الصدق ثبت العلم
"Wenn dies also klar ist, sagen wir: "Das sichere Wissen über die
Aufrichtigkeit der Überlieferer (in ihrer Überlieferung) ist nicht bedingt durch
eine definierte Grenze oder Zahl. Wenn aber die Umstände/ Beweise für die
Aufrichtigkeit feststehen, so steht damit das sichere Wissen (darüber) fest""2
Des weiteren sagt er auch:
""فتصري حينئذ الكثرة مع انتفاء أسباب التواطؤ قرينة ملحقة ابلقرائن اليت ترتبت عليها العلوم
"Und so wird in diesem Falle, die große Anzahl der Überlieferer, nach dem
Wegfallen der Möglichkeit der Übereinkunft über eine Lüge, ein weiterer
Umstand, der den anderen Umständen hinzugefügt wird auf die das sicherer
Wissen folgt."
AN-NADHAM VON DEN MUCTAZILAH
Al-Juwaini (ra) überliefert an jener Stelle des Weiteren sogar von an-Nadham
einem Imam der Muctazilah (!):
قد يفيد خب الواحد العلم وقد ال يفيد خب املتواتر العلم
Bei allen Gelehrten wurden die Zitate wie gesagt auf den Schlüsselsatz beschränkt. Es
soll nicht der Eindruck entstehen, dass hier absichtlich etwas weggekürzt wurde.
Deshalb erwähne ich hier explizit, dass die meisten dieser Gelehrten an den zitierten
Stellen über die Angelegenheit des Mutawatir und des Khabaru-l-Ahad sprachen. Sie
führten also alle Meinungen an. Es geht somit keineswegs darum zu behaupten, dass es
niemals jemanden gab, der etwas anderes meinte.
1
Tatsache ist aber, dass sich durch die folgenden Stellen klar zeigt, dass diese Gelehrten
selbst in der Regel die richtige Ansicht vorzogen.
Ebenso wird klar, dass die Behauptung einiger Leute in dieser Zeit, der Khabar von
Einzelpersonen sei im Konsens kein Argument, völliger Unsinn ist. Vielmehr zeigt sich
das genaue Gegenteil, nämlich, dass die frühen, anerkannten Gelehrten, die Gelehrten
des Hadith und frühen Gelehrten der Muslime, alle solche Überlieferungen als ein
Argument in allen Bereichen des Din betrachteten. In diesen Punkten liegt also der
Sinn der folgenden Ausführungen.
2
al-Burhan, 1: 576-78
105
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
"Es kann also sein, dass ein Khabaru-l-Wahid das sicher Wissen nach sich
zieht, und dass ein Mutawatir nicht das Wissen nach sich zieht"
Er meint, wenn eine gewisse Anzahl von Leuten überliefert hat, aber die
Umstände ermöglichen, dass sie alle sich auf eine Lüge geeinigt haben. Wie
z.B. eine spezielle Information, welche alle Leute weitergeben, die gerade aus
einem Raum herauskommen und deren Rechtschaffenheit fragwürdig ist.
Also selbst dieser irregegangene Muctazili verstand, dass der Khabaru-l-Wahid
unter den entsprechenden Umständen sehr wohl bindend ist. Auch Abu-lHusain al-Basri von den Muctazilah vertrat diese Ansicht. Dies ist insofern
interessant, da gerade die Muctazilah für ihren extremen Hang zur verpönten
Philosophie bekannt waren. Genau diese Tatsache stürzte sie ja
bekanntermaßen in die schlimmsten Irrgedanken.
IBNU-L-HAJIB
...قد حيصل العلم خبب الواحد العدل ابلقرائن لغري التعريف
"Und es kann sein, dass ein Khabaru-l-Wahid das sichere Wissen nach sich
zieht wenn die entsprechenden Faktoren1 erfüllt sind"2
AL-AMIDI
Er sagte über den Khabar der Einzelpersonen:
واملختار حصول العلم خببه إذا احتفت به القرائن
"Und die vorzuziehende Meinung ist, dass er das sichere Wissen nach sich
zieht, wenn die entsprechenden Qara'in vorhanden sind"3
AL-QARAFI
وهو خب الواحد املنفرد إذا احتفت به القرائن حىت أفاد العلم
"Und dieser (Teil) ist der Khabaru-l-Wahid der von (entsprechenden)
Faktoren umgeben ist, sodass er schließlich das sichere Wissen nach sich
zieht"1
1
Im Arabischen: Qara'in
2
al-Mukhtasar, S. 72
3
al-Ahkam fi Usuli-l-Ahkam, 2: 49
106
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
IBNU-N-NAJJAR
.يد الْعِلْ َم ِابلْ َقَرائِ ِن
َ ََوق
ُّ ِ ُّال الْ ُم َوفَّ ُق َوابْ ُن محَْ َدا َن َوالط
ُ إنَّهُ يُِف:ويف َومجَْع
َص ُّح
َ َق
ْ ال ِيف " َش ْرِح الت
َ َوَه َذا أَظْ َهُر َوأ:"َّح ِري ِر
"Es sagte al-Muwaffaq und Ibnu-Hamdan at-Tufi und eine Anzahl (von
Gelehrten): "Er2 zeigt das sichere Wissen an, unter den entsprechenden
Umständen3"
Er sagte4 im Scharh des Tahrir: „Dies ist richtiger und naheliegender.““ 5
Kurz darauf erwähnt er folgende Aussage von Ibnu Taimiyyah (ra)6:
IBNU TAIMIYYAH
ِ
ِ ف علَى أ ََّن " خب ر الْو
ِ
ِ ِ ِ
ِ اح ِد " إ َذا تَلَ َّقْته ْاأل َُّمةُ ِابلْ َقب
ص ِدي ًقا لَهُ أ َْو
َ ِ ور أ َْه ِل الْعلْ ِم م ْن َمجي ِع الطََّوائ
ْ َول ت
ُ
ُ
ُ َوهلََذا َكا َن مجُْ ُه
َ ََ َ
ِ
ِ ِ ِ ِ وجب الْعِلْم وه َذا هو الَّ ِذي ذَ َكره الْمصنِ ُفو َن ِيف أ
ِِ
ِ َصح
اب أَِيب َحنِي َفةَ َوَمالِك
َ ُ َُ
ُ
َ ْ ُصول الْف ْقه م ْن أ
َ ُ َ َ َ ُ َُع َم ًال به أَنَّهُ ي
ِ
ِ
ِ
ِ ِ ِ
ك ؛ َولَ ِك َّن َكثِ ًريا ِم ْن
ْ َوالشَّافِعِ ِي َوأ
َ ك طَائَِفةً ِم ْن أ َْه ِل الْ َك َالِم أَنْ َكُروا ذَل
َ ين اتَّبَ ُعوا ِيف ذَل
َ َمحَد َّإال ف ْرقَةً قَليلَ ًة م ْن الْ ُمتَأَخ ِر
ِ
ِ
ِ أ َْه ِل الْ َك َالِم أَو أَ ْكثَرِهم ي وافِ ُقو َن الْ ُف َقهاء وأ َْهل ا ْحل ِد
اق
َ إس َح
َّ يث َو
َ ف َعلَى ذَل
َ َالسل
ْ ك َوُه َو قَ ْو ُل أَ ْكثَ ِر ْاألَ ْش َع ِريَّة َكأَِيب
ْ
َ َ ََ َ
َُ ْ
َوابْ ِن فورك
" … und deshalb meinte die überwiegende Mehrheit der Gelehrten aller
Richtungen, dass der Khabaru-l-Wahid das sichere Wissen anzeigt, wenn ihn
die Ummah in ihrer Allgemeinheit annimmt, als richtig befindet und
anwendet.
Dies ist es auch, was die Verfasser in (der Wissenschaft des) Usulu-l-Fiqh von
den Gefährten7 von Abu Hanifah, Malik, asch-Schafici und Ahmad
erwähnten, abgesehen von einer kleinen Gruppe der späteren Gelehrten,
1
Scharhu-t-Tanqih, S. 257
2
Der Khabaru-l-Wahid, also die Überlieferung einer oder weniger Einzelpersonen.
3
Im Arabischen: Qara'in.
4
bzw.: Es heißt im Scharh…
5
Scharhu-l-Kaukabi-l-Munir, 2: 348-50.
Hier wurde die Aussage direkt aus Majmucu-l-Fatawa von Ibnu Taimiyyah zitiert, da
das Zitat im Wortlaut leicht vom Original abweicht.
6
7
bzw. Anhängern
107
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
welche hierin einer Gruppe der Leute des Kalam1 folgten, welche dies
zurückwiesen.
(Dies,) wobei viele der Leute des Kalam oder die meisten von ihnen mit den
Fuqaha‘, den Leuten des Hadith und den Salaf2 in dieser Sache
übereinstimmen, und das ist auch die Aussage der Mehrheit der
Aschcariyyah3, wie Abu Ishaq und Ibnu Furak."4
Ibnu Taimiyyah (ra) hat hier also erwähnt, dass sich die überwiegende
Mehrheit, besonders der früheren Gelehrten, in dieser Frage einig waren.
Man könnte also sicher hunderte dieser Gelehrten anführen. Dabei ist zu
bedenken, dass es sich hierbei nicht um irgendwelche Gelehrte handelt, die
bei den Vertretern dieser Irrmeinung über den Khabaru-l-Wahid nicht
anerkannt sind. Im Gegenteil, hier wurden vorwiegend Gelehrte zitiert, die bei
ihnen hohes Ansehen genießen.
Es ging ja in erster Linie darum, genau diese Gelehrten zu zitieren, da im
Grunde alle Gelehrten des Hadith ohnehin stets klar und deutlich die richtige
Meinung vertraten und davon überzeugt waren. So ist dies die Ansicht der
vier Gelehrten der befolgten Madhahib5, der Überlieferer der Ahadith wie der
1
also der verpönten Philosophie
Mit Salaf sind im Speziellen die ersten drei Generationen der Muslime gemeint. Diese
genießen einen besonderen Stellenwert, da der Prophet (sas) in einem Hadith ihre
Güte bekräftigte. Darin liegt natürlich auch eine klare Anweisung für die nachfolgenden
Generationen sich an die Salaf zu halten. Besonders wenn es um die Grundlagen und
Glaubensinhalte des Islam geht, da die Abweichungen und Zwiespalte (Fitan) in diesen
Dingen erst nach der Zeit der Salaf überhand nahmen. Zu ihrer Zeit hingegen waren sie
deutlich von den tatsächlichen Inhalten des Islam zu trennen. Erst danach breiteten
sich diese Fitan so weit aus, dass viele Menschen auf Grund ihrer Unwissenheit falsche
Inhalte übernahmen.
2
Ebenfalls eine der Splittergruppen (Firaq) in der islamischen Geschichte, die durch
die Philosophie stark beeinflusst war. Diese Strömung findet auch heute noch sehr
starke Verbreitung.
3
Majmucu-l-Fatawa, 13: 351. Ibnu Taimiyyah (ra) und sein Schüler Ibnu-l-Qayyim (ra)
sprechen an mehreren Stellen ihrer Bücher, mit der von ihnen gewohnten,
bestechenden Beweiskraft, über diese Angelegenheit.
4
Pl. von Madhhab, was heute häufig mit Rechtsschule übersetzt wird. Wie schon zuvor
erwähnt wurden und werden diese „Schulen“ oft in einer Weise verstanden und
befolgt, die nie so vorgesehen war.
5
108
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Verfasser der Sittah1, sowie die Ansicht von Ibnu Hazm, Ibnu Taimiyyah und
Ibnu-l-Qayyim2 und vielen anderen.
Wie weit entfernt von der Realität und wie unsinnig erscheint also die
Behauptung der meisten "Gelehrten" und Professoren der heutigen
Universitäten? Sie vertreten nicht nur diese unsinnige Bidcah, sondern
schreiben sie den allermeisten Gelehrten zu. Viele von ihnen wagen es sogar
den Ijmac für ihre Bidcah zu behaupten. Wo ist also dieser Ijmac bei all den
angeführten Aussagen?
Es ist wie Ibnu-l-Qayyim (ra) sagte: Ein Taghut, der es den Leuten erleichtert
alles abzulehnen, was ihnen von der Sunnah nicht passt. Und genau das ist es,
was wir gegenwärtig täglich erleben.
Heute ist die Unwissenheit über die Grundlagen des Islam so groß geworden,
dass die Menschen mit solchen Argumenten sogar versuchen den Tauhid und
seine zwingenden Folgen anzuzweifeln. Wenn man sie zum Ablass vom Schirk
und zur Lossagung vom Taghut aufruft, glauben sie mit dieser Bidcah
argumentieren zu können und meinen: "Ja, aber ist dieser Hadith
mutawatir? Denn wenn er nicht mutawatir ist, dann ist er ja in
Glaubensfragen kein Argument."
So wird dies heute sehr häufig gemacht. Vielmehr ist es sogar die Regel in der
heutigen Zeit.
Der Tauhid ist die Grundlage des Islam. Es handelt sich dabei nicht um eine
Sache, die durch ein paar Akhbaru-l-Ahad definiert wird. Schließlich ist dies,
die wichtigste und deutlichste Sache im gesamten Islam. Sie kehrt im Qur’an
im Grunde auf jeder Seite wieder und wird in den stärksten Ahadith
überhaupt erklärt. Von daher, ist die Diskussion über einen einzelnen Hadith
hier völlig hinfällig. Mal abgesehen davon, dass die Ahadith, welche die
Grundlagen des Islam erklären, zu den häufigsten und stärksten überhaupt
zählen. Es ist also schon bezeichnend für diese Zeit, dass jemand bei der Frage
des Tauhid dieses Argument anführt.
1
Die sechs bekannten Hadith-Bücher, die zuvor schon erwähnt wurden.
Möge Allah ihnen ihre Anstrengungen bestens vergelten und sich ihrer aller
erbarmen, amin.
2
109
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Aber genau in solchen Dingen liegt das Problem der heutigen Philosophen der
Aschcariyyah, Maturidiyyah usw., von der Universität des Azhar und
ihresgleichen. Das ist es auch, was man von ihren geistigen Vertretern
hierzulande hören kann, welche sich auf die Gelehrten des Kalam stützen, ob
sie dies nun selbst wahrnehmen oder auch nicht1.
Das erste was man bei diesen Leuten und Universitäten heute lernt ist, dass
der Khabaru-l-Wahid keine Hujjah in der cAqidah ist. Bevor man den Leuten
noch einen Buchstaben über den Tauhid beigebracht hat, werden sie schon
hiermit indoktriniert. Bevor die Menschen heute die Grundlagen des Islam
lernen, wird ihnen gelehrt mit welchen Mitteln und Wegen sie alles ablehnen
können was ihnen missfällt.
Das liegt daran, dass diese Leute oft selbst in keinster Weise wissen, was
genau der Schirk bedeutet. Ihnen ist nicht klar, dass ein Mensch der Schirk
begeht niemals ein Muslim sein kann. Wäre ihnen dies klar, wüssten sie um
die Ausbreitung des Schirk in der heutigen Realität Bescheid und würden
ihren Schülern nicht schon vor dem Tauhid ihre Bidac einimpfen.
Durch diese starke Erscheinung der Unwissenheit, sind die Leute durch diese
Lehren so verwirrt, dass sie dann spontan versuchen – wie sie es gelehrt
wurden – diese Bidcah gegen die stärksten Argumente des Din zu verwenden
und das Fundament des Islam anzuzweifeln. Viele jener Leute machen dies
nicht bewusst, sondern es ist die spontane Umsetzung dieser Erziehung.
Genau so muss es auch sein in der Zeit der Jahiliyyah2. Möge Allah uns vor
dem Schlechten dieser Zeit bewahren, Amin.
egal ob es sich dabei um Einzelpersonen handelt, die diese Ansichten unterrichten,
oder um Gruppen, die solche Gedanken adaptieren, wie Hizbu-t-Tahrir und andere.
1
2
Die Zeit der Unwissenheit.
110
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
DAS URTEIL VON JEMANDEM, DER EINEN KHABARU-L-WAHID AUFGRUND DIESER
BIDCAH NICHT ANNIMMT
Das Ablehnen einer überlieferten Sache ohne einen tatsächlichen Kritikpunkt,
im Hinblick auf die Korrektheit der Überlieferung ist, wie zuvor erwähnt, Kufr.
Dies ist eine klare Sache nach den vorhergegangenen Adillah1.
Jemand der diese Bidcah jedoch angenommen hat, kann unter Umständen
entschuldigt sein und zwar durch Unwissenheit bzw. Ta'wil2.
Dies, wenn er entweder sehr unwissend ist und die Beweise grundsätzlich
nicht kennt. Oder – was bei weitem häufiger vorkam – den Beweis aus diesen
Texten nicht richtig verstand oder missinterpretierte.
So kann es sein, dass jemand viele der zuvor angeführten Ahadith zwar kennt,
aber es ihm niemals auch nur annähernd eingefallen wäre, dass sie ein
Argument in der Frage der Akhbaru-l-Ahad darstellen. Er hat bei diesen
Ahadith in keinster Weise über diese Angelegenheit nachgedacht.
Wenn er einen sicheren Hadith der Akhbaru-l-Ahad ablehnt, dann mit dem
Glauben, dass Allah dies in seinem Din vorgeschrieben hat. Er denkt dafür
irgendwelche Beweise zu haben. Diese sind aber nur die Schubuhat mit denen
er vielleicht schon seit seiner Kindheit lebt.
Deshalb wird er durch diese Bidcah nicht zum Kafir, es sei denn, nach Iqamatul-Hujjah3 gegen ihn. Angenommen es wäre bei ihm ersichtlich, dass er diese
Beweise kennengelernt und ihre Bedeutung verstanden hat. In dem Fall muss
er diese Sache akzeptieren, wenn nicht, könnte er in diesem Falle kein Muslim
sein.
1
Beweisen, Pl. von Dalil.
2
falsche Auslegung
3
der Erbringung des klaren Arguments/Beweises.
111
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Grundlegende Widerlegungen des Schiitentums
im Thema der Überlieferung und einiger
schiitischer Schubuhat
DIE ABLEHNUNG DER SUNNAH UND IHRE FOLGEN FÜR DIE SCHIITEN
SELBST
Wie schon erwähnt wurde, fällt jede Kritik der Schiiten umso stärker auf sie
selbst zurück. Wenn sie also beispielsweise den Sahih von al-Bukhari
kritisieren, ist dies gleichbedeutend mit einer vernichtenden Kritik ihrer
eigenen Bücher, der sie nie stand halten könnten.
Im Folgenden sollen einige Punkte angeführt werden, die bis jetzt noch keine
gesonderte Erwähnung fanden:
EHEMALIGE SCHIITISCHE HADITH-GELEHRTE UND IHRE ANALYSE
SCHIITISCHER „ÜBERLIEFERUNGSKUNST“
Einige der großen schiitischen Gelehrten selbst hatten innerhalb des letzten
Jahrhunderts im Herzen des Iran ihren Übertritt zum Islam verkündet und
dazu aufgerufen. Sie sagten sich von den Rafidah los, bezeichneten sie als
Muschrikin und nahmen ihre Bücher völlig auseinander. In ihren Schriften
erklärten sie sehr genau die Wertlosigkeit des angeblich korrektesten Buches
der Schiiten. Daraufhin arbeiteten die schiitischen Gelehrten im Iran und die
Regierung natürlich eifrig daran diese Leute zu eliminieren.
So finden wir heute z.B. das Buch von Ayatullah al-Barqaci "Die Zerstörung der
Götze" in dem er den al-Kafi von al-Kullaini in der Tat wissenschaftlich
"zerstört" hat. Wer wird wohl mehr Wissen über die Überlieferungen von alKullaini haben als die großen Gelehrten der Schiiten, wie al-Barqaci1 oder der
schiitische Gelehrte al-Majlisi, welcher einen beträchtlichen Teil aller
„Ahadith“ im Kafi als falsch beurteilt? Meinen die modernen Schiiten
wissender als ihre großen Gelehrten zu sein? Und selbst wenn sie dies
1
der dann wie gesagt das Schiitentum verließ…
112
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
behaupten, die Wahrheit wird nicht durch bloße Behauptungen bewiesen.
Zuerst müssten sie schon all die klaren Argumente zurückweisen.
DIE SCHIITEN KÖNNEN REIN TECHNISCH GESEHEN NIEMALS DIE
VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE SO SICHERE ÜBERLIEFERUNG ERFÜLLEN
Die Schiiten können im Bezug auf Überlieferungen im Grunde überhaupt nicht
mitreden. Rein technisch gesehen könnten sie die oben beschriebenen
Methoden zur Sicherung der Sunnah niemals anwenden. Weder haben sie die
entsprechenden Überlieferungen, noch die Gelehrten, noch die Studien.
Wie viele Ahadith bleiben bei ihnen für die "Sunnah"1 des Gesandten (sas)
noch übrig, wenn man nur ihre eigene Kritik an ihren eigenen Werken
betrachtet? Was bleibt dann erst übrig, wenn andere Leute, die nicht ihrer
Meinung sind, ihre Bücher kritisch analysieren?
DER EINZIGE WEG ZUR BEURTEILUNG DER RUWAT SIND DIE BÜCHER
DER RIJAL-GELEHRTEN
Es gibt überhaupt keinen Weg die Überlieferer und ihre Überlieferungen
richtig zu beurteilen, außer die Bücher der Hadith-Gelehrten, welche sich mit
der Wissenschaft der Überlieferer2 beschäftigten. Mit den oben
beschriebenen Methoden konnten sie eine extreme Sicherheit über die
Ahadith gewinnen.
Was ist nun mit den schiitischen Quellen, wenn wir beim besten ihrer Bücher
(!) dem Kafi, die Urteile jener schiitischen "Gelehrten" betrachten?
