Kriegserlebnisse einer Tiroler Familie Fachbereichsarbeit von Clara Zijlstra Inhaltsverzeichnis: Widmung: Seite 3 Einleitung: Seite 3 Österreich nach dem Ersten Weltkrieg: Seite 4 Der Anschluss: Seite 6 Veränderungen im Alltag: Seite 7 Reichsarbeitsdienst: Seite 10 Die ersten Monate in der Wehrmacht: Seite 13 Das Hinterland, eine Familie im Krieg: Seite 14 Einsatz im Kriegsgebiet: Seite 15 Innsbruck, Ende 1943: Seite 16 Kriegsende und Gefangenschaft: Seite 17 Das Warten auf den Sohn: Seite 21 Quellenkritik und Schlussfolgerung: Seite 24 Landkarten: Seite 27 Quellen: Seite 29 Logbuch: Seite 31 2 Widmung: Diese Fachbereichsarbeit ist den Familien Kecht, Stieger und Zijlstra gewidmet, deren Familien durch Dietmar Kecht verbunden sind. Ich möchte auch Herrn Mag. Kubanda vom Stadtarchiv Innsbruck für seine Hilfe und seine Geduld danken. Mein besonderer Dank gilt Herrn Fregin, der die in Sütterlinschrift geschriebenen RAD-Tagebuchaufzeichnungen meines Großvaters für mich enträtselt hat. Einleitung: Natur und Technik, das ist mein Fachbereich. Dennoch wollte ich nicht meine Fachbereichsarbeit über Solarenergie oder Xenotransplantation schreiben. Das Ziel in einer Fachbereichsarbeit ist es, sich 80 Stunden intensiv mit einem Thema zu beschäftigen. Dieses Thema muss interessieren und motivieren und daher sorgfältig gewählt werden. Da ich das Schulfach Geschichte sehr mag, war mir schon schnell klar, dass ich ein Thema in diesem Fach wählen wurde. Ich bin seit meinem ersten Besuch an ein Archiv infiziert mit dem „Geschichte-Neugier-Virus.“ Persönliche Aufzeichnungen, die früher irrelevant schienen, werden Jahre später von einer anderen Person gelesen und geschätzt. Bei der Auseinandersetzung mit Ereignissen aus der Vergangenheit werden diese wieder lebendig. Es gibt viele Ereignisse in der Geschichte. Jede Minute des Tages, und an jedem Tag des Jahres passiert irgendetwas, irgendwo auf dieser Welt. Themen mehr als genug, doch ich wollte am liebsten eines, zu dem ich Quellen aus erster Hand finden könnte. Nach dem Tod meines Großvaters bemerkte ich zum ersten Mal, dass ich mit ihm nie über die Vergangenheit gesprochen hatte. Das war nicht seine Art. Er war ein Mensch, der immer den Tag genossen hat und nicht hängen geblieben ist in einer Zeit „in der alles besser war.“ Gespräche zwischen Großvater und Enkelin über den Zweiten Weltkrieg hat es daher nicht gegeben. Ich wusste von meiner Mutter Episoden aus Opas Kriegsgefangenschaft in Jugoslawien, aber habe nie die Details zu Ohren bekommen. Erst nach dem Tod von Dietmar Kecht, meinem Großvater, habe ich die CDs mit seinen Kriegserinnerungen angehört. Als ich herausfand, dass es auch noch Kriegstagebücher von meiner Urgroßmutter gab, wusste ich dass dies mein Thema für meine Fachbereichsarbeit werden sollte: „Kriegserlebnisse der Familie Kecht.“ Ich konnte nicht ahnen, was für eine lehrreiche Erfahrung das Schreiben einer Fachbereichsarbeit ist, und was für einen Spaß das bereitet. Auch wenn diese Fachbereichsarbeit sehr persönlich ist, und viele Namen genannt werden, hoffe ich, dass auch Außenstehende diese Arbeit als wertvoll erfahren. 3 Österreich nach dem Ersten Weltkrieg: Im Jahre 1922 wurde in Häselgehr (Tirol) der Junge Dietmar Emanuel Kecht geboren. Sein Vater Emanuel Kecht war Direktor der Hauptschule in Telfs, seine Mutter, Maria Kecht, geborene Hofmann, kam aus Lienz. Dietmar hatte einen älteren Bruder, Ernst. 1924 wurde seine Schwester Marga und 1927 wurde seine Schwester Maria geboren. Diese Tiroler Familie war eine normale Kleinbürgerfamilie. In den Jahren vor Dietmars Geburt hatte Österreich viel durchgemacht. Im Jahre 1918 verlor es den Ersten Weltkrieg und dadurch den Großteil ihrer Länder. Viele Österreicher trauerten dem großen Reich nach. Sie wollten sich nicht damit abfinden, in einem sehr kleinen, politisch wenig bedeutenden Land leben zu müssen. Österreich konnte sich nicht selber ernähren, denn die Kornkammern in Ungarn lagen außerhalb des Staatsgebietes. Die Industrie war fast völlig verschwunden, und auch die wenigen Rohstofffelder und Ölgebiete waren außerhalb der neuen Staatsgrenzen. In Tirol war die Trauer besonders groß. Im Friedensvertrag von Saint-Germain bei Paris diktierten die Sieger des ersten Weltkriegs, England und Frankreich die Grenzen Österreichs. Dabei ging Südtirol verloren. 540.000 Tiroler lebten auf italienischem Grundgebiet. Tirol hatte nur mehr 306.000 Einwohner, und die sind über zwei landschaftlich nicht zusammenhängende Gebiete verteilt: Nord- und Osttirol.1 Für Maria Kecht, eine Osttirolerin, war dieser Verlust unerträglich. Sie schrieb ihr Tagebuch oft über den „Raub“ Südtirols. Auch im Alltag hatte sich viel geändert. Das Geld wurde entwertet. Dadurch verlor diese Kleinbürgerfamilie einen Großteil ihres Vermögens. Die Krone wurde vom Staat durch eine stabilere Währung umgesetzt: Den Schilling.2 In der neuen „demokratischen Republik Deutschösterreich“ sprachen sich alle politischen Parteien, mit Ausnahme der Kommunistischen Partei (KPO), im Jahre 1921, für einen Anschluss an Deutschland aus. Nur so, meinte die Bevölkerung, sei Österreich zu retten. In einer Abstimmung unter der Tiroler Bevölkerung fordern 98,5% einen Anschluss Tirols an Deutschland. 3 Aber der Anschluss erfolgte damals nicht, im Friedensverstag von SaintGermain war ein Anschlussverbot enthalten, Österreich war gezwungen ein selbstständiger Staat zu bleiben. Ab 1920 wurden immer mehr Heimatwehrorganisationen gegründet. Diese bewaffneten Bürger- und Bauerngruppen hatten als Ziel, die „Linke“ (Sozialdemokratie und KPÖ) zu bekämpfen. Sie wurden vom faschistischen Italien mit Geld und Waffen unterstützt. Anführer waren vor allem Adelige und Akademiker. Ab 1930, nach dem „Korneuburger Eid,“ wurden diese Heimatwehren politisch. Die Führer der Wehren verkündeten das politische Programm des „Austrofaschismus.“ Ziel dieses Programms war die Beseitigung von Arbeiterbewegungen, die Auflösung der Parteien und Beseitigung der parlamentarischen Republik. An ihre Stelle sollte eine Führer-Diktatur treten. Im Jahre 1932 bildete der christlichsoziale Engelbert Dollfuß mit der faschistischen Heimwehr eine Regierung. Er wollte Österreich als selbständigen Staat erhalten, denn nach der Machtergreifung Hitlers 1933 war ein Anschluss an Nazideutschland für den christlichsozialen Dollfuß undenkbar. Dieser neue 1 Horst Schreiber, Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol, Opfer. Täter. Gegner. 2 Hugo Portisch, Österreich I, Die unterschätzte Republik, Kapitel 6+7 3 Stadtarchiv Innsbruck, Tageszeitung des 25. April 1921 4 Staat war ein „Ständestaat,“ ein Staat, der von dem harmonischen Zusammenleben verschiedener Stände ausgeht.4 Es war eine „dritter Weg“ zwischen Demokratie und Marxismus. Die Idee von einem Ständestaat wurde vom Papst unterstützt und sogar vorgeschlagen. In seiner Enzyklika „Quadragesimo Anno“ im Jahre 1931 spricht der Papst sich öffentlich gegen den Sozialismus und die Demokratie aus.5 Die Nationalsozialisten waren in den frühen 20er Jahren keine feste Einheit. Erst ein Jahrzehnt später wurde der Nationalsozialismus zu einer Massenbewegung, denn die wirtschaftlichen und politischen Krisen häuften sich. Die NSDAP wurde groß durch Propaganda und vage Versprechungen. Mit allen Mitteln versprachen sie alles, was Stimmen und Popularität bringt: Essen, Arbeit, höhere Löhne, und vor allem aber die Ausschaltung von Sozialdemokratie und Gewerkschaft. Die Österreichische Republik sollte ein Führerstaat werden, und sich an Deutschland anschließen. In ihrer Propaganda stellte die NSDAP sich sehr friedenserhaltend dar. Detaillierte Aussagen wurden vermieden, um so viele Gruppen wie möglich ansprechen zu können. Den Tirolern war ein Aufbau der Gesellschaft nach dem Autoritätsprinzip nicht fremd. In