2011 Mag. Irene Buchberger-Vilanek Schwerpunktarbeit in den Fächern Didaktik und Pädagogik Reformpädagogen und ihre Ansätze: Maria Montessori und Ingrid Schlögel Mag. Irene Buchberger-Vilanek Klasse KfB7 der Bakip8 2. Semester: SS 2011 Betreuung: Mag. Elisabeth Maier Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 Hinweis: Die Schreibweise „Kindergartenpädagogin“ gilt sowohl für Kindergartenpädagoginnen als auch für Kindergartenpädagogen; die Herren dürfen sich in der weiblichen Form ebenfalls angesprochen fühlen. Problemaufriss Die vorliegende Arbeit dient der Beschreibung bzw. Vorstellung von zwei Reformpädagoginnen; erstere, welche die Pädagogik weltweit bereits enorm beeinflusst hat und die zweite, die mit ihrem Konzept ebenfalls Einfluss auf die Methode von Pädagoginnen sowie dem Kindergarten-Leben von Kindern hat: Maria Montessori hat seit ihrer Zeit Generationen von Erzieherinnen sowie das Leben vieler Kinder positiv beeinflusst und ein Vermächtnis hinterlassen, das noch bis in die heutige Zeit hineinwirkt und von vielen Pädagoginnen angewandt wird. Es besitzt nach wie vor Gültigkeit und wird auch noch die nächsten Generationen beeinflussen. Ingrid Schlögel ist erst seit einigen Jahren tätig und hat wohl auch nicht den Bekanntheitsgrad ihrer Kollegin. Daher und weil ihr Konzept eine interessante, beachtenswerte Betrachtung aus einem anderen Blickwinkel darstellt sowie Pädagoginnen als Inspiration für ihre eigene Tätigkeit dienen kann, wird dem Kapitel über sie in dieser Arbeit etwas mehr Raum gewidmet. Einleitung Diese Arbeit beschäftigt sich einleitend mit einem kurzen Abriss über Reformpädagogik, deren Bedeutung sowie die Entstehung. In den darauffolgenden Kapiteln befasst sich dieses Werk mit der berühmten und bis heute anerkannten Reformpädagogin Maria Montessori und des Weiteren mit Ingrid Schlögel, deren reformpädagogischer Ansatz sich erst in den letzten Jahren entwickelt hat und deren beider Werdegang, Konzepte und Ziele aus pädagogischer und didaktischer Sicht. Maria Montessori´s Idee verbreitete sich im letzten Jahrhundert über die gesamte Welt und beeinflusste die Erziehung vieler Kinder sowie auch das Leben der sie begleitenden Pädagoginnen. Ingrid Schlögel entwickelte auf Basis des Wissens über die Montessori-Pädagogik ihr Konzept der Natürlichen Pädagogik aus ihren Erfahrungen als Pädagogin in staatlichen Schulen bzw. später in den von ihr gegründeten Gruppen. Pädagogik und Didaktik 2 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 INHALT 1 Reformpädagogik ............................................................................................ 4 2 Maria Montessori – Montessori-Pädagogik ...................................................... 5 2.1 Zur Person Maria Montessori ................................................................... 5 2.2 Montessori-Pädagogik ............................................................................. 6 2.2.1 Konzept ......................................................................................................... 6 2.2.2 Vorbereitete Umgebung................................................................................. 7 2.2.3 Rolle des Lehrpersonals und Integration ....................................................... 7 2.2.4 Montessori-Material ....................................................................................... 8 2.2.5 Ziel der Montessori-Pädagogik .....................................................................10 2.3 3 Resumée................................................................................................ 10 Ingrid Schlögel – Natürliche Pädagogik ......................................................... 11 3.1 Zur Person Ingrid Schlögel ..................................................................... 11 3.2 Natürliche Pädagogik ............................................................................. 12 3.2.1 Konzept ........................................................................................................12 3.2.2 Grundlagen...................................................................................................13 3.2.3 Ziel ...............................................................................................................17 3.3 Resumée................................................................................................ 17 4 Schlussbemerkung ........................................................................................ 