Wir finden dort zahlreiche Beurteilungen für die Überlieferer wie "Ein Satan",
"Ein Lügner über Allah und seinen Propheten (sas)", "Leugner des Din",
"verflucht"! Solche Dinge sind bei diesen Büchern keine Einzelfälle. Dies sind
darüber hinaus die Urteile der schiitischen Rijal-Gelehrten selbst! Ganz zu
schweigen davon, dass all diese Urteile nach wissenschaftlichen Maßstäben
Es handelt sich ja eigentlich nicht um die Sunnah des Propheten (sas), wie jemand
ohne Vorwissen fälschlicherweise annehmen könnte. Die Überlieferung der Schiiten
befasst sich zum überwiegenden Teil mit der Sunnah ihrer Imame, nicht mit der des
Propheten (sas)!
1
2 cIlmu-r-Rijal
113
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
unbrauchbar sind. Sie stellen nichts als eine billige, schlechte und misslungene
Kopie der richtigen Hadith-Wissenschaften dar.
Danach kommen sie nun und behaupten über den Kafi, er sei das richtigste
Buch über die Überlieferung, das es gibt. Sodann leugnen sie den Sahih von
Bukhari und verfluchen ihn als Lügner. Man fragt wirklich nach dem Verstand
von Leuten mit solchen Vorgehensweisen.
Wie können die Schiiten überhaupt auf die Idee kommen, ihr Buch auch nur
mit dem Sahih von Bukhari zu vergleichen. Der Kafi könnte maximal als
schlechtes Märchenbuch durchgehen, mehr sicher nicht.
Jedenfalls kommen alle Menschen, die sich auf diese Überlieferungen stützen,
um die Urteile ihrer eigenen Rijal-Gelehrten nicht herum. Dies betrifft die
Schiiten genauso wie die Anhänger der Sunnah.
Wenn diese Gelehrten einmal geurteilt haben, gibt es keinen anderen Weg
mehr, denn sie kannten diese Überlieferer persönlich. Sie erkundigten sich bei
all ihren Bekannten, Lehrern und Schülern über sie. Es ist also völlig hinfällig
was ein heutiger Gelehrter zu einem Überlieferer meint. Es ist ihm nicht
möglich gegen das Urteil aller Rijal-Gelehrten zu gehen.
Damit stehen die Schiiten bei ihrer eigenen unzulänglichen Wissenschaft vor
einem weiteren großen Problem. Nachdem diese "Rijal-Gelehrten" zahlreiche
schiitische Überlieferer als völlig untauglich bewertet haben, gibt es keinen
Weg mehr diese Überlieferungen schön zu malen.
DIE IRRSINNIGE BEHAUPTUNG „WIR NEHMEN NUR VON
UNFEHLBAREN“. EIN WEITERER FUNDAMENTALER WIDERSPRUCH
Die Schiiten haben ein weiteres erhebliches Problem. Wenn man ihnen sagt,
dass man die Sunnah des Propheten (sas) von der Überlieferung seiner
Sahabah (ra) nimmt, erwidern einige: „Wir nehmen nur von Leuten die
macsum1 sind“.
Dieses „Argument“ ist nichts als eine Flucht der Schiiten vor der Tatsache,
dass sie keine brauchbare Überlieferung aufweisen können. Auf diese Art
wollen sie den Leuten suggerieren, dass die Methode der Überlieferung der
1
unfehlbar
114
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Sunnah und ihre gesamten Bücher unzuverlässig seien. Die Botschaft auf die
sie hinauswollen ist: "Wisst ihr warum eure Methode unzuverlässig ist? Weil
ihr von Leuten nehmt die Fehler machen, so wie ihr selbst auch!" Und so hört
man von ihnen tatsächlich Aussagen wie: „Wir befinden uns auf dem Din der
Unfehlbaren, während ihr euch auf dem Din der Fehlbaren befindet.“
Dieses „Argument“ lässt einen wirklich verstummen. Es ist von so
grenzenloser Torheit, dass es einen wirklich am Verstand einer solchen Person
zweifeln lässt.
Offenbar haben diese Leute eine Sache nicht bedacht. Nämlich, dass sie selbst
nicht direkt vor den Leuten sitzen, die – ihrer Ansicht nach – fehlerfrei waren.
D.h. sie nehmen ebenfalls ausschließlich von den fehlbaren Menschen, welche
dies nur weiterüberliefern.
Der einzige Unterschied zwischen ihnen und uns ist, dass ihre Methode dafür
völlig unbrauchbar und lächerlich ist. Wie gesagt, muss deshalb jede Kritik die
sie anbringen zehnfach auf sie selbst zurückfallen.
Es ist also auch in der sagenumwobenen und mythischen Kultwelt der Schiiten
unverzichtbar von fehlbaren Menschen zu überliefern und wenn sie meinen,
dies sei zulässig, dann kann man sofort erwidern: Nun, dann ist es ebenso
zulässig, dass eben diese fehlbaren Menschen vom unfehlbaren Propheten
(sas) überliefern. Und im Gegenteil, dieser unfehlbare Prophet (sas) ist – im
Gegensatz zu ihren Imamen - im Konsens aller Menschen die sich zum Islam
zählen, vom Fehler bewahrt. Also ist das, was von ihm überliefert wird,
wichtiger und hat mehr Anrecht, dass ihm gefolgt wird.
Darüber hinaus ist das, was die Schiiten meinen von ihren Imamen zu
nehmen, nichts anderes als das, was der Prophet (sas) gelebt hat. Sie selbst
sagen ja, dass die Weisungen der Imame nichts anderes sind, als die gelebte
Sunnah des Propheten (sas).
Und auch von dieser Hinsicht ist es richtiger, ihm direkt zu folgen, denn er ist
die Quelle und die Imame – selbst nach ihrer Theorie – schöpfen nur aus
dieser Quelle.
Es sei denn, es gibt Schiiten die tatsächlich meinen, dass die Sunnah des
Propheten (sas) Vergangenheit ist und nur noch die Anweisungen der Imame
bindend sind.
115
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Man hört Schiiten immer wieder solche Dinge sagen wie: "Den Din darfst du
nur von den Imamen lernen", "Wie du betest hast du von den Imamen zu
lernen".
Der Prophet (sas) hat aber alle Dinge in diesem Din erklärt. Allah sagt im
Qur’an:
ِ ت َعلَيح ُكم نِ حعم ِِت ور
ِيت لَ ُك ُم ح
اْل حس ََل َم ُِّينا
ُ ض
ُ حت لَ ُك حم ُِّينَ ُك حم َوأ حَْتَ حم
ُ الحيَ حوَم أَ حك َمل
ََ َ ح
"Heute habe ich euch eure Religion vervollkommnet und meine Gnade über
euch vollendet und bin mit dem Islam für euch zufrieden … "1
Was wäre die Bedeutung dieser Ayah, wenn der Qur’an und die Erklärung des
Propheten (sas) nicht ausreichend wären?
Ebenso hat der Prophet z.B. klar gesagt:
ُصلِِي
َ صلوا َك َما َرأَيح تُ ُم ِوِن أ
َ
"Betet so, wie ihr mich beten gesehen habt".2
Er sagte also nicht: „Betet wie ihr die Imame beten seht.“
Dies würde also bedeuten, dass der Prophet (sas) das Gebet erklärt hat und
seine Erklärung dafür völlig sinnlos war, denn man darf es ohnehin von ihm
nicht nehmen, sondern man hat es von den Imamen zu lernen.
Zudem gibt der Prophet (sas) dann noch die – gemäß ihrer Auffassung – völlig
sinnlose Anweisung das Gebet genau so zu verrichten, wie er es tat.
Denn wir sollen es ja nicht von der Sunnah überliefern und lernen bzw. wir
können es gar nicht von der Sunnah lernen, wie sie meinen. Dies, wobei uns
diese Texte in äußerster Genauigkeit und Vielfalt überliefert wurden. Also
warum sollen wir nicht so beten, wie es uns in diesen Ahadith im Detail
überliefert wird?
Darüber hinaus gibt es hierbei, selbst aus schiitischer Sicht, einen weiteren
Widerspruch, nämlich: Der Prophet (sas) ist nicht nur irgendein Imam. Er ist
selbst bei den Schiiten der Imam der Imame und der oberste der Propheten
(as). Also warum kann es falsch sein, wenn man sich an seine Erklärung des
1
Surah al-Mai'dah: 3
2
al-Bukhari
116
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Din hält? Und warum ist eine weitere Erklärung des Din erforderlich? Hat der
Prophet (sas) den Din nicht zur Genüge erklärt. Möge unser Herr uns vor
solchen Gedanken bewahren.
Wenn sie also behaupten: „Wir dürfen nur von Fehlerfreien nehmen.“,
erwidern wir: „Aber ihr nehmt von Fehlerhaften.“ Wenn sie dann ausweichen
und meinen, dies sei ja nur die Überlieferung, aber das Wort selbst stammt
vom macsum, dann erwidern wir: „Genau so gehen wir auch vor. Aber der
macsum dem wir folgen (sas) ist besser und hat im Konsens aller Muslime
mehr Anrecht darauf, dass seiner Sunnah gefolgt wird.“
EINE WEITERE FLUCHT: „MAN DARF NICHTS VON VERSTORBENEN
NEHMEN, SONDERN NUR VON LEBENDEN“
So unglaublich es sich anhört, aber es gibt tatsächlich Schiiten die meinen
man dürfe nichts von toten Menschen annehmen. Jene nehmen diese
Aussage quasi als „das heilige Argument“, mit dem sie alles widerlegen
können. Wann immer man sie mit einer Absurdität in den Quellen ihrer
Bücher konfrontiert, erwidern sie sofort mit diesem Argument. Selbst wenn es
um Glaubensinhalte geht, auf die sich das gesamte Schiitentum baut und die
von ihren frühen Gelehrten im Konsens überliefert wurden! Völlig egal jedoch.
Wenn sie keinen Fluchtweg mehr haben, dann heißt es einfach: „All diese
Dinge gehen uns überhaupt nichts an. Wir haben damit nichts zu tun. Denn
wir nehmen nichts von den Toten.“ Es bleibt eigentlich nichts mehr übrig,
außer Allah für sie um Rechtleitung und Verstand zu bitten.
Die Aussage ist derartig absurd, dass man sich schon selbst überwinden muss,
um überhaupt auf so etwas einzugehen.
Der ganze Din, von Anfang bis Ende, wurde doch schließlich nur von jetzt
bereits toten Personen überliefert. Der Prophet (sas) selbst ist verstorben und
die Überlieferung von ihm stellt die Quelle dieses Din dar. Ebenso die ganzen
Überlieferer der verschiedenen Ketten. Auch die Schiiten können sich dem
unmöglich entziehen, es sei denn sie meinen selbst Offenbarung zu
bekommen und sich so dieses Problems zu entledigen. Dann wären sie
natürlich auf eine Überlieferung nicht mehr angewiesen. Jedoch ist dann auch
die Diskussion um sie endgültig beendet.
Es handelt sich also um eine völlig unmögliche Behauptung, die
widersprüchlicher gar nicht sein könnte. Auch der schiitische Din stützt sich zu
117
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
hundert Prozent auf die Nachrichten von toten Menschen. Es ist also gar nicht
denkbar, dass ein Mensch in so einem Widerspruch verharrt. Er muss die
Unsinnigkeit seiner Aussage akzeptieren. Aber die Torheit kennt offenbar
keine Grenzen. Und so sehen wir Leute, die sich von dieser Aussage in eine
mindestens genauso törichte flüchten.
EINE WEITERE FLUCHT: „NUR DIE LEBENDEN GELEHRTEN DÜRFEN VON
DEN TOTEN NEHMEN.“
Wenn also jemand denkt, dass die obige Aussage verrückt ist, dann muss er
erst hören, was einige Schiiten auf diese Konfrontation erwidern. Sei meinen
unglaublicher Weise: „Nur einem lebendigen Gelehrten ist es erlaubt etwas
von den Toten anzunehmen.“
Hinter solchen „Argumenten“ kann nichts anderes stehen, als eine pure
Götzendiener-Mentalität. Es ist ein Kult der Anbetung von „heiligen“ Führern
und Priestern. Ein völlig blindes Folgen ohne jeglichen Rest von Verstand.
Die Frage die sich solche Menschen stellen müssen ist, wie man denn nun den
lebenden Gelehrten definiert? Tatsache ist doch, dass jede Gruppe meint ihr
Schaikh sei der Ober-Gelehrte. Es ist also eine völlig untaugliche
Argumentation. Was sind die Voraussetzungen die ein Gelehrter bei diesen
Leuten erfüllen muss? Muss er einen Doktortitel haben, oder ist der Magister
auch schon ausreichend? Oder gar das Bakkalaureat? Vielleicht reicht ja auch
das Selbststudium dafür aus.
Oder ist es von der Zeit abhängig? Welche Zeitspanne würde also ausreichen,
für die Erlaubnis die Bücher einsehen, und seinen Verstand benützen zu
dürfen? Zwei, fünf, zehn, zwanzig oder gar fünfzig Jahre? Jedoch gibt es
Menschen, die in einem Jahr lernen, was andere in zehn Jahren nicht lernen
können.
Die Antwort ist natürlich einfach bei solchen Leuten. Es ist immer gerade der
Obere ihrer Sekte, der das ultimative Recht hat. So kommt es sogar vor, dass
Leute erst seit einem oder zwei Jahren Schiiten sind, aber dann schon
behaupten (womöglich noch als einzige) dieses Recht zu haben. Aber in einem
Kult der auf Absurditäten gebaut ist, kann einen eigentlich nichts mehr
verwundern.
Die „heilige, vernichtende Beweisführung“ bei solchen Leuten lässt sich also
wie folgt an einem Beispiel darstellen:
118
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Wenn man ihnen verschiedenes von den Merkwürdigkeiten des Schiitentums
aufzählt, wie z.B.:
• Ihre wichtigsten und frühesten Gelehrten überliefern den Konsens über die
Verfälschung des Qur’an.
• Ebenso meinen sie die Sahabah wären nach dem Tode des Propheten (sas)
alle vom Islam abgefallen.
• Im wichtigsten Buch der Schiiten, Usulu-l-Kafi werden unzählbar viele
Überlieferungen mit Kufr-Inhalten überliefert. Die Allgemeinheit der alten
schiitischen Gelehrten heißt diese gut und befindet sie für richtig.
Die allgemeine bestechende Antwort lautet: „Das ist uns völlig egal. Es ist
alles überhaupt kein Argument gegen das Schiitentum. Denn diese
Gelehrten sind alle nicht mehr am Leben.“
Wenn ihnen dann erklärt wird, dass diese Aussage unhaltbarer Unsinn ist, weil
sie ihren gesamten Din verwerfen müssen, wenn sie nur von Lebenden
nehmen, begegnen sie: „Nur die wahren Gelehrten, wie unsere also, können
entscheiden was davon angenommen wird und was nicht.“
Kann man nun bei so jemandem noch etwas anderes sagen, als dass er seinen
Verstand vollständig ausgeschalten hat und nur noch einem reinen
Heiligenkult folgt? Der Verstand solcher Leute befindet sich in der Tasche
ihres Schaikh.
WENN MAN AUSNAHMSLOS NUR VOM IMAM NEHMEN DARF, SIND DIE
SCHIITEN HEUTE ZUR IRRE VERDAMMT
Die Schiiten meinen, sie dürfen nur von einem Imam nehmen. Aber wo ist
dieser fehlerfreie Imam heute? Sie sind heute zweifellos ohne eine solche
Führung. Oder sind ihre gegenwärtigen Führer nun auch fehlerfrei geworden?
Dies bezieht sich ja bei ihnen, wie sie meinen nur auf zwölf Personen. Damit
haben sie also selbst bewiesen, dass sie ohne weiteres einem fehlbaren
Menschen folgen und direkt von ihm Angelegenheiten des Din übernehmen.
Damit haben die Schiiten mit einer abergläubischen Geschichte ihren anderen
fundamentalen Aberglauben der Imame Theorie widerlegt.
Man muss sich Folgendes vergegenwärtigen: Die Schiiten sparen nicht mit
dem Argument, dass sie sich dadurch auszeichnen eine fehlerfreie Führung zu
haben. Man kann immer wieder hören wie sie sich darüber empören und
119
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
belustigen, wie man denn behaupten kann, die Führung der Muslime einem
fehlbaren Menschen zu übergeben. Mit diesem „bestechenden“ Argument
wollen sie zeigen, dass es ja unbedingt fehlerfreie Imame geben muss, damit
diese dann die besagte Führung übernehmen.
Auf der anderen Seite sehen wir genau diese Schiiten, wie sie ihre Führung
seit Jahrhunderten genau solchen fehlerbehafteten Menschen übergeben. Es
ist als ob sie sich über sich selbst lustig machen.
WENN DER DIN NICHT VON UNFEHLBAREN WEITERGEGEBEN WERDEN
KANN, WARUM HAT DER PROPHET (SAS) DANN SOLCHE ZU DIESEM
ZWECK ENTSANDT?
Wenn man den Din nur von einem Imam lernen darf der fehlerfrei ist, wie die
Schiiten ständig wiederholen, warum hat dann der Prophet (sas) fehlbare
Menschen entsandt um die wichtigste Sache im Din und sodann alle weiteren
Angelegenheiten der Scharicah zu unterrichten?
Dies wäre eine völlig sinnlose Handlung des Propheten (sas) (welcher über so
etwas erhaben ist). Die Folge der schiitischen Behauptung ist, dass er (sas) in
jedem dieser Fälle einen Fehler machte.
Somit sind alle Überlieferungen, die dies belegen von den Schiiten
abzuleugnen1 und dies dürfte ihnen schwer fallen, denn die ganze Sirah2
bezeugt diese Vorgehensweise des Propheten (sas). Es gibt wohl keinen
Zweifel, dass die Schiiten selbst etliche solche Überlieferungen anführen.
Warum haben sie dies getan? Es gibt eine ganz einfache Antwort: Ihr Din ist
derartig widersprüchlich, dass es einem Menschen unmöglich ist alle
Widersprüche zu bedenken. Deshalb haben sie den Widerspruch in vielen
Fällen nicht einmal annähernd bemerkt. Ihnen war nicht klar, dass sehr viele
Ahadith die sie selbst anführen, aus den verschiedensten Gründen ein Beweis
gegen sie sind. Aus diesem Grund kann man etliche solche Dinge in ihren
eigenen Büchern finden.
1
Viele davon wurden zuvor in diesem Buch schon erwähnt.
2
Geschichte des Propheten (sas)
120
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Aber in Anbetracht der Tatsache, dass ein Kernpunkt im Schiitentum die
Ablehnung tausender Überlieferungen ist, kann man natürlich keinesfalls
erwarten, dass dies ein Problem für sie darstellt.
DIE ÜBERLIEFERTE SUNNAH ENTHÄLT ZAHLREICHE PROPHEZEIUNGEN,
DIE SICH SEHR EXAKT BEWAHRHEITET HABEN
In der Sunnah des Propheten (sas) welche in unseren Büchern überliefert
wird, finden wir etliche Prophezeiungen des Propheten (sas), die sich genau
so bewahrheitet haben.
Diese sind so viele, dass einige Gelehrte ganze Bücher darüber gesammelt
haben. Sie sind ein wunderbares, klares Zeichen für die Richtigkeit des
Prophetentums unseres Propheten (sas) und – unter vielen anderen – ein
klarer Beweis für seine Aufrichtigkeit. Dadurch sind sie aber auch ein
deutlicher Beleg für die Richtigkeit und Authentizität der überlieferten
Sunnah.
Die Schiiten müssen all diese Hadithe ablehnen, wobei ihre Richtigkeit durch
die Realität bestätigt wurde und sie ein Zeichen des Prophetentums von
Muhammad (sas) darstellen.
SCHUBHAH: DER HADITH MUTAWATIR IST JA BEI DEN GELEHRTEN
SELBST GAR NICHT EINHEITLICH DEFINIERT. WIE KANN DANN JEMAND
ZUM KAFIR WERDEN WEIL ER EINEN MUTAWATIR ABLEHNT?
Nach dem Verständnis der Angelegenheit des Khabaru-l-Wahid, können wir
mit Leichtigkeit verstehen was es wirklich mit dieser Schubhah auf sich hat.
Mit diesem Scheinargument versuchen sich die Schiiten und andere, die
sichere Bestandteile der Sunnah ablehnen, zu verteidigen.
Die Ru’yah ist z.B. ein solcher fester Bestandteil, der von diesem Din
überliefert wurde. Die Ablehnung dieser Überlieferungen nach ihrer Kenntnis
ist Kufr. An dieser Stelle erwidern diese Gruppen mit einem solchen
Argument. In dem Sinne, dass es nicht erlaubt ist auf irgendwen Takfir zu
machen, wegen der Ablehnung einer Mutawatir-Überlieferung, weil ja
ohnehin nicht klar definiert ist was mutawatir eigentlich bedeutet.
121
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Wie sich zeigen wird, birgt diese Aussage eine Reihe von Mukaffirat1 in sich,
die sich direkt gegen grundlegende Prinzipien des Islam richten. Ein wenig
normaler Menschenverstand und dessen Benützung reicht an sich schon aus
um vieles davon selbst zu erkennen.
DIE WAHRE BEDEUTUNG DIESER AUSSAGE
Diese Aussage bedeutet in Wirklichkeit, dass jeder Mensch jeden Hadith
ablehnen kann, ganz nach Lust und Laune. Es spielt dabei überhaupt keine
Rolle wie stark der Hadith ist. Denn selbst wenn der eine meint er sei
hundertmal mutawatir, dann heißt das gar nichts. Denn jeder hat ja den
Tawatur anders definiert und somit kann man nichts mehr dagegen
einwenden.
Es kann also jeder Kufr machen, gegen welchen Teil von der Sunnah auch
immer, ohne dass man auch nur ein Wort sagen könnte. Die Person muss
immer nur erwidern: "Der Hadith ist bei mir nicht mutawatir"
Alleine diese Tatsache muss jedem Menschen mit Verstand, nach ein bisschen
Überlegung sofort auffallen. Er braucht dazu nicht einmal viel Wissen. Es muss
ihm sofort klar sein, dass das niemals so sein kann.