der Zeit der Monarchie war es nicht anders gewesen. Die Sehnsucht nach einem Führer, der für alle Probleme eine einfache Antwort hat, war groß. Anhänger der NSDAP waren vor allem Menschen aus den unteren Mittelschichten. Der Anteil der Bauern war relativ gering. Vor allem junge Männer fühlten sich von der NSDAP angezogen.6 Bei den Gemeinderatswahlen in Innsbruck im April 1933 erzielte die NSDAP einen Erfolg. Sie bekam 48% der Stimmen.7 Dieses Ergebnis hatten sie vor allem ihrem sehr aggressiven Wahlkampfstil zu verdanken. Bei einer Versammlung der Sozialdemokraten und Kommunisten stattete die SA den Kommunisten einen Besuch ab. Diese Provokation löste heftige Schlägereien aus, wobei ein Nationalsozialist ums Leben kam. Viele Anhänger der Großdeutschen Volkspartei, der Katholischen Konservativen, und sogar ein paar Arbeiter wechselten aus Protest zur NSDAP. Dabei hatten die Tiroler Nazis in den Monaten zuvor mehrere Attentate auf Tiroler Elektrizitätswerke verübt. Im Juli 1934 versuchte die NSDAP mit Gewalt die Macht zu ergreifen. Bundeskanzler Dollfuß wurde von zwei Schüssen getroffen und verblutete. Mit Hilfe von Mussolini, der die Austrofaschisten unterstützte, weil er ein Großdeutschland an seinen Grenzen fürchtete, scheiterte der Putsch. Viele NSDAP-Mitglieder flüchteten nach Deutschland. Die NSDAP wird verboten, und Ruhe kehrte wieder in den Ständestaat ein. Als Mussolini im Jahre 1936 einen Pakt mit Hitler schloss, verlor Österreich seinen Beschützer. Es blieb dem neuen Bundeskanzler Schuschnigg nichts anders übrig, als mit Hitler zusammen zu arbeiten. 4 Horst Schreiber, Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol, Opfer. Täter. 5 Johannes Schaschnig und Oswald von Nell-Bruenig, Texte zur katholischen Soziallehre – Die sozialen 6 Horst Schreiber, Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol, Opfer. Täter Rundschreiben der Päpste und andere kirchliche Dokumente. 7 Stadtarchiv Innsbruck, Tiroler Volkszeitung des 28. April 1933 5 6 Der Anschluss: Von all dem merkte der 14 Jährige Dietmar Kecht nichts. Er besuchte in Schwaz das Paulinum, ein Katholisches Gymnasium. Seine ersten politischen Erfahrungen machte Dietmar im März 1938, als deutsche Truppen an Schwaz vorbei marschierten und im Paulinum einquartiert wurden. Das Ausmaß des ganzen verstand er nicht. Er meinte nur: „es waren nette junge Männer, die haben mit uns Fußball gespielt, die meisten waren nicht einmal Nazis.“8 Am 9. März 1938 gab der Kanzler von Österreich, Kurt Schuschnigg, bekannt: „dass am 13. März das österreichische Volk in einer Abstimmung über die Selbständigkeit Österreichs entscheiden könne.“ Seine historischen Worte: „Rot-weiß-rot, bis in den Tod“ bedeuteten zwei Tage später schon nichts mehr. Mit bebender Stimme verkündete er am 11. März, dass er der Gewalt weichen muss. Am 12. März marschierten deutsche Truppen über die Grenze. Das junge Österreich hörte auf zu bestehen. Es wurde die Ostmark von Großdeutschland.9 Im täglichen Leben der Familie Kecht änderte sich zuerst nicht viel. Der junge Dietmar hörte viel über Hitler im Dorf. Als Hitler am 5. April 1938 Innsbruck besuchte, fuhr er auch nach Innsbruck. „Ich kann mich noch erinnern, wie Hitler zum ersten Mal nach Innsbruck gekommen ist. Da sind wir alle hingegangen, um Hitler an zu schauen! Mit 50, 60 Burschen vom Paulinum. Als der Hitler da war, haben die Leute geschrien. Wir nicht, wir fanden ihn imposant, sonst nichts. Eine Frau sagte ganz fanatisch: „Jetzt schrei doch endlich!“ Ich sagte: „Warum? Ist doch lei der Hitler“ Besuch von Hitler an Innsbruck, am 5. April 1938. Hier beim Südtirolerplatz. Links ist Heinrich Himmler zu sehen. Stadtarchiv Innsbruck 8 9 “Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. Albricht, Eisterer, Steininger, Tirol und der Anschluss 9 http://geschichte-oesterreich.suite101.de/article.cfm/der_anschluss_oesterreichs 7 Hitler zu Besuch in Innsbruck am 5. April 1938 am Innsbrucker Bahnhof Der Grund von Hitlers Besuch an Innsbruck war eine Volksabstimmung am 10. April 1938. Bei dieser Abstimmung ging es um den Anschluss von Österreich an Deutschland. Viel Wahl hatten die Leute nicht, deutsche Truppen waren schon in Österreich und hatten das Land fest im Griff. Viel Wahl wollten die Leute auch nicht, denn sie waren der Meinung, dass ein Anschluss das Beste für den kleinen Staat sei. In der Tiroler Volkszeitung am nächsten Tag war ein riesiges Porträt von Hitler gedruckt und die Ergebnisse der Abstimmung: 98,75% der Stimmberechtigten hatten sich für einen Anschluss ausgesprochen. Die meisten Personen hatten „Ja“ zu einem Anschluss gesagt, aber waren keine Anhänger von Hitler. ChristlichSoziale, Arbeiter, Bauern, die Familie Kecht, alle wollten sie einen Anschluss. Hitler haben sie dazu nehmen müssen. Bist du mit der am 13. März 1938 vollzogenen Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich einverstanden und stimmst Du für die Liste unseres Führers Adolf Hitler? 8 Veränderungen im Alltag: In Telfs änderte sich das Leben allmählich. Alle Organisationen, so wie die Katholische Jugend oder die Pfadfinder, wurden aufgehoben. Die Katholische Jugend durfte nur im Pfarrheim zusammenkommen. Kirchen wurden im sehr katholischen Tirol nicht gesperrt, aber christliche Schulen mussten in national-sozialistische Schulen umgewandelt werden oder wurden geschlossen. Prozessionen wurden nur mehr geduldet, später ganz verboten. 1938 wurde die Hitler Jugend gegründet. Jeder der wollte, konnte dabei sein. Dietmar war kein Mitglied, weil sein Vater als Christlich-Sozialer das seinen Kindern verboten hatte. Nachdem Dietmars christliche Schule in Schwaz, das Paulinum, in eine national-sozialistische Schule umgewandelt worden war, übersiedelte er zu seinen Tanten nach Lienz. Dort besuchte er die Handelsakademie, um die sogenannte „Kleine Matura“ zu machen. Erst 1939, als die HJ Pflicht wurde, gab ihm der Direktor der Schule acht Tage Zeit, um Mitglied der HJ zu werden. Falls nicht, würde er von der Schule verwiesen werden. Da er ein guter Sportler war, kam er in eine Sportgruppe, die oft an Bannspielen teilnahm. Ein Bann ist eine Vereinigung von HJ-Gruppen. Als Christlich-Sozialer hatte er es nicht immer einfach, die Bannspiele fanden oft zur selben Zeit statt wie der Gottesdienst. „ Das Fest war um 9 Uhr, da wollte ich aber in der Kirche sein. Um 10 Uhr haben sie mich dann mit dem Motorrad abgeholt, und zum Sportplatz gebracht. Ich gewann drei Mal den ersten Platz, und ein Mal den zweiten Platz.“ Der Bannführer sagte: „die schwarzen Schweine, erst kommen sie nicht und dann holen sie alle Preise ab!“10 Der Kriegsbeginn traf die Familie Kecht unerwartet. Maria Kecht, ihr Mann, und die zwei Schwestern von Dietmar Kecht, Marga und Maria, kehrten gerade von der Sommerfrische in Reute heim, als der Krieg begann. „Einen friedlichen Ort hatten wir verlassen, in einen Kriegswirbel waren wir über Nacht hinein geraten.“ Tochter Maria bedauerte es, dass sie vor der Abreise in die Sommerfrische alle Vorräte verbraucht hatten. Nur einen großen Sack Mehl hatten sie noch auf Vorrat. Da ab dem 27. September alle Lebensmittel und Kleider nur mit Karten gekauft werden konnten, konnte die Familie keinen extra Vorrat mehr anlegen. In ihrem Tagebuch schreibt Maria Kecht über die radikalen Vorschriften die eingehalten werden müssen. „Man fühlt sich ins Mittelalter versetzt, da man auf das Licht der Sterne und des Mondes angewiesen ist. Nur im Heim, hinter den dunklen Vorhängen spürt man das 20. Jahrhundert. Seit dem 6. November schweigen auch alle Glocken. Sie dürfen nur bei Fliegeralarm verwendet werden. [...] Recht Still ist es in den Straßen geworden.