18 5 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 19 Pädagogik und Didaktik 3 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 1 REFORMPÄDAGOGIK Reformpädagogik steht für die Erneuerung von Erziehung, Unterricht und Schule. Zwischen 1890 und 1933 entstand eine reformpädagogische Bewegung, die sich über einige europäische Länder und Nordamerika ausbreitete. Diese setzte sich kritisch mit den damaligen Bildungsmethoden und Schulformen auseinander und strebte u. a. die Einführung von Kunsterziehung und gemeinsamer Arbeit an. Diese Epoche wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die kritische Auseinandersetzung mit der herrschenden Lebenssituation (Industrialisierung, starkes Bevölkerungswachstum, Schulformen kennzeichnete, Arbeiterbewegung dass sie etc.) geprägt eingeleitet. waren von Alle reiner Wissensvermittlung durch Auswendiglernen und ohne eigenständiges Denken. (vgl. RIEDL 2010, Station 1: „Begriff und Ausgangspunkt der Reformpädagogik“) Aufgrund der Vorstellungen Jean-Jacques Rousseaus (1712 - 1787) von einer freien Entwicklung der Persönlichkeit kam die Reformpädagogik zur Neuentdeckung des künstlerisch-musischen Bereichs sowie einer positiven neuerlichen Bewertung des Spiels, der selbständigen Aufgabenerarbeitung und des natürlichen Bewegungsdrangs. Durch das Prinzip gemeinsamer Erziehung wurde die Forderung nach einer Beachtung des Individuums ergänzt. Die pädagogische Orientierung an den Fähigkeiten und Bedürfnissen des Kindes bildete den Kern der neuen didaktischen Methoden. Dies stand im Gegensatz zu den traditionellen Maßstäben der Erwachsenenwelt, die bis dahin die Erziehung von Kindern und Jugendlichen bestimmte. (vgl. MBS 2011, S. „Reformpädagogik“) Die reformpädagogische Bewegung wirkte sich aufgrund der weitreichenden Neuerungen auch Aufgabenbereiche auf aus. die Erwachsenenbildung Gegen Ende des und Ersten sozialpädagogische Weltkriegs trug die Reformpädagogik aufgrund des starken Praxisbezugs zur Etablierung der Erziehungswissenschaft an den Universitäten bei, da sie eine breite Öffentlichkeit ansprach. Es finden sich viele verschiedene Strömungen bzw. praktische Gestaltungsvarianten, die auf einzelne Personen zurückzuführen sind, wie z. B. Maria Montessori. (vgl. MBS 2011, S. „Reformpädagogik“) Pädagogik und Didaktik 4 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 Allgemein kann Reformpädagogik als Bestreben definiert werden, die Methoden der Erziehung an den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Kinder zu orientieren und nicht an religiösen Vorschriften oder gesellschaftlichen Erfordernissen. Es sollen die Freiheit des Individuums und die Selbständigkeit im Mittelpunkt stehen. (vgl. RIEDL 2010, Station 1: „Begriff und Ausgangspunkt der Reformpädagogik“) Maria Montessori (1870 - 1952) zählte u. a. zu den wichtigsten Pionieren der Reformpädagogik, auf welche im Weiteren näher eingegangen wird. (vgl. MBS 2011, S. „Reformpädagogik“) 2 M ARIA M ONTESSORI – MONTESSORI-PÄDAGOGIK 2.1 ZUR PERSON MARIA MONTESSORI Maria Montessori wurde 1870 als einzige Tochter der Familie Montessori bei Ancona/Italien geboren. Nach der Pflichtschulzeit besuchte sie ein technischnaturwissenschaftliches Gymnasium, nach dessen Absolvierung sie es mit äußerstem Durchsetzungsvermögen schaffte, zum Medizin-Studium zugelassen zu werden. Sie promovierte 1896 als erste Frau Italiens im Bereich Medizin und wurde Ärztin. (vgl. WALK 2005, S. 72 und HASPEL 2009, S. „Maria Montessori“) Im Zuge ihrer Tätigkeit kam sie in Kontakt mit behinderten Kindern, was sie veranlasste sich mit Pädagogik zu beschäftigen. Schon bald stellten sich in der Versuchsschule Erfolge ein, weshalb sie sich weiterhin mit pädagogischen Fragen auseinandersetzte. Den Hauptteil ihres Lebens beschäftigte sie sich intensiv mit der Erziehung von Kindern: von 1896 – 1898 leitete sie das Heilpädagogische Institut in Rom und begann 1902 das Studium der Pädagogik, Anthropologie und Experimentalpsychologie. Sie habilitierte 1904 für Anthropologie und eröffnete am 7. Jänner 1907 das erste nach ihrer Pädagogik geführte Kinderhaus, das Casa dei Bambini in Rom. Diese Einrichtung sollte die Kinder der herumziehenden Arbeiterfamilien betreuen, damit sie ihre Zeit nicht auf der Straße verbringen. Aufgrund des Erfolges dieser neuen Art mit Kindern zu leben und zu arbeiten wurden in den zwei bis drei Jahren darauf in ganz Italien ähnliche Kinderhäuser errichtet. Wenige Jahre später entstand in Europa und Amerika eine eigene pädagogische Bewegung. (vgl. WALK 2005, S. 72 und HASPEL 2009, S. „Maria Montessori“ und RIEDL, Station 7: „Maria Montessori – Biographie“) Pädagogik und Didaktik 5 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 Schließlich zog sich Maria Montessori aus der direkten Arbeit mit Kindern zurück und gab ihren Beruf als Ärztin auf. Sie wollte sich ganz der Erforschung kindlicher Bedürfnisse und der Verbreitung ihrer Lehre widmen. Dazu bereiste sie viele Länder Europas, aber auch andere Kontinente. In den letzten Lebensjahren beschäftigte sie sich vordergründig mit der Friedenserziehung: sie war davon überzeugt, dass Kriege verhindert werden konnten, wenn das Bewusstsein der Menschen schon im Kindesalter vollkommen verändert würde – und dies wollte sie mit ihrer Methode erreichen. Insgesamt wurde sie zweimal für den Friedensnobelpreis nominiert. Maria Montessori starb 1952 mit 82 Jahren in den Niederlanden, wo sie ihren Lebensabend