ÜBER DIE DEFINITION UND GRENZE DES TAWATUR UND DIE WIDERLEGUNG DER
ZAHLENANGABEN
Einige Gelehrte legten die Grenze für den Tawatur unterschiedlich fest,
worauf schon zuvor hingewiesen wurde. Die richtige Bedeutung der Aussagen
dieser Gelehrten wurde ebenfalls zuvor schon erklärt. Jene Zahlen die von
einigen Gelehrten angegeben wurden, um den Tawatur zu definieren,
unterscheiden sich sehr stark und alle Leute die dafür Zahlen angaben,
versuchten dies irgendwie zu untermauern.
So meinten manche, ab fünf Ketten handelt es sich um einen Mutawatir, mit
der Begründung, dass Allah bei einer Strafe für ein Verbrechen im Höchstfall
vier Zeugen voraussetzt. Dann sagten sie, wenn Allah vier Zeugen voraussetzt
um einen Ehebruch nachzuweisen, dann ist es angemessen zum Schutz der
Sunnah noch einen weiteren Zeugen hinzuzufügen.
1
also Inhalte, die den Kufr nach sich ziehen
122
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Andere meinten, es handle sich um 7 oder 12 usw. bis zu 70. Es wird sogar
erwähnt, dass jemand meinte, die Anzahl der Leute von Badr.
WAS ZUM VERSTÄNDNIS DIESER ZAHLENANGABEN ZU ERWÄHNEN IST
1, Wenn jemand seinen bloßen Verstand benützt, muss ihm doch folgende
Sache klar sein:
Es wurde vorher erwähnt, dass der Hadith "Wer über mich mutwillig lügt…"
von etwa 70 Sahabah überliefert wurde und dass er damit zu den stärksten
Ahadith überhaupt gehört. Er wird deshalb immer wieder in den Büchern der
Hadith-Wissenschaften als Beispiel für den Tawatur Lafdhi angeführt.
Wenn also jetzt jemand sagte, mutawatir bedeutet, er wurde von der Anzahl
der Leute bei Badr überliefert, kann es unmöglich sein, dass er mit mutawatir
das meint was die meisten Menschen heute glauben.
Sondern es muss vielmehr so sein, dass er den Mutawatir Hadith nur
theoretisch betrachtet, also im Hinblick auf die Frage: Ab wann sollte ein
Hadith in diese Klasse/Kategorie eingeordnet werden. Nicht jedoch, dass jede
Überlieferung unter der Zahl von Badr zweifelhaft bzw. abzulehnen wäre.
Denn wie zuvor festgestellt wurde, meinten die Gelehrten mit mutawatir
jenen Hadith, der seine Authentizität durch die Zahl im Speziellen erhält. Ein
Gelehrter der so eine Zahl angibt, kann also nur dies gemeint haben. Er meint,
dass es durchaus authentische Ahadith geben kann die nicht mutawatir sind,
ihre Stärke aber aus einem anderen Umstand beziehen. Mal abgesehen
davon, dass diese Zahl völlig absurd ist und keinerlei Dalil hat, wie im
Folgenden noch erwähnt wird.
Jemand mit Verstand müsste sich doch folgende Frage stellen: „Kann es sein,
dass dieser Mensch wirklich meinte: "Ich glaube an keine cAqidahAngelegenheit aus einem Hadith, bis er von 314 Leuten überliefert wurde"?
Wer so etwas sagt muss zweifelsohne die gesamte Sunnah ableugnen. Sollte
er dies also wirklich gemeint haben, wäre er kein Muslim und die Gelehrten
würden dies von ihm erwähnen.
Vielmehr muss er es also so verstanden haben, wie es zuvor schon von einigen
Gelehrten erwähnt wurde.
123
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
2, Im Kapitel über den Mutawatir-Hadith wurde mit zahlreichen Beweisen
gezeigt, dass der Khabaru-l-Wahid qatcan1 eine Hujjah im Din darstellt, in
Taten wie auch Glaubensinhalten. Deshalb ist die ganze Diskussion von
vornherein hinfällig. Wenn also jemand eine sicher überlieferte Sache dieses
Din ableugnet und sich dann mit dieser Schubhah aus dem Kufr
herausmanövrieren will2, wird es ihm gar nichts helfen. Denn jemand der nur
einen einzigen Hadith ablehnt, ohne einen wirklichen Kritikpunkt bezüglich
seiner Schwäche zu haben, hat damit bereits Kufr begangen.
Wie ist es dann mit jemandem, der die Ru’yah ablehnt, die im Konsens der
Gelehrten unzweifelhaft überliefert ist? Die Grenze des Tawatur hat damit
nichts zu tun. Denn tatsächlich hat jemand, der sich hinter dieser Schubhah
verbirgt, die Angelegenheit des Tawatur und seine Definition bei einigen
Gelehrten einfach nur falsch verstanden und gedacht, er könne damit seine
Ablehnung rechtfertigen. Dabei ist es eigentlich völlig egal ob jemand, der mit
so einer Schubhah argumentiert, dies verstanden hat oder nicht.
Offensichtlich ist jedenfalls, dass er es nur benützt, um einen festen
Bestandteil des Din abzuleugnen. Die schlechte Absicht ist dabei offenkundig.
Das wirklich absurde ist, dass man solche Dinge teilweise von Leuten hört, die
immer die Parole wiederholen: "Wir gehen nur nach Qur’an und Sunnah". Ist
also dies ihr „Beweis aus Qur’an und Sunnah“, um ihren Kufr zu rechtfertigen:
"Aber bei euch haben auch ein paar Gelehrte den Tawatur anders definiert,
deshalb dürft ihr keinen Takfir auf uns machen."? Oder ist das aus der Sicht
von Qur’an und Sunnah nur das unsinnige Argument eines Munafiq, dessen
wahre Bedeutung er selbst nicht versteht?
Denn selbst wenn diese Gelehrten es so gemeint hätten, würde das den Kufr
von so jemandem nicht abwenden. Wie ist es also erst dann, wenn sie es nie
so gemeint haben wie jene Feinde der Sunnah es sich wünschten?
3, Es ist auch völlig klar geworden aus dem Gesagten, dass die Festlegung
einer gewissen Zahl eine abzulehnende Bidcah ist. Es gibt keinen Dalil dafür,
sondern hunderte Beweise dagegen und dies ist auch die Ansicht aller
1
ohne Zweifel
2
Wie dies z.B. einige Schiiten versuchen…
124
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
angeführten alten Gelehrten und der Muhaqqiqin1 der späteren Gelehrten
wie Ibnu Taimiyyah (ra).
Das Argument z.B., die Zahl müsse größer sein als die der vier Zeugen, weil die
Sunnah wichtiger ist, ist offensichtlich falsch. Dies ist schon aus folgenden
Gründen sicher abzulehnen:
• Man kann die Zahl der vier Zeugen hier nicht einfach so als Beweis nehmen,
da diese Zahl von Allah festgelegt wurde. Solche Festlegungen stehen Allah
frei. Er ist dabei nicht an die Vorstellungen seiner Geschöpfe gebunden. Wenn
Allah will legt er dies mit fünf Zeugen fest. In jedem Falle entspricht die
Festlegung immer seiner Weisheit. Die Zahl der Zeugen in diesem Fall kann
aber nicht immer herangezogen werden, um darauf andere
Schlussfolgerungen zu bauen. Man kann also nicht einfach so alles Mögliche
an genau dieser Zahl bemessen.
• Die bloße Behauptung bräuchte schon einen Dalil. Besonders bei dieser
Angelegenheit, weil sie sehr große Tragweite hat, wenn man die
Angelegenheit so falsch versteht wie einige Leute. Denn sie müssen jeden
Hadith ablehnen, der über Glaubensangelegenheiten spricht, wenn er
weniger Ketten aufweist als die von ihnen vorausgesetzte Zahl.
• Weiter stellt sich die Frage, wie sie ihre Behauptung beweisen sollen, dass
man genau eine Person mehr braucht als bei der Bezeugung des Ehebruchs?
Dafür können diese Leute keinesfalls einen Beweis erbringen. Es könnte also
ohne weiteres jemand anderer kommen und sagen: "Weil die Sunnah
wichtiger ist, brauchen wir die doppelte Menge". Jemand anderer könnte es
wiederum anders festlegen. Dies ist ein weiterer starker Beweis gegen diese
Festlegung. Sie selbst können keine Grenze dafür angeben und wenn sie es
tun, dann ohne jeglichen Beweis.
Durch die erwähnten Dinge wird also klar, dass die bloße Unterteilung in
mutawatir und ahad eine Bidcah ist, wenn damit bezweckt wird, einen Teil
davon in Bereichen des Din ungültig zu machen. Handelt es sich jedoch nur
So werden jene Gelehrte bezeichnet, die dafür bekannt waren, die alten Werke genau
zu überarbeiten und dabei die stärkeren Ansichten und tatsächlichen Bedeutungen
herauszuarbeiten.
1
125
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
um eine rein wissenschaftliche Einteilung und Klassifizierung, so ist dagegen
nichts einzuwenden.
Ebenso wurde klar, dass es unmöglich ist, dass ein anerkannter Gelehrter
meinte, man müsse die gesamte Sunnah ablehnen, weil man nur glauben
dürfe was von 314 Personen überliefert wird. Er muss damit also etwas
anderes gemeint und diese Unterteilung zu einem anderen Zweck
vorgenommen haben.
Damit ist deutlich, dass es sich hier nur um eine üble Verdrehung handelt.
Diese Aussage wird nur als Schild verwendet, damit man in Ruhe alles von der
Sunnah ablehnen kann was man nicht akzeptieren will. Wann immer so einer
Person gesagt wird: "Dieser Hadith ist unzweifelhaft, mutawatiran vom
Propheten überliefert", erwidert er: "Was heißt schon mutawatir? Das ist
doch selbst bei den Gelehrten nicht genau definiert." So glaubt der eine oder
andere seinen Kufr rechtfertigen und von sich abwenden zu können.
Tatsächlich jedoch hat er sich darin stark getäuscht. Darüber hinaus muss
immer auf eine Sache hingewiesen werden: Egal ob die Lüge eines Menschen
durch einen anderen aufgedeckt wird, es gibt immer Einen der diese Lüge
genau kennt und es wird einen Tag geben an dem diese Lüge zu Tage tritt.
126
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
SCHUBHAH: AL-BUKHARI WURDE VON EINIGEN GELEHRTEN SEINER
ZEIT KRITISIERT. DAMIT IST SEINE GANZE ÜBERLIEFERUNG HINFÄLLIG.
Einige Rafidah werfen diese Schubhah auf. Ihr Ziel liegt darin zu zeigen, dass
al-Bukhari und sein Werk unzuverlässig sind. Wenn die Schiiten dies beweisen
können, meinen sie die gesamte Überlieferung der Sunnah widerlegt zu
haben. Hierbei stellen sie eine Reihe von Behauptungen auf, welche in diesem
Kapitel nach und nach abgehandelt werden sollen. So versuchen sie zu
suggerieren, dass die Anhänger der Sunnah al-Bukhari als „heilig“ ansehen,
wie auch im Folgenden gezeigt wird.
In einem speziellen Fall der hier etwas näher behandelt werden soll, geht es
um die Kritik von Muhammadu-bnu Yahya-dh-Dhuhli (ra) an Bukhari (ra).
Muhammadu-bnu Yahya selbst war ein anerkannter Gelehrter des Hadith in
seiner Zeit. Als Bukhari die Stadt Naisabur bereiste und dort Vorträge hielt,
ereignete sich eine Fitnah1 um ihn. Es wurde ihm eine Aussage zugeschrieben,
die er jedoch so nie von sich gab. So wurde behauptet, dass er die Bidcah
vertrat, dass „die eigene Aussage2 mit dem Qur’an erschaffen sei“.
Diese Fehlinformation wurde dann schließlich - sicher auch teilweise mutwillig
- verbreitet. Auch Muhammadu-bnu Yahya glaubte letztlich, dass Bukhari dies
wirklich gesagt hatte. Dies führte schließlich dazu, dass er versuchte die Leute
von den Unterrichten Bukhari’s abzuhalten. Dann übernahmen dies auch zwei
Schüler von adh-Dhuhli, nämlich Abu Hatim ar-Razi und Abu Zurcata-r-Razi.
Im Folgenden soll diese Sache allgemein abgehandelt werden. Wer die ganze
Begebenheit gut versteht wird erkennen, dass sie in Wirklichkeit ein Beweis
für die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Hadith-Wissenschaft ist.
Zuvor sollen aber noch einige allgemeine Scheinargumente der Schiiten
betrachtet werden.
1
wörtl. in etwa: Zwiespalt/Verheißung/Prüfung
2
Im Arabischen: Lafdhi bi-l-Qur’ani makhluq.
127
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
DIE BEHAUPTUNG, AL-BUKHARI‘S WORT WÄRE BEI AHLU-S-SUNNAH GESETZ, IST
EINE LÜGE
Einige Rafidah wollen den Leuten vermitteln, dass wir Leute wie Bukhari als
Heilige betrachten und sie anbeten, genau wie sie es mit den Imamen aus
ihrer Phantasiewelt tun. Sie wollen uns also sagen: „Wie könnt ihr Bukhari
heilig machen, wo doch die zwölf Imame in Wirklichkeit heilig sind.“
Wie bereits erwähnt, ist al-Bukhari aber einer von vielen fehlbaren Menschen.
So wie alle anderen auch, wie Abu Bakr, Umar, Uthman und Ali und alle
anderen Sahabah (ra) und alle Gelehrten.
Wenn ein Bukhari also etwas sagt, ist dies sicher kein unumstößliches Gesetz,
aber es hat einen großen Wert. Eben dieser Wert ergibt sich nicht aus der
Heiligkeit oder Unfehlbarkeit der Person al-Bukhari's, sondern durch die oben
beschriebenen Tatsachen und Umstände, die es unmöglich machen, dass er
der Ummah unbemerkt ein Lügenbuch präsentierte. Es ist nicht möglich, dass
tausende Leute dieses Buch analysieren, Buchstabe für Buchstabe, und ihnen
entgeht, dass diese Ahadith alle noch nie da waren und diese Asanid von ihm
erlogen wurden.
Deshalb stützt man sich bei der Beurteilung eines Rawi in keinster Weise
einfach auf das Urteil eines einzelnen Mannes, auch nicht eines Bukhari.
EINIGE INFORMATIONEN ÜBER DIE WISSENSCHAFT DES JARH UND TACDIL, DER
AUCH DIE GELEHRTEN SELBST UNTERWORFEN WAREN
Hierbei gibt es in der Wissenschaft des Jarh und Tacdil auch eine
Unterscheidung. Es gibt einen Unterschied zwischen dem Jarh (negative
Bewertung) und dem Tacdil (positive Bewertung).
Bukhari oder jemand anderer von dessen Rechtschaffenheit man ausgeht1,
erwähnt z.B. eine konkrete Sache von einem Rawi, die seine Unglaubwürdigkeit zur Folge hat. In so einem Falle nimmt man von dem Gelehrten an,
dass er in dieser Sache auch die Wahrheit gesagt hat. Dies, weil man diese
Gelehrten und ihre Aussagen analysiert hat, wie man niemals andere
Aussagen von Menschen nach dem Propheten (sas) analysiert hat.
1
weil sie nach den obigen Methoden praktisch unweigerlich festgestellt wurde
128
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Trotzdem sind sie alle fehlbare Menschen, ohne Ausnahme. Somit wird auch
bei ihnen angewandt, was vorher schon beschrieben wurde. Ihr Wort zählt bei
uns, weil Allah uns dazu verpflichtet hat von dem einzelnen Muslim zu
nehmen.
Wie ist es dann erst, wenn die allgemeine Masse der Gelehrsamkeit der
Muslime diesen Menschen und seine Überlieferungen exakt kennen und ihn
für den Imam seiner Zeit befinden? Der Verstand und die empirischen höchst
präzisen Methoden zwingen uns diese Vorgehensweise also ebenso auf.
Somit nehmen wir von ihm diese Information mit der Bedingung, dass es
keinen Grund zum Zweifel gibt. Denn wenn irgendein äußerer Faktor existiert,
der Anlass zum Zweifel gibt, kann es durchaus bedeuten, dass er oder ein
anderer hier einen menschlichen Fehler gemacht hat. Deshalb muss in einem
solchen Fall weiter nachgeforscht werden.
So gibt es Leute von den Rijal-Gelehrten die in ihrer Beurteilung übertrieben
hatten. Ihr Urteil kann also nicht immer genommen werden. Nicht weil sie zu
nachlässig waren, sondern weil sie übertrieben hart in der Beurteilung waren.
So wird überliefert, dass manche von ihnen Überlieferer schlecht beurteilt
hatten, weil sie auf einem Ross durch die Stadt ritten, oder dergleichen.
Sie meinten, so etwas gehöre sich nicht und wird im Gewohnheitsrecht der
Leute1 als Hochmut verstanden.
Dies ist nur ein Beispiel am Rande. Es ist nicht möglich im Rahmen dieses
Buches näher auf diese Wissenschaft einzugehen. Jedoch sollte klar sein, dass
so etwas überhaupt nur in Randbereichen zu tragen kommt. Die wichtigen
und tragenden Ahadith welche die Scharicah erklären, haben ein sehr klares
Urteil bei den Gelehrten.
Aus diesen Gründen genießen auch die Ahadith der Sahihain einen solch
hohen Stellenwert. Die Gelehrten waren sich im Allgemeinen über diese
Ahadith einig. Daraus ist völlig klar, dass es sich hierbei nicht um Hadithe
handeln kann, die etliche tatsächlich diskutable oder fragwürdige Dinge beinhalten. Wäre dies so, würde man die Muhaddithin niemals in einer solchen
Einigkeit vorfinden.
1
Im Arabischen: al-cUrf
129
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Es ändert also nichts daran, dass sie einen Fehler machen können, aber im
Allgemeinen ist diese Methode völlig zuverlässig. Zuverlässiger geht es in
Wirklichkeit nach menschlichen Maßstäben überhaupt nicht. Aus diesem
Grund müsste jemand der diese Dinge ablehnt, jede Möglichkeit der
Überlieferung ablehnen. Die Begründung wäre dann die menschliche
Unzulänglichkeit, worüber auch eingangs in diesem Buch gesprochen wurde.
Wer so etwas behauptet ist in Wirklichkeit weiter vom Islam entfernt als die
Juden, Christen und andere, weil diese Leute grundsätzlich das Prinzip der
Überlieferung anwenden. Sie bauen sogar wie wir ihren Din auf diese
Überlieferungen, egal wie unzuverlässig diese nun auch sein mögen.
Und es ist eine historische Tatsache, dass die Überlieferung der Sunnah, das
Äußerste an Menschenmöglichem darstellt. Damit sind sowohl die Schiiten,
wie auch die Orientalisten unbedingt gezwungen, all ihre Überlieferungen
vollständig zu verwerfen, falls sie unsere Methode anzweifeln. Denn egal was
sie vorweisen, die Methode der Sunnah-Überlieferung ist ohne den Hauch
eines Zweifels weit überlegen.
ABER ANGENOMMEN AL-BUKHARI WÄRE EIN FASIQ GEWESEN
… und das war er nicht, so sehr es sich die Schiiten auch wünschen1. Aber
selbst wenn es so wäre, würde dies nicht bedeuten, dass sein ganzes Werk
hinfällig war. Allahu tacala sagt:
ِِ
ِ ََي أَي ها الَّ ِذين آَمنُوا إِ حن جاٍ ُكم ف
ِ ُاس ٌق بِنَ بإ فَ تَ ب يَّ نُوا أَ حن ت
ّي
صيبُوا قَ حوما ِِبَ َهالَة فَ تُ ح
َ صبِ ُحوا َعلَى َما فَ َعلحتُ حم َنُّم
َ َ
َ َ
َ َ
ََ ح
„Oh ihr, die ihr Iman habt. Wenn zu euch ein Fasiq (Frevler) mit einer
Nachricht kommt, dann versichert euch. Damit ihr nicht Leuten durch
(eure) Unwissenheit schlechtes zufügt, und dann im Bedauern erwacht über
das was ihr getan habt.“2
D.h.: Allah sagt selbst bei einem Fasiq, dass seine Riwayah anfänglich nicht
akzeptiert werden darf. Sodann erwähnt Er was notwendig ist, damit man die
Aussage einer solchen Person annehmen kann. Nämlich, dass man sich
vergewissert.
1
Dazu wird später noch einiges erwähnt.
2
Surah al-Hujurat: 6
130
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Wäre es so, dass man von einem Fasiq niemals eine Aussage annehmen kann,
dann hätte Allah gesagt, dass es grundsätzlich unmöglich ist seine Aussage
anzunehmen.
Wenn wir nun Bukhari und seine Ahadith betrachten so sehen wir:
1, Dass allgemein bekannt war, und jeder von ihm wusste, dass er nie über
den Propheten (sas) gelogen hat. Dies, wobei er mit tausenden Leuten zu tun
hatte, mit sehr vielen davon über lange Zeit und Tag für Tag. Trotzdem haben
alle dies bestätigt.
2, Dass man an all seinen Überlieferungen klar sehen konnte, ob er Ahadith
erlügt und es gibt keine Überlieferungen, die mehr studiert und geprüft
wurden als die von Bukhari. Tausende Gelehrte in der Zeit von Bukhari hatten
Einblick in seine Ahadith und trotzdem hat niemand gemeint er erlügt
Ahadith, geschweige denn er hätte den Großteil des gesamten Buches
erlogen.
3, Die Prüfung wurde dann wie beschrieben darüber hinaus fortgesetzt,
indem seine Überlieferungen mit denen der etlichen anderen Überlieferer
verglichen wurden. Dabei zeigte sich, dass diese Ahadith im Allgemeinen völlig
erhaben waren über jede Kritik. Dies, weil sie zu den stärksten Ahadith in der
gesamten Sunnah überhaupt gehören.