“11 Auch politische Veränderungen machten sich in der Familie bemerkbar. Marias Mann, Emanuel Kecht, war Direktor der Hauptschule in Telfs. Als Geschichte- und Deutschlehrer wurde er streng kontrolliert. Letztlich wurde er sogar suspendiert, weil seine „schwarze Ideologie“ den Nazis nicht passte. Viele seiner Kollegen wechselten zur NSDAP, um ihre Stelle zu retten. Die NS-Schulbehörde wusste, dass es sich bei vielen neuen Parteimitgliedern nicht um überzeugte Nationalsozialisten handelte. Sie gab sich aber mit diesem Zeichen der Anpassungsbereitschaft zufrieden. Nach Kriegsausbruch herrschte ein so großer 10 “Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. 11 Maria Kecht geborene Hofmann “Kriegstagebuch” Allerheiligen, 1 November 1939 bis 23 Januar 1946 9 Lehrkräftemangel, dass auch wegen ihrer politischen Einstellung Entlassene wieder in den Schuldienst zurückkehren konnten.12 Als Emanuel Kecht wieder in die Hauptschule zurückkehren durfte, wurde er manchmal sehr subtil schikaniert. “Heute hat Papa den Herrn Inspektor gefragt, ob er am Dienstag seine Stunden verlegen kann, um einer Hochzeit in Mösern bei zu wohnen. „Ist kirchliche Trauung?“ „Jawohl!“ „Der Dienst geht vor,“ war der Bescheid. Nun, es wäre wohl kaum eine Pflichtverletzung gewesen, wenn drei Stunden auf eine andere Zeit verlegt würden, nachdem man Jahr und Tag Überstunden ohne Anerkennung macht und in den letzten Tagen nicht weniger als 24 Stunden suppliert hat außer der eigenen Schulstunden und der unentlohnten Direktorarbeit. “13 Nur im Haus traute sich die Familie Kritik zu äußern. Der Haushaltshilfe wurde eingeprägt dass „alles, was im Haus gesagt wird, im Haus bleibt.“ Sogar in ihrem eigenen Tagebuch äußerte sich Maria Kecht Kritik nur recht vorsichtig. „Meine Tochter Maria sagte heute (2. November 1939), sie hätte die Aufforderung bekommen, an einem Säuglingskurs teilzunehmen. 20 von der Klasse haben sich gemeldet. Es sind Kinder vom 7. Und 8. Schuljahr, im Alter von 10 bis 14 Jahren.“ Wortwörtliche Kritik auf die Mutterschaftsideologie der Nazis gab sie nicht, doch ihre Missbilligung kann man zwischen den Zeilen lesen. 12 Horst Schreiber, Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol, Opfer. Täter 13 Maria Kecht geborene Hofmann “Kriegstagebuch” Allerheiligen, 1 November 1939 bis 23 Januar 1946 10 Reichsarbeitsdienst: Dietmars älterer Bruder Ernst wurde schon im Jahre 1940 zum Reichsarbeitsdienst (RAD) aufgerufen. Er hatte Glück, er wurde bei einem Bauern in der Nähe von Telfs stationiert und sollte bei der Ernte helfen. Dort musste er einen sechsmonatigen Dienst absolvieren. Der RAD war seit 1935 Pflicht und sollte zur nationalsozialistischen Erziehung beitragen. „Der Reichsarbeitsdienst ist Ehrendienst am deutschen Volke. Alle jungen Deutschen beiderlei Geschlechts, sind verpflichtet, ihrem Volke im Reichsarbeitsdienst zu dienen. Der Reichsarbeitsdienst soll die deutsche Jungend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit erziehen. Der Reichsarbeitsdienst ist zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt.“ Für Dietmar, der gerade mit der Schule fertig war, und seine Lehre in einer Lienzer Buchhandlung begonnen hatte, kam der Aufruf zum RAD am 1. Februar 1940 nicht gelegen. Seine Mutter hoffte, dass ihr Ansuchen um eine Rückstellung des Sohnes vom Reichsarbeitsdienst positiv behandelt würde. Leider war das eine leere Hoffnung. Dietmars Bruder, Ernst, wurde an dem Tag, als Dietmar zum RAD abreiste, zur Wehrmacht einberufen. Die Mutter war verzweifelt und schrieb in ihr Tagebuch: „Und nun will ich das Tagebuch für unsere Buben schreiben, damit sie mit der Heimat verbunden bleiben und über unser Leben Bescheid wissen, wenn sie wieder gesund und brav heimkommen.“ Sie konnte nicht ahnen, dass ihr ältester Sohn die Heimat nie mehr erreichen würde. Dietmar Kecht, 19 Jahre Alt in seiner RAD Uniform Dietmar kam nach ein paar Wochen Pioniersausbildung in Vorarlberg nach Gumbinnen, am Kurischen Haff. Östlich von Königsberg bauten er und seine Kameraden Flughäfen. Mehr als eine Start- und Landebahn und ein Hangar waren es nicht. Die Zahl der Flugzeuge und Flughäfen lassen Dietmar rätseln. Wozu braucht Nazideutschland so viele Flugzeuge in der 11 Nähe von Russland? Seit dem 23. August 1939 hatten Hitler und Stalin einen Nichtangriffspakt geschlossen, dieser Pakt war auf zehn Jahre befristet. Schon im Mai 1941, nicht einmal 2 Jahre nach der Unterzeichnung des Pakts, schrieb Dietmar nach Hause: „Wartet nur ab, bald ist Krieg mit Russland.“ Am 22. Juni marschierten die ersten Truppen über die Grenzen der Sowjetunion.14 Die Pioniersgruppe von Dietmar marschierte mit Schaufeln hinterher, um die Schäden an Wegen und Brücken zu reparieren. Deutsche Panzer, die in Massen über die Straßen rollten, hatten diese zerstört. Nicht weit hinter der Front wurde die Gruppe von einer Stalinorgel erwischt. „Wir reparierten gerade den Weg mit unseren Schaufeln, als wir von einer russischen Artillerieattacke erwischt wurden. Die Russen waren nur 3 Kilometer entfernt und schossen mit der Stalinorgel, ein Geschütz mit zehn Rohren, auf uns. Die einzige Bewaffnung, die wir hatten, waren fürchterlich lange französische Gewehre. Wir konnten uns nicht verteidigen. Es gab zwei Verletzte, und weil wir Pioniere waren, haben die Behörden uns danach zurückgezogen.“ Doch Dietmars Zeit bei dem RAD war noch nicht vorbei, nach einer langen und furchtbar langweiligen Fahrt Richtung Norden ging es nach Riga. Dort wurde erstmal die Unterkunft gebaut. Das Ungeziefer wurde mit Gas getötet, und die Zwölfmannbetten der Russen, die noch in der verlassenen Panzerkaserne standen, wurden rausgeschmissen. „Es gehörten eiserne Nerven dazu, alle Wünschen und Befehlen der einzelnen Lagermeister und Betriebsinspektoren gerecht zu werden. Manchmal war es allerdings beim besten Willen nicht möglich, trotz dem wir oft zwei oder drei Stunden nacharbeiteten. “15 Riga war eine schöne Stadt, die nicht all zu sehr zerstört war. Auch das Essen, und vor allem das Bier sind sehr billig, darüber freuten sich die Kameraden. Doch die Jungs waren nicht zum Trinken da, es wurde auch gearbeitet. Ein Deich sollte gebaut werden am Ufer der Düna16, der Fluss, der durch Riga strömt. Die Baustelle ist einen Kilometer lang, das kommt Dietmar sehr gelegen, denn jetzt kommen die Arbeitsinspektoren nicht all zu oft schauen, ob sie schnell genug arbeiten. „Der Arbeitstag wurde auf 9 Stunden „verkürzt, und die Mittagspause ist jetzt eine halbe Stunde länger, doch bis wir zum Essen kamen, war die Pause schon fast wieder vorbei.“ Arbeitsscheu waren die Männer sicher nicht, doch wenn einen Bauer aus der Umgebung für 30 Rubel ihre Arbeit machen wollte, dann haben sie gerne ihr Geld zusammengelegt, um ihn zu zahlen. Es war Vorsicht geboten beim Arbeiten, denn oft stoßen die Männer auf Tellerminen. Versuche, um sie zu detonieren, scheiterten, da alle Minen durchnässt waren. Am 17.9 stürzte eine DO 23 der deutschen Luftwaffe ab, in der Nähe von Dietmars Arbeitsstelle. „Der Pilot ist in der Mitte abgerissen, der Hörersitz voller Blut. Funker und MG Schütze beide 14 http://www.dhm.de/sammlungen/zendok/hitler-stalin-pakt/Dokument.htm „Tagebuch vom Kriegseinsatz 1941 2. Teil“ 16 Die Düna heißt heut zu Tage Daugava 17 Kriegstagebuch von Dietmar Kecht „Tagebuch vom Kriegseinsatz 1941 2. Teil“ 15 Kriegstagebuch von Dietmar Kecht 12 unverletzt, aber beide haben sie einen Nervenzusammenbruch. Pech, aber es ist Krieg“17 So schreibt ein 19 jähriger Junge, der vor ein paar Monaten Matura gemacht hat. 13 Am 24.9.41 wurde de Truppe zur Wache abkommandiert. Die Jungs werden jetzt auch bewaffnet, obwohl sie eigentlich nur Arbeiter sind und keine Soldaten. Jeder bekam ein französisches Gewehr, auch wurden zwei Maschinengewehre installiert. Ein Luftwaffenunteroffizier bringt ihnen das Schießen bei. „MG Kenntnisse 018, schießen 0: gute Nacht. Kann ja gut werden, sieht aber gut aus, wenn wir so bewaffnet umher rennen.