verbrachte. (vgl. HASPEL 2009, S. „Maria Montessori“ und RIEDL, Station 7: „Maria Montessori – Biographie“) 2.2 MONTESSORI-PÄDAGOGIK 2.2.1 KONZEPT Maria Montessori´s pädagogisches Konzept lautete: „Hilf mir, es selbst zu tun“ (vgl. MONTESSORI 1965). Damit orientiert sich dieses Bildungskonzept unmittelbar am Kind und seinen Bedürfnissen. In ihrer Pädagogik geht es darum, Kindern achtsam zu begegnen, sie in ihrer Persönlichkeit zu respektieren und auf ihrem Weg der Entwicklung hilfsbereit und liebevoll zu begleiten. Infolge sollen diese ihren Willen frei entwickeln können. Dazu wurde von Montessori die vorbereitete Umgebung geschaffen, in der sie nach ihren persönlichen Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnissen tätig werden können, da Tätigkeit die Voraussetzung für Lernen und Entwicklung ist. Freiarbeit ist dabei das Kernstück der Montessori-Pädagogik. Um selbständig denken und handeln sowie freie Entscheidungen treffen zu lernen benötigen Kinder Raum – zeitlich, genauso wie räumlich: einen Raum, in dem sich Kinder wohl fühlen, der auch zum Arbeiten und Lernen einlädt und zugleich Werkstatt ist. Maria Montessori wollte dem Kind jenen Freiraum gewähren, der es ihm ermöglicht, zu eigenverantwortlichen und selbstbewussten Persönlichkeiten heranzureifen; dazu soll das Kind geführt werden, indem der Erwachsene es freilässt. Diese Freiheit macht soziales Zusammenleben erst möglich, weil sie Pädagogik und Didaktik 6 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 innerhalb klarer Rahmenbedingungen stattfindet und nicht unbegrenzt ist. Es war eines der Ziele von Montessori, dass Kinder Verantwortung für die eigenen Handlungen übernehmen, Selbstdisziplin entwickeln sowie die eigenen Bedürfnisse und jener der anderen erkennen und auch respektieren lernen; das Kind sollte „Meister seiner selbst“ (vgl. MONTESSORI 1965) sein. (vgl. HASPEL 2009, S. „Montessori–Pädagogik“ und RIEDL, Station 8: „Maria Montessoris pädagogisches Konzept: ‚Hilf mir, es selbst zu tun‘/Die vorbereitete Umgebung“) 2.2.2 VORBEREITETE UMGEBUNG In der vorbereiteten Umgebung, in der Kinder für ihre Entwicklung – im Rahmen der Freiarbeit - selbsttätig sorgen können, entscheiden Kinder selbst, welche didaktischen Angebote im Zusammenhang mit Lernen, Arbeiten und Spielen sie annehmen. Sie entscheiden selbst, mit wem sie zusammenarbeiten, wie lange sie arbeiten und wo sie ihren Arbeitsplatz einrichten. Dazu gibt es Hilfestellung durch Erwachsene, wo sie nötig ist, oder die Kinder sprechen sich untereinander ab; die sozialen Prozesse zur Regelung der Freiarbeit sind damit integrativer Bestandteil der Entwicklungsarbeit. Die genaue Beobachtung des Kindes sowie das Erkennen bzw. Kennen der sensiblen Phasen ist Voraussetzung für die Angebote in der vorbereiteten Umgebung, da diese sich an den Interessen und Bedürfnissen der Kinder orientiert. Sensible Phasen sind abgegrenzte und oftmals nicht mehr wiederkehrende Zeiträume, in denen das Kind für jene Eindrücke besonders aufnahmebereit ist, die einen ganz bestimmten Entwicklungsschritt erleichtern bzw. ermöglichen. In diesen Phasen können Lernschritte spielerisch und leicht erfolgen. Sensible Phasen werden als Lernchance gesehen; Kinder werden in diesen Zeiträumen daher von Montessori-Pädagoginnen optimal unterstützt. (vgl. WALK 2005, S. 72 – 74 und HASPEL 2009, S. „Montessori–Pädagogik“ und RIEDL, Station 8: „Maria Montessoris pädagogisches Konzept: ‚Hilf mir, es selbst zu tun‘/Die vorbereitete Umgebung“) 2.2.3 ROLLE DES LEHRPERSONALS UND INTEGRATION Neben den didaktischen Lernangeboten der vorbereiteten Umgebung spielt aber auch der Erwachsene, der das Kind auf seinem Entwicklungsweg begleitet sowie Pädagogik und Didaktik 7 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 die emotionale und soziale Einbettung eine Rolle. Der Erwachsene hat die äußerst schwierige Aufgabe, einerseits dem Kind dort zu helfen, wo es Hilfe braucht; andererseits dem Kind aber genügend Zeit und Gelegenheit zur Selbsttätigkeit zu lassen. Der eigene Lernprozess des Kindes und seine Freude daran, es allein geschafft zu haben, sollen erhalten bleiben. Die Herausforderung des erwachsenen Begleiters ist es, sich selbst zurück zu nehmen, sowie das Kind in seinem Prozess der Entwicklung verlässlich und liebevoll zu begleiten. Aufgabe der Montessori-Lehrer ist die Pflege der vorbereiteten Umgebung, die Erklärung des Gebrauchs der Materialien sowie die Beobachtung der Kinder. Zudem versteht sich das Lehrpersonal als Helfer bei der Entwicklung selbständiger Persönlichkeiten und zeichnet sich durch Flexibilität aus. (vgl. HASPEL 2009, S. „Montessori–Pädagogik“ und RIEDL, Station 8: „Maria Montessoris pädagogisches Konzept: ‚Hilf mir, es selbst zu tun‘/Die vorbereitete Umgebung“) Montessori-Pädagogik eignet sich für jegliche Art von Integration, weil mit diesen didaktischen Methoden kreative, kognitive, senso-motorische und sozial- emotionale Bereiche gleichermaßen gefördert