4, Bukhari ist dafür bekannt, dass er zusätzlich zu den Bedingungen für die
Richtigkeit eines Hadith, weitere Bedingungen voraussetzte. Er machte dies,
um noch sicherer zu gehen. Wenn er nur den geringsten Zweifel an einem
Hadith hatte, schloss er ihn sofort aus.
Natürlich ist es möglich, auch wenn er mit tausenden Leuten über Ahadith
geredet hat, dass er einen Hadith aufnimmt, wobei irgendjemand, mit dem er
nicht gesprochen hat, an diesem Hadith nachvollziehbare Kritik übt. Aber
wenn jemand die ganze islamische Welt bereist hat und alle namhaften
Gelehrten kannte und sie sein Werk kannten, wie oft wird ein solcher Fall
dann vorkommen?
Bukhari hat also Sahih-Hadithe abgelehnt, wobei er sie selbst als richtig
befand. Trotzdem hat er sie aus seinem Werk ausgeschlossen und nur das
genommen bei dem er die Gelehrten ohne annehmbare Kritik vorfand und
das, was seinen übermäßig strengen Kriterien entsprach.
Wenn er also Wissen darüber hatte, dass irgendjemand von den Gelehrten
einen nachvollziehbaren Grund sah diesen Hadith zu kritisieren, dann ließ er
131
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
ihn. Nun kann man sich überlegen, wie sicher diese Hadithe sein müssen,
wenn er im Grunde die gesamte Gelehrsamkeit und alle bedeutenden HadithGelehrten und Überlieferer kannte. Dies ist eine unbestreitbare historische
Tatsache.
D.h. alleine von dieser Hinsicht her, wäre es unmöglich das Werk von Bukhari
abzulehnen. Selbst wenn die Person von Bukhari kritisiert würde. Aber hier
geht es nicht um eine Person, auch wenn diese Bukhari ist. Hier geht es um
Überlieferungen, die eine Armee von Gelehrten als die richtigsten
Überlieferungen betrachtete.
6, Man muss sich hierbei z.B. nur überlegen, dass Muhammadu-bnu Yahya,
der Bukhari kritisiert hatte, niemals diese Ahadith abgelehnt hat. Warum?
Wobei dieser Mann doch selbst die Person von Bukhari kritisierte, wie einige
Rafidah hier aufwerfen, denn auch Muhammadu-bnu Yahya-dh-Dhuhli war
also völlig klar, dass diese Ahadith unantastbar waren.
Alleine dies ist ein sicherer Beweis für die Erhabenheit dieser Überlieferungen.
Denn selbst Leute, die über verschiedene Personen geteilte Meinungen
hatten, waren sich über diese Ahadith einig. Weil sie alle Leute des Fachs
waren. Es konnte also keiner von ihnen einfach richtige Ahadith ablehnen,
weil er in irgendeiner Sache einfach seinen Neigungen folgte, ohne sich
dadurch vor der gesamten Ummah zu entblößen.
7, Ebenso, dass alleine Muslim, einen großen Teil, über tausend Ahadith, von
Bukhari in seinem Werk überlieferte und dafür oft noch eigene weitere Ketten
anführte, um diese noch mehr zu stärken.
Diese Ahadith werden gewöhnlich mit "muttafaqun calaihi" bezeichnet, also
"Über diesen Hadith gibt es Übereinstimmung". Die Gelehrten bezeichneten
den Hadith damit, wenn sich nur Bukhari und Muslim einig waren und den
Hadith in ihren beiden Werken anführten.
Solche Ahadith sind im Allgemeinen die stärksten der Sunnah überhaupt.
Also was genau hätte die Person von Bukhari für einen Einfluss auf die
Richtigkeit dieser Ahadith? Selbst wenn er kritisiert würde und selbst wenn
man damit recht hätte. Haben die Feinde der Sunnah geglaubt, dass sie damit
unseren "Heiligen" (wie sie meinen) ausgeschaltet hätten? Das ist der
Wunschtraum ihrer Torheit.
8, Haben jene Verfechter unsinniger Kritik geglaubt, dass diese Asanid zum
ersten Mal von Bukhari präsentiert wurden?! Diese Ahadith mit ihren Ketten
132
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
zählen zu den stärksten überhaupt. Die Ketten solcher Überlieferungen sind
oft sehr zahlreich und sie waren unter allen Gelehrten bekannt. Wie töricht
muss man sein, um zu glauben, dass man die ganzen Überlieferungen
entkräften kann, wenn man Bukhari als nicht rechtschaffend bezeichnet?
Diese Ahadith sind nicht die persönlichen Ahadith von Bukhari. Es sind die
Ahadith, welche die gesamte islamische Ummah überliefert. Dabei ist es völlig
egal ob diese Ummah bei den Schiiten als muslimisch zählt oder nicht. Auf
jeden Fall waren sie eine gewaltige Menschengemeinschaft, mit einer Armee
von Gelehrten, welche diese Dinge mit den genauesten Methoden überhaupt
überlieferten. Es ist völlig unmöglich, dass sie alle diese Ahadith gemeinsam
erlogen hätten. Wie ist es dann erst mit den Ahadith bei denen sie sich im
Allgemeinen einig waren, dass sie zu den stärksten Ahadith überhaupt zählen
und zweifelsfrei sind?
Alleine damit ist der Wunschtraum der Schiiten, die Sunnah abzulehnen,
dahin.
DIE BEHANDLUNG DER SCHUBHAH UM MUHAMMADU-BNU YAHYADH-DHUHLI (RA) IM SPEZIELLEN
Zuvor wurde allgemein gezeigt, dass es für die Schiiten keinen vernünftigen
und akzeptablen Weg zur Kritik an der Überlieferung der Sunnah gibt. Im
Folgenden soll nun im Speziellen, die angesprochene Geschichte von
Muhammadu-bnu Yahya-dh-Dhuhli erwähnt werden. Darin liegt auch ein
Beispiel für die Vorgehensweise dieser Feinde der Sunnah. Wer dieses Beispiel
versteht, wird auch andere, ähnliche Schubuhat schnell durchschauen.
MUHAMMADU-BNU YAHYA SELBST HAT DIE AHADITH VON BUKHARI NICHT
ANGEZWEIFELT!
Dies wurde schon vorher kurz erwähnt, als Beispiel für jemanden der Bukhari
zwar kritisierte, seine Hadithe aber trotzdem für richtig befand. Jedoch soll die
Angelegenheit hier nochmal gesondert angeführt werden, da es sich um einen
entscheidenden Punkt handelt: Muhammadu-bnu Yahya selbst hat die
Ahadith von Bukhari nicht angezweifelt.
Damit reiht er sich in die riesige Menge von Gelehrten ein, die bezeugen, dass
die Ahadith in diesem Sahih-Werk im großen und ganzen alle richtig, nein,
sogar die stärksten überhaupt sind.
133
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Egal ob er nun etwas Persönliches gegen Bukhari hatte oder nicht, und egal
was er über ihn dachte oder sagte. Aber es ist eine Tatsache, dass er im
Allgemeinen die Ansichten Bukhari‘s über die Ahadith sehr exakt teilte. Der
Grund dafür ist nur, dass diese Ahadith unter den Gelehrten unzweifelhaft
waren. Diese Ahadith waren schon unzweifelhaft bevor al-Bukhari überhaupt
das Licht der Welt erblickte. Er ist also nicht der Heilige, der uns diese
erfundenen Ahadith von zu Hause mitgebracht hat, wie es die Schiiten
darstellen wollen.
Diese Tatsache widerlegt die erwähnte Schubhah der Feinde der Sunnah
völlig, selbst wenn es vorkam, dass jemand einen anderen Gelehrten
ungerecht beurteilte, wegen einer Sache die zwischen ihnen vorgefallen war,
wie dies bei Menschen unvermeidlich ist. Denn selbst dann ist die Tatsache,
dass sie beide dieselben Ahadith für richtig befinden, der beste Beweis, dass
diese Ahadith auch unzweifelhaft sind. Es gibt kein besseres Urteil über die
Ahadith eines Bukhari, als das Urteil einer Person, die mit ihm ein Problem
hat. Denn wenn ad-Dhuhli eine Kritik an den Ahadith von Bukhari selbst hätte,
hätte er sicher nicht damit gespart. Aber er wusste genau, dass dem
keinesfalls so ist. Deswegen gab es dazu keinen Weg.
Egal also, was Muhammadu-bnu Yahya-dh-Dhuhli von Bukhari wirklich hielt.
Es war ihm in keinster Weise möglich nur wegen al-Bukhari die ganzen
unzweifelhaften Ahadith abzulehnen.
Darüber hinaus muss erwähnt werden, dass er so etwas auch nicht gemacht
hätte, egal wie sehr ihm Bukhari nicht passte. Durch eine solche Tat der
mutwilligen Verdrehung des Din begibt sich eine Person auf den Din der
Feinde der Sunnah und des Islam. Muhammadu-bnu Yahya hingegen, war ein
großer Gelehrter der Muslime. Auch wenn er einen Fehler gegenüber Bukhari
beging, machte er nichts von den oben erwähnten schändlichen Versuchen
der Verdrehung des Din, zu seinen eigenen Gunsten. So etwas dürften wir
ohne handfesten Beweis niemals von ihm annehmen. Möge Allah sich ihrer
beider und aller anderen Gelehrten erbarmen und ihnen und uns allen unsere
Sünden vergeben, amin.
In diesem Lichte sind auch einige stark übertriebene Darstellungen mancher
Leute von Muhammadu-bnu Yahya (ra) zu sehen. Dort wird er als
hasserfüllter, ständig vom Neid geplagter, hinterhältiger Intrigant präsentiert.
Dabei handelt es sich um eine starke Übertreibung. Eine solche Person hätte
niemals einen guten Ruf bei der Gelehrsamkeit der damaligen Zeit haben
134
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
können. Vielmehr kann so etwas als ein einzelner Fehler beschrieben werden.
Jemand hört eine Fehlinformation, versichert sich dann aber nicht
ausreichend und nimmt sie zu schnell als richtig an. Er redet sich dies vielleicht
ein, da es seinen Neigungen entspricht und begeht so einen Fehler, der
schwerere Folgen hat, als er denkt. So etwas kann bei keinem gewöhnlichen
Menschen ausgeschlossen werden. Vor allem darf es kein Muslim für sich
ausschließen. Er muss vielmehr diese Dinge fürchten und Allah stets um Hilfe
und Beistand bitten.
DIE REALITÄT JENER ZEIT UND DIE VERDREHTE DARSTELLUNG DAVON
Einige Schiiten versuchen es so darzustellen, als ob es in dieser Zeit vier
Imame des Hadith gab. Diese hatten sich dann alle gegenseitig schlecht
bewertet und damit ist die Sunnah ein weiteres Mal widerlegt, in der
Vorstellung dieser Schiiten. In Wirklichkeit ist diese Darstellung jedoch völliger
Unsinn.
Wie erwähnt, hatte Bukhari selbst etwa 1500 Schuyukh. Es gab noch viele
große Imame der Überlieferung in jener Zeit. Diese vier waren nur ein
geringer Teil davon. Und alle anderen Gelehrten von denen Bukhari nahm und
die ihn auch bewerteten, lobten ihn und sein Werk in den höchsten Tönen.
Die Frage ist also: Hat z.B. ein Imam Ahmad, Imam Muslim oder andere
Bukhari der Bidcah oder des Fisq bezichtigt oder gar des Erlügens von Ahadith
und des Kufr? Das hätten die Schiiten sicher gerne.
Bei so vielen Gelehrten muss es also nach menschlichen Maßstäben zwingend
Vorfälle, wie Missverständnisse, Fehler oder Sünden gegenüber den anderen,
geben. Argumentiert man also mit solchen Dingen, kann es keine mögliche
Überlieferung geben. Denn Menschen bleiben Menschen, egal wie genau sie
arbeiten. Die unzulängliche und lächerliche schiitische Überlieferung würde
dies natürlich vor allen anderen treffen.
135
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
ABU HATIM AR-RAZI UND ABU ZURCATA-R-RAZI HABEN IHRE BEGRÜNDUNG FÜR
IHR URTEIL ÜBER BUKHARI EXPLIZIT ERWÄHNT, UND DIESE IST HINFÄLLIG.
Diese beiden Gelehrten haben mit ihrer Aussage über Bukhari einen Jarh
(negative Bewertung) vorgenommen. Jedoch haben sie deutlich erklärt
warum sie dies meinten und in den Hadithwissenschaften ist dies eine
wichtige Sache. Nämlich, wenn dieser Grund erwähnt ist, dann ist er auch
überprüfbar. Wenn man nun sieht, dass diese Begründung hinfällig ist, dann
ist auch diese negative Bewertung hinfällig. Jener Grund wurde von ihnen also
klar erwähnt und zwar, dass Muhammadu-bnu Yahya-dh-Dhuhli ihnen dies
gesagt hat.
Der Jarh von einem Gelehrten wird also nicht einfach so genommen. Wenn
der Grund erwähnt ist, sieht man sich den Grund an und dann kann man
einschätzen ob dieses Urteil richtig war oder nicht. Dies zeigt auch ein
weiteres Mal an, dass solche Menschen bei uns nicht heilig sind. Wäre es so,
wäre jede einzelne Aussage von ihnen Gesetz, genau wie in der schiitischen
falschen Darstellung. In Wirklichkeit unterliegen aber auch diese Gelehrten
den menschlichen Schwächen. Wären solche Dinge niemals in ihrem ganzen
Leben vorgefallen, dann wären sie Engel und keine Menschen.
Sie beide haben also klar gesagt, dass sie ihn auf die Aussage von adh-Dhuhli
hin beurteilt haben. Bukhari lehnte dies aber ab und erklärte deutlich, dass er
diese ihm vorgeworfene Ansicht nicht hat. Er erklärte dies häufig in der
Öffentlichkeit, wie auch von ihm mehrfach überliefert wird. Ebenso erwähnte
er auch wie es zu diesem Vorwurf kam und dass es sich um ein
Fehlverständnis seiner Aussage handelte. Sowie auch sehr klar wird, dass das
Problem bei diesem falschen Verständnis der Aussage Bukhari’s, von
Muhammad ibnu Yahya ausging.
WENN BUKHARI SELBST SICH IN DER ÖFFENTLICHKEIT VON DIESER ANSICHT
DISTANZIERTE, WIE KANN MAN IHM DIESE ANSICHT DANN NOCH ZUR LAST LEGEN?
Genau dies ist es, was die Schiiten den Leuten vermitteln wollen. Sie meinen
also, wenn Bukhari tatsächlich ein Mubtadic war, dann kann man ja seinen
Ansichten nicht mehr vertrauen. Aber diese Frage steht nicht zur Diskussion,
denn von der Bidcah, welche Bukhari vorgeworfen wurde, hat er sich klar
distanziert.
136
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Adh-Dhuhli hat über Bukhari etwas behauptet, das nicht stimmt. Er muss
nicht zwingend über ihn gelogen haben.
Tatsache ist auf jeden Fall, dass Bukhari diese Ansicht nicht vertrat. Jedoch
kann es sein, dass adh-Dhuhli seine Aussagen so verstanden hatte. Ebenso
kann es sein, dass er seine Aussagen so verstehen wollte und das, was von
adh-Dhuhli sonst überliefert wurde zeigt ziemlich klar, dass er Bukhari
beneidete, oder wegen sonstiger persönlicher Probleme eine Abneigung
gegen ihn hatte.
Von etlichen Gelehrten, die die Rechtschaffenheit eines Bukhari bezeugten,
nehmen die Schiiten nun einen Gelehrten heraus und sodann noch zwei, die
ihr Urteil auf die Aussage dieses einen Gelehrten bauten. Sodann glauben sie,
damit die ganze Sunnah widerlegt zu haben. Damit – meinen sie – wäre also
ihre Behauptung belegt: Die ganze Sunnah ist verfälscht, erlogen und damit
hinfällig.
Wie sich gezeigt hat ist dem aber keineswegs so. Die angesprochene
Distanzierung Bukhari’s von dieser Aussage wird z.B. im Einführungsband des
Fathu-l-Bari überliefert. Die ganze Geschichte um Muhammadu-bnu Yahya
(ra) herum erwähnt Ibnu Hajar (ra) in jenem Band in einem eigenen Kapitel.
Dort führt er auch Überlieferungen von einigen Gelehrten an, die klar zum
Inhalt haben, dass adh-Dhuhli dazu geneigt war, diese Behauptung über
Bukhari anzunehmen.
EINIGE WORTE VON IBNU HAJAR ÜBER DIESE BEGEBENHEIT
Hier die schemenhafte Erwähnung einiger weniger Informationen des
erwähnten Kapitels, die Ibnu Hajar unter anderem an jener Stelle überliefert:
فأقبلوا على السماع منه حىت ظهر اخللل يف جملس حممد بن حيىي... قدم البخاري نيسابور سنة مخسني ومائتني
قال فتكلم فيه بعد ذلك وقال حامت بن أمحد بن حممود مسعت مسلم بن احلجاج يقول ملا قدم حممد بن إمساعيل
... نيسابور ما رأيت واليا وال عاملا فعل به أهل نيسابور ما فعلوا به استقبلوه من مرحلتني من البلد أو ثالث
فاستقبله حممد بن حيىي وعامة علماء نيسابور
„Al Bukhari kam nach Naisabur im Jahre 250 … und die Menschen kamen (in
großer Zahl) um von ihm zu hören, bis sich schließlich eine deutliche
137
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Verminderung (der Zuhörer) im Unterricht von Muhammadu-bnu Yahya
zeigte. Er1 sagte: „Daraufhin begann er über ihn (negativ) zu reden.“
Und es sagte Ahmadu-bnu Mahmud: Ich hörte Muslimu-bnu-l-Hajjaj wie er
sagte: „Als Muhammadu-bnu Ismail2 nach Naisabur kam behandelten ihn
die Bewohner von Naisabur wie ich es nie zuvor bei einem Gouverneur oder
Gelehrten gesehen hatte. Sie empfingen ihn schon weit vor der Stadt und es
empfing ihn Muhammadu-bnu Yahya und die Gelehrsamkeit von
Naisabur.““
Durch diese Texte kann man eine annähernde Vorstellung der damaligen
Situation bekommen. Quasi alle Menschen von Naisabur kamen um ihn zu
begrüßen.
Sodann erwähnt er noch:
فقال له مسلم ال يبغضك إال حاسد وأشهد أنه ليس يف الدنيا مثلك
„… und Muslim sagte zu ihm3: „Niemand hasst dich außer ein Neider und ich
bezeuge, dass es auf der Welt niemanden wie dich gibt4.““
Die ist das Zeugnis von einem der größten Hadith-Gelehrten der islamischen
Geschichte, dass er keinen gleichartigen Gelehrten kannte. Damit ist er nur
einer von sehr vielen, die dies bezeugten, wie sich im folgenden Kapitel noch
zeigen wird. Muslim sagte deshalb auch zu ihm wie im selben Buch erwähnt
wurde:
اي أستاذ األستاذين وسيد احملدثني وطبيب احلديث يف علله
„Oh Lehrer der Lehrer und Führer der Muhaddithin und Arzt des Hadith und
seiner Makel (bzw. Krankheiten).“
1
der Überlieferer dieser Informationen.
2
also al-Bukhari
3
also zu Bukhari
Er meinte damit, dass er keinen vergleichbaren Gelehrten des Hadith in der
damaligen Zeit kannte.
4
138
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
BEI SEHR BEKANNTEN PERSONEN IST ES UNVERMEIDLICH, DASS EINIGE LEUTE
AUCH SCHLECHTE MEINUNGEN ÜBER SIE HABEN
Jeder weiß, dass es unmöglich ist, dass jemand in der Öffentlichkeit bekannt
wird und dann wirklich jeder einzelne Mensch von ihm eine hohe Meinung
hat. Das ist völlig gegen die menschliche Natur. Es ist ausgeschlossen, dass
nicht der eine oder andere, hier und da etwas an ihm auszusetzen hat.
Die Menschen folgen ihren Neigungen. Manchmal kann es sehr wohl
vorkommen, dass ein Mensch, der ein großer Gelehrter wurde, aus Neid oder
anderen Problemen heraus einen Fehler macht. Es gibt keinen Zweifel, dass
die Gelehrten sehr schwer geprüft wurden und dem enormen Druck der
Öffentlichkeit ausgesetzt waren. Es ist überhaupt nicht abwegig, dass jemand
ein großer Gelehrter wird, aber dann, wenn ihn eine solch schwere Prüfung
trifft, einen Fehler macht. Jeder der mit sich selbst ehrlich ist weiß, dass
niemand von uns gefeit ist in einen solchen Fehler zu fallen. Wir bitten Allah
uns nicht mit Prüfungen zu prüfen, die wir nicht bestehen können und suchen
unsere Zuflucht bei ihm vor dem Hochmut und der Selbstsicherheit vor
solchen Dingen.
Aber es gibt nun mal Leute die krank im Geiste und im Herzen sind und sich
diese Vorfälle heraussuchen um darin irgendeine Unterstützung für ihre
Ablehnung der Sunnah zu finden. Solche sind es, die sich in ihrem Hochmut in
Wirklichkeit über Sünden und Fehler sehr erhaben fühlen. Auf diese Art
versuchen sie sich selbst zu verteidigen und ihre hoffnungslos verlorenen
Grundlagen irgendwie zu retten. Es gilt bei ihnen so viel wie möglich
Verwirrung zu stiften und so gut wie möglich über die eigenen fundamentalen
Probleme hinwegzutäuschen.
Es ist also eine Tatsache, dass es bei einem Menschen der von tausenden
anderen Gelehrten gekannt wurde unmöglich ist, dass kein einziger Gelehrter
irgendetwas gegen ihn empfand.
Erst recht, wo wir aus den Lehren unseres Propheten (sas) wissen, dass die
Gelehrten für ihr Wissen sehr beneidet werden. Speziell wenn man bedenkt,
dass al-Bukhari diese anderen Gelehrten im Grunde immer im Wissen
übertraf.