“ Dann erlebte Dietmar den Krieg hautnah, der erste Fliegeralarm wird abgegeben. „Spüttekopf und ich sind beim MG 1. Die Russen sind sehr hoch, die meisten Bomben treffen unbedecktes Gelände, eine Bombe trifft den Forst. Die Flak spuckt, wir schießen auch, treffen natürlich einen Dreck. Wir priesen uns an: „Die sollen öfter kommen.“ Munition ist genügend da, und schießen ist ganz lustig.“19 Es wurde immer kälter im Baltikum. Im Oktober schneite es fürchterlich und ein eisiger Wind wehte. Winterkleidung war noch nicht vorhanden, darum wurden die Stiefel mit Papier gefüllt, zwei Unterhosen angezogen und grub man sich tief in den Mantel ein. Ab dem 5. Oktober war der Baustellendienst ganz aufgegeben, der Boden war zu tief gefroren, um ihn ab zu graben. Dietmar musste ab jetzt mit seinem Trupp 4000 russische Gefangene bewachen. „4000 Mann werden durch rund 80 Mann bewacht. Gut, dass die Russen nicht wissen, wie stark sie sind. Zwei versuchen zu entfliehen, werden beide erschossen, der RAD spielt nicht. Warum haben sie sich bloß erwischen lassen?“20 Dietmar hatte Mitleid mit den Russen, jeden Tag fallen 100 Mann aus Erschöpfung um. „100 gehen jeden Tag drauf. Das Massengrab fasst nicht mehr alle, es sind schon vier Schichten über einander. (...) Die Russen fressen sich selber auf. Einer wurde heute mit losgetrennten Hinterteil und Oberschenkel gefunden.“ Fast emotionslos schieb Dietmar in sein Tagebuch über Kälte, Hunger und Tod. Am 25. Oktober erreichte ihm die Nachricht des Todes seines Bruders Ernst. Nur gut 3 Zeilen schrieb er darüber in sein Tagebuch. „Mein Bruder ist gefallen. Wie es ist, kann man nicht schreiben, aber die Kameraden merken es nicht. Gut, dass der Dienst unerbittlich ist, da bleibt weniger Zeit zum Nachdenken.„ 18 MG = Maschinengewehr Kriegstagebuch von Dietmar Kecht „Tagebuch vom Kriegseinsatz 1941 2. Teil“ 20 Kriegstagebuch von Dietmar Kecht „Tagebuch vom Kriegseinsatz 1941 2. Teil“ 19 14 Ab dem 10. November ging das Gerücht, dass abgerüstet werde. Auch Dietmar glaubte diesmal daran. Am 17. November erfuhren sie endgültig, dass es wirklich nach Hause geht. Die Reise von Riga bis Bregenz dauerte drei Tage. In Bregenz musste Dietmar eine Weile warten, bis es am 28. November 1941 endlich zurück nach Telfs ging. „Um 9 Uhr mit dem Schnellzug nach Innsbruck und von dort Heim. Endlich daheim, wenn auch nur für neun Tage, etwas ist es doch. Was werden die Eltern sagen, die Schwestern und noch wer in Innsbruck? Endlich daheim, ade dummer RAD. Jetzt bin ich frei.“ Die ersten Monate in der Wehrmacht: Keine zwei Wochen nach seiner Rückkehr aus Riga, im November 1941, bekam Dietmar schon seine Einberufung zum Militärdienst. Seine Mutter hatte erst am 23. Oktober die Kunde bekommen dass ihr anderer Sohn, Ernst, gefallen sei. „Herr Olt. Jäger brachte uns die traurige Nachricht, Ernst sei schwerverwundet am Verbandsplatz gesehen worden. Wir sollen wenig hoffen. Es war nur ein Fädchen mehr, an das sich unsere Hoffnung klammerte, aber auch das zerriss. 2 Soldatenbriefe von oben brachten uns die kaum fassbare Kunde, dass Ernstl, unser lieber guter Ernstl, gefallen sei. Es ist noch immer nicht zu glauben. Wäre nicht der Brief des Hauptmanns Walter am 23. Oktober gewesen , dann hätten wir es niemals glauben können. Am 10. September, östlich der Lizza21, am fernsten Teil der Ostfront musste Ernst sein Leben lassen. Nur Gott weiß , warum er das von ihm und uns verlangt hat.“ Da Dietmar der letzte männliche Vertreter der Familie war, so hatte der Erlass des Führers, dass er nicht zur kämpfenden Gruppe muss, auf ihn Anwendung gefunden. Die Mutter hatte dadurch eine Sorge weniger, dass sie auch ihren zweiten Sohn verlieren könnte. Dietmar musste zwar nicht zur kämpfenden Gruppe, das hieß aber nicht, dass er gar nicht zum Wehrdienst gehen musste. Er kam in Landeck zum 136. Gebirgsjäger Regiment. Ein Freund seines Vaters, Hauptmann Koch, wurde sein Kompaniechef.22 Dieser Kompaniechef wollte aus Dietmar etwas Besonderes machen, und hatte ihm das Reiten und die Spezialausbildung zum Schießen beigebracht. Aus Dietmar wurde „Schießer der Kompanie,“ ein Posten, auf dem man sich mit Schießbefehlen und schweren Waffen auseinandersetzt. Reiten und Schifahren waren im Gebirgsjägerregiment äußerst praktisch. Die schweren Geschütze konnte man zerlegen, und auf Pferden durch die Berge transportieren. Da es in den Bergen keine Wege, nur schmale Pfade gab, konnte man sich auf Schiern und Pferden am besten fortbewegen. Die Gebirgsjäger eroberten später Kreta, den Kaukasus und Norwegen. Sie bildeten eine Elitetruppe, doch wurden viele nach dem Krieg für mehrere Kriegsverbrechen interniert. Sie sollen am Massaker von Kefalonia teilgenommen haben; 5.200 entwaffnete Italienische Soldaten wurden dort am 22. September 1943 ermordet.23 21 In der nähe von Murmansk. Dort war eine U-Bootstation der Russen. 22 Maria Kecht geborene Hofmann “Kriegstagebuch” Allerheiligen, 1 November 1939 bis 23 Januar 1946 23 http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_auf_Kefaloni 15 Dietmar kam während seiner Zeit im Gebirgsjägerregiment nicht weiter als in die Kaserne in Landeck. Sein Kompaniechef war von seinen Schießberechnungen dermaßen beeindruckt, dass er ihm im Jahre 1942 in die Offiziersschule nach Innsbruck schickte. „Der Offizier hat uns gefragt, warum wir Offizier werden wollen, da sagte ich ihm „Ich will gar nicht Offizier werden, ich wurde geschickt.“ Als der Offizier meinen Lebenslauf gelesen hatte, sagte er „ich kann Sie schon verstehen, gehen Sie heim.“ Er wusste ganz genau, dass ich Schwarz war, und verstand daher, dass ich keine Karriere im Heer machen wollte.“24 Damals wusste jeder, wer Schwarz, Braun oder Rot war, also wer Christ-Demokrat, Nazi und wer Sozial-Demokrat war. Kommunisten gab es kaum in Tirol. Das Hinterland, eine Familie im Krieg: Es war inzwischen schon wieder ein Jahr vorbei, seitdem Dietmar seine Einberufung zur Wehrmacht bekommen hatte. Bei Marga Kecht, seiner Schwester, war bei der Musterung zum RAD ein Lungendefekt konstatiert worden, der einen langen Heilungsprozess brauchte. Das Leben in Hinterland war in nichts mit der Vorkriegszeit zu vergleichen. Jede Vollmondnacht gab es inzwischen Fliegeralarm. 4. August 1943: Es gab zwar noch zu Essen, doch satt wurden man nur mehr von Kartoffeln und Brot. Nur die notwendigste Kleidung war noch zu bekommen, meistens konnte man aber nur Flickstücke kaufen. Glühbirnen, Geschirr und Haarnadeln waren Kostbarkeiten geworden, die um Geld nicht mehr zu haben waren. Die Siegesfanfaren waren schon eine Weile verklungen, nur die Sirenen sangen noch „Fliegeralarm.“ In der Heimat rollten die Panzer durch die Straßen und ließen die Fenster klirren. Maria Kecht hatte Angst um ihren Sohn. Schon lange hatte sie keine Post mehr bekommen. Auch war der Erlass des Führers, dass Dietmar nicht zur kämpfenden Truppe gehen muss, aufgehoben worden. Die deutsche Wehrmacht brauchte jetzt jeden Mann. Dietmar war in der Nähe der italienische Grenzen stationiert worden. Als am 8. September der Italienische König mit den Alliierten einen Waffenstillstand schloss, kehrte Italien sich damit gegen die Deutschen. Großdeutschland hatte einen Bundgenossen verloren.25 Maria hatte zuletzt von Dietmar gehört, als er auf dem Brenner stationiert worden war. Sein Trupp hielt dort Wache, und bestand aus 180 Mann, doch am Brenner lag auch ein ganzes Regiment der Italiener, das aus 1500 Mann bestand. „Der in einem Abruzzenkastell internierte Duce, Benito Mussolini wurde durch deutsche Fallschirmjäger und SS Truppen auf romantische Weise befreit und entführt. (...) Es wäre für uns leichter den ganzen Wirbel zuzuschauen, wenn wir nicht unseren Dietmar mitten drin wüssten. Am Sonntag den 7. August 1943 fuhr er mit einem LKW Zug durch Telfs, konnte uns aber nicht besuchen. (...) Dann kam er über den Brenner in die Sterzinger Gegend. Wir haben seit dem 6. Juli keine Nachricht mehr erhalten. Gebe Gott, dass er in Sicherheit ist.