werden. Mit der differenzierenden Methode dieser Pädagogik ist ein gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten von unterschiedlichen Entwicklungsstand Kindern oder bezüglich Alter, Herkunft, Behinderung/Nicht-Behinderung sowie Begabung, Interessen, Erfahrungen, Vorlieben, Abneigungen möglich und sogar eine natürliche Situation, von der alle Kinder profitieren. Das Kind kann auf die Hilfe anderer zählen, aber auch das erworbene Können und Wissen auf einer anderen Ebene nochmals selbst erproben. In jedem Entwicklungsraum sind drei Jahrgänge (altersgemischte Klassen) zusammengefasst, in welchem jüngere von älteren Kindern und umgekehrt lernen können. Verantwortung und soziale Kompetenz werden gefördert, indem ältere Kinder für jüngere Verantwortung übernehmen. (vgl. HASPEL 2009, S. „Montessori–Pädagogik“ und RIEDL, Station 8: „Maria Montessori´s pädagogisches Konzept: ‚Hilf mir, es selbst zu tun‘/Die vorbereitete Umgebung“) 2.2.4 MONTESSORI -MATERIAL Maria Montessori hat als Grundlage für die Entwicklungsarbeit der Kinder durch Beobachtung und Arbeit mit ihnen eigene didaktische Materialien erdacht bzw. Pädagogik und Didaktik 8 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 weiter entwickelt, welche die methodische Grundlage der Montessori-Pädagogik bilden. Diese Entwicklungsmaterialien haben unterschiedliche Aufgaben: - Übungen des praktischen Lebens: das Kind lernt, von der Hilfe durch andere Schritt für Schritt unabhängig zu werden sowie für sich selbst und die Umgebung sorgen zu können. Es lernt, seine Auge-Hand-Koordination und Motorik zu beherrschen und zu verfeinern. Dies befähigt das Kind, jüngeren oder schwächeren Kindern zu helfen, was wiederum der Unterstützung für die Entwicklung des Selbstvertrauens und dem sozialen Lernen dient. - Sinnesmaterialien: diese dienen dazu, dem Kind bei der Ausdifferenzierung seiner Sicht der Realität, bei der Verfeinerung seiner Sinneswahrnehmung und beim Aufbau der inneren Strukturen zu helfen. - Didaktische Materialien: diese gibt es zu Sprache und Schrift sowie Mathematik und ermöglichen dem Kind, abstrakte Lerninhalte über die Tätigkeit mit konkretem Material zu begreifen. Ganzheitliches, Kind gerechtes Lernen wird möglich gemacht, da Strukturen sicht-, fühl- und erlebbar gemacht werden und konkrete Handlungen in den Kindern angepassten Schritten in den abstrakten Bereich übergeführt werden. - Kosmische Erziehung: dem Kind werden durch Staunen über entdeckendes und experimentelles Lernen sowie beobachtbare Phänomene vielfältige Möglichkeiten geboten, zu Erkenntnissen in naturwissenschaftlichen Bereichen zu gelangen. Dadurch soll u.a. auch der Grundstein für die Ökologie- sowie die Friedenserziehung gelegt werden. Jedes dieser Materialen ist so beschaffen, dass Kinder über direkte oder indirekte Fehlerkontrolle eigenständig Lösungswege finden können Kinder lernen laut Montessori-Pädagogik in Freiarbeit; innerhalb dieses Rahmens ist es dem Kind möglich, sich in seinem individuellen Tempo nach seinen persönlichen Fähigkeiten zu entwickeln. Dies ist notwendig, damit das Kind auf gefestigten Grundlagen seinen nächsten Entwicklungsschritt setzen kann. In einer entspannten und liebevollen Umgebung können Kinder Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, zu Erwachsenen und anderen Kindern entwickeln. (vgl. HASPEL 2009, S. „Montessori–Pädagogik“ und RIEDL, Station 8: „Maria Montessori´s pädagogisches Konzept: ‚Hilf mir, es selbst zu tun‘/Die vorbereitete Umgebung“) Pädagogik und Didaktik 9 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 2.2.5 ZIEL DER MONTESSORI -PÄDAGOGIK Ziel der Montessori-Pädagogik verantwortungsbewusste, selbständige, ist die individuelle, entscheidungsfähige- und soziale, -freudige Persönlichkeit, die sich in einer entspannten Atmosphäre optimal entwickeln kann. Das Kind – und auch die Erwachsenen – sollen sich wohl fühlen. (vgl. HASPEL 2009, S. „Montessori–Pädagogik“) 2.3 RESUMÉE Maria Montessori widmete ihr Leben der Begleitung von Kindern, indem sie die Erfahrungen, die sie in der Arbeit mit Kindern von Anfang an sammelte, in ihrer pädagogischen Theorie verarbeitete. Ihr großes Anliegen war die Ökologie- und Friedenserziehung, die sie mit ihrer neuen Art von Pädagogik und den entsprechenden didaktischen Materialien unterstützte. Nach Aussage von Maria Montessori stehen das Kind und seine Persönlichkeit im Mittelpunkt. Für eine adäquate didaktische Begleitung von Kindern ist die vorbereitete Umgebung sowie die gut durchdachten Montessori-Materialien (Übungen des praktischen Lebens, Sinnesmaterialien, didaktische Materialien und Materialien für die kosmische Erziehung) sowie gut ausgebildete Pädagoginnen, die sich auch zurücknehmen können, wichtig und notwendig. Das Kind soll Raum und Zeit für Selbsttätigkeit bekommen, um seine individuellen sensiblen Phasen optimal für seine Ausbildung nutzen zu können. Maria Montessori hat mit ihrer Pädagogik Generationen von Menschen geprägt und