Eine solch kranke Seele sucht sich unter hunderten Gelehrten, welche die
unumstrittene Führung Bukhari‘s bezeugten nun genau jene Einzelfälle
heraus, die aus irgendeinem Grund etwas gegen ihn hatten. Dann werden
139
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
diese Fälle auch noch heftig verdreht, um sie in einem möglichst dunklen Licht
dastehen zu lassen.
Deshalb soll im Folgenden die wahre Stellung eines Bukhari bei der gesamten
Gelehrsamkeit seiner Zeit aufgezeigt werden. Damit wir nicht nur das
entstellte Bild der Rafidah vor Augen haben. Dabei wird sich zeigen wie
unumstritten al-Bukhari bei den Gelehrten seiner Zeit in Wirklichkeit war.
WIE DIE MEINUNG DER GELEHRTEN ÜBER BUKHARI IN WIRKLICHKEIT
WAR
Ibnu Hajar überliefert in Hadyu-s-Sari folgendes Kapitel1:
„ERWÄHNUNG DES LOBS DER MENSCHEN ÜBER IHN UND IHRER WERTSCHÄTZUNG IHM
GEGENÜBER, ANGEFANGEN BEI SEINEN SCHUYUKH:
ذكر ثناء الناس عليه وتعظيمهم له فأوهلم مشاخيه
وقال حاشد بن إمساعيل قال يل أبو مصعب أمحد بن أيب بكر الزهري حممد بن إمساعيل أفقه عندان وأبصر
ابحلديث من أمحد بن حنبل فقال له رجل من جلسائه جاوزت احلد فقال له أبو مصعب لو أدركت مالكا
ونظرت إىل وجهه ووجه حممد بن إمساعيل لقلت كالمها واحد يف احلديث والفقه قلت عب بقوله ونظرت إىل
وجهه عن التأمل يف معارفه
وقال عبدان بن عثمان املروزي ما رأيت بعيين شااب أبصر من هذا وأشار إىل حممد بن إمساعيل وقال حممد بن
قتيبة البخاري كنت عند أيب عاصم النبيل فرأيت عنده غالما فقلت له من أين قال من خبارى قلت بن من قال
بن إمساعيل فقلت أنت من قرابيت فقال يل رجل حبضرة أيب عاصم هذا الغالم يناطح الكباش يعين يقاوم الشيوخ
„Abu Muscab Ahmadu-bnu Abi Bakrin-iz-Zuhri (sagte):
„Muhammadu-bnu Ismail (al-Bukhari) ist unserer Ansicht nach wissender
und verständiger im Hadith als Ahmadu-bnu Hanbal.“
Da sagte einer von den Anwesenden: „Du hast übertrieben!“
1
Hadyu-s-Sari: 482.
Alles im Folgenden Zitierte stammt aus dem erwähnten Buch. Die Überlieferungsketten wurden größtenteils bei der Übersetzung gekürzt.
140
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Abu Muscab antwortete darauf: „Wenn du Malik getroffen, und in sein
„Gesicht“1 und das von Muhammadu-bnu Ismail geblickt hättest, hättest du
gesagt, dass die beiden im Hadith und im Fiqh (Verständnis) eins sind ...
c
Abdanu-bnu Uthmana-l-Marwazi sagte:
„Ich habe nie jemanden mit einem besseren Verständnis als diesen Jungen
gesehen“, und er zeigte dabei auf Muhammadu-bnu Ismail.
Muhammadu-bnu Qutaibata-l-Bukhari sagte: „Ich war bei Abu cAsim anNabil, da sah ich bei ihm einen Jungen. Ich fragte ihn von wo (stammt er)?“
Er sagte: „Von Bukhara.“ Ich fragte: „Wessen Sohn (ist er)?“ Er erwiderte:
„Der Sohn von Ismail.“
Darauf meinte ich zu ihm: „Du bist aus meiner Verwandtschaft.“ Da sagte
mir einer in Anwesenheit von Abu cAsim: „Dieser Junge ... nimmt es (im
Wissen) mit den Gelehrten auf2“
وقال قتيبة بن سعيد جالست الفقهاء والزهاد والعباد فما رأيت منذ عقلت مثل حممد بن إمساعيل وهو يف زمانه
كعمر يف الصحابة وعن قتيبة أيضا قال لو كان حممد بن إمساعيل يف الصحابة لكان آية
وقال حممد بن يوسف اهلمداين كنا عند قتيبة فجاء رجل شعراين يقال له أبو يعقوب فسأله عن حممد بن
إمساعيل فقال اي هؤالء نظرت يف احلديث ونظرت يف الرأي وجالست الفقهاء والزهاد والعباد فما رأيت منذ
عقلت مثل حممد بن إمساعيل
قال وسأ ل قتيبة عن طالق السكران فدخل حممد بن إمساعيل فقال قتيبة للسائل هذا أمحد بن حنبل وإسحاق
بن راهويه وعلي بن املديين قد ساقهم هللا إليك وأشار إىل البخاري
وقال أبو عمرو الكرماين حكيت ملهيار ابلبصرة عن قتيبة بن سعيد أنه قال لقد رحل إيل من شرق األرض ومن
غرهبا فما رحل إيل مثل حممد بن إمساعيل فقال مهيار صدق قتيبة أان رأيته مع حيىي بن معني ومها مجيعا خيتلفان
إىل حممد بن إمساعيل فرأيت حيىي منقادا له يف املعرفة
Qutaibatu-bnu Sacid sagte: „Ich saß mit den Gelehrten, mit den Asketen und
den Gottesdienern, doch seit ich denken kann, sah ich nie jemanden wie
1
gemeint ist hier das Wissen
2
also: kommt ihnen gleich
141
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Muhammadu-bnu Ismail. Er war in seiner Zeit wie Umar zur Zeit der
Sahabah.“
Qutaibah sagte weiter: „Wenn Muhammadu-bnu Ismail unter den Sahabah
gelebt hätte, dann wäre er eine Ayah (ein Zeichen) gewesen.“
Muhammadu-bnu Yusuf al-Hamdani sagte: „Wir waren bei Qutaibah, als ein
langhaariger kam, der Abu Yacqub genannt wurde. Er fragte nach
Muhammadu-bnu Ismail, da antwortete (ihm Qutaibah):
„Oh ihr (Anwesenden), ich habe den Hadith und ar-Ra’y1 studiert. Und ich
saß mit den Gelehrten, mit den Asketen und den Gottesdienern, doch seit ich
denken kann, traf ich nie jemanden wie Muhammadu-bnu Ismail.“
(Danach) fragte der Mann ihn nach dem Scheidungsausspruch des
Betrunkenen. In diesem Moment betrat Muhammadu-bnu Ismail den Raum,
da sagte Qutaibah zu dem Mann: „Das ist Ahmadu-bnu Hanbal und Ishaqubnu Rahuwiyah2 und Alyyu-bnu-l-Madini. Allah hat sie zu dir geschickt.“ und
deutete dabei auf al-Bukhari.
Abu Amr al-Karmani sagte: „Ich erzählte Mihyar in Basra über Qutaibatubnu Sacid, dass er sagte: „Zu mir (sind viele Leute) vom Osten und vom
Westen gereist, aber niemals reiste jemand zu mir wie Muhammadu-bnu
Ismail.“
Da sagte Mihyar: „Qutaibah hat recht. Ich sah ihn zusammen mit Yahya-bnu
Macin, wie sie beide zu Bukhari gingen, und da sah ich Yahya wie er sich im
Wissen nach Bukhari wandte (bzw. sich ihm unterordnete).“
وقال إبراهيم بن حممد بن سالم كان الرتوت من أصحاب احلديث مثل سعيد بن أيب مرمي وحجاج بن منهال
وإمساعيل بن أيب أويس واحلميدي ونعيم بن محاد والعدين يعين حممد بن حيىي بن أيب عمر واخلالل يعين احلسني
بن علي احللواين وحممد بن ميمون هو اخلياط وإبراهيم بن املنذر وأيب كريب حممد بن العالء وأيب سعيد عبد هللا
بن سعيد األشج وإبراهيم بن موسى هو الفراء وأمثاهلم يقضون حملمد بن إمساعيل على أنفسهم يف النظر واملعرفة
قلت الرتوت ابلراء املهملة والتاء املثناة من فوق وبعد الواو مثناة أخرى هم الرؤساء قال بن الغالم وغريه
damit ist die Schule gemeint, welche sich mehr mit der Ableitung aus den Texten
beschäftigte.
1
Manche Leute vertreten die Ansicht, dass dies richtiger sei als „Rahawaih“, wa-llahu
aclam.
2
142
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Ibrahimu-bnu Muhammadi-bni Salam sagte: „Die größten Köpfe im Hadith
wie z.B. Sacidu-bnu Abi Maryam, Hajjaj ibnu Minhal, Ismailu-bnu Abi Uwais,
al-Humaidi, Nacimu-bnu Hammad, al-cAdni also Muhammadu-bnu Yahyabni Abi Umar, al-Khallal also al-Husainu-bnu Ali al-Halawani, Muhammadubnu Maimun also al-Khayyat, Ibrahimu-bnu-l-Mundhir, Abu Kuraib
Muhammadu-bnu cAla‘, Abu Sacid Abdullahi-bnu Sacidin-il-Aschajj,
Ibrahimu-bnu Musa also al-Fara‘ und Ihresgleichen sprachen Muhammadubnu Ismail den Vorzug ihnen gegenüber aus, sowohl im Verständnis als auch
im Wissen….
وقال أمحد بن حنبل ما أخرجت خراسان مثل حممد بن إمساعيل رواها اخلطيب بسند صحيح عن عبد هللا بن
وقال... أمحد بن حنبل عن أبيه وملا سأله ابنه عبد هللا عن احلفاظ فقال شبان من خراسان فعده فيهم فبدأ به
بندار حممد بن بشار هو أفقه خلق هللا يف زماننا وقال الفربري مسعت حممد بن أيب حامت يقول مسعت حاشد بن
إمساعيل يقول كنت ابلبصرة فسمعت بقدوم حممد بن إمساعيل فلما قدم قال حممد بن بشار قدم اليوم سيد
الفقهاء وقال حممد بن إبراهيم البوشنجي مسعت بندارا سنة مثان وعشرين يقول ما قدم علينا مثل حممد بن
إمساعيل وقال بندار أان أفتخر به منذ سنني وقال موسى بن قريش قال عبد هللا بن يوسف التنيسي للبخاري اي
أاب عبد هللا انظر يف كتيب وأخبين مبا فيها من السقط فقال نعم
Ahmadu-bnu Hanbal sagte: „Khurasan hat nie etwas Besseres als
Muhammadu-bnu Ismail hervorgebracht.“ Das überliefert Al-Khatib mit
einem Sahih-Sanad von Abdullahi-bnu Ahmada-bni Hanbal von seinem
Vater.
Und als sein Sohn Abdullah ihn nach den Huffadh1 fragte, antwortete
Ahmadu-bnu Hanbal: „Einige junge Männer aus Khurasan.“ Dabei nannte er
al-Bukhari an erster Stelle.…
Bandar Muhammadu-bnu Baschar sagte:
„Er ist der Wissendste von Gottes Schöpfung in unserer Zeit.“
… Haschidu-bnu Ismail sagte: „Ich war in Basra, da hörte ich, dass
Muhammadu-bnu Ismail auf dem Weg nach Basra war. Als er ankam sagte
Muhammadu-bnu Baschar: „Der Führer der Fuqaha ist heute angekommen.“
1
den herausragenden Gelehrten im Auswendiglernen der Sunnah.
143
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Muhammadu-bnu Ibrahim al-Buschanji sagte: „Ich hörte Bandar im Jahr 28
sagen: „Es kam zu uns niemand der Muhammadu-bnu Ismail glich. Ich bin
seit Jahren stolz darauf ihn gesehen zu haben.“
Abdullahi-bnu Yusufa-t-Tinnisi sagte zu al-Bukhari: „Oh Abu Abdillah, sieh
dir meine Bücher an und sag mir welche Fehler darin sind.“ …
وقال البخاري قال يل حممد بن سالم البيكندي ا نظر يف كتيب فما وجدت فيها من خطأ فاضرب عليه فقال له
بعض أصحابه من هذا الفىت فقال هذا الذي ليس مثله وكان حممد بن سالم املذكور يقول كلما دخل على
حممد بن إمساعيل حتريت وال أزال خائفا منه يعين خيشى أن خيطئ حبضرته وقال سليم بن جماهد كنت عند حممد
بن سالم فقال يل لو جئت قبل لرأيت صبيا حيفظ سبعني ألف حديث وقال حاشد بن إمساعيل رأيت إسحاق
بن راهويه جالسا على امل نب والبخاري جالس معه وإسحاق حيدث فمر حبديث فأنكره حممد فرجع إسحاق إىل
قوله وقال اي معشر أصحاب احلديث انظروا إىل هذا الشاب واكتبوا عنه فإنه لو كان يف زمن احلسن بن أيب
احلسن البصري الحتاج إليه ملعرفته ابحلديث
Al-Bukhari sagte: „Muhammadu-bnu Salam al-Baikandi sagte mir:
„Kontrolliere meine Bücher und was du darin an Fehlern findest, verwirf es“.
Daraufhin fragten ihn einige seiner Gefährten: „Wer ist dieser Junge?“ Er
sagte ihnen: „Das ist der von dem es keinen Zweiten (in der HadithWissenschaft) gibt.“
Der obengenannte Muhammadu-bnu Salam pflegte zu sagen: „Jedesmal
wenn Muhammadu-bnu Ismail zu mir eintrat war ich völlig verwirrt. Noch
immer fürchte ich mich vor ihm.“ Er meinte, dass er fürchtete vor ihm einen
Fehler zu machen.
Salimu-bnu Mujahid sagte: „Ich war bei Muhammadu-bnu Salam, da sagte
er mir: „Wenn du etwas früher gekommen wärst, dann hättest du einen
Jungen gesehen, der 70.000 Hadithe auswendig kann.“
Haschidu-bnu Ismail sagte: „Ich sah Ishaqu-bnu Rahawaihi auf dem Minbar
sitzend und neben ihm al-Bukhari. Ishaq lehrte den Leuten Hadithe, doch bei
einem Hadith widersprach ihm Bukhari, da trat Ishaq von seiner Aussage
zurück und sagte zu den Leuten:
„Oh ihr Leute des Hadith! Seht euch diesen Jungen an und schreibt auf was
er sagt, denn hätte er zur Zeit von al-Hasanu-bnu Abi-l-Hasani-l-Basri gelebt,
dann hätte dieser ihn gebraucht, wegen seiner Kenntnis über den Hadith.“
144
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
وقال أبو الفضل أمحد بن سلمة النيسابوري حدثين فتح بن نوح النيسابوري قال أتيت علي بن املديين فرأيت
حممد بن إمساعيل جالسا عن ميينه وكان إذا حدث ا لتفت إليه مهابة له وقال البخاري ما استصغرت نفسي عند
قال حامد بن أمحد فذكر هذا الكالم لعلي بن املديين فقال يل دع قوله هو ما... أحد إال عند علي بن املديين
رأى مثل نفسه وقال البخاري أيضا كان علي بن املديين يسألين عن شيوخ خراسان فكنت أذكر له حممد بن
سالم فال يعرفه إىل أن قال يل يوما اي أاب عبد هللا كل من أثنيت عليه فهو عندان الرضى
وقال البخاري ذاكرين أصحاب عمرو بن علي الفالس حبديث فقلت ال أعرفه فسروا بذلك وصاروا إىل عمرو بن
علي فقالوا له ذاكران حممد بن إمساعيل حبديث فلم يعرفه فقال عمرو بن علي حديث ال يعرفه حممد بن إمساعيل
ليس حبديث
Fathu-bnu Nuh an-Naisaburi sagte: „Ich kam zu Alyyu-bnu-l-Madini, da sah
ich al-Bukhari zu seiner Rechten sitzen und während al-Madini sprach, sah
al-Bukhari voll Respekt zu ihm auf.
Al-Bukhari sagte: „Ich fühlte mich nie wirklich klein, außer neben Alyyi-bni-lMadini ...“ Hamidu-bnu Ahmad sagte: „Als dies Alyyu-bnu-l-Madini erzählt
wurde meinte er zu mir: „Hör nicht auf das was er sagt. Er hat nie
seinesgleichen gesehen.““
Al-Bukhari sagte: „Alyyu-bnu-l-Madini fragte mich nach den Schuyukh von
Khurasan. Da zählte ich ihm unter anderem Muhammad ibnu Salam auf, den
er nicht kannte. Eines Tages sagte er mir: „Oh Abu Abdullah! Jeder den du
lobst, ist bei uns angesehen.““
Al-Bukhari erzählte: „Die Gefährten von Amru-bnu Alyyin-il-Falas erwähnten
mir gegenüber einen Hadith, woraufhin ich sagte, dass ich ihn nicht kenne.“
Da freuten sie sich und gingen zu Amru-bnu Ali und sagten zu ihm: „Wir
haben Muhammadu-bnu Ismail einen Hadith genannt, den er nicht kannte!“
Dieser antwortete: „Ein Hadith den Muhammadu-bnu Ismail nicht kennt, ist
kein Hadith!“
وقال أبو عمرو الكرماين مسعت عمرو بن علي الفالس يقول صديقي أبو عبد هللا حممد بن إمساعيل البخاري
ليس خبراسان مثله وقال أيضا هو آية من آايت هللا متشي على ظهر األرض وقال احلسني بن حريث ال أعلم أين
رأيت مثل حممد بن إمساعيل كأنه مل خيلق إال للحديث وقال أمحد بن الضوء مسعت أاب بكر بن أيب شيبة وحممد
بن عبد هللا بن منري يقوالن إان ما رأينا مثل حممد بن إمساعيل وكان أبو بكر بن أيب شيبة يسميه البازل يعين
الكامل
145
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Amru-bnu Alyyin-il-Falas sagte: „Jemanden wie meinen Freund Abu Abdillah
Muhammadu-bnu Ismail al-Bukhari in Khurasan gibt es kein zweites Mal.“
Er sagte weiter: „Er ist ein Zeichen von den Zeichen Allahs, welches auf Erden
wandelt.“
Al-Husainu-bnu Harith sagte: „Ich glaube nicht, dass ich jemanden wie
Muhammadu-bnu Ismail zuvor gesehen habe. Es ist, als ob er für nichts als
den Hadith erschaffen wurde.“
Ahmadu-bnu-d-Dau‘ sagte: „Ich hörte Abu Bakr Ibnu Abi Schaibah und
Muhammadu-bnu Abdillahi-bnu Numair sagen:
„Wir haben nie jemanden wie Muhammadu-bnu Ismail gesehen.“ Abu Bakr
Ibnu Abi Schaibah pflegte ihn „den Vollständigen“ zu nennen.
وقال أبو عيسى الرتمذي كان حممد بن إمساعيل عند عبد هللا بن منري فقال له ملا قام اي أاب عبد هللا جعلك هللا
زين هذه األمة قال أبو عيسى فاستجاب هللا تعاىل فيه وقال أبو عبد هللا الفريري رأيت عبد هللا بن منري يكتب
عن البخاري ومسعته يقول أان من تالمذته قلت عبد هللا بن منري من شيوخ البخاري قد حدث عنه يف اجلامع
الصحيح وقال مل أر مثله وكانت وفاته سنة مات أمحد بن حنبل
Abu Isa at-Tirmidhi sagte: „Muhammadu-bnu Ismail war bei Abdullahi-bnu
Munir, da sagte er zu ihm als er aufstand: „Abu Abdillah! Möge Allah dich
zum Schmuck dieser Ummah machen“ ... und Allah erhörte dies“.
Abu Abdillahi-l-Fariri erzählte: „Ich sah Abdullahi-bnu Munir über Bukhari
schreiben und ich hörte wie er sagte: „Ich bin von seinen Schülern.“ Ich1
merke hier an: Abdullahi-bnu Munir war von den Lehrern Bukhari‘s und
Bukhari überliefert von ihm im al-Jamicu-s-Sahih. Und er sagte: „Ich traf
niemanden der ihm gleicht.“ Er2 starb in dem Jahr in dem Ahmadu-bnu
Hanbal starb.
وقال حممد بن أيب حامت الوراق مسعت حيىي بن جعفر البيكندي يقول لو قدرت أن أزيد من عمري يف عمر
وقال... حممد بن إمساعيل لفعلت فإن مويت يكون موت رجل واحد وموت حممد بن إمساعيل فيه ذهاب العلم
1
also Ibnu Hajar
Also Abdullahi-bnu-l-Munir (ra). Hierbei ist zu bedenken, dass Imam Ahmad (ra) 241
n.H. starb, während Imam al-Bukhari 256 n.H. starb.
2
146
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
عبد هللا بن حممد املسندي حممد بن إمساعيل إمام فمن مل جيعله إماما فاهتمه وقال أيضا حفاظ زماننا ثالثة فبدأ
ابلبخاري وقال علي بن حجر أخرجت خراسان ثالثة البخاري فبدأ به قال وهو أبصرهم وأعلمهم ابحلديث
وأفقههم قال وال أعلم أحدا مثله
Yahya-bnu Jacfar al-Baikandi sagte: „Wenn es mir möglich wäre von meinem
Leben zu nehmen und dafür das Leben von Muhammadu-bnu Ismail zu
verlängern, dann würde ich es tun. Denn wenn ich sterbe so ist das der Tod
eines einzelnen Mannes, doch wenn Muhammadu-bnu Ismail stirbt so ist das
der Verlust des Wissens ...
Abdullahi-bnu Muhammad al-Musnadi sagte: „Muhammadu-bnu Ismail ist
ein Imam (Führer im Din), und wer ihn nicht zum Führer erklärt den solltet
ihr verdächtigen“ Ebenso sagte er: „Die Huffadh (großen Hadith-Gelehrten)
unserer Zeit sind drei“, wobei er mit Bukhari begann.
