Social Transformation Der Begriff dürfte im allgemeinen Sprachgebrauch für Irritation sorgen, steckt doch in Transformation häufig die Angst, alles wird anders – nichts bleibt wie es ist. Wenn dies nun in Verbindung mit „social“ verwendet wird, könnte man den Eindruck bekommen, wir würden auf Prozessoptimierung und Reorganisationen oder ähnliches abzielen – „sozial verträglich“ sozusagen. Nichts davon ist damit für mich gemeint! Eine Definition, wie diese hier: „Impacting the attitudes, expectations and behaviours of individuals, organizations and communities through ICT-enabled systemic effects“ beschreibt kannst gut, um welche Facetten es geht. Social Transformation stellt einen Paradigmenwechsel hin zur vernetzten Arbeitswelt dar. Und nein, es geht nicht um den Wechsel der Toollandschaft, von E-Mail zu Micro-Blogging oder von Word-Dokumenten zu einem Wiki-Ansatz, allein. Fest steht, dass mit dem Einzug von Social Software im Berufsalltag bereits viel erreicht wurde (Quelle). Mobiles Arbeiten, je nach Arbeitskontext das richtige Endgerät, cognitive computing und wearable computing sind bereits die nächsten Ansätze in der IT, die technisch unsere Arbeitsweisen verändern werden. Damit wird es zumindest deutlich, dass Social Transformation maßgeblich ITgetrieben stattfindet. Doch genau an der Schnittstelle von IT und den organisationalen Themen beginnt für mich der eigentliche Ansatz von Social Transformation – sprich die Verhaltensveränderung zu mehr Partizipation, Teilhabe, Kommunikation und Zusammenarbeit. Als erstes muss man sich fragen, warum dies gerade heute ein Thema ist. Wurde nicht auch in der Vergangenheit partizipativ gearbeitet? Bestimmt, nur eben in einem Arbeitsumfeld, welches sich seither dramatisch geändert hat (vgl. Blogbeitrag Ilja): Teamstrukturen: hatten wir in der Vergangenheit Teams mit festen Kollegen, welche man jeden Tag am Arbeitsplatz zu Gesicht bekam, hat sich die Arbeitswelt mehr und mehr zu Projektarbeit gewandelt, mit unterschiedlichen, interdisziplinären Mitgliedern, die je nach Schwerpunkt sich einbringen und (weltweit) verteilt zusammenarbeiten müssen. Arbeitsablauf: waren ursprünglich Organisationen eher prozessorientiert ausgerichtet, befinden wir uns zunehmend in innovationsgetriebenen Strukturen mit komplexer Teamarbeit. Sprich immer weniger der Arbeitsaufgaben sind im Standardprogramm abspielbar – immer mehr Tätigkeiten hängen davon ab, sich mit Experten zu vernetzen, Neuigkeiten aus dem Informationenstrom zu filtern und asynchron sich einbringen zu können. Wissensarbeit bestimmt unser tägliches Handeln – Lösungswege müssen sukzessiv erarbeitet werden. Generationswandel in der Mitarbeiterdenke: sind in der Vergangenheit Werte wie Einkommen, Karrierestufe und der damit verbundenen Status die Maxime der Berufswelt, wandeln sich doch zunehmend diese Einstellungen, nicht nur in der Generation Y. Kooperative, Werte- und Sinn-stiftende Aufgaben, Ausgewogenheit von Arbeit und Familie sind heute bedeutende Faktoren für Mitarbeiter. Wir stehen heute vor der Herausforderung, tradierte Arbeitsweisen zu hinterfragen und zu verändern, weil in der Vergangenheit eben andere Prinzipien die Arbeitswelt prägten. Initiativen im Social Collaboration Umfeld bringen gerade mit der Einführung auf der Werkzeugebene die notwendigen Organisationsveränderungen zu Tage. Social Transformation bedeutet als Prozess konkret, gewohnte Arbeitsabläufe zu hinterfragen und diese zu mehr Kommunikation & Zusammenarbeit auszurichten, bisheriges Führungsverhalten zu reflektieren und sich darauf einzulassen, dass Netzwerke nicht hierarchisch funktionieren und Führungskräfte immer stärker in die Rolle versetzt werden müssen, situativ zwischen Selbstorganisation und verbindliches Entscheiden wechseln zu können und produktive Rahmenbedingungen für Wissensarbeiter zu schaffen und Informations- und Medienkompetenzen von Mitarbeiter