diese Pädagogik wirkt bis in die heutige Zeit. Pädagogik und Didaktik 10 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 3 INGRID SCHLÖGEL – NATÜRLICHE P ÄDAGOGIK 3.1 ZUR PERSON INGRID SCHLÖGEL Ingrid Schlögel kam 1958 in Wiener Neustadt/Österreich zur Welt, besuchte dort die Pflichtschule und absolvierte die Matura im Neusprachlichen Gymnasium. Auf der Pädagogischen Akademie ließ sie sich in den Fächern Mathematik, Geschichte und Sozialkunde und den Schwerpunktfächern Pädagogische Psychologie und Religionspädagogik zur Hauptschullehrerin ausbilden. Bevor Sie ihre Theorie der Natürlichen Pädagogik entwickelte, unterrichtete sie als Hauptschullehrerin Mathematik, Geschichte und Sozialkunde in Wien; sie engagierte sich bei der Entwicklung des Projekts Fremdsprachenhauptschule und absolvierte die Ausbildung zur Sonderschullehrerin. Des Weiteren war sie als sozialpsychologische und pädagogische Beraterin und als Sondererziehungsbzw. Beratungslehrerin im Schulbereich tätig. Ein Studium der Psychologie bzw. Sonder- und Heilpädagogik beendete sie nicht, da sie bereits zu diesem Zeitpunkt ihren Fokus auf ihr neues Konzept zu legen begonnen hatte. Zusätzlich besuchte sie Weiterbildungen im Gesundheitsbereich, Yoga, Tanz und Bewegungstraining, im Gesangsbereich sowie viele verschiedene Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung. Diese verschiedenen Ausbildungsformen flossen in Folge in ihr Konzept der Natürlichen Pädagogik ein. Ingrid Schlögel war auch als Referentin an Volkshochschulen, beim Österreichischen Gewerkschaftsbund und am Pädagogischen Institut tätig. In der Kinder- und Jugendarbeit war sie maßgeblich am Projekt zum Aufbau, Leitung, Supervision und Dokumentation von verschiedenen innovativen Projekten, wie „Werkstatt Soziale Gesundheit“ in Zusammenarbeit mit der Universität Wien/Dozent Dr. Eder und der WHO beteiligt. 1995 zog sie nach Oberammergau in Oberbayern; dort widmete sie sich den Projekten Waldkindergarten, Waldkreativzeit, NatUrspielgruppen Talentewerkstatt. Sie entwicklte für auch (Vor)Schulkinder, die Fortbildung "Herzensräume" und ist gemeinsam mit Stefan Diepold Mitbegründerin der Naturund Wildnis-Schule Eichelhäher in Niedersachsen bzw. Nordrhein/Westphalen in Deutschland. Seit dem Jahr 2000 führt Ingrid Schlögel eine Beratungspraxis und Pädagogik und Didaktik 11 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 hält als selbständige Pädagogin Seminare zum persönlichen Wachstum und zur Bewusstseinsbildung für alle Altersstufen ab. Ihr persönlicher Weg war und ist geprägt von ihrem tiefen Interesse am Geheimnis des Mensch-Seins, wodurch die Vielfalt und eine ganzheitliche Sicht auf das Leben entstanden. Sie hat gelernt, unbedingt auf die Stimme ihres Herzens zu hören und ihr zu folgen. Ingrid Schlögel lebt und arbeitet in München. (vgl. SCHLÖGEL, 2010, S. „Persönliches über mich“) 3.2 NATÜRLICHE PÄDAGOGIK 3.2.1 KONZEPT Das Konzept der Natürlichen Pädagogik, wie sie von Ingrid Schlögel geprägt wurde, ist eine Weiterentwicklung in der Pädagogik in Bezug auf die Wahrnehmung der Bedürfnisse bzw. Erfordernisse der heutigen Zeit. Ihr Konzept postuliert, dass der Mensch natürlich ist, wenn die üblichen Anforderungen und Erwartungen von außen weggelassen werden. Der Mensch ist, wie er ist, wenn er es sich erlaubt, von sich nicht mehr zu viel zu fordern oder etwas erreichen zu wollen; der Mensch muss nicht anders sein als er ist. Und der Mensch muss nach Meinung von Ingrid Schlögel nicht woanders hin: die Natur des Menschen, das natürliche Sein ist als Potenzial schon immer da. Wegen der grundlegenden, nicht nur gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte ist der Mensch nach Ansicht Ingrid Schlögels gezwungen, die bestehenden Systeme, Institutionen, Werte etc. zu überdenken. Dadurch kommt es zu Unsicherheit, die sich auch auf die Kinder auswirkt: es wird auf die Kinder in Kindergarten und Schule, aber auch auf Kindergartenpädagogen, Lehrer etc. aus Sorge um eine gute Ausbildung und Berufschancen, großer Druck ausgeübt. Es wird noch mehr Gewicht auf das Funktionieren des Menschen, seine intellektuellen Fähigkeiten und die Ansammlung unzusammenhängenden Wissens sowie das Training des linearen Denkens gelegt. (vgl. SCHLÖGEL 2010, S. 31 – 35) Im Konzept Schlögels nimmt die Natur eine zentrale didaktische Bedeutung ein: durch sie lernen die sich in ihr bewegenden Kinder, dass jeder Mensch im Leben seinen Platz und seine Aufgabe hat. Draußen in der Natur erfahren die Kinder, Pädagogik und Didaktik 12 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 dass alles, was der Mensch wirklich braucht, genügend vorhanden ist – sie erfahren, dass ihr Glück nicht von käuflichen Dingen, von Konsum, abhängig ist, sondern dass Zufriedenheit aus dem Inneren kommt. Die Kinder können in der Natur nach Ansicht von Ingrid Schlögel auch lernen, anzunehmen, was nicht zu ändern ist und immer das Beste daraus zu machen, und Unerwünschtes auch als Chance zu