Alyyu-bnu Hajar sagte: „Khurasan hat drei hervorgebracht“ Er begann mit
Bukhari und sagte: „Er ist von ihnen der Verständigste und Wissendste im
Hadith und im Fiqh. Ich kenne niemanden der ihm gleicht.“
... وقال أمحد بن إسحاق السرماري من أراد أن ينظر إىل فقيه حبقه وصدقه فلينظر إىل حممد بن إمساعيل
وإسحاق يقول هو أبصر مين وكان أبو عبد هللا إذ ذاك شااب
Ahmadu-bnu Ishaqa-s-Sarmari sagte: „Wer einen echten Faqih sehen will
der soll zu Muhammadu-bnu Ismail blicken.“
… und Ishaqu-bnu Rahuwiyah sagte: „Er hat mehr Verständnis als ich.“
(wobei) Muhammadu-bnu Ismail damals noch ein Junge war!
147
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
EINIGE AUSGEWÄHLTE AUSSAGEN DES LOBES SEINER ZEITGENOSSEN UND
SCHÜLER
ذكر طرف من ثناء أقرانه وطائفة من أتباعه عليه تنبيها ابلبعض على الكل
قال أبو حامت الرازي مل خترج خراسان قط أحفظ من حممد بن إمساعيل وال قدم منها إىل العراق أعلم منه وقال
حممد بن حريث سألت أاب زرعة عن أيب هليعة فقال يل تركه أبو عبد هللا يعين البخاري
قال العجلي ورأيت أاب زرعة وأاب حامت يستمعان إليه وكان أمة من األمم دينا فاضال حيسن كل شيء وكان...
أعلم من حممد بن حيىي الذهلي بكذا وكذا وقال عبد هللا بن عبد الرمحن الدارمي قد رأيت العلماء ابحلرمني
واحلجاز والشام والعراق فما رأيت فيهم أمجع من حممد بن إمساعيل
وقال أيضا هو أعلمنا وأفقهنا وأكثران طلبا وسئل الدارمي عن حديث وقيل له إن البخاري صححه فقال حممد
بن إمساعيل أبصر مين
Abu Hatim ar-Razi sagte: „Khurasan hat nie jemanden hervorgebracht, der
mehr auswendig konnte als Muhammadu-bnu Ismail und in den Irak ist nie
jemand gekommen der mehr Wissen hatte als er.“
Muhammadu-bnu Harith sagte: „Ich fragte Abu Zurcah nach Abu Lahicah. Da
sagte er: „Lass ihn. Abu Abdillah (also al-Bukhari) ließ ihn.““
Al-cIjli sagte: „Ich sah Abu Zurcah und Abu Hatim wie sie ihm zuhörten. Er
war eine Ummah von den Umam1 in seinem Din, vorzüglich, meisterhaft in
allen Dingen. Er hatte um etliches mehr Wissen als Muhammadu-bnu Yahyadh-Dhuhli.“
Abdullahi-bnu Abdi-r-Rahman ad-Darimi sagte: „Ich sah die Gelehrten der
Haramain, des Hijaz, Syriens und des Irak, doch ich traf niemanden der mehr
Wissen hatte als Muhammadu- bnu Ismail.“
Er meinte auch: „Er ist der Wissendste unter uns, der mit dem meisten
Verständnis und der am meisten nach Wissen Strebende.“
Die Araber meinen mit der Bezeichnung Ummah (Gemeinschaft) für eine Einzelperson, dass er so ist, als ob er die Vorzüge einer Gemeinschaft in sich vereint.
1
148
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Ad-Darimi wurde nach einem Hadith gefragt und man fügte hinzu, dass alBukhari ihn für Sahih erklärt hatte. Da antwortete er: „Muhammadu-bnu
“Ismail ist wissender als ich.
...وقال أبو سهل حممود بن النضر الفقيه دخلت البصرة والشام واحلجاز والكوفة ورأيت علماءها فكلما جرى
ذكر حممد بن إمساعيل فضلوه على أنفسهم وقال أبو سهل أيضا مسعت أكثر من ثالثني عاملا من علماء مصر
يقولون حاجتنا يف الدنيا النظر إىل حممد بن إمساعيل وقال صاحل بن حممد جزرة ما رأيت خراسانيا أفهم من
حممد بن إمساعيل وقال أيضا كان أحفظهم للحديث قال وكنت أستملي له ببغداد فبلغ من حضر اجمللس
عشرين ألفا
Abu Sahl Mahmudu-bnu-n-Nadr al-Faqih sagte: „Ich bereiste Basra, den
Scham, den Hijaz und Kufa und traf die Gelehrten dort. Jedesmal wenn der
Name Muhammadu-bnu Ismail‘s erwähnt wurde zogen sie ihn sich selbst
“vor.
Er sagte außerdem: „Ich hörte mehr als 30 von den Gelehrten Ägyptens
sagen: „Was wir von der Dunya (noch) wollen, ist Muhammadu-bnu Ismail
“zu sehen.
Salihu-bnu Muhammad Jazara sagte: „Ich traf nie einen Menschen aus
“Khurasan, der mehr Wissen hatte als Muhammadu-bnu Ismail.
Er sagte ebenso: „Ich war in Bagdad und ließ mir von Muhammadu-bnu
“Ismail diktieren. An diesem Treffen nahmen 20.000 Menschen teil.
وسئل احلافظ أبو العباس الفضل بن العباس املعروف بفضلك الرازي أميا أحفظ حممد بن إمساعيل أو أبو زرعة
فقال مل أكن التقيت مع حممد بن إمساعيل فاستقبلين ما بني حلوان وبغداد قال فرجعت معه مرحلة وجهدت كل
اجلهد على أن آيت حبديث ال يعرفه فما أمكنين وها أان ذا أغرب على أيب زرعة عدد شعر رأسه وقال محد بن
عبد الرمحن الدغويل كتب أهل بغداد إىل حممد بن إمساعيل البخاري كتااب فيه املسلمون خبري ما بقيت هلم وليس
بعدك خري حني تفتقد وقال إمام األئمة أبو بكر حممد بن إسحاق بن خزمية ما حتت أدمي السماء أعلم ابحلديث
من حممد بن إمساعيل وقال أبو عيسى الرتمذي مل أر أعلم ابلعلل واألسانيد من حممد بن إمساعيل البخاري
وقال عبد هللا بن حممد بن سعيد بن جعفر مسعت العلماء مبصر يقولون ما يف الدنيا مثل حممد بن إمساعيل يف
املعرفة والصالح
Der Hafidh Abu-l-Abbas al-Fadli-bnu-l-Abbas .. wurde gefragt wer mehr
Hifdh hätte, Muhammadu-bnu Ismail oder Abu Zurcah. Da sagte er: „Ich
149
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
hatte Muhammadu-bnu Ismail noch nie zuvor getroffen, da empfing er mich,
als er zwischen Hilwan und Bagdad war. Ich begleitete ihn auf einem Teil des
Rückweges. Dabei versuchte ich mein Möglichstes ihm einen Hadith zu
bringen, den er nicht kannte, doch es war mir nicht möglich einen zu finden.
Abu Zurcah jedoch bringe ich etliche solche Hadithe“
Hamdu-bnu Abdi-r-Rahman ad-Daghuli sagte: „Die Menschen aus Bagdad
schrieben einen Brief an Muhammadu-bnu Ismail, in dem Folgendes stand:
„Die Muslime befinden sich im Guten solange du unter ihnen bist und es
bleibt [vergleichsweise] nichts Gutes wenn du nicht mehr da bist.“
Der Imam der A’imah [seiner Zeit] Abu Bakr Muhammadu-bnu Ishaqa-bni
Khuzaimah sagte: „Es gibt (heute) niemanden unter dem Himmel der mehr
Wissen im Hadith hat als Muhammadu-bnu Ismail.“
Abu Isa At-Tirmidhi sagte: „Ich sah niemanden der mehr Wissen über die
cIlal1 und die Asanid hatte als Muhammadu-bnu Ismaila-l-Bukhari.“
Abdullahi-bnu Muhammadi-bni Sacidi-bni Jacfar sagte: „Ich hörte die
Gelehrten Ägyptens sagen: „In der (heutigen) Dunya gibt es niemanden wie
Muhammadu-bnu Ismail, in Wissen, Rechtschaffenheit und Güte.““
ولو فتحت ابب ثناء األئمة عليه ممن أتخر عن عصره لفين حممد القرطاس ونفذت األنفاس فذاك حبر ال ساحل
له وإمنا ذكرت كالم بن عقدة وأيب أمحد عنواان لذلك وبعد ما تقدم من ثناء كبار مشاخيه عليه ال حيتاج إىل
حكاية من أتخر ألن أولئك إمنا أثنوا مبا شاهدوا ووصفوا ما علموا
Und wenn man nun noch das Kapitel der Aussagen derjenigen darlegen
würde, die nach ihm lebten, würde Muhammad das Buch füllen und uns der
Atem ausgehen ... Nach dem was bereits an Lob für ihn von seinen größten
Lehrern erwähnt wurde, ist es nicht notwendig das Lob derjenigen zu
erwähnen die nach ihm lebten. Denn diese (Lehrer, Schüler und
Zeitgenossen) erzählten was sie sahen und beschrieben was sie (aus erster
Hand) wussten.
1
Makel im Hadith/eine eigene Wissenschaft.
150
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
EINIGE EREIGNISSE WELCHE DIE STÄRKE SEINES HIFDH1, SEINEN FLIEßENDEN
VERSTAND UND SEIN WISSEN ÜBER DIE CILAL ZEIGEN2
ذكر مجل من األخبار الشاهدة لسعة حفظه وسيالن ذهنه واطالعه على العلل سوى ما تقدم
...مسعت أاب أمحد بن عدي احلافظ يقول مسعت عدة من مشايخ بغداد يقولون إن حممد بن إمساعيل البخاري
قدم بغداد فسمع به أصحاب احلديث فاجتمعوا وأرادوا امتحان حفظه فعمدوا إىل مائة حديث فقلبوا متوهنا
وأسانيدها وجعلوا منت هذا اإلسناد إلسناد آخر وإسناد هذا املنت ملنت آخر ودفعوها إىل عشرة أنفس لكل رجل
عشرة أحاديث وأمروهم إذا حضروا اجمللس أن يلقوا ذلك على البخاري وأخذوا عليه املوعد للمجلس فحضروا
وحضر مجاعة من الغرابء من أهل خراسان وغريهم ومن البغداديني فلما اطمأن اجمللس أبهله انتدب رجل من
العشرة فسأله عن حديث من تلك األحاديث فقال البخاري ال أعرفه فما زال يلقى عليه واحدا بعد واحد حىت
فرغ البخاري يقول ال أعرفه وكان العلماء ممن حضر اجمللس يلتفت بعضهم إىل بعض ويقولون فهم الرجل ومن
كان مل يدر القصة يقضي على البخاري ابلعجز والتقصري وقلة احلفظ مث انتدب رجل من العشرة أيضا فسأله
عن ح ديث من تلك األحاديث املقلوبة فقال ال أعرفه فسأله عن آخر فقال ال أعرفه فلم يزل يلقي عليه واحدا
واحدا حىت فرغ من عشرته والبخاري يقول ال أعرفه مث انتدب الثالث والرابع إىل متام العشرة حىت فرغوا كلهم من
إلقاء تلك األحاديث املقلوبة والبخاري ال يزيدهم على ال أعرفه فلما علم أهنم قد فرغوا التفت إىل األول فقال
أما حديثك األول فقلت كذا وصوابه كذا وحديثك الثاين كذا وصوابه كذا والثالث والرابع على الوالء حىت أتى
على متام العشرة فرد كل منت إىل إسناده وكل إسناد إىل متنه وفعل ابآلخرين مثل ذلك فأقر الناس له ابحلفظ
وأذعنوا له ابلفضل قلت هنا خيضع للبخاري فما العجب من رده اخلطأ إىل الصواب فإنه كان حافظا بل
العجب من حفظه للخطأ على ترتيب ما ألقوه عليه من مرة واحدة
„... ich hörte Abu Ahmada-bnu cAdyyin-il-Hafidh sagen:
„Ich hörte eine große Anzahl der Gelehrten Bagdads erzählen, dass
Muhammadu-bnu Ismaila-l-Bukhari nach Bagdad kam. Da beschlossen die
Gelehrten des Hadith ihn zu prüfen. Sie nahmen 100 Hadithe und
vertauschten ihre Überlieferungsketten und ihren Text. Dann wurden diese
100 verdrehten Hadithe auf zehn Männer aufgeteilt. Jeder erhielt zehn
Auswendiglernvermögens
1
abgesehen von dem was schon erwähnt wurde.
2
151
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Hadithe. Es wurde ihnen aufgetragen, Bukhari bei einer Sitzung danach zu
fragen.
Schließlich machten sie mit Bukhari einen Termin für diese Sitzung aus, zu
der nicht nur sie, sondern auch eine große Anzahl an Einheimischen aus
Khurasan und auch Fremden sowie Menschen aus Bagdad kamen.
Als die Sitzung begann, fragte einer der zehn Männer Bukhari nach einem
der verdrehten Hadithe. Al-Bukhari antwortete daraufhin: „Ich kenne ihn
nicht.“ Dieselbe Antwort gab er jedem der zehn Männer bei den insgesamt
100 Hadithen.
Die anwesenden Gelehrten blickten sich gegenseitig an und ihnen war klar,
dass al-Bukhari die Prüfung verstanden hatte. Doch die Ahnungslosen unter
den Anwesenden wunderten sich über die Unwissenheit und den schlechten
Hifdh dieses Mannes.
Als alle zehn Männer schließlich ihre Hadithe vorgebracht hatten, wandte
sich al-Bukhari wieder dem ersten zu und sagte: „Was den ersten Hadith
betrifft den du mir sagtest1, so ist die korrekte Version davon so und so. Was
den zweiten Hadith betrifft, so ist die korrekte Version davon so und so.
So fuhr er fort bis er alle zehn verdrehten Hadithe korrigiert hatte. Dies
machte er dann bei jedem der zehn Männer. Die Leute waren von seinem
Wissen und Hifdh beeindruckt und sprachen ihm ihren Vorzug ihnen
gegenüber aus.“
Ich2 will hier anmerken: Das Beeindruckendste an der Geschichte war nicht,
dass er die 100 Hadithe korrekt kannte, denn er war ein Hafidh. Das wirklich
Verwunderliche und Außergewöhnlichste daran war, dass er die verdrehten
Hadithe durch das einmalige Hören auswendig lernte und sie auch noch in
der richtigen Reihenfolge wiedergeben konnte.
wobei er den Hadith mit seiner verdrehten Überlieferungskette erwähnte. Dies
bedeutet also, dass er den falschen Hadith durch einmaliges hören auswendig lernte.
1
2
also Ibnu Hajar
152
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
وروينا عن أيب بكر الكلوذاين قال ما رأيت مثل حممد بن إمساعيل كان أيخذ الكتاب من العلم فيطلع عليه
اطالعة فيحفظ عامة أطراف األحاديث من مرة واحدة وقد سبق ما حكاه حاشد بن إمساعيل يف أايم طلبهم
ابلبصرة معه وكونه كان حيفظ ما يسمع وال يكتب
Abu Bakr al-Kalwadhani sagte: „Ich sah nie jemanden wie Muhammadu-bnu
Ismail. Er nahm ein Buch und überflog es einmal und konnte bereits alle
darin enthaltenen Hadithe auswendig, nachdem er sie einmal gelesen
hatte.“
Und es wurde bereits erwähnt von Haschidu-bnu Ismail, aus ihrer
gemeinsamen Studienzeit in Basra, dass al-Bukhari durch bloßes Hören
auswendig lernte und nicht mitschrieb.
وقال أبو األزهر كان بسمرقند أربعمائة حمدث فتجمعوا وأحبوا أن يغالطوا حممد بن إمساعيل فأدخلوا إسناد الشام
يف إسناد العراق وإسناد العراق يف إسناد الشام وإسناد احلرم يف إسناد اليمن فما استطاعوا مع ذلك أن يتعلقوا
... عليه بسقطة
وقال أمحد بن محدون احلافظ رأيت البخاري يف جنازة وحممد بن حيىي الذهلي يسأله عن األمساء والعلل
والبخاري مير فيه مثل السهم كأنه يقرأ قل هو هللا أحد
Abu al-Azhar erzählte, dass in Samarkand 400 Hadith-Gelehrte waren. Sie
kamen zusammen und versuchten Muhammadu-bnu Ismail eines Fehlers zu
überführen. Dazu vertauschten sie die Überlieferungsketten Syriens mit
denen des Irak und umgekehrt und die Überlieferungsketten des Haram mit
denen des Jemen. Doch trotz alledem schafften sie es nicht einen einzigen
Fehler bei ihm zu finden.
Ahmadu-bnu Hamdun al-Hafidh sagte: „Ich sah al-Bukhari auf einem
Begräbnis während Muhammadu-bnu Yahya-dh-Dhuhli ihn fragte über die
Überlieferer und cIlal. Al-Bukhari las sie daraufhin (aus dem Gedächtnis) mit
der Geschwindigkeit eines Pfeils, als ob er „Qul huwa-llahu Ahad“1 lesen
würde.““2
Also die kurze Sure Al-Ikhlas aus dem Qur’an, die quasi jedes muslimische Kind
auswendig kennt.
1
2
Ende des Zitats aus dem Einführungsband des Fathu-l-Bari.
153
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Die Überlieferungen der Ru’yah
Zweiter Hadith: von Abu Hurairah (ra)
Hiermit kehren wir also zu den weiteren Ahadith über die Ru’yah zurück,
nachdem wir den ersten Hadith mit seinen Überlieferungen in den Sittah
betrachtet haben. Dadurch wurde ziemlich klar, dass es keineswegs so einfach
ist Ahadith von solcher Güte, in den stärksten Hadith-Werken als erlogen
abzutun. Es ist ganz gegensätzlich zu der Phantasiewelt der Qur'aniyyin,
Orientalisten und Schiiten.
Aber nach diesen Betrachtungen werfen wir nun einen Blick auf die weiteren
Überlieferungen der Ru’yah, welche jeden Zweifel weiter und weiter
ausmerzen. Dabei sollen aber nur die wichtigsten noch verbleibenden
Überlieferungen und diese nur in Kürze erwähnt werden. Es würde zu weit
gehen, alle Überlieferungen anzuführen und diese im Detail zu besprechen.
Von Abu Hurairah (ra) wird der Hadith ebenfalls im quasi selben Wortlaut
überliefert wie der vorausgegangene Hadith von ibnu Jarir (ra).
154
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
GRAFISCHE DARSTELLUNG DER KETTEN IM SAHIH VON BUKHARI
أبو هريرة وأبو سعيد معا
معمر
عطاء بن يزيد
سعيد
الزهري
الزهري
ِ ِ
يم بْ ُن َس ْعد شعيب
ُ إبْ َراه
شعيب
Abu Hurairah und Abu Sacid
gemeinsam
cAta’u-bnu
Schucaib
Abu Hurairah
Sacid
Zaid
az-Zuhri
Ibrahim
أبو هريرة
Az-Zuhri
Macmar
155
Schucaib
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
FESTSTELLUNG DES ERSTEN WEGES VON ABU HURAIRAH (RA)
Hier überliefert Abu Hurairah (ra) den Hadith vom Propheten (sas). Von ihm
nahm ihn dann Sacidu-bnu-l-Musayyab und von diesem dann az-Zuhri.
Aus den Asanid zeigt sich eigentlich deutlich, dass es sich bei diesem Weg um
einen anderen als den folgenden Tariq1 handelt. Sacid hat ihn also von Abu
Hurairah (ra) unabhängig von cAta‘ gehört.
Von den Asanid schien mir deutlich zu sein, dass cAta‘ den Hadith von Abu
Hurairah (ra) und Abu Sacid (ra) gleichzeitig überlieferte, da sie zum Zeitpunkt
der Überlieferung alle zusammen waren, wa-llahu aclam.
FESTSTELLUNG DES ZWEITEN TARIQ VON ABU HURAIRAH (RA)
Bei diesem Weg überliefert ihn von Abu Hurairah cAta‘ und von diesem azZuhri. Von az-Zuhri verbreitete sich der Hadith schließlich, da ihn mehrere
Personen von ihm überliefern.
ALLGEMEINE BETRACHTUNG DIESES HADITH
Bei diesem Hadith wurde die Analyse auf die Überlieferungen von Bukhari
beschränkt. Dieser Hadith ist aus der Sicht der Hadith-Wissenschaften mit
einem Wort unantastbar. Leute wie die Schiiten hingegen lehnen ihn natürlich
ohne weiteres ab.
Abu Hurairah (ra) ist bei ihnen ganz einfach ein abtrünniger Verräter am Islam
und damit ist die Überlieferung dahin. Aber auf dieser Ebene diskutieren wir
grundsätzlich nicht, wie zuvor häufig beschrieben. Den Schiiten ist es
unmöglich die Kritik an ihren Grundlagen zurückzuweisen. Es ist ihnen nicht
möglich z.B. zu erklären warum ihre Grundlage ihres gesamten Din, die
Imamah, im Qur’an fehlt. Sie sind also überhaupt nicht in der Position mit uns
über ihre Kritik an diesem Hadith zu sprechen. Natürlich könnte man an dieser
Stelle darüber hinaus ihre zahlreichen Verleumdungen über Abu Hurairah (ra)
entblößen, was sicher einen eigenen Band füllen würde.
Im Folgenden geht es deshalb um andere Kritiker, die die Grundsätze der
Hadith-Wissenschaft zumindest nach außen hin akzeptieren.
1
im Arabischen wörtl.: Weg. Hier im Sinne einer Überlieferungskette.
