Redemanuskript - FDP Kreisverband Mühldorf

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Redemanuskript
Zuwanderungspolitik mit Maß und Ziel
Rede des stellvertretenden Kreisvorsitzenden Peter Corticelli zum
Neujahrsempfang der FDP am Mühldorf, 24. Februar 2016. Es gilt das
gesprochene Wort.
In der letzten Woche gab es für uns Freie Demokraten eine gute und eine
schlechte Nachricht. Die gute: fast alle Meinungsforschungsinstitute sehen uns
bei der Sonntagsfrage stabil im deutschen Bundestag. Die schlechte: von allen
Parteien trauen die Bürger uns am wenigsten zu, wenn es um das Thema
Flüchtlinge und Asyl geht. Mit Blick auf die Kasperletheater der Großen
Koalition ist das natürlich unbefriedigend.
Es gibt kein Vertun, der Themenbereich "Asyl und Flüchtlinge" schafft es von
einem traurigen Höhepunkt zum nächsten - und dies ohne, dass die erhoffte
Professionalisierung einsetzt. Nach den traurigen Vorgängen in Köln und an
anderen Orten scheint sogar eher das Gegenteil der Fall zu sein: besonnene,
differenzierte Diskussionsbeiträge sind weniger gefragt denn je, vielmehr
stehen sich die "Gutmenschen" und die "besorgte Bürger" immer
unversöhnlicher gegenüber.
Dies nimmt langsam so groteske Formen an, dass es mittlerweile unmöglich
ist, irgendein beliebiges politisches Thema zu diskutieren, ohne zum einen
nach längstens drei Minuten beim Flüchtlingsheim in der Nachbarschaft zu
landen, und zum anderen dabei in einem Minenfeld von Worten landet, die
man nicht sagen darf, ohne als "Rassist" oder eben als "Gutmensch" tituliert
zu werden ... vermutlich macht man alles richtig, wenn man beides gleich oft
geziehen wird.
Und so werden wir Liberale uns wohl oder übel weiterhin mit dem Thema
beschäftigen müssen, wenn wir in Stuttgart, Düsseldorf und Magdeburg
gewählt werden wollen.
Redemanuskript
Dies tut aus drei Gründen weh.
Zum einen, weil dem Vernünftigen alles gesagt scheint. Denn alle Vorschläge,
die wir bislang gemacht haben, vom Schaffen eines vom Asylrecht
entkoppelten und vor Allem befristeten Flüchtlingsstatus über die Einführung
eines Einwanderungsgesetzes sind vernünftig, sinnvoll und vor allem auch
tauglich, sie würden Druck vom komplexen Asylverfahren nehmen, das
mengenmäßig versagen musste und inhaltlich nie geeignet war, mit
Bürgerkriegsflüchtlingen umzugehen. Bekämpfte man dann noch - gemeinsam
mit den Partnern in der EU - nachhaltig die Fluchtursachen und stellte der
Polizei endlich die nötige Manpower und das richtige Werkzeug zur
Verfügung, wäre eines der Hauptprobleme gelöst: den Ängsten der
Bevölkerung würde der Nährboden entzogen, wir könnten zur Normalität
zurückkehren. Denn bei aller Liebe: dass ein Mann mit vier verschiedenen
Identitäten durch Deutschland tingeln kann, dafür fehlt mir jegliches
Verständnis. Ist es wirklich so schwierig, von jedem, der ankommt,
Fingerabdrücke zu nehmen und diese bei jedem Behördenkontakt zu
überprüfen? Damit beginnt man jetzt - nachdem in 2015 zwischen 400.000
und 700.000 Menschen unregistriert blieben. Müßige Diskussionen, wie etwa
die Spiegelfechtereien um eine Obergrenze, müssten dann gar nicht erst
geführt werden. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: wir werden über
Grenzen der Belastbarkeit und letztlich auch über eine Steuerung der Zahlen
sprechen müssen - aber wir sollten das mit der Vernunft tun, transparent und
nachvollziehbar, und nicht gehetzt von populistischen Parolen vom vollen
Boot.
Der zweite Grund: die Regierungen in Deutschland reagieren langsam und
falsch ... statt sinnvolle Ideen (wie die von uns vorgeschlagenen) umzusetzen,
schlägt man lieber auf die Polizei ein ... statt offene Diskussionen anzuregen,
erteilt man der Presse Maulkörbe und leistet so den Mythen der Pegida von
der Lügenpresse noch Vorschub ... statt dem Rechtsstaat Geltung zu
verschaffen, schränkt man Freiheitsrechte weiter ein:
Redemanuskript
Vorratsdatenspeicherung, Bargeld-Abschaffung, Videoüberwachung und
Grenzkontrollen lassen sich in einem Klima der Angst gut verargumentieren,
sind aber - das wissen wir Liberale - der falsche Weg. Der von Benjamin
Frankling geprägte Spruch, dass man die Freiheit nicht zugunsten der
Sicherheit aufgegeben darf, weil man sonst beide verliert, gilt mehr denn je.
Und so darf man nicht mündige Bürger nicht unter Generalverdacht stellen.
Und so müssen wir Freien Demokraten Zeit und Energie aufwenden, um die
Träume der innenpolitischen Hardliner zu bekämpfen. Denn unser
Rechtssystem kennt keine Sippenhaft, es kennt nur individuelle Schuld.
Und das bringt mich zum dritten und traurigsten Grund, warum es weh tut, sich
mit dem Thema weiter so intensiv beschäftigen zu müssen: es gibt so viele
andere Themen, bei denen nicht nur Krisenmanagement gefragt ist, sondern
der Wille und die Lust auf Gestaltung und Aufbauen. Da gibt es die Bildung wo viele Ideen und Konzepte der Umsetzung harren, da gibt es die Wirtschaft,
wo wir eine Gründungswelle brauchen.
Vielleicht kennen Sie die Geschichte: ein deutscher und ein amerikanischer
Unternehmer starten jeder ein Unternehmen. Sie wetten, wer zuerst 20
Mitarbeiter beschäftigen wird. Nach einem halben Jahr ruft der Amerikaner
den Deutschen an und sagt: “Morgen werden ich den 20. Mitarbeiter
einstellen” - darauf der Deutsche: “Morgen habe ich die letzten Genehmigung dann kann ich endlich anfangen!”
In beiden Bereichen brauchen wir also mehr statt weniger Selbständigkeit,
mehr Subsidiarität statt Zentralismus und Bürokratie. In beiden Bereichen
brauchen wir German Mut statt German Verzagtheit. Denn nur mit vielen
cleveren und pfiffigen Kindern und vielen innovativen und pfiffigen
Unternehmen können wir das Deutschland bleiben, das erfolgreich ist ... und
das Deutschland werden, das wir uns irgendwie doch wünschen: weltoffen,
mutig und freundlich.
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