“ Einsatz im Kriegsgebiet: 24 Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. 25 http://news.bbc.co.uk/onthisday/hi/dates/stories/september/8/newsid_3612000/3612037.stm 16 Dietmar Kecht kam Ende Sommer 1943 an die Brennergrenze. Dort bewachte er die Staatsgrenzen. Es gab drei Verteidigungslinien mit Bunkern und Verstärkungen, und bis September standen jeweils ein deutscher und ein italienischer Soldat auf Wache bei jedem Posten. Doch am 8. September putschte Badoglio, mit der Hilfe des italienische Königs, die faschistische Regierung von Benito Mussolini. Der Duce wurde eingesperrt, und es wurde ein Waffenstillstand mit den Alliierten geschlossen.26 Von Berlin aus bekamen die Soldaten am Brennerpass den Befehl, die italienischen Soldaten zu entwaffnen. Auf seinem Radio konnte Dietmar auch den englischen Sender hören. Man musste nur weit genug mit dem Knopf drehen, dann empfing man die Signale der Briten. „ Auf dem englischen Sender habe ich gehört, dass ziemlich viel geschossen wurde während der Entwaffnung, aber von Brixen bis zum Brenner ist kein Schuss gefallen. Jede Kompanie hatte ein Radio dabei, und wenn man dass nicht richtig eingestellt hat, dann bekam man den Engländer, den durfte man aber nicht hören. Als ewige Ausrede haben wir dann gesagt „ Oh, da habe ich wohl den Strich beim Sender verfehlt.“27 Die Entwaffnung erfolgte schnell und gewaltlos. Sechs Mann, worunter auch Dietmar, gingen in ein Kompaniezelt der Italiener. „Legt eure Waffen vors Zelt und geht schlafen.“ Für die meisten Italiener war der Krieg vorbei. Sie waren kriegsmüde, und das Land war durch den Badoglio-Putsch zerrissen, und am Rande eines Bürgerkriegs. Tausende Gefangene wurden über den Brenner nach Deutschland gebracht. Dort wurden sie in der Kriegsindustrie oder bei Bauern untergebracht. In Tirol war die Wut über den Verrat von Italien sehr groß. Es war nicht das erste Mal, dass Italien die Seiten gewechselt hatte. Im Ersten Weltkrieg hatten die Italiener auch die Seite der Gewinner gewählt, bevor es zu spät war. Auf diese Weise haben sie Südtirol und Triest an ihr Grundgebiet hinzufügen können. Nachdem Dietmars Trupp eine Weile in Sizilien gewesen war, wurde er nach Triest ins Partisanengebiet abkommandiert. Die Partisanen waren keine richtige reguläre Armee, sondern bewaffnete Männergruppen, die individuell operierten. Die Partisanen kannten die Umgebung in der sie kämpften sehr gut, dadurch hatten sie einen gewaltigen Vorteil. „Wir wurden während den Einsätzen also mal von vorne, mal von hinten und von links oder rechts beschossen. Manchmal sind wir als kleine Gruppe sogar eingeschlossen worden, und wir mussten über Funk Verstärkung holen. Es gab einige Verluste, vor allem unter den Jüngsten. Die hatten keine Erfahrung und hörten nicht auf uns „Alte Hasen.“ Sie waren 18 und wir 22, wir waren schon 3 Jahre im Krieg. Als erfahrener Soldat lernt man einige Tricks. Er hört zum Beispiel, wenn eine Granate kommt, ob die bei ihm einschlägt, oder nicht. Diese Erfahrung hatten die Jungen nicht, und es gab einige Verwundete.“28 26 http://news.bbc.co.uk/onthisday/hi/dates/stories/september/8/newsid_3612000/3612037.stm Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. 28 Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. 27 17 Innsbruck, Ende 1943: Der Krieg war fast zu Ende. In allem merkte man, dass die deutsche Wehrmacht geschwächt war. Innsbruck wurde mehrere Male von den Alliierten bombardiert. Am 13. und am 15. April 1943 fielen hunderte Bomben auf Innsbruck. Der Bahnhof, die Servitenkirche und die Maria Theresienstraße waren schwerbeschädigt. In den Zeitungen standen jeden Tag die Listen der Toten, die alle „Ihr Leben für Großdeutschland gegeben haben.“ Bombenschäden am Innsbrucker Bahnhof nach dem Bombardement vom 15 April 1943. Das Essen ging fast aus. Mit den Nahrungsmittelkarten konnte man immer weniger bekommen. Ende 1943 gab es fast jeden Tag zwei Mal Fliegeralarm. Innsbruck war fast menschenleer, 30 bis 40.000 Personen der 70.000 köpfigen Innsbrucker Bevölkerung wurden evakuiert. 600 Tote wurden nach den vielen Bombardierungen geborgen. „Oft sieht man, wie eine Familie mit einem Fahrrad die spärlichen Reste ihrer Habe in Sicherheit bringt. Sie schauen suchend herum, in der Hoffnung noch ein oder andere Andenken aus besseren Tagen zu finden.“ (...) „Wann wird wieder Frieden sein und Innsbruck die schönste Stadt der Alpen?“29 29 Maria Kecht geborene Hofmann “Kriegstagebuch” Allerheiligen, 1 November 1939 bis 23 Januar 1946 18 Kriegsende und Gefangenschaft: Anfang 1945 ging der Krieg seinem Ende zu. Aus der Ardennenoffensive gingen die Alliierten Ende Januar 1945 als Sieger hervor. Im April dieses Jahres waren die Alliierten schon so weit in Deutschland vorgestoßen, dass die sowjetischen und amerikanischen Truppen in Torgau an der Elbe auf einander trafen. Durch diese Begegnung wurde Deutschland informell in zweien geteilt. Am 30. April beging Adolf Hitler gemeinsam mit Eva Braun Selbstmord im Führerbunker in Berlin. Die Kompanie von Dietmar begann schon Anfang 1945 zu zerfallen. Die Offiziere merkten, dass der Krieg bald vorbei sein könnte, und einer nach dem anderen verschwand. Im April 1945 hatte die Kompanie keine Offiziere mehr und waren viele Männer im Kampf mit den Partisanen gefallen, von 180 Mann waren 80 Mann übrig. Diese Truppe bekam am 1. Mai den Rückzugsbefehl aus Berlin.30 Es sollte nach Hause gehen, doch an der adriatischen Küste bei der Hafenstadt Rijeka, im heutigen Kroatien, wurde den Soldaten von den Partisanen der Weg abgeschnitten. Die Partisanen waren schwerbewaffnet, aber in geringer Zahl, doch die deutschen Truppen hatten kaum Munition und keine Flak31 mehr. Die Partisanen hatten Waffen von den Alliierten bekommen, und hatten daher Flugzeuge, Panzer und Kanonen. Zwei Regimenter der deutschen Armee wurden bei Rijeka gefangen genommen. 5000 Mann kapitulierten am 5. Mai 1945. Die Waffen wurden abgenommen, aber auch Kämme, Brillen, Schuhe und Geschirr. „ Der Partisane hatte unsere schönen Bergstiefel gesehen und sagte „ausziehen.“ Wer das nicht tat, wurde erschossen. Wir hatten das auch nicht anders erwartet, aber es war pure Ausrauberei. Ich wollte nur mein Kochgeschirr behalten. Aber ich musste einfach das nehmen, was herumlag. Ich hatte dann kein militärisches Kochgeschirr mehr, sondern nur einen runden Kessel, aber es hatte viel Platz im Kessel, und das hat gereicht.“32 Doch die Sorge um das Geschirr war die kleinste. Alle deutschen Soldaten wurden nach Sisak geschickt, eine kleine Schwesterstadt von Rijeka. Provisorische Gefangenenlager waren in einer Bucht aufgebaut. Die Gefangenen waren von natürlichen Barrieren eingesperrt. Das Meer und die Felsen sorgten dafür, dass die Überwachung der Gefangenen eine leichte Aufgabe für die Partisanen war. Dieses Lager war bloß ein Sammelplatz für alle Gefangenen, es gab keine Baracken, keine Lazarette und kein Wasser. Dietmar und 800 andere Männer saßen in so einer Bucht acht Tage fest. Trinkwasser holten sie aus selbst gegrabenen Löchern, dort war gerade genug Grundwasser für alle Soldaten. Nach acht Tagen begann ein langer Marsch von Sisak nach Karlovac33, der später der Hungermarsch genannt wurde. Der Marsch dauerte 14 Tage und jeder Soldat bekam einen Würfel Trockenkraut, der sollte für zwei Wochen reichen. „Das Kraut konnte man aufkochen, dann hatte man eine Suppe, aber es schmeckte nach gar nichts. Nach acht Tagen ging uns das Kraut aus. In der Nacht sind wird dann von der Gruppe weggeschlichen und haben in einem Feld die Kartoffeln ausgegraben. In Karlovac war das Gefangenenlager, jeden Tag kamen viele neue Gefangene. In den Baracken hatte jeder seinen eigenen Platz, und auch das Essen wurde pro Baracke verteilt.