156
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
WAS DER KHARIJI HIERZU SAGT
Es wurde schon zuvor, im ersten Hadith, ein klarer Fehler vom Schaikh der
Ibadiyyah gezeigt. Dies war nicht der einzige dieser Art. So schwächt er in
seinem Kritikwahn teilweise Überlieferungen, mit der Behauptung, sie kämen
nur von diesem und jenem Tariq, wobei dem aber nicht so ist und es
tatsächlich noch andere Turuq dafür gibt. Eine detailierte Abhandlung dieser
Dinge würde natürlich weit über den Rahmen dieses Buches hinausgehen.
Jedenfalls versuchte er so jeden einzelnen Hadith über die Ru’yah zu
schwächen. Aber beim Lesen seines Buches wundert man sich, wo denn nun
dieser Hadith von Abu Hurairah zu finden ist. Jedoch siehe da, quasi ganz am
Ende seiner Kritik der einzelnen Überlieferungen, taucht er auf. Dort erwähnt
der Ibadi dann kurz, dass der Sanad des Hadith völlig korrekt ist.
D.h. selbst er musste eingestehen, dass man an dieser Kette nichts finden
kann. Hätte natürlich kein gutes Bild gemacht, wenn er damit gleich sein Buch
eröffnet. Deshalb zog er es sicher auch vor diese Überlieferung bis ans Ende
aufzuschieben.
Schließlich ist die Erklärung dann, dass der Hadith problematisch ist auf Grund
seines Textes, also nicht auf Grund seiner Kette. Wie er meint, kann man ja
einen Hadith mit richtiger Kette nicht annehmen, wenn er offensichtlich falsch
ist.
Der angeblich „offensichtlich falsche Inhalt“ aus der Sicht der heutigen
philosophischen Khawarij ist, dass einige Eigenschaften Allahs erwähnt
werden, in einer Art und Weise, die sie nicht mehr auslegen können. Deshalb
ist der Hadith bei ihnen schlicht und einfach falsch. So einfach ist es also, sich
die Dinge zu richten. Auf diese Art fügt sich auch ein Irrweg an den anderen.
Anmerkung über die Eigenschaften Allahs
Das Thema der Eigenschaften Allahs (swt) ist natürlich ein gewaltiges Gebiet,
welches in diesem Rahmen keinesfalls abgehandelt werden kann. Man muss
sich auch darüber im Klaren sein, dass die Ummah sich in der Geschichte im
Grunde an nichts mehr gespalten hat, als an den Fragen der Eigenschaften
Allahs. Die Frage ob der Qur’an das Wort Allahs oder ob er erschaffen ist,
stellt ein eigenes dunkles Kapitel in der islamischen Geschichte dar. Die
157
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Ibadiyyah sind wie gesagt ein Teil dieses obskuren Kapitels, da sie selbst heute
noch diese Bidcah vertreten.
Genau dies ist ja auch der Kern des Problems all der philosophischen Gruppen
mit der Ru’yah. Sie glauben, dies muss zwingend dazu führen, Allah als
begrenzt und unzulänglich zu beschreiben. Dem ist aber nicht so, für
jemanden der das Thema der Eigenschaften Allahs richtig verstanden hat.
In dieser Anmerkung kann also nicht mehr als ein Hinweis erwähnt werden,
um einige Missverständnisse und Kernprobleme anzusprechen.
Viele unwissende und leichtgläubige Menschen denken, wenn wir Allah eine
Hand, oder ein Gesicht oder dergleichen zuschreiben, haben wir damit Allah
einen Körper gegeben. Deshalb halten sie uns für Anhänger jener
irregeleiteten Gruppe1, die solche Glaubensinhalte vertrat.
Tatsache ist jedoch, dass wir jeden Menschen mit sofortiger Wirkung zum
Kafir erklären, der Allah einen Körper zuspricht und ihn mit seiner Schöpfung
gleichsetzt.
Jedoch nur, weil ein Mensch es genau so ausdrückt, wie es auch im Qur’an
und in der Sunnah erwähnt ist, hat er Allah nicht seiner Schöpfung
gleichgesetzt. Wäre es so, dann wären alle Sahabah (ra) die dies überliefern,
alleine aus diesem Grund Kuffar und man müsste davon ausgehen, dass sie
nichts verstanden hätten. Alleine diese Konsequenz ist genug an Unwissenheit
und Hochmut.
Spätestens hier müsste jenen unwissenden Personen klar werden, dass sie
irgendetwas falsch verstanden haben. Sodann müssten sie nach dem richtigen
Verständnis für die Eigenschaften Allahs suchen, aber ihre Arroganz hindert
sie daran.
Allein diese Ahadith über die Ru’yah stellen jedoch ein unwiderlegbares
Argument gegen sie auf. Wenn sie die Tatsache der Ru’yah, nach Kenntnis
dieser Ahadith ablehnen, können sie keine Muslime sein, egal ob sie sich dies
nun erklären können oder nicht. Um von den Mu'minin zu sein, haben sie die
Überlieferungen zu akzeptieren ohne Widerspruch. Wenn sie für irgendetwas
keine Erklärung haben, müssen sie sich selbst der Unwissenheit bezichtigen,
1
Die sog. al-Mujassimah.
158
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
bevor sie einen Teil des Din leugnen. Wenn sie dann weitersuchen und ein
Herz haben, welches die Wahrheit erkennen kann, werden sie auch klar sehen
wo ihr Fehler war. Aber wenn ihr Hochmut sie daran hindert, werden ihre
Herzen blind für die Wahrheit sein.
Ahlu-s-Sunnah wa-l-Jamacah schreiben Allah alle Eigenschaften zu mit denen
er sich selbst im Qur'an beschreibt und mit denen sein Prophet (sas) ihn
beschrieben hat. Jedoch ähnelt keine dieser Eigenschaften Allahs den
Eigenschaften seiner Geschöpfe.
Das Hauptproblem der Philosophen mit den Eigenschaften Allahs ist im
Grunde immer dasselbe. Sie können einfach nicht akzeptieren, dass ihr
Verstand nicht ausreicht um die wahre Natur gewisser Dinge voll zu verstehen
und zu erfassen. Ihr eigener Verstand ist ihnen dafür viel zu heilig, als dass sie
akzeptieren könnten, dass er etwas nicht verstehen kann.
Allah beschreibt im Qur’an mehrmals ausdrücklich, dass er sich über den
Thron begeben hat. Ebenso beschreibt er sich mit einer Hand und anderen
Eigenschaften. Wenn wir Allah diese Eigenschaften zusprechen, so wie er sie
erwähnt hat, heißt das nicht, dass wir seine Eigenschaften mit irgendetwas
gleich setzen.
Im Gegenteil, die Grundregel bei Ahlu-s-Sunnah wa-l-Jamacah lautet immer:
Wie auch immer du dir Allah vorstellen würdest, so ist er sicher nicht.
Dies, weil wir aus dem Qur’an wissen, dass Allah keiner uns bekannten Sache
ähnelt. Trotzdem können wir aber nicht die Eigenschaften ableugnen, durch
die er sich selbst beschrieben hat. Der Unterschied ist also, dass wir die
Eigenschaften Allahs alle akzeptieren und ihm zuschreiben, genau wie er sie
erwähnt hat. Die Frage nach dem „Wie“ (Kaif), also wie diese Eigenschaften
nun tatsächlich sind, ist hingegen eine Bidcah. Genau das ist der Manhaj1 der
Salaf: Ohne „Wie“ (bila Kaif).
Ebenso entspricht dies exakt der Aussage von Imam Malik (ra), als einer
aufstand und ihn nach der erwähnten Stelle im Qur’an fragte:
كيف استوى؟.الرمحن على العرش استوى
1
Weg bzw. Methode
159
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
„Der Allerbarmer hat sich über den Thron begeben (istawa). Wie hat er sich
darüber begeben?“
Er erwiderte mit der weithin bekannten Aussage:
االستواء معلوم والكيف جمهول واإلميان به واجب والسؤال عنه بدعة
„Der Istiwa‘ ist bekannt1. Das „Wie“ ist unbekannt. Der Iman daran ist
Pflicht. Und die Frage danach ist eine Bidcah.“
Das war nicht nur die Haltung dieses Gelehrten, sondern die Haltung aller
Gelehrten von Ahlu-s-Sunnah wa-l-Jamacah. Die Salaf hatten immer über
diese Eigenschaften geschwiegen und sie immer einfach so akzeptiert wie
Allah sie erwähnt hat. Aber dann kamen Leute die glaubten intelligenter,
besser und wissender als die Sahabah (ra) zu sein. Deshalb erlaubten sie sich
zu reden, über was die Salaf geschwiegen hatten.
Man muss sich nur einmal vor Augen halten, dass Allah oftmals im Qur’an
wiederholt:
ِ الر حْحَ ُن َعلَى ال َحع حر
استَ َوى
َّ
ش ح
„Der Allerbarmer hat sich über den Thron begeben“.2
Diese „geistig ach so Überlegenen“ meinen aber, die Bedeutung all dieser
Verse ist: „Der Allerbarmer hat sich NICHT über den Thron begeben.“ Das,
wobei Allah denselben Ausdruck mehrmals exakt wiederholt!
Tatsache ist jedoch, dass – in Kürze gesagt – die ganzen Gruppen auf den
Irrwegen der Philosophie ein gemeinsames Problem haben. Darin besteht
auch das Argument, dass ihre unislamischen Philosophien mit einem Schlag in
Stücke bricht. All diese Gruppen schreiben Allah zumindest einige der Eigenschaften zu, auch wenn sie einige andere ableugnen.
Die Ausnahme bilden die Extremisten unter ihnen, die „reine Jahmiyyah“3.
Diese sagten deutlich, dass sie alle Eigenschaften Allahs auslegen und ihm
keine davon zuschreiben.
1
also die Bedeutung des Wortes ist allgemein bekannt.
2
Surah Ta Ha: 5
3
Im Arabischen al-Jahmiyyatu-l-Mahdah.
160
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Die Aschcariyyah und Maturidiyyah aber und viele andere ebenso, glauben an
einige Eigenschaften und lehnen andere ab. Diese Gruppen argumentieren
gegen Ahlu-s-Sunnah wa-l-Jamacah folgendermaßen: „Es ist doch unsinnig zu
behaupten Allah hätte eine Hand, wenn man aber gleichzeitig sagt, dass
man sich diese Hand unter keinen Umständen vorstellen kann. Es ist also auf
der einen Seite eine Hand. Auf der anderen Seite gleicht sie aber in keinster
Weise einer Hand wie wir sie kennen?“
Hierbei kann man ihnen allen nun ganz leicht begegnen. Man fragt sie einfach
ob Allah ihrer Ansicht nach hören und sehen kann. Denn diese Eigenschaften
lehnen sie nicht ab. Sodann fragt man sie nach dem „Wie“. Dabei ist mit der
Frage hier nicht die Bidcah-Frage gemeint. Wir wissen ja, dass es darauf keine
Antwort gibt. Deshalb fragen wir sie nicht nach der tatsächlichen Natur dieser
Eigenschaften. Aber wir konfrontieren sie mit ihrer eigenen Bidcah, da sie ja
glauben darauf eine Antwort zu haben, auf Grund ihres „erhabenen“
Verstandes.
Kaum anzunehmen, dass sie nun meinen Allah sei beim Hören auf
Schallwellen angewiesen und auf einen Hörapparat, so wie wir ihn benötigen.
Auch werden sie kaum glauben, dass Allah ein Auge wie seine Geschöpfe hat
und auf elektromagnetische Wellen angewiesen ist.
Es bleiben ihnen also genau zwei Wege und kein dritter:
1. Sie sagen: „Allah hört und sieht, genau wie er dies in seinem Buch
beschrieben hat. Aber sein Hören und Sehen gleicht nichts was wir kennen
von diesen Dingen.“
Wenn sie das sagen, dann antworten wir ihnen: „Danke. Das ist genau das
was wir über die Hand und alle anderen Eigenschaften sagen. Ihr habt euch
also selbst widerlegt.“
2. Sie leugnen das Hören und Sehen auch ab und werden damit wie die
Jahmiyyah, womit sie dann auch den Din der Muslime endgültig verlassen.
Und genau hier liegt der Punkt. Wer eine Eigenschaft ableugnet, muss alle
ableugnen. So einfach ist es. Und wer auch immer eine Eigenschaft ablehnt,
befindet sich auf der Straße der Jahmiyyah, egal ob er dies nun weiß oder
nicht. Die Philosophen sind also doch nicht ganz so genialen Verstandes, wie
sie dies selbst immer annehmen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder die
Straße zu verlassen, oder sie bis zum Ende durchzugehen, wo die cAqidah von
Jahmu-bnu Safwan sie erwartet.
161
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Das Ende dieser Fahrt wird schließlich das Höllenfeuer sein. Genau deshalb
sehen wir auch, dass die Gelehrten auf die Jahmiyyah in dieser Angelegenheit
Takfir machten.
Die Jahmiyyah sagten klipp und klar, dass Allah überhaupt keine
Eigenschaften hat. Er beschreibt sich also durch gar nichts. Genau das ist es
was die Gelehrten meinten mit der Aussage: „Das Ablehnen der
Eigenschaften ist in Wirklichkeit das Ablehnen des Schöpfers“. Und das ist es
auch, was Allah bei solchen Leuten im Endeffekt ausmacht: Er ist bei ihnen
„Nichts“.
Tatsache ist, dass selbst die Jahmiyyah diesen Weg nicht richtig durchziehen
konnten. Was sollen sie denn sagen, wenn man sie nach dem „Existieren“
Allahs befragt? In ihrem Größenwahn müssen sie ja die Existenz Allahs
leugnen. Aber hier machen sie eine Ausnahme. Denn Allah existiert zwar nach
ihrer Ansicht, auch wenn sein „Existieren“ keinem anderen gleicht.
Ebenso widersprechen sie sich bei der „Qudrah“1. Auch hier verleugnen sie
die Eigenschaft nicht. Sie können nicht, weil dies ihren eigenen Grundsätzen
widersprechen würde.
Schließlich gab es auch philosophische Strömungen, die deutlich sagten, dass
man Allah durch nichts beschreiben darf. Sie meinten also, Allah ist nicht
wissend aber auch nicht unwissend. Ihre völlig verrückte Idee war also, dass
man Allah nur durch negative Aussagen beschreiben kann!
Auch die in diesem Buch schon zuvor genannten Muctazilah legten die
Eigenschaften Allahs aus. Deshalb gehören sie auch zu jenen Gruppen, die die
Ru’yah ablehnen. Ebenso die mehrfach erwähnten Ibadiyyah. Denn diese
späte Splittergruppe der Khawarij, hat im Grunde alle Konzepte der
Muctazilah übernommen.
Jeder der die islamische Geschichte kennt weiß, dass es einige Leute auf
diesem Wege zur ganz offenen Abtrünnigkeit vom Islam getrieben hat.
Die Salaf hatten einen enormen Weitblick und ein gewaltiges Wissen über
diese Dinge. Den Khalaf nach ihnen ist von all dem fast nichts mehr übrigge-
1
der Macht bzw. Kraft und Fähigkeit Allahs
162
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
blieben. An der Stelle des Wissens steht bei ihnen der Kibr (Hochmut) und der
Jahl (Unwissenheit).
Dies soll dem vernünftigen Herzen hier als Hinweis genügen. Wenn man in
diesem Thema ins Detail geht, kann man die unnütze Philosophie mit etlichen
Beweisen widerlegen.
Auch dem Ibadi hilft es also in keinster Weise, sich in dieses Argument zu
flüchten. Es bleibt also bei der Tatsache, dass er diesen Hadith nicht kritisieren
kann. Hätte er irgendwas gefunden in der Überlieferungskette, hätte er es
sicher aufgegriffen.
Allgemeine Widerlegung des Ibadi in der Frage der
Ru’yah
Bis jetzt wurde der genannte Schaikh der Ibadiyyah in einigen Detailfragen
widerlegt. Allgemein ist jedoch Folgendes zu sagen:
Die Zielsetzung seiner Arbeit war, jeden einzelnen Hadith von seinem Sanad
her zu schwächen. Dies ist ihm in einigen Fällen nicht gelungen. In anderen
glaubte er zwar richtig zu liegen, wobei der Fehler aber unzweifelhaft bei ihm
lag.
Aber dieser Schaikh leidet scheinbar noch unter einem allgemeinen
Missverständnis über die Grundlagen der Hadith-Wissenschaft. Deshalb ist es
passend, diese Sache hier kurz zu erwähnen, da es ja in diesem Buch genau
um diese Grundlagen geht.
Der Ibadi-Schaikh führte etliche Überlieferungen an und meinte dann, in jeder
irgendetwas zu finden. Jedoch ist diese Vorgehensweise bei so vielen
Überlieferungen von Grund auf aussichtslos. Denn bei diesen vielen
dutzenden Überlieferungen hängt die Authentizität nicht mehr von der
einzelnen Überlieferung ab.
Dies, weil die Schwächen, die er aufzuzeigen meint, selbst bei den wirklich
schwachen Hadithen über die Ru’yah, in der überwiegenden Mehrheit der
Fälle, keine großen Schwächen sind. D.h. die Kritik kommt fast in keinem der
vielen Fälle zur Bezichtigung eines Rawi mit der Lüge bzw. zum sicheren Urteil
der Lüge.
163
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Die einzelnen Überlieferungen können also nicht einfach so vollständig
verworfen werden. Sie sind geeignet sich gegenseitig zu stärken. Dies, weil
man sich bei diesen Ahadith ihn vielen dutzenden Fällen sicher ist, dass alle
Ruwat des Sanad keine Lügner waren. Es geht also hier überhaupt nicht
darum sie der Lüge zu bezichtigen. Im Gegenteil, denn diese Ruwat wurden
klar damit beurteilt, dass sie aufrichtige Menschen waren, die niemals über
den Propheten (sas) lügen würden.
Aber wegen ihrer mangelnden Auswendiglernfähigkeit und dergleichen,
wurden ihre Überlieferungen geschwächt. Häufen sich aber die
Überlieferungen solcher Leute mit demselben Inhalt, ist es unmöglich, dass sie
alle dasselbe Missverständnis hatten. Wie ist es dann erst mit der Ru’yah,
deren Asanid viele dutzende an der Zahl sind? Mal abgesehen davon, dass
nicht alle davon Schwächen aufweisen, sondern teilweise zu den stärksten
Asanid gehören!
Es gibt also keinen Weg, die Gesamtheit der Überlieferungen auf diese Art
abzulehnen, was dem Ibadi-Schaikh offenbar nicht klar war. Möge Allah uns
und ihn und seine ganze Jamacah rechtleiten, amin.
Dritter Hadith: von Abu Sacid (ra)
DER ERSTE TARIQ VON ABU SACID (RA) IM SAHIHU-L-BUKHARI
Schon im vorherigen Kapitel konnte man in der Grafik den Hadith sehen
welchen cAta’u-bnu-Yazida-l-Laithi von Abu Sacid überlieferte. Es ist an sich
nicht notwendig hier eine Grafik zu zeigen. Diesem Weg folgt noch der
kommende, wobei sich die Betrachtung wieder auf den Bukhari beschränkt.
DER ZWEITE TARIQ VON ABU SACID (RA) IM SAHIHU-L-BUKHARI
Den Hadith überliefert bei Bukhari ebenfalls noch Zaidu-bnu Aslam von cAta’ibni-Yasar von Abu Sacid (ra).
GROBE ANALYSE DES HADITH
Wie schon zuvor gesagt wurde, handelt es sich bei dem ersten Weg um eine
sehr starke Kette. Dasselbe gilt für den hier angeführten zweiten Weg, was
den Hadith natürlich, abgesehen von der Stärke seiner Ketten, wiederum
164
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
stärkt. Da er nämlich in den von uns herangezogenen Hadithen von zwei
verschiedenen Leuten von Abu Sacid überliefert wurde.
Der Wortlaut bezüglich der Ru’yah ist in diesem Hadith quasi wieder identisch
mit den vorangegangenen Ahadith.
Vierter Hadith: von Suhaibi-bni Sinan
GRAFISCHE DARSTELLUNG
BETRACHTUNG DES HADITH
An der Grafik kann man farblich wieder die Stärke der Überlieferer erkennen.
Zwei Überlieferungen davon sind bei Muslim, die anderen bei Ahmad, atTirmidhi und Ibnu Majah.
Dies ist also ein weiterer Hadith über die Ru’yah. Der Leser hat jetzt ungefähr
ein Verständnis für die Asanid bekommen. Alleine die Tatsache, dass der
Hadith bei Muslim ist, zeigt seine Stärke und seine Stellung bei den HadithGelehrten.
Fünfter Hadith: von Ammaru-bnu Jasir
In diesem Hadith bittet Ammar (ra) Allah um die Gnade in Sein Antlitz (swt)
blicken zu dürfen. Er erwähnt dabei auch, dass er diesen Duca‘ vom
Propheten (sas) gelernt hat.
165
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
GRAFISCHE DARSTELLUNG DES SANAD
BETRACHTUNG DES HADITH
• Die ersten beiden Ketten (von rechts) sind bei an-Nasa'i.
• Die beiden anderen bei Ahmad.
• Dabei ist zu sehen, dass dies vier unterschiedliche Leute von Ammar selbst
überliefern, wobei einer davon ein Sahabi ist. Die Annahme, dass vier
unterschiedliche Ketten bis zu Ammar (ra) alle erlogen sind, ist äußerst
abwegig. Ebenso, dass in allen vier Ketten derselbe schwere Fehler vorfiel und
weiterüberliefert wurde. Es läuft also auch hier darauf hinaus, dass man den
Sahabi Ammar (ra) der Lüge bezichtigen würde.
Weitere Überlieferungen
• Wenn man nur die al-Kutubu-s-Sittah und Ahmad betrachtet, so wird die
Ru’yah noch ausdrücklich von Abi Razin überliefert. Dieser Hadith befindet
sich bei Abu Dawud, Ahmad und Ibnu Majah.