aufzubauen, um in die Lage versetzt zu werden, Schritt halten zu können. Der Veränderungsprozess, hin zu einer verstärkten, kollaborativen Arbeitsweise gelingt nicht automatisch. Ob es die falsche Technologie ist, ob es Design & Usability Aspekte sind oder ob es das falsche Projektvorgehen ist. Die Gründe für ein Scheitern können vielfältig sein. Für die Social Transformation sind aber im Besonderen die Nutzeneffekte auf Anwenderebene die darüber entscheiden, ob man sich auf eine gewünschte Arbeitsweise einlässt oder ob man sich dieser verwehrt. Wenn wir bisherige Arbeitsweisen durch „moderne“ und unbekannte verändern wollen, brauchen Mitarbeiter einen konkreten Nutzen als Mehrwert. Es reicht nicht aus, von mehr Transparenz oder von einer Kultur der Wissensteilung zu sprechen. Es muss ein konkreter meßbarer oder zumindest persönlich gefühlter Nutzen vorhanden sein, dann beginnen Mitarbeiter von selbst sich zu verändern. Top-down vs. Buttom-up Debatte Weder noch, könnte man sagen. Es wird schlicht weg nicht möglich sein, ohne das Zutun der Geschäftsführung die Zusammenarbeit grundlegend zu verändern. Wenn an den Bereichsgrenzen noch die alten Prinzipien vorherrschen, können kaum messbare Verbesserungen erzeugt werden. Fest steht aber, dass der Nutzen von Social Collaboration in einem Pilotbereich am besten erfahren werden kann. Und je radikaler der Ansatz, desto vielversprechender sind die Effekte. Wenn im Team beschlossen wird, dass die Kommunikation, satt bilateraler oder CC-E-Mail, ausschließlich Unterhaltungen in Enterprise Social Networks im Team geführt werden, alle Unterlagen eines Teams nicht lokal und file-bezogen, sondern in einem Teamraum zentral und versioniert vorgehalten werden, relevante Aufgaben ebenfalls im Team einheitlich organisiert werden, Status, Neuigkeiten, persönliche Kommentare und Meinungen für alle sichtbar werden und Teammeetings besser organisiert, adressaten-gerecht aufbereitet und entscheidungs-orientiert abgehalten werden, , wird der Nutzen für Mitarbeiter spürbar und nachhaltig sein. Im Ergebnis erzeugen Social Collaboration Initiativen den Nutzen, schnelle Kommunikation mit reduzierten Abstimmungsaufwänden zu führen. Der Suchaufwand nach Unterlagen reduziert sich und Doppelerstellungen aufgrund von Unkenntnis können vermieden werden. Auch erhöht sich die Verbindlichkeit im Team, wenn eine gemeinsame Aufgabenverwaltung praktiziert wird. Und Team-Meetings werden wieder produktiv und sinnvoll, wenn sich auf das wesentliche konzentriert wird, wenn über offene Punkte und Aufgaben entschieden wird oder wenn Meeting-Unterlagen vorab verfügbar sind und eine Live-Protokollierung durchgeführt wird. Beim Einführungsvorgehen und damit auf dem Weg zur Social Transformation sind die Potenziale der Zusammenarbeit essentiell und erfolgskritisch. Es gilt, Best Practices der modernen Arbeitsweise anschaulich zu vermitteln. Dies findet eben nicht in einer funktionalen Werkzeugschulung statt. Vielmehr braucht es ein modulares Einführungsprogramm, welches einerseits unterschiedliche Rollen adressiert (z. B. Mitarbeiter, Führungskraft, Multiplikator), andererseits unterschiedliche Formate bereithält, sodass Führungswerkstätte neue Führungsprinzipien behandeln, Best Practices Circles interessierten Multiplikatoren spezielles Anwenderwissen vermitteln und natürlich klassische Trainings, um die Werkzeuge auch optimal bedienen zu können. Über allem muss die motivationale Bedeutung der Mitarbeiter und Führungskräfte stehen, damit der Wandel auch mitgetragen wird. Die Social Transformation ist voll im Gange, wenn der Nutzen sauber herausgearbeitet und das Einführungsvorgehen darauf abgestimmt ist. Der Aufbruch von Wissenssilos, die bereichsübergreifende Zusammenarbeiten, die Reorganisation bisheriger Hierarchien und die kooperative Unternehmenskultur sind dann positive Effekte, die mit der Veränderung einhergehen.