“ 30 Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. FLAK: Flug(zeug) Abwehr Kanonen 32 Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. 33 Deutscher Name war Karlstadt, in der Nähe von Zagreb, das heutige Karlovac 31 19 „In der Früh bekamen wir aufgekochtes Wasser mit einem undefinierbarem Geschmack: „Kaffee“ und eine Scheibe Brot. Mittags dünne Polentasuppe, und abends wieder dünne Polentasuppe. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Viele haben Hungerödeme bekommen, das fängt in den Füßen an und geht hinauf bis zum Herz und dann ist man tot.“ Das Internierungslager war kein Arbeitslager. Es wurden nur kleine Arbeiten für das Lager selbst erledigt. Die einzige Arbeit, die Dietmar machen musste, war Tote begraben. Jeden Tag starben viele Häftlinge an Typhus oder Hunger. Es gab zwar Krankenbaracken, aber keine Medikamente. Die Ärzte hatten nur Holzkohle, um Durchfall zu behandeln. Als Bestatter hatte man relativ viel Glück: man kam oft aus dem Lager raus und manchmal fand man sogar etwas Essbares. Es fiel den Partisanen natürlich auf, wie viele Menschen starben. Sie wollten nicht alle Verantwortung für das Leiden tragen, darum haben sie jedem Dorf in der Umgebung 20 Häftlinge übergeben. Der Bürgermeister sollte Unterkunft, Essen und Arbeit für diese Männer beschaffen. Auch Dietmar war in einer solchen 20er Gruppe. „ Ich wurde einem Wegmacher zugeteilt, der wusste gar nicht, was er mit mir anfangen sollte. Er wusste nicht, dass ich bei den Pionieren auch Wege gebaut hatte. Daher habe ich die ersten zwei Tage aus einem abgebrannten Haus die Nägel geholt und gerade geklopft. Alles war wertvoll. Ich war ihm lästig. Am dritten Tag holte der Wegmacher eine Sense zum Mähen raus. Mit Zeichensprache fragte ich ihn, ob er für mich auch eine hätte. Er glaubte mir nicht, dass ich mit einer Sense mähen könne, aber ich machte die Arbeit gut, und von da an war ich ein Gast für ihn.“34 Vier Wochen wohnte Dietmar bei dieser Familie und konnte sich dadurch ein bisschen stärken. Nach vier Wochen wurde er wieder ins Lager zurückgebracht. Doch da hatte sich viel geändert. Ab jetzt wurden die Häftlinge beim Dämme- und Häuserbauen eingesetzt. Aus einfachsten Mitteln wie Kuhmist und Holzstämmen wurden Häuser gebaut. Die Arbeitsgruppen bestanden aus fünf Personen, und jede Gruppe bekam eine Arbeitsnorm: jede Person durfte erst ins Lager zurückkehren, wenn sie einen Festmeter35 Holz gehackt hatte. Am Anfang arbeiteten die Gruppen fast 12 Stunden, denn die Arbeit war schwer und die meisten waren das Hackwerk nicht gewohnt. Doch nach ein paar Wochen gewöhnten die Gefangenen sich daran, und die Arbeit ging schneller. Das Essen war auch besser geworden, vor allem konnten die Arbeiter oft essbare Beeren und Pilze im Wald während der Arbeit finden. 34 35 Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. Balken mit den Maßen 100 cm x 100 cm x 130 cm, aus einem Baum gehackt 20 Im November 1945 kam Dietmar nach Bihác in Bosnien. Es gab dort kaum Wege, und die Gleise waren fast alle kaputt. Dort wurden die Häftlinge zum Kraut Umladen bestellt. Der Zug konnte nicht ins Tal hinunter fahren und daher musste das Kraut in Laster umgeladen werden. Zwei Monate lang wurde nichts anderes getan als Kraut umladen. In der Zwischenzeit hörte die Gruppe, was in der Heimat alles zerstört war. LKW Fahrer brachten so manche Nachrichten, doch Post empfangen oder schicken ging nur einmal im Monat. In Telfs erfuhr die Familie Kecht erst im Februar 1946, dass Dietmar noch lebte. Die Familie schickte mehrere Briefe an das Rote Kreuz, bis im März 1946 der erste Brief bis zu Dietmar durchgestellt wurde. Diese Kärtchen konnten aus den Lagern geschickt werden, auf der Rückseite war Platz für persönliches. Diese Karte ging an den Vater von Dietmar, Arnold Heidegger ist einer der Gefangenen. Dietmars Briefe sind anno 2010 nicht mehr zu finden. 1947 kam Dietmar nach Makedonien, fast an die griechische Grenze. Dort arbeitete er auf einem Staatsgut und half auf dem Land. Eine Flucht war aussichtslos, weil es keinen Ausweg gab. Rundherum waren nur kommunistische Länder, und der Weg nach Hause, Richtung Norden, war mehr als 2000 Kilometer lang. Trotz der Sehnsucht nach Hause ging es den Männern relativ gut. Auf dem Staatsgut waren genug Kohl, Paprika, Tomaten und Sonnenblumen für alle Arbeiter. 21 Fast ein ganzes Jahr arbeitete Dietmar auf diesem Staatsgut, ohne zu wissen wann oder ob man je nach Hause zurück kommen würde. Im Januar 1948 wurden alle Arbeiter zurück ins Lager von Skopje geschickt. Als Lagerleiter der Österreicher verlangte Dietmar, dass alle Österreicher gemeinsam aus Skopje weiter transportiert werden, um so auch eine sichere Heimreise für alle zu garantieren. Bis November 1948 haben alle Österreicher gemeinsam, die in Skopje im Lager waren, gearbeitet. Aber erst im November bekamen Dietmar und andere Arbeiter vom Roten Kreuz den Bericht, dass es jetzt nach Hause gehe. Nach einer langen Zugreise kam Dietmar am 25. November endlich in Innsbruck an. Er war wieder zu Hause. Der Entlassungsschein von Dietmar Kecht aus dem Gefangenenlanger Trgovac in der Nähe von Skopje Aus Daten vom Roten Kreuz und mit Hilfe einer Analyse von Böhme, einem Wissenschafter, wissen wir, wie viele Kriegsgefangene in jugoslawischer Gefangenschaft gestorben sind. Laut Böhme starben etwa 80.000 deutsche und österreichische Soldaten während der jugoslawischen Gefangenschaft. Wegen der unübersichtlichen Lage der letzten Kriegstage lässt sich die Zahl der bei der Kapitulation der Wehrmachtseinheiten in Gefangenschaft geratenen Soldaten nicht genau bestimmen. Es sind wahrscheinlich zwischen 175.000 und 200.000 Soldaten gewesen. Berücksichtigt man, dass in den Jahren 1948/1949 vom Roten Kreuz nur etwa 85.000 Rückkehrer gezählt wurden, überlebten weniger als die Hälfte der Kriegsgefangenen die Gefangenschaft.36 36 Klaus Schmider, der jugoslawische Kriegsschauplatz (Januar 1943 bis Mai 1945) 22 Das Warten auf den Sohn Während des gesamten Zweiten Weltkrieges hat es kaum Widerstandsgruppen gegeben in Tirol. Die sozialistischen Zellen waren schon am Anfang des Krieges unterdrückt worden, wodurch der Widerstand im Keim geschmort worden war. Doch am Ende des Krieges hatte ein Wiener Erfolg bei der Gründung einer Widerstandbewegung. Fritz Molden gründete zusammen mit seinem Bruder Otto das „Provisorische Österreichische Nationalkomitee.“ Ihr militärischer Arm wurde O5 genannt. Im Herbst 1944 wurde auch in Innsbruck die O5 ins Leben gerufen. Die O5 bestand aus Mitgliedern mit verschiedenen politischen Hintergründen und versorgte französische und amerikanische Geheimagenten mit Information. Am 20. April, an Hitlers Geburtstag, erlitt die O5 einen schweren Schlag. Die Gestapo nahm 100 Mitglieder gefangen und schickte sie in das Arbeitererziehungslager Reichenau. Am 27. April war Wien schon von den Russen befreit worden. An diesem Tag wurde die Zweite Republik Österreichs ausgerufen, und eine „Provisorische Staatsregierung“ trat an.37 Am nächsten Tag überschritten amerikanische Truppen bei Vils die Tiroler Grenze. Es kam im Außerfern noch zu blutigen Kämpfen, die tagelang dauerten. Am Sonntag, dem 29. April sollte Emanuel Kecht, Dietmars Vater, noch in Scharnitz mit den Standschützen gegen die heran rückenden Truppen kämpfen. „Papa war zum Glück zur 4. Kompanie eingeteilt, die im Markt verbleiben sollte. Aber schon Montag früh um vier Uhr kamen sie wieder heim. Der Kommandant hat zu ihnen gesagt: „Mander, wir bekommen keine Waffen, wie sollen wir den Feind aufhalten? Geht heim und schützt eure Haustüren!