Gemeinsames Sorgerecht - Frauenberatung Schwyz

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Gemeinsames Sorgerecht Was bedeutet
«gemeinsames Sorgerecht»?
Zum Vater oder zur Mutter? Künftig zu beiden – in der Regel zumindest.
Seit 1. Juli 2014 haben getrennte oder geschiedene Eltern grundsätzlich
gemeinsam das Sorgerecht für ihre Kinder. Und wer es bis jetzt nicht hat,
kann es einfordern
1. Was heisst gemeinsame elterliche Sorge?
Die gemeinsame elterliche Sorge wird zur Regel – auch für nicht verheiratete Paare. Mutter und
Vater sollen gemeinsam Verantwortung für die Entwicklung und Erziehung ihres Kindes
übernehmen. Die verfassungsmässige Gleichstellung von Mann und Frau ist damit in dieser Frage
umgesetzt.
Allerdings kommt es bei Unverheirateten auch in Zukunft nicht «automatisch» zur gemeinsamen
elterlichen Sorge. Denn es braucht eine gemeinsame Erklärung der Eltern. Diese kann zusammen
mit der Vaterschaftsanerkennung beim zuständigen Zivilstandsamt abgegeben werden. Wie hoch
die Gebühren ausfallen, ist noch unklar.
Wenn die gemeinsame Erklärung der Eltern zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, ist die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (KESB) am Wohnsitz des Kindes zuständig. Sie ist seit Anfang
2013 in der ganzen Schweiz neu regional organisiert (frühere Vormundschaftsbehörde).
Ohne gemeinsame Erklärung steht die elterliche Sorge allein der Mutter zu.
Falls sich ein Elternteil weigert, die Erklärung abzugeben, kann der andere Elternteil die KESB
am Wohnsitz des Kindes anrufen. Die Behörde verfügt dann die gemeinsame elterliche Sorge,
sofern nichts dagegen spricht.
Auch gemäss dem neuem Recht kann es durchaus vorkommen, dass einem Elternteil allein die
elterliche Sorge zugesprochen wird, damit das Kindeswohl gewährleistet ist (siehe Punkt 5).
2. Die Eltern entscheiden gemeinsam
Der neue Grundsatz lautet: Die Eltern entscheiden in sämtlichen Fragen der elterlichen Sorge
gemeinsam.
Dazu gehören zum Beispiel Fragen zum Erziehungsstil, zur Ausbildung, aber auch zum Schutz
und zur Pflege des Kindes – etwa bei medizinischen Entscheidungen.
Auch diese Änderung hält Eltern natürlich nicht von Streitereien ab. Neu ist aber: Kein Elternteil
hat einen Stichentscheid. Im Streitfall entscheidet die zuständige Behörde. In einem laufenden
eherechtlichen Verfahren (Eheschutz- oder Scheidungsverfahren) ist das Gericht zuständig.
Ausserhalb eines solchen Verfahrens hilft die KESB den Eltern, egal, ob sie geschieden oder
unverheiratet sind.
Jener Elternteil, der das Kind betreut, darf in alltäglichen oder dringlichen Angelegenheiten allein
entscheiden. Dies auch, wenn er den anderen Elternteil nicht mit vernünftigem Aufwand
erreichen kann – beispielsweise, wenn dieser verreist, ohne die Adresse oder Telefonnummer zu
hinterlassen.
Das ist wichtig, damit der betreuende Elternteil im Alltag überhaupt handeln kann. Welche
Gebiete diese Alltagsentscheidungen umfassen, wird im neuen Gesetz nicht gesagt – die Praxis
wird es festlegen müssen. Es ist aber davon auszugehen, dass der betreuende Elternteil über die
Ernährung, Bekleidung und Freizeitgestaltung des Kindes selber entscheiden darf. Bei separaten
Betreuungstagen darf der jeweilige Elternteil allein über diese Fragen entscheiden.
Nicht alltäglichen oder dringlichen Charakter haben hingegen Entscheide wie Schulwechsel oder
Fragen der Religionszugehörigkeit.
3. Mit dem Kind den Wohnort wechseln?
Der sogenannte «Zügelartikel» wurde im Parlament hitzig diskutiert. Die gemeinsame elterliche
Sorge schliesst das Recht mit ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen. Die neue
Regelung soll Eltern aber auch nicht in ihrer Niederlassungsfreiheit beschränken. Wenn der
betreuende Elternteil innerhalb der Schweiz umziehen möchte, braucht er die Zustimmung des
andern nur, wenn der Reiseweg zum Kind länger wird. Denn das würde unter Umständen eine
erhebliche Einschränkung des elterlichen Kontakts bedeuten.
Was «erheblich» im konkreten Fall heisst, muss wiederum die Praxis zeigen. Wenn der eine
Elternteil mit dem Kind ins Ausland ziehen will, muss er selbstverständlich vorher die
Zustimmung des andern Elternteils einholen.
Im Streitfall entscheidet die Behörde. Wenn kein Eheschutz- oder Scheidungsverfahren läuft,
entscheidet die KESB.
Wenn ein Elternteil mit dem Kind eigenmächtig ins Ausland zieht, macht er sich unter
Umständen strafbar. Der andere Elternteil kann in der Schweiz ein Rückführungsverfahren
wegen internationaler Kindesentführung einleiten, wenn es sich um einen Vertragsstaat des
Haager Kindesentführungsübereinkommens oder des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens
handelt.
4. Das neue Recht gilt auch rückwirkend
Beim Inkrafttreten des neuen Gesetzes wird es unzählige Kinder geben, die nur der elterlichen
Sorge eines Elternteils unterstehen. Der andere Elternteil kann sich an die zuständige Behörde
am Wohnsitz des Kindes wenden und die gemeinsame elterliche Sorge beantragen. Dabei spielt es
keine Rolle, ob die elterliche Sorge bei einer Scheidung verlorenging oder der Vater nicht mit der
Mutter verheiratet war.
Wurde die elterliche Sorge in einem Scheidungsverfahren entzogen, gelten Fristen: Um die
gemeinsame elterliche Sorge beantragen zu können, muss die Scheidung weniger als fünf Jahre
seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes zurückliegen.
5. Was das neue Recht nicht regelt
Das neue Gesetz regelt keine geteilte Betreuung der Kinder. Dafür müssen sich die Eltern einig
sein, und die Lösung muss dem Kindeswohl entsprechen. Ist das nicht der Fall, wird dem einem
Elternteil nach wie vor lediglich ein Besuchsrecht zugesprochen.
Das neue Recht verspricht viel – in der Praxis braucht es aber einen gesellschaftlichen und
politischen Strukturwandel, damit beide Elternteile Verantwortung für ihre Kinder übernehmen,
die Kinder gleichmässig betreuen und die Elternkonflikte beilegen.
Bei Streit: Diese Behörden sind zuständig
Falls sich Eltern bei gemeinsamen Entscheiden und in Fragen des Wohnortswechsels nicht
einigen können, sind folgende Behörden zuständig:

Bei verheirateten Eltern: Wenn ein Eheschutz- und Scheidungsverfahren läuft, ist das
Gericht zuständig.

Bei unverheirateten Eltern: Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ist
zuständig.

Bei geschiedenen Eltern: Grundsätzlich ist die KESB zuständig. Wenn ein
Wohnortswechsel eine Änderung des Scheidungsurteils notwendig macht, ist es jedoch das
Gericht.
Wenn ein Elternteil die gemeinsame elterliche Sorge nachträglich beantragen will, ist bei
Geschiedenen das Gericht zuständig, bei Unverheirateten die KESB.
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