sehen. Die jungen Menschen erkennen dort auch, dass ihr Tun oder Unterlassen Konsequenzen hat, z. B., wenn sie in eine Wasserpfütze steigen werden sie nass, was sich kalt und auch unangenehm anfühlt. Schlögel vertritt die Meinung, dass Kinder in der Natur Materialien zum Spielen und Gestalten, das nicht vorgefertigt ist, finden und Kinder mit wenigen Werkzeugen und mit Hilfe ihrer Phantasie vieles herstellen können. Das vielgestaltige Material ist zudem eine Bereicherung für die sensorische Entwicklung. Der Aufenthalt in der Natur führt bei jungen Menschen auch dazu, dass der Zusammenhalt in der Gruppe gestärkt wird; es gibt nur mehr natürliche Autoritäten und alle Menschen, die sich dort bewegen, sind auf bestimmte Weise aufeinander angewiesen. Der Aufenthalt in der Natur habe mitunter auch heilpädagogische Wirkung auf Kinder. (vgl. SCHLÖGEL 2010, S. 42 - 50) 3.2.2 GRUNDLAGEN 3.2.2.1 Waldkindergarten Waldkindergärten finden ausschließlich im Freien statt und geben dem freien Spiel mit Naturmaterial großen Raum. Jeder einzelne derartige Kindergarten wird laut Schlögel mehr als jeder andere von verschiedenen Faktoren, wie handelnde Persönlichkeiten, lokale Gegebenheiten etc. geprägt. In siebenjähriger Tätigkeit sammelte Ingrid Schlögel durch die Arbeit mit Kindern und deren Eltern Erfahrungen und entwickelte ihre Theorie: Sie ging von den Grundbedürfnissen der Kinder aus, ohne Beachtung der theoretischen Ideen. Dazu zählen ihrer Ansicht, dass Kinder der eigenen Energie folgen können, dass sich die Kinder sicher fühlen, dass sie sein dürfen, wie sie sind, dass sie sich selbst ausdrücken dürfen und dass sie gesehen und gehört werden. Nach Meinung von Ingrid Schlögel kann sich ein Kind erst der Eroberung der Welt zuwenden, wenn diese Grundbedürfnisse erfüllt sind. Sie behauptet, dass der Pädagogik und Didaktik 13 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 Mensch einen ganz natürlichen Drang hat, sein Potenzial weiter zu entwickeln, dass er alles lernen will, was er braucht und immer weiter wachsen will, um Meister seines Lebens zu werden. Laut Schlögel endet dieses Entwickeln nicht mit dem Erwachsen-Sein, sondern geht bis ans Lebensende. Spiel ist die Art des Kindes, sich seine Welt zu erobern – daher legt Ingrid Schlögel in ihrem Waldkindergarten Wert auf das Freispiel und die freiwillige Teilnahme an den wenigen didaktischen Angeboten. Dadurch kann sich die individuelle Eigenart der Kinder entwickeln und sie erreichen ausgesprochen differenzierte soziale Fähigkeiten, Koordinationsfähigkeiten, wie in ihrem Alter kaum üblich, sowie ein ausgeprägtes Körpergefühl. Diese Kinder wirken laut Schlögel selbstbewusster, reifer, selbständiger und kennen keine Langeweile, da sie immer Ideen haben, und Freundschaften gepflegt werden. Schlögel bemerkt, dass die Kinder dadurch zwar nicht unmittelbar intellektuell klüger werden, aber ihre sozialen und emotionalen Fähigkeiten, die bei vielen Kindern und Jugendlichen kaum noch oder nur in geringem Maße zu finden sind, sind ausgesprochen gut ausgeprägt. Anliegen dieses Waldkindergartens ist es, die Fähigkeiten, die für die Bewältigung des Lebens wichtig sind, zu fördern. Dazu zählen Fähigkeiten aus der emotionalen Intelligenz, wie Disziplin, Verantwortung, Initiative, Motivation, Selbstvertrauen, Fürsorge, Ausdauer, Teamgeist, Problemlösungsfähigkeiten, Konzentration und auch gesunder Menschenverstand. Die Kindergartenzeit ist die Zeit des sozialen und emotionalen Lernens. Sie lernen die Regeln, Grenzen und Strategien menschlichen Zusammenlebens kennen. Schlögels Ansatz ist, dass dies die Zeit der Persönlichkeitsbildung und nicht die der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt ist. Kinder sollen in dieser Zeit in emotionaler, sozialer, körperlicher, mentaler und auch spiritueller (Fragen bezüglich Leben und Sterben, Gott) Hinsicht gefördert werden. In diesem Zusammenhang ist eine intensive Zusammenarbeit mit den Eltern unabdingbar. (vgl. SCHLÖGEL 2010, S. 50 – 54) 3.2.2.2 NatUrspielgruppen Diese Art von Gruppe entwickelte Schlögel für Schulkinder, um diesen auch nach der Waldkindergartenzeit die Möglichkeit zu bieten, den Kontakt zur Natur und Pädagogik und Didaktik 14 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 diese Art von Gemeinschaft zu pflegen. Die Kinder sollen sich ihre Kreativität erhalten, auch weiter ausbauen und diese entspannte, kraftvolle Zeit weiter genießen können um sie sich bis ins Erwachsenenalter beibehalten zu können. Im Zuge dessen rief Ingrid Schlögel Nachmittagsgruppen – die sogenannte „Werkstatt soziale Intelligenz“ ins Leben, da sie in Volksschulen bei etlichen Kindern große Defizite im Sozialverhalten feststellte, die nicht gelernt hatten, mit sich und anderen umzugehen. Emotionale Ausdrucksfähigkeit und Strategien der Konfliktlösung standen dabei im Mittelpunkt. Als Ort wählte Ingrid Schlögel den Wald, wo die Kinder frei spielen und sie diese didaktisch unterstützend begleiten