“38 Die 4. Kompanie hatte eine Panzerfaust, vier Gewehre und sechs Schaufeln bekommen. Danach ging es schnell, jeden Tag rückten die Alliierten näher. Am Dienstag, dem 1. Mai waren die Alliierten schon in Seefeld. „Als wir am Dienstag abends in die erste Maiandacht gehen wollten, hieß es auf einmal, der Feind sei bei Mösern und rücke auf Telfs zu. Im Nu flatterten überall weiße Fahnen und Leintücher, aber der Kommandant einer SS Truppe ließ diese Friedensbereiter sofort entfernen.“39 Am nächsten Tag wurden überall alle Lebensmittel- und Kleiderkarten eingewechselt, um einen Vorrat im Haus zu haben, doch viel war nicht mehr da. „Die immer näher kommenden Geschützdonner störten die Leute nicht mehr. Auch die Kunde, dass Adolf Hitler, der Führer, gefallen sei, schien keinen Eindruck zu wecken. Keine Trauerfahne flatterte.“ Donnerstagnacht wurde in Telfs kaum geschlafen, die Brücke war zur Sprengung vorbereitet, und jeder schlief im ersten Stock, um sich gegen die Erschütterung zu schützen. Am nächsten Morgen ging jeder wie gewohnt in die Kirche, doch beim Hinausgehen rief ein Radfahrer den Kirchengängern zu: „Weg von der Straße, die Amerikaner sind bei der Brücke und schießen.“ Maria Kecht rannte nach Haus zurück, um ihre zwei Töchter zu warnen. 37 Horst Schreiber, Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol, Opfer. Täter. Gegner. 38 Maria Kecht geborene Hofmann “Kriegstagebuch” Allerheiligen, 1 November 1939 bis 23 Januar 1946 39 Maria Kecht geborene Hofmann “Kriegstagebuch” Allerheiligen, 1 November 1939 bis 23 Januar 1946 23 Um acht Uhr in der Früh waren die Amerikaner im Dorf, das vom Bürgermeister widerstandslos übergeben worden war. Er hatte die Bevölkerung aufgerufen, weiße Fahnen aus dem Fenster zu hängen. „Als wir am Abend von der Maiandacht heimgingen, da rollten die großen Geschütze und Wagen heran, zu unserem Entsetzen mit lauter Negern besetzt. Der ganze Markt war auf einmal ein riesiges Heerlager. Leider benahmen sich viele Karner so würdelos, dass man sich schämen musste. Amerikanische Soldaten in Innsbruck, Mai 1945. Der Großteil ist „Neger.“ Sie wirken für viele Tiroler erschreckend. „Es gab für uns noch allerlei Schrecken. Um halb zehn abends kamen noch vier Neger ins Haus, die fast nicht weg zu bringen waren. Sie wollten Wein, aber wir hatten ja keinen. Um halb elf kamen wieder zwei weiße amerikanische Offiziere, die von unserer Wohnung aus den Wald beobachten wollten. Die waren höfflich und anständig und nahmen auf unserer Bitte die vier Schwarzen wieder mit. Dann war endlich Ruhe.40 Die Amerikaner schlossen Telfs ab. Wachposten standen an jeder Brücke und jedem Zugangsweg, dadurch kamen Post oder andere Nachrichten nicht an. Die Familie Kecht wusste lange Zeit nichts vom Schicksal ihrer Verwandten in Lienz, Reutte und Seefeld. Von Dietmar hatten sie auch nichts gehört. Am Donnerstag, dem 13. Mai läuteten die Kirchglocken zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder, um zur heiligen Messe ein zu laden. Vorher ertönten die Kirchglocken nur, wenn Fliegeralarm war. Am Ende des Krieges war dies fast jeden Tag der Fall. 40 Maria Kecht geborene Hofmann “Kriegstagebuch” Allerheiligen, 1 November 1939 bis 23 Januar 1946 24 Der Lebensmittelvorrat wurde immer geringer, die Rationen für vier Wochen waren pro Person: 4,1 kg Brot 1,125 kg Mehl 0,25 kg Nudeln 0,40 kg Fett 0,80 kg Fleisch 0,10 kg Zusatz Kaffee 0,25 kg Käse 0,25 kg Salz, sonst gabt es nichts. Zucker, Marmelade und Waschmittel entfielen ganz, sonstige Bedarfsartikel wie Schuhcreme, Zwirn und so weiter waren fast nirgends zu bekommen. Der Tauschhandel blühte, denn auch die Amerikaner hatten Gegenware, die sich zum Tauschen eignete. Die Amerikaner gaben Konserven für frisches Obst und Gemüse, Fett für Alkohol. Auch der Schulbetrieb wurde wieder aufgenommen. Reichsdeutsche wurden ab dem 1. Juli 1945 aus allen Staatsstellen entlassen, und auch die Schulen mussten „gereinigt“ werden. Nur ganz österreichisch gesinnte Lehrer wurden angestellt. Emanuel Kecht behielt seine Stelle, aber das Gehalt wurde seit dem 30. April nicht mehr ausbezahlt. Jeder versuchte fleißig Englisch zu lernen, doch am 1. August gingen die Amerikaner schon wieder fort, und 600 Franzosen kamen nach Innsbruck und Umgebung. Diese Truppen bestanden vor allem aus Marokkanern, die wahrscheinlich genau so viel Schrecken verursachten wie die „Neger.“ Am 25. November 1945 war zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder Wahltag. Drei Parteien nahmen daran teil, die ÖVP, Österreichische Volks Partei, die größtenteils konservativ und katholisch war, die SPÖ, die Sozialdemokratische Partei Österreichs, und die KPÖ, die Kommunisten. Die Wahlbeteiligung war sehr rege, mehr als 93% aller Stimmberechtigten hatten gewählt. Die ÖVP erhielt 49,8% der Stimmen, die SPÖ 44,6%, die Kommunisten nur 5,5 %.41 Das Kriegsende hätte für die Familie Kecht so schön sein können, doch die ständige Sorge um Dietmar machte viel zunichte. Am 23. Januar 1945 schrieb Maria Kecht in ihr Tagebuch: „Heute endlich nach neun langen Monaten haben wir Post von Dietmar bekommen. Es ist nur eine armselige Karte aus dem Kriegsgefangenenlager Sisak in Kroatien und war schon im Juli 1945 geschrieben. Gebe Gott, dass er bald heimkommt.“ Am 25. November 1948 kehrte Dietmar erst heim. 41 http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalratswahl_in_Österreich_1945 25 Schlussfolgerung und Quellenkritik: Vor ein paar Monaten habe ich nicht ahnen können, was für einen Einfluss diese Fachbereichsarbeit auf mich haben würde. Ich habe mit meinem Großvater nie über den Krieg gesprochen, und es war daher für mich komisch, seine Stimme nach seinem Tod auf einer CD zu hören. Ich bin froh, dass ich diese Arbeit gemacht habe, denn ich habe sehr viel über die Kriegssituation in Österreich gelernt und mir hat die Spurensuche im Archiv viel Spaß gemacht. Vor allem die Tagebücher von Maria Kecht-Hofmann und Dietmar Kecht waren sehr beeindruckend. Ohne diese Fachbereichsarbeit hätte ich nie so viel über die Kriegserlebnisse meiner Familie erfahren. Mein Großvater war für mich immer nur mein Opa, ohne das ich je über seine Vergangenheit nachgedacht hatte. Ich habe mich nie darüber verwundert, wie wohl der Krieg für meine österreichische Familie verlaufen ist, darüber wurde nicht gesprochen. Nicht weil es Tabu war, wir kamen einfach nie dazu. Ich habe mich verwundert über das Interesse meiner Verwandten, jeder wollte meine Fachbereichsarbeit lesen. Ich war auch der erste meiner Familie der Maria Hofmann-Kechts Tagebuch gelesen hat, seit ihrem Tod. Wegen meiner Begeisterung fangen jetzt mehrere Verwandten an diese Quellen zu lesen. Ich will nicht behaupten dass ich eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben habe, dafür habe ich zu wenig verschiedene Perspektiven und Quellen benutzt. Ich würde meine Arbeit als erweitertete Familienchronik beschreiben. Meine Familie von Mutters Seite habe ich in ihrem Wandel durch eine sehr hektische Zeit porträtiert. In den Tagebüchern meiner Urgroßmutter ist manchmal die kleinbürgerliche Mentalität und die katholische Einstellung nicht zu übersehen. Manchmal geben ihre Tagebuchaufzeichnungen das Kriegsgeschehen beziehungsweise die Folgen für die Zivilbevölkerung viel besser wider als das Interview mit Dietmar Kecht, in dem er ziemlich oberflächlich über seine Kriegszeit berichtet. Bei der Auswahl der Tagebucheintragungen von meiner Urgroßmutter habe ich mich vor allem auf die Texte konzentriert, die sich auf kontrolierbarere Ereignisse beziehen. Ausschnitte, in denen meine Urgroßmutter vorsichtige Kritik äußert oder ihre persönliche Einstellung zum Ausdruck bringt, habe ich ebenfalls verwendet. Diese selektive Auswahl macht natürlich deutlich, dass meine Fachbereichsarbeit nicht als objektiv angesehen werden kann. Meine benutzten Quellen sind nur teilweise repräsentativ: Dietmar Kechts Interview mit Kim Rose datiert von 1998. Ich kenne meinen Großvater, er ist ein echter Verdrängungskünstler und er hat ein ziemlich selektives Gedächtnis. Seine Darstellungen sind nicht erlogen, sondern die Erinnerungen sind im Laufe der Jahre schwächer geworden. So erzählt er nichts über Kämpfe, an denen er teilgenommen hat. Keinen einzigen Schuss soll er gelöst haben, in seinem Interview erzählt er davon nichts. Die Nennung der großen Schauplätze stimmt, doch bei Angaben von Entfernungen und der Nennung eines konkreten Datums muss man mit einigen Ungenauigkeiten rechnen. 