• Es gibt noch zahlreiche Hadithe die indirekt ebenfalls ein Dalil für die Ru’yah
sind. Weil sich bei diesen Ahadith aber die Diskussion in die Länge ziehen
würde, habe ich sie vollständig unterlassen. Hiermit wollte ich lediglich darauf
166
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
hinweisen. Die Gelehrten der Salaf haben diese Ahadith ebenfalls bei ihrer
Beweisführung angeführt und erklärt.
• Alle Überlieferungen in diesem Buch waren direkt vom Propheten (sas). Die
Ru’yah wurde jedoch auch von den Sahabah (ra) überliefert. Darin befinden
sich ebenfalls klare Äußerungen, dass die Mu'minun Allah in der Akhirah
sehen werden können.
• Ich habe mich bei den hier erwähnten Ahadith, wie gesagt, auf die Sittah
und Ahmad beschränkt. Es gibt jedoch in den anderen Büchern weitere
Überlieferungen über die Ru’yah, die hier völlig unerwähnt blieben. Beim
allgemeinen Radd auf den Schaikh der Ibadiyyah wurde jedoch darauf
hingewiesen.
• Von ad-Daraqutni (ra) wird ein gesamtes Buch über die Ru’yah überliefert.
In diesem sammelte er die Überlieferungen darüber. Darin erwähnt er unter
anderem Überlieferungen von Abu Umamata-l-Bahili, Abu Musa-l-Aschcari,
Ammari-bni Jasir, Abdillahi-bni Mascud, Abdillahi-bni Umar, Adiyyi-bni Hatim,
Ubayi-bni Kacb, Buraidata-bni-l-Hasibi-l-Aslami, Abdillahi-bni-Amri-bni-l-As,
Abi Bakrin-is-Siddiq, Hudhaifata-bni-l-Jaman, Fadalata-bni cUbaid.
Manche Leute werfen Zweifel auf, ob dieses Buch wirklich ad-Daraqutni
zugeschrieben werden kann. So z.B. der Schaikh der Ibadiyyah, welcher meint,
dass jede einzelne Überlieferung schwach ist, weil die Nisbah1 des Buches zu
ad-Daraqutni nicht nachgewiesen werden kann.
Wie aber zuvor erwähnt wurde liegt darin kein Argument für die Ablehnung
all dieser Überlieferungen, da ad-Daraqutni diese Überlieferungen nicht
erfunden bzw. zum ersten Mal gebracht hat. Es sind im Grunde alles
Überlieferungen, die in den anderen Büchern des Hadith zu finden sind. Auch
die Schwächung der einzelnen Wege ist ein aussichtsloses Unterfangen. Der
Grund dafür wurde im allgemeinen Radd auf den Ibadi bereits erwähnt.
1
Zugehörigkeit
167
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Allgemeine Betrachtung aller angeführten Ahadith
Nach dem richtigen Verständnis der Grundlagen der Überlieferung zeigte sich
schon am Anfang des Buches die Stärke des ersten Hadith. Nach der
Erwähnung einiger anderer Überlieferungen ist es aber nun möglich die
Angelegenheit der Ru’yah in einem Gesamtbild darzustellen.
Es zeigten sich also Ketten bzw. Wege, die für einen vernünftigen Menschen
mit einem Wort unantastbar sind. Ebenso wurden einige Ketten dargelegt,
deren Kritik als unhaltbar eingestuft werden muss. Sodann wurden noch
überblicksmäßig einige andere Überlieferungen angeführt.
Wenn man dabei nur die Überlieferung einzeln betrachtet, ist die Möglichkeit
des Erlügens, selbst rein theoretisch gesehen, sehr eingeschränkt. Kommt
hinzu, dass die Güte und Rechtschaffenheit dieser Überlieferer bei den
zahlreichen Gelehrten des Faches außer Frage steht. Darüber hinaus wurde
praktisch erwiesen, durch die zahlreichen Überlieferungen jener Ruwat, dass
sie niemals über den Propheten (sas) logen und seine Aussprüche mit
äußerster Genauigkeit überlieferten.
Wenn man die Überlieferungen dieses Buches dann zusammen betrachtet,
wird es nach menschlichen Maßstäben unmöglich diese hervorragenden
Überlieferer der Einigung auf die Lüge über den Propheten (sas) zu
bezichtigen. Dies würde ohne Zweifel jeglicher Vernunft widersprechen. Eine
solche Vorgehensweise würde sicherlich allen Regeln der historischen
Überlieferung widersprechen und jede Übermittlung historischer
Informationen unmöglich machen.
Dabei ist Folgendes zu beachten. Wenn man einen dieser Überlieferer als
Lügner beurteilt, bedeutet dies automatisch, dass damit all seine
Überlieferungen unbrauchbar werden. Es hätte also eine erhebliche
Auswirkung auf die gesamte Überlieferung, da diese Leute zahlreiche Hadithe
weitergaben.
Im Besonderen ist natürlich die Bezichtigung eines der bekannten Sahabah
(ra), aus islamischer Sicht, eine gewaltige Sache. So z.B. die Verleumdungen
der Schiiten über Abu Hurairah (ra), cA’ischah (ra) und andere. Diese
krankhaften Lügen und Schubuhat über viele Sahabah (ra) sind an sich schon
genug, da die Sahabah bei der Überlieferung der Ahadith übermäßig
vorsichtig waren. Die Muhaddithun gaben den Sahabah nicht zum Spaß die
168
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
höchste Stufe in der Überlieferung. Ihre Vorsicht und Genauigkeit bei der
Überlieferung ist aus unzähligen Ahadith klar ersichtlich. Abgesehen davon
haben die Muhaddithun bei der Prüfung der Ahadith klar ihre Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit festgestellt. Es hat sich deutlich gezeigt, wie
sehr sich die Sahabah versichert hatten bevor sie einen Hadith vom
Gesandten Allahs (sas) überlieferten.
Aber gleich mehrere Sahabah der Lüge zu bezichtigen ist noch heftiger. Bei
den Schiiten allerdings nicht ungewöhnlich, da sie ja fast alle Sahabah (ra) als
Abtrünnige betrachten.
Bei der bloßen Betrachtung der ersten Überlieferungen müsste man quasi
zum Schluss kommen, dass Abu Hurairah (ra) und Abu Sacid (ra) den Hadith
gemeinsam erlogen haben. Bei der eingehenden Analyse aller
Überlieferungen ergeben sich etliche solche Absurditäten.
Es ist eine weitere Sache festzustellen: Wenn man einen der Sahabah der
ersten Überlieferungen als Lügner bezeichnet, muss man damit eigentlich alle
anderen ebenfalls als Lügner bezeichnen. Dies, weil diese Überlieferungen
bezüglich der Ru’yah quasi identisch im Wortlaut sind. Es ist aber unmöglich,
dass jemand einen Hadith erlügt und dann kommt ein anderer und
überlieferte diesen Ausspruch tatsächlich vom Propheten (sas). D.h. es kann
nicht sein, dass jemand eine erlogene Aussage dem Propheten (sas)
zuschreibt, und dann die exakt gleiche Aussage von jemand anderem korrekt
überliefert wird. Schon gar nicht wenn dies öfter passiert. In all diesen Ketten
müssten also Leute der Lüge bezichtigt werden und im Grunde könnte dies
gar nicht an den Sahabah (ra) vorbeigehen.
An dieser Behauptung kommen jene Kritiker also kaum vorbei. Es sei denn
jemand der Ruwat hört von einer überlieferten Sache, ohne zu wissen ob sie
nun stimmt oder nicht und anschließend will er sie unterstützen, in dem er
einen entsprechenden Hadith erlügt. Dies ist aber in vielen Fällen rein
technisch gesehen schon unmöglich. Wie verhält es sich dann in der Summe
dieser Fälle?
Aber wie kann ein Mensch, der sich Muslim nennt, jemanden wie Abu Sacid
(ra) überhaupt einer so verrückten Sache bezichtigen? Warum sollte jemand
in der Frühzeit des Islam so etwas erlügen? Es ist völlig irrsinnig.
Wie kann ein sogenannter Muslim eine solche Behauptung aufstellen, wobei
sogar nichtmuslimische Orientalisten ausgeschlossen haben, dass diese Leute
169
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
je über den Propheten (sas) gelogen hätten. Da es unzählige Ahadith darüber
gibt, mit welchem Respekt sie ihn (sas) vor und nach seinem Tod behandelt
haben und wie aufrichtig sie waren und dass sie mit großer Genauigkeit all
seine Anordnungen ausgeführt haben!
Wie kann man dann erwarten, dass sie darüber hinaus noch eine Sache
machen, von der sie selbst und mehr als 70 Sahabah überliefern, dass sie Kufr
ist?! Und wie kann man dies nicht nur von einigen, sondern von so gut wie
allen Sahabah behaupten?! Wer so etwas sagt ist von dieser Hinsicht sicher
weiter vom Islam und vernünftigem Denken entfernt, als viele Orientalisten.
Dies nur am Rande. Denn selbst wenn jemand so etwas behaupten würde,
ändert es nichts an der Authentizität dieser Ahadith. Da es nicht möglich ist,
dass sich so viele Leute auf ein und dieselbe Lüge mit demselben Wortlaut
geeinigt haben und auf das Erlügen von anderen Ahadith, welche dieselbe
Bedeutung haben.
Sodann wurde auch auf die sonstigen zahlreichen Überlieferungen
hingewiesen. Selbst wenn diese Überlieferungen Schwächen aufweisen,
handelt es sich dabei im Allgemeinen nie um extreme Makel, die den Hadith
völlig unbrauchbar machen.
Durch all dies darf bei einem Muslim also kein Zweifel bleiben, dass die Ru’yah
ein fester Bestandteil dieses Din ist. Der Prophet (sas) hat seine Ummah mit
Sicherheit darüber in Kenntnis gesetzt und dies verlangt dem Muslim die
uneingeschränkte Akzeptanz dieser Inhalte ab.
Das Urteil von demjenigen, der die Ru’yah mit dem
Wissen über diese Ahadith ablehnt
Aus dem Gesagten muss klar sein, dass so jemand kein Muslim sein kann.
Dies, weil er einen festen Bestandteil des Islam ablehnt, der unzweifelhaft
vom Propheten (sas) übermittelt wurde.
Wer hingegen diese Ahadith noch nie gehört hat, ist entschuldigt durch seine
Unwissenheit, sofern es vorstellbar ist, dass jemand in seiner Situation diese
Dinge nicht weiß. Ebenso jemand der zwar einige dieser Hadithe
kennengelernt hat, aber aufgrund von Unwissenheit über ihren Zustand nicht
sicher ist, ob sie richtig sind.
170
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Hat er also noch nie davon gehört oder kennt er einige dieser Überlieferungen
nur oberflächlich, so kann er entschuldigt sein, sofern diese Unwissenheit bei
seinesgleichen entschuldbar ist.
Wie erwähnt haben viele Leute der verschiedenen fehlgeleiteten Gruppen,
wie der Muctazilah, die Ru’yah abgelehnt. Für sie gilt in Bezug auf diese
Angelegenheit also das hier Erwähnte. Wenn sie diese Ahadith wissentlich
ablehnten, hatte dies ihre Riddah1 zur Folge. Wenn sie diese Überlieferungen
aber nicht oder nicht ausreichend kannten, waren sie in dieser Angelegenheit
entschuldigt.
Schubuhat im Bezug auf die Ru’yah
Die Schubuhat über die Ru’yah sollen hier nur am Rande angesprochen
werden, da jeder, der einen allgemeinen Überblick über diesen Din und seine
Prinzipien hat, diese Scheinargumente widerlegen kann.
Bezeichnend ist wiederum, dass gerade jene Irregegangenen damit
argumentieren, die den ganzen Tag meinen "Wir nehmen nur von Qur’an und
Sunnah". Ist dies also ihr Dalil von Qur’an und Sunnah, "Aber Person X hat ja
auch dies und jenes gesagt, deshalb könnt ihr mich nicht des Fehlers
bezichtigen"?
Die Realität ist, dass diese Leute mit völlig leeren Händen da stehen. Sie
haben nichts aus Qur’an und Sunnah, das ihnen das Recht gibt die
unzweifelhafte Sunnah abzulehnen. Deshalb bleiben ihnen nur mehr solche
„Argumente“, nachdem sie selbst zugegeben haben, dass dies keine
Argumente sind.
Die Ablehner der Ru’yah führen natürlich auch einige Stellen des Qur’an zu
ihren Gunsten an. Darauf wurde bereits hingewiesen. In diesem Buch ging es
aber vorwiegend um die Sunnah. Auf die Diskussion der Angelegenheit der
Ru’yah im Qur’an einzugehen, müsste also das Thema einer anderen Arbeit
sein.
1
Apostasie
171
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Aber allgemein gesagt gibt es einige Stellen die scheinbar ihre Ansicht
unterstützen. Der Punkt ist aber, dass diese Stellen niemals eindeutig für ihre
Ansicht sprechen. Es handelt sich dabei immer um mehrdeutige Passagen im
Qur’an. Man kann sie also auf mehr als eine Art auslegen. Auf der anderen
Seite gibt es aber auch solche die ihnen klar widersprechen.
Der rechte Weg in solchen Angelegenheiten ist wie immer, dass man die
mehrdeutigen Stellen (Mutaschabihat) zu den eindeutigen (Muhkamat)
zurückführt. Man darf nicht die eine Stelle im Gegensatz zur anderen
auslegen, sondern muss beide Stellen verbinden und die Auslegungen
deckungsgleich machen.
So muss man auf der einen Seite die Verse des Qur’an in Harmonie zu
einander auslegen. Auf der anderen Seite muss man jene Stellen des Qur’an
auch in Übereinstimmung mit der eindeutigen Sunnah verstehen. In diesem
Buch hat sich deutlich gezeigt, dass die Sunnah in dieser Frage nur eine
Antwort zulässt. Eben weil die Sunnah ja ein so eindeutiges Wort in der
Angelegenheit spricht, versuchen die Leute der Bidcah diese Ahadith
krankhaft ungültig zu machen. Es ist also keinesfalls erlaubt den Qur’an
gegensätzlich zum Qur’an und zur Sunnah auszulegen.
Jene die die Ru’yah ablehnen, führen aber häufig noch andere "Argumente"
an, auf die im Folgenden nur ganz kurz eingegangen werden soll.
DIE BEHAUPTUNG, CA'ISCHAH (RA) HÄTTE EBENFALLS DIE RU’YAH
ABGELEHNT
Diese Darstellung stimmt aber in dieser Form nicht. Es ist eine Verdrehung der
Tatsachen.
• In jenen Überlieferungen von cA’ischah (ra) lehnt sie es ab, dass der Prophet
(sas) seinen Herrn bei al-Isra’u wa-l-Micraj1 sah. Aus den Überlieferungen von
cA'ischah (ra) geht aber nicht deutlich hervor, dass sie über das Jenseits
spricht. Im Gegenteil, die Ahadith drehen sich im Grunde klar um die
Begebenheit in der Dunya.
Man könnte den Hadith also auf verschiedene Arten verstehen, da er nicht
eindeutig ist. Es ist möglich die Überlieferung so zu verstehen, dass sich ihre
1
also seinem Emporsteigen in den Himmel, wie es in seiner Sirah überliefert ist.
172
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
Aussage nur auf die Sicht Allahs in der Dunya bezieht. Dann stimmt diese
Aussage mit allen anderen Beweisen und auch mit den Ansichten der anderen
Gelehrten überein. Sie waren nämlich zu einem großen Teil ebenfalls der
Ansicht, dass man Allah in der Dunya nicht sehen könne.
Es müssen hier also, wie immer im Din, die mehrdeutigen Aussagen auf die
Eindeutigen zurückgeführt werden, um sie in Übereinstimmung zu bringen.
Jene aber, die Abweichung in ihren Herzen haben, ziehen die Mutaschabihat
den Muhkamat vor. Genau wie Allah uns über sie in Suratu Ali cImran
berichtet. Jedoch spricht Allah dort über jemanden, der dies mit den Ayat
seines Buches, also mit der Rede Allahs, macht. Wenn Allah also über so
jemanden mit der Irre und der Abweichung urteilt, was ist dann mit
jemandem, der den Mutaschabihat in der Rede von Menschen folgt um die
Wahrheit zu verdrehen?
Noch seltsamer ist es dann, wenn solche Leute behaupten, stets nach Qur’an
und Sunnah zu gehen. Wir müssen ihnen also folgende Frage stellen: Wenn
ihr nur nach Qur’an und Sunnah geht, warum wollt ihr dann der klaren
Wahrheit aus Qur’an und Sunnah eindeutig zuwiderhandeln, mit einer
Aussage von cA'ischah (ra)? Meinen sie cA'ischah's Ansicht sei Qur’an oder
Sunnah? Ist speziell bei den Schiiten schwer vorstellbar, da sie ja cA’ischah (ra)
des Zina und des Kufr bezichtigen, wa-l-cIyadhu bi-llah1.
Es ist also umso absurder, wenn ein Schiite die Geschichte von cA’ischah (ra)
als Gegenbeweis bringt, aber auch das gibt es.
• Und selbst wenn man ihre Verdrehung annehmen würde, bestünde immer
noch die Möglichkeit, dass cA'ischah (ra) diese Überlieferungen nicht alle
kannte, oder sie diese Ahadith nicht in soweit kannte, dass sie bei ihr
unzweifelhaft schienen. Es kann also sein, dass sie zwar einige solche
Aussprüche gehört hat, diese jedoch missverstand, während sie die
eindeutigen aber nie in zweifelsfreier authentischer Form erhielt.
Wenn jemand hier entgegnet, es sei unmöglich, dass cA'ischah (ra) diese
Sache nie selbst eindeutig vom Propheten (sas) gehört hat, so ist Folgendes zu
sagen:
1
Wir suchen unsere Zuflucht bei Allah (so etwas von ihr anzunehmen).
173
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
1, Die ganze Sache ist hypothetisch, da ihre Aussage ohnehin schon
missinterpretiert wurde.
2, Auch wenn es zugegebenermaßen sehr unwahrscheinlich ist, kann man es
jedoch nicht völlig ausschließen. Es ist möglich, dass eine Angelegenheit nicht
zu ihr vordringt und zwar aus folgenden Gründen:
• Dies wäre nicht die erste Angelegenheit die cA'ischah (ra) nicht vom
Propheten (sas) erfahren hat, während sie andere Sahabah sehr wohl von ihm
hörten.
• Selbst von den Sahabah (ra) gibt es keinen einzigen, der die ganze Sunnah
kannte. Kein einziger Sahabi kannte jeden Hadith. Nicht einmal jene, welche
sehr viel überlieferten1 und auch länger nach dem Propheten (sas) lebten.
Dies alleine schon deshalb, weil sich die Sahabah eine Zeit nach dem
Propheten (sas) auf die verschiedenen wichtigen Städte im islamischen Reich
verteilten.
Somit gab es zu dieser Zeit auch keine gesammelten Werke über den Hadith.
Sie wurden in der Regel mündlich weitergegeben und auswendig gelernt.
DIE BEHAUPTUNG: DER GELEHRTE MUJAHID (RA) HÄTTE DIE RU'YAH
ABGELEHNT
Zu dieser Sache ist genau das Gleiche zu sagen wie bei der vorherigen
Schubhah. Zum einen kann man seine Aussagen anders verstehen, zum
anderen würde es bedeuten, dass er diese Überlieferungen nicht ausreichend
kannte. Bei ihm ist dies noch viel eher möglich, als im vorausgegangenen
Beispiel. Aus folgenden Gründen:
1, Er war kein Muhaddith und damit war er nicht auf den Hadith spezialisiert.
Sein Gebiet war, wie allgemein bekannt ist der Tafsir. Deshalb wird seinem
Wort in der Hadith-Wissenschaft auch kein besonderer Stellenwert
beigemessen.
Es ist also durchaus möglich, dass er diese Ahadith nicht ausreichend kannte.
1
Diese werden als al-Mukthirun bezeichnet.
174
Die Grundlagen der Überlieferung im Islam
2, Zu dieser Zeit waren die Ahadith ebenfalls noch nicht in Werken
gesammelt. Man muss sich verdeutlichen, dass es zu dieser Zeit weder
Bukhari noch Muslim gab und auch nicht die restlichen Sittah.
3, Diese Gelehrten haben tausende Fragestellungen und Angelegenheiten im
Din abgehandelt. Es ist also nur zu leicht möglich, dass der eine oder andere
Gelehrte die eine oder andere Frage nicht ausreichend studiert hat, wobei sie
der Allgemeinheit bekannt ist.
Dies alles wie gesagt für den Fall, dass man seine Aussagen nicht anders
auslegen könnte. In diesem Fall müssten uns also jene Irregegangenen erst
mit völlig sicherem Sanad beweisen, dass Mujahid (ra) diese Ahadith
ausreichend kannte und sie trotzdem ablehnte. Und wie sollen sie dazu jemals
im Stande sein?
Schlusswort
Am Ende dieses Buches bleibt nichts übrig als die Bitte an den Herrn zu
richten, dass er dieses Buch von Nutzen für die Muslime sein lässt. Möge Allah
die Absicht des Verfassers reinigen und diese Arbeit zur Verteidigung der
Grundsätze Seines Din und der Sunnah Seines Propheten (sas) annehmen.
Möge Allah dieses Buch zu einem Teil der Festung dieses Din in der deutschen
Sprache machen. Amin.
Was sich in diesem Buch an Gutem befindet, so ist dies von der Güte und
Gnade unseres Herrn. Was sich darin hingegen an Falschem befindet, so ist es
von der Unzulänglichkeit und der Unwissenheit seines Verfassers, möge Allah
ihn rechtleiten. Wenn etwas in diesem Buch dem Qur’an und der Sunnah
widerspricht, distanziert sich der Verfasser davon und bittet Allah ihn darin
und allgemein bei jedem Atemzug rechtzuleiten. Amin.
…und Allah weiß es immer am Besten…
احلمد هلل الذي بنعمته تتم الصاحلات
وهللا أعلم
وصلى هللا على نبينا حممد وآله وصحبه ومن وااله واحلمد هلل رب العاملني
175