konnten. Dieses freie Spiel, auch Urspiel, ist das Spiel der Kinder mit Naturmaterialien, hat eine heilpädagogische Komponente und fördert den natürlichen Entwicklungsprozess – die Kinder können nachreifen, ihre Defizite können ausgeglichen werden. Kindern wird hier durch Schlögels Ansatz die Möglichkeit geboten, einen Ausgleich zum Leistungsdruck in der Schule zu finden, aufzutanken, zu entspannen, Luft zu holen, Ideen umzusetzen, Freundschaften zu pflegen, was Schönes zu erleben und Spaß dabei zu haben sowie Freude zu empfinden. Die Gruppe bietet eine Auszeit von allen Anforderungen, noch mehr geben zu müssen. (vgl. SCHLÖGEL 2010, S. 55 – 56) 3.2.2.3 Waldkreativzeit Diese entwickelte Schlögel ebenfalls für Schulkinder und gemeinsam mit dem Handwerker und Bogenbauer Ernst Bierling. Die Gruppe bleibt einen ganzen Tag in der Natur, manchmal auch mit Übernachtung. Im Unterschied zur NatUrspielgruppe bleiben die Kinder den ganzen Tag oder länger zusammen, es werden Tätigkeiten aus der Urzeit (Feuer bzw. Feuerholz machen) durchgeführt oder ganz alltägliche Dinge (gemeinsam kochen, essen, aufräumen), je nach Alter und freiwillig. Diese Zeit wird nach Aussage Schlögels besonders intensiv genutzt: jedes Kind kann sich als wesentlicher Teil des Ganzen fühlen, bekommt Wertschätzung und übernimmt Verantwortung. Die Erwachsenen setzen kreative Angebote, die die Kinder freiwillig annehmen können. Themen für diese Gruppe können sein: Baumgesichter, Blattkunstwerke, Höhlenabenteuer, Entdecken und Pädagogik und Didaktik 15 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 Erfinden, Malen mit Händen und Füssen etc. Absicht dieses Angebots ist, den Kindern vielfältige, kreative Tätigkeiten zu zeigen, bei welchen sie Werkzeuge und Materialien und deren Handhabung kennen lernen können. Über diese handwerklichen Tätigkeiten erwerben die Kinder praktische Kompetenzen, die deren Selbstwert abseits von schulischen Leistungen stärken. Da die Aufgaben ohne Druck und Zwang ausgeübt werden, bleibt laut Schlögel die freudvolle und spielerische Stimmung erhalten und die Kinder zeigen dabei Ausdauer. Kinder sollen in dieser Gruppe in Ruhe ausprobieren können, wo ihre Stärken und Interessen liegen. Sie lernen, dass jeder Mensch gleich wichtig ist, dass jeder seinen Platz im Leben hat; dass das, was jeder herstellt, schön ist, weil es ihm gefällt – was die anderen sagen, ist nach Meinung von Schlögel nicht wichtig. Die Kinder lernen auch, dass die Gemeinschaft auf Zusammenhalt und Zusammenarbeit, auf Ideen- und Gedankenaustausch angewiesen ist und dass es mehr Spaß macht, wenn man etwas gemeinsam herstellt/unternimmt. (vgl. SCHLÖGEL 2010, S. 56 – 58) 3.2.2.4 Talentewerkstatt Diese wird mit Hauptschulkindern in Räumen ausgeführt, wobei die Betonung der Arbeit nach dem Konzept Schlögels auf der freien Kreativität liegt. Es werden den Kindern bzw. Jugendlichen Materialien zur Verfügung gestellt, aus welchen diese etwas herstellen – aus dem didaktischen Blickwinkel ist nicht das Ergebnis wichtig, sondern der Prozess und die Erfahrung. Ein besonders geeignetes Material für diese Arbeit ist z. B. Ton, mit dem alle möglichen Arten von Bearbeitung (klopfen, schlagen, kneten etc.) durchgeführt werden können. Diese Art von freier Kreativität trägt nach Schlögel dazu bei, dass die eigene Individualität bzw. Originalität ausgebildet wird – das Produkt aus der Arbeit kann und soll nicht bewertet werden. Die jungen Menschen finden dadurch ganz eigene Wege, die ihnen auch im späteren Berufsleben zugutekommen. Die Basis für Selbsterkenntnis ist der kreative Selbstausdruck – dies fordert Mut, sich zu zeigen und zu erfahren, dass ein Mensch nicht wie der andere ist. Diese Erkenntnis soll in einem wertschätzenden und akzeptierenden Umfeld möglich sein. Ingrid Schlögel postuliert, dass Kinder und Jugendliche in dieser Werkstatt die Erfahrung machen können, dass jeder von ihnen ein unerschöpfliches Gestaltungspotenzial in sich Pädagogik und Didaktik 16 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 trägt, das das Gefühl des eigenen Wertes verändert. (vgl. SCHLÖGEL 2010, S. 58 – 61) 3.2.3 ZIEL Ingrid Schlögel definiert in ihrem Konzept der Natürlichen Pädagogik das Lebensglück als Ziel für alle Kinder: die Menschen sollen wieder lernen glücklich zu sein und Freude empfinden können, sich die Welt erobern, sich kennen lernen, sich selbst bewusst werden und sein und in sich ruhen können, mit Freude lernen. Junge Menschen kommen nach Meinung Schlögels über diese Art von Pädagogik zu lebenspraktischem Wissen, das sie täglich auch anwenden können; sie sollen ihre Talente erfahren und v.a. auch wieder den sozialen Umgang miteinander lernen. Letztlich sollen Kinder und Jugendliche Vertrauen in sich und das Leben haben sowie Wertschätzung für sich und das Anders-Sein anderer haben und lernen, mit Grenzen und Freiheit umzugehen. (vgl. SCHLÖGEL 2010, S. 61 - 63) 3.3 RESUMÉE Die Idee bzw. das Konzept von Ingrid Schlögel ist auch an