26 Ich nehme das meinem Großvater auch gar nicht übel. Sieben Jahre im Krieg als Pionier, Soldat und Gefangener kann man gar nicht überleben, wenn man nicht die Schrecken verdrängt. Man muss bestimmte Gefühle und Erlebnisse ausblenden, denn sonst wird man verrückt. Ich kann mich nicht vorstellen, dass mein Großvater nach dem Krieg ein normales Leben führen hat können. Als er aus der Gefangenschaft zurückkehrte, wog er nur mehr 48 Kilogramm, hatte einen schweren Lungenschaden, Skorbut hinter sich und musste nach einer zehnjährigen Unterbrechung seine Berufsausbildung (Buchhändler) wieder aufnehmen. Er sah nach Jahren seine Eltern und Geschwister wieder, die auf andere Weise unter dem Krieg gelitten hatten, und noch immer um den ältesten Sohn trauerten, der bereits 1941 gefallen war. Für Psychoanalyse und lange Gespräche war im NachkriegsÖsterreich kein Platz. Dietmar Kecht hat wahrscheinlich am 1. Dezember, eine Woche nach seiner Rückkehr, seine Stelle in einer Buchhandlung in Innsbruck wieder angetreten. . Er kehrt als 26 Jähriger wieder an seinen alten Platz zurück, den er als 19 Jähriger verlassen hat. Daher bin ich sehr froh, dass Herr Fregin für mich das RAD Tagebuch entziffert hat. Dieses Tagebuch wurde von meinem Großvater während seiner RAD Zeit in Riga geführt, und wirft ein präziseres Licht auf die wahren Kriegserlebnissen eines Pioniers. Sogar in diesem persönlichen Tagebuch schreibt er mit einem distanzierten und fast emotionslosen Ton. Situationen und Berichte dürfen ihm nicht zu nahe kommen, sonst dreht der Junge wahrscheinlich durch. Ein gutes Vorbild einer solchen Situation ist der Tod seines Bruders, der in dem Tagebuch in nur drei Sätzen zum Ausdruck gebracht wird. Dieses Tagebuch hat mich also in meinem Vermuten bestätigt, dass es viel mehr schreckliche Erlebnisse gegeben hat, als die an die sich Dietmar Kecht später 1998 erinnern kann oder will. Daher glaube ich, dass dieses RAD Tagebuch eine wertvolle Quelle für meine Fachbereichsarbeit ist. Wenn man das RAD Tagebuch gelesen hat, muss man unwillkürlich an Erich Maria Remarques Buch „Im Westen nichts Neues“ denken. Die Langeweile, das Wetter, das ewige Reden über Essen und die spärliche Unterhaltung erinnern an die Erlebnisse von Paul im Ersten Weltkrieg. Das Tagebuch meiner Urgroßmutter entstand in einer anderen Situation. Meine Urgroßmutter hat sich nicht gescheut Emotionen nieder zu schreiben, doch ausgesprochene Kritik an der Politik hat sie nicht geäußert. Ich hätte gerne das Original-Tagebuch gelesen, denn meine zwei Versionen, die ich benutzt habe, wurden beide vom Original in den 80ern abgeschrieben. Ihr originelles Tagebuch ist verschwunden. In ihrer abgeschriebenen Tagebücher schreibt sie „Führer“ immer zwischen Anführungszeichen, als ob sie Hitler dieses Titels nicht würdig findet. Ich hätte gerne gesehen, ob sie sich diese subtile Form von Kritik in ihrem Original-Tagebuch auch geleistet hat. Ihre „Neger-Kommentare“ fand ich sehr amüsant, weil in jener Zeit und besonders in Tirol, wo kaum andere Bevölkerungsgruppen lebten, Schwarze sehr exotisch waren und man ihnen mit al nur vorstellbaren Vorurteilen begegnete. In den Augen meiner Urgroßmutter waren Neger genau so schlimm wie Karner (unzivilisierte und herumreisende Menschen.) Mit Hilfe von ihrem Tagebuch habe ich oft die Daten, die von Dietmar genannt wurden, korrigieren können, denn dieses Tagebuch ist ziemlich genau. Im Tagebuch waren einige Fotos und Zeitungsartikel eingeklebt, wodurch es für mich noch anschaulicher wurde. 27 Im Stadtarchiv habe ich Fotos von den Luftangriffen auf Innsbruck gefunden, sowie auch Zeitungsartikel über Ereignisse, die von meiner Urgroßmutter im Tagebuch erwähnt werden. Für die für mich unbekannten militärischen Fachausdrücke habe ich auch im Stadtarchiv die benötige Information gefunden. Dankbar bin ich Herrn Kubanda der mich während meiner Materialsuche hilfreich zur Seite stand und mir auch zusätzliche Quellen zur Verfügung stellte. Die jüngeren Geschwister meines Großvaters, Marga und Maria Kecht, haben in Gespräch mit mir öfters ihre eigenen Kriegserlebnisse erzählt. Diese Erlebnisse stimmten in großen Linien mit den Eintragungen im Kriegstagebuch meiner Urgroßmutter überein. 28 Landkarten: 29 30 Quellen: Interview zwischen Dietmar Kecht (14. November 1922 bis 27. März 2008) und Kim Rose, eine amerikanische Journalistin. “Opa Zirl, Erinnerungen” August 1998: CD 1, Track 1. CD 2, Track 2. 1. Stunde, 32 Minuten, en 18 Sekunden. Kriegstagebuch von Maria Kecht geb. Hofmann ( 9. Januar 1890 bis 9. Juni 1988) “Kriegstagebuch” Allerheiligen, 1 November 1939 bis 23 Januar 1946 „Für meine Enkelinnen aus dem Orginal-Tagebuch abgeschrieben, da sie unsere liebe alte deutsche Schrift nicht mehr lesen können.“ Hugo Portisch, Österreich I, Die unterschätzte Republik, Kapitel 6+7 Wien, 1989 ISBN: 3 218 0085 3 Horst Schreiber, Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol, Opfer. Täter. Gegner. Innsbruck, 2008 ISBN: 978 3 7065 4423 8 Emmerich Tálos, Ernst Hanisch, Wolfgang Neugebauer (Hg.), NS-Herrschaft in Österreich, 1938-1945, Verlag für Gesellschaftskritik Wien, 1988 ISBN: 3 900351 84 8 http://geschichte-oesterreich.suite101.de/article.cfm/der_anschluss_oesterreichs Einmarsch der Deutschen Truppen im März 1938 „Stadtarchiv Innsbruck“ Fotos Besuch Hitler an Innsbruck, 5 April 1938, Volksabstimmung. STAI-PH-855 STAI-PH-24253 STAI-PH-1753 Johannes Schaschnig und Oswald von Nell-Bruenig, Texte zur katholischen Soziallehre – Die sozialen Rundschreiben der Päpste und andere kirchliche Dokumente. Köln 1992 ISBN: 3 927494 01 1 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/57/Stimmzettel-Anschluss.jpg Stimmzettel Anschluss Österreich 6. April 1938 Horst Schreiber, Die Machtsübernahme: Die Nationalsozialisten in Tirol 1938/39. Innsbruck, 1993 31 ISBN: 3 85218 152 6 Archivnummer: B 4162/10 Inv nr: 8151 Albricht, Eisterer, Steininger, Tirol und der Anschluss Innsbruck, 2002 ISBN: 3 7065 1800 7 B 4162 3/D http://www.verfassungen.de/de/de33-45/reichsarbeitsdienst35.htm Reichsarbeitsdienst Gesetz http://www.dhm.de/sammlungen/zendok/hitler-stalin-pakt/Dokument.htm Hitler-Stalin Pakt Horst Schreiber, Roland Sila, Innsbruck 1938-1945 Band 3. Schriftenreihe des Innsbrucker Stadtarchivs. Innsbruck 2003 ISBN: 978 3 7030 0379 1 Archivnummer: P 35 3 http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_auf_Kefaloni Horst Schreiber, Maritta Horwath, von der Schulbank ans Geschütz, Die Luftwaffenhelfer in Tirol und Vorarlberg 1943-1945 Innsbruck, 1996 ISBN 3 7065 1134 7 „Stadtarchiv Innsbruck“ Fotos Bombenschäden Innsbruck 15. Oder 19. April 1943 „Stadtarchiv Innsbruck“ Fotos Amerikanische Besatzung Innsbruck http://news.bbc.co.uk/onthisday/hi/dates/stories/september/8/newsid_3612000/36 12037.stm Italienische Übergabe und Waffenstillstand der Alliierten. Klaus Schmider, der jugoslawische Kriegsschauplatz (Januar 1943 bis Mai 1945) in: Karl-Heinz Frieser, die Ostfront 1943/1944 Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten. Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart 2007 ISBN 978 3 421 06235 2 http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalratswahl_in_Österreich_1945 32