jenes von Maria Montessori angelehnt; sie geht noch einen Schritt weiter, indem sie den Kindern keine vorgefertigten didaktischen Materialien zur Verfügung stellt. Vielmehr überlässt sie es den Kindern, sich in der Natur frei zu bewegen und aus ihr jenes Material zu nehmen, das sie für ihre Kreativität benötigen. Sie bezieht auch die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen mit ein, besonders in Bezug darauf, dass Kinder von ihren Eltern kaum noch den Umgang mit sich und anderen Menschen lernen. In Kindergarten und Schule sind die Lehrer überfordert – sie können nicht die Erziehung der Kinder übernehmen. In ihren Gruppen erfahren die jungen Menschen, was Liebe und Verbundenheit zur Natur bedeutet, sie lernen, wie man Gemeinschaft lebt – und profitieren nach Meinung Schlögels davon ihr gesamtes Erwachsenenalter hindurch. In einer Zeit, in der Leistungsdruck schon auf die Kinder im Kindergartenalter ausgeübt wird, ist das ein begrüßenswertes Konzept auf Rückbesinnung: Kinder dieses Alters sollen nicht schon auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden – sie sollen diese Zeit zur Entwicklung ihrer sozialen und emotionalen Kompetenzen nutzen dürfen. Pädagogik und Didaktik 17 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 4 SCHLUSSBEMERKUNG Die Reformpädagogik entwickelte sich zurückgehend auf die Vorstellungen Rousseaus Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts, der für freie Entwicklung der Persönlichkeit jedes Menschen stand. Diese neue Bewegung stellte den Menschen, seine Fähigkeiten und seine Bedürfnisse als den entscheidenden Punkt in den Vordergrund. Die neue Pädagogik forderte, dass die Ausbildung künstlerisch-musische Aspekte enthält, sowie dass der natürliche Bewegungsdrang und die selbständige Aufgabenerarbeitung gefördert werden. Maria Montessori ist eine der bedeutendsten Reformpädagoginnen, deren Konzept noch bis in die heutige Zeit hinein Gültigkeit besitzt. Sie postulierte: „Hilf mir, es selbst zu tun“ und meinte damit, dass der Erwachsene das Kind dann unterstützen soll, wenn es um Hilfe bittet und nicht voreilig in die Tätigkeit eingreift. In der vorbereiteten Umgebung soll das Kind sich entfalten bzw. schaffen können, ohne auf die Unterstützung durch Erwachsene angewiesen zu sein. Die Montessori-Materialien, wie zB das Sinnesmaterial, oder didaktisches Material dienen der Entwicklung des Kindes in der jeweiligen sensiblen Phase, das von den Pädagoginnen angeboten und vom Kind eigenständig durchgeführt wird. Die Rolle des Lehrpersonals beschränkt sich im Wesentlichen auf Beobachtung der Kinder sowie Angebote setzen. Ziel dieser Pädagogik ist laut Maria Montessori die Erziehung des Menschen zum Frieden, was dadurch erreicht wird, dass die Persönlichkeit schon jedes Kindes respektiert wird. Ingrid Schlögel ist eine Reformpädagogin der jüngsten Zeit; ihr Konzept der Natürlichen Pädagogik ist an jenes von Maria Montessori angelehnt: die von ihr gegründeten Gruppen, wie Waldkindergarten (für die jüngsten Kinder), NatUrspielgruppe und Waldkreativzeit (für Schulkinder) sowie die Talentewerkstatt haben es sich zum Ziel gesetzt, den Kindern die sozialen Regeln der Gesellschaft zu vermitteln und sie nicht nur als zukünftige Arbeitskräfte auf die Leistungsgesellschaft vorzubereiten. Die Kinder sollen sich in der Natur frei bewegen und ihre Kreativität ausleben dürfen; sie sollen viel Zeit miteinander verbringen dürfen und auf diese Weise den Umgang miteinander im Alltag lernen. Ziel dieser Pädagogik ist es, das Glück des Menschen wieder zu finden bzw. zu erhalten, indem sich jedes Kind so entwickeln darf, wie es ihm entspricht. Pädagogik und Didaktik 18 Mag. Irene Buchberger-Vilanek/KfB7/2. Semester/April 2011 5 LITERATURVERZEICHNIS HASPEL, Saskia und SALVENMOSER, Christiane (2009): Montessori-Zentrum Wien. Maria Montessori. Wien. URL: http://montessori.at/home/maria-montessori.xhtml [Stand 10. März 2011] DEUTSCHES HISTORISCHES MUSEUM (MBS): URL: http://www.dhm.de/lemo/html/kaiserreich/alltagsleben/paedagogik/index.html [Stand 10. März 2011] MONTESSORI, Maria (1965): Grundlagen meiner Pädagogik und weitere Aufsätze zur Anthropologie und Didaktik. In: Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim. Wiebelsheim 2009, 10. Auflage RIEDL, Alfred (2010): Lernzirkel „Reformpädagogik“. Seminareinheit „Didaktik der beruflichen Bildung“. Lehrstuhl für Pädagogik TU München. URL: http://www.lrz.de/~riedlpublikationen/pdf/lzreformpaedagogik.pdf [Stand 10. März 2011] SCHLÖGEL, Ingrid (2010): Natürliche Pädagogik. Mit den Kindern von heute in Liebe wachsen. In: Param Verlag. Ahlerstedt SCHLÖGEL, Ingrid: „Persönliches über mich“. Herzenswege. URL: http://www.ingrid-schloegel.de/persoenliches-ueber-mich [Stand 13. März 2011] WALK, Anneliese (20056): Das Konzept der Montessori-Pädagogik. In: Verlag der Fachzeitschrift Unsere Kinder. Methoden des Kindergartens 2. Linz: Entwicklungsraum Kindergarten, S. 72 – 74. Pädagogik und Didaktik 19