Regierungsrat 19. August 2015 15.93 Interpellation Barbara

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REGIERUNGSRAT
19. August 2015
15.93
Interpellation Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg, vom 19. Mai 2015 betreffend Grünund Freiräume sowie Siedlungsökologie; Beantwortung
I.
Text und Begründung der Interpellation wurden den Mitgliedern des Grossen Rats unmittelbar nach
der Einreichung zugestellt.
II.
Der Regierungsrat antwortet wie folgt:
Vorbemerkungen
Die siedlungsinternen Grün- und Freiräume sind unbestrittenermassen ein wichtiges Anliegen und
verdienen im Zug der aktuell forcierten Siedlungsentwicklung nach innen noch mehr Bedeutung als
bisher. Dies aus zwei Gründen: Dichte – also mehr Menschen pro Fläche – schaffen ein gutes
Potenzial für Begegnung und damit für eine lebendige Gemeinde. Damit die Begegnungen auch
stattfinden können, braucht es Plätze und Pärke als Begegnungsräume sowie Strassenräume, die in
den Zentren ein gutes Queren und einen sicheren Aufenthalt von Menschen und gleichzeitig die
verkehrlichen Funktionen ermöglichen. Im Rahmen der Innenentwicklung werden Wiesen und
Baulücken überbaut und das Angebot an Freiflächen reduziert. Deshalb sind hochwertige Freiräume
besonders bei Massnahmen der Innenentwicklung zu bewahren, aufzuwerten oder neu zu schaffen.
So kann der kompakte Siedlungskörper durch diese ergänzt und qualitativ verbessert werden. Dies
dient auch der Förderung eines guten sozialen Klimas in einer Gemeinde oder in einem Quartier.
Wichtig sind dabei massgeschneiderte, auf das konkrete Umfeld abgestimmte Freiräume.
Dem in diesem Zusammenhang häufig geäusserten Unbehagen der Bevölkerung, die sich mit dem
Schwinden bisher unüberbauter Flächen und Grünräume konfrontiert sieht, kann begegnet werden,
indem insbesondere der öffentliche Raum gut gestaltet, nutzbar und aufgewertet wird. Aber auch
Private, die beispielsweise Arealüberbauungen realisieren, haben hochwertige Grün- und Freiräume
in der Siedlung sicherzustellen. Dies dient nicht nur der Siedlungsökologie, sondern auch der
Wohnqualität.
Im Weiteren ist zu differenzieren zwischen verschiedensten Arten von Freiräumen: Es gibt grüne,
naturnahe Freiräume wie zum Beispiel Allmenden und Pärke oder auch urbanere, grösstenteils
versiegelte wie zum Beispiel Plätze und Strassenräume. Als Freiräume gelten auch reine Erholungsoder Sportanlagen wie zum Beispiel Spiel- und Fussballplätze. Vorliegend kann nur beschränkt auf
die einzelnen Arten von Freiräumen eingegangen werden.
Zur Frage 1
"In welchen Erlassen sind auf Bundes- und Kantonsebene Bestimmungen und Zielvorgaben
betreffend Grünräume und Grünraumentwicklung enthalten?"
Je nach Definition des Grünraums finden sich mehr oder weniger rechtliche Bestimmungen und
Zielvorgaben. Nachfolgend wird unterschieden zwischen Bestimmungen, die den Grünraum als
Erholungsraum (Grünflächen im Siedlungsgebiet) betreffen, und solchen, die für Grünräume mit
(zusätzlichen) Schutzfunktion (Artenschutz, Biotopschutz, ökologischer Ausgleich, Naturschutz)
relevant sind. Diese können innerhalb und ausserhalb des Siedlungsgebiets liegen.
In folgenden Erlassen finden sich Bestimmungen und Zielvorgaben betreffend Grünräume und
Grünraumentwicklung:
A. Bestimmungen für Grünräume "ohne" Schutzfunktion
Bundesrecht
• Art. 1, 3 und 17 Bundesgesetz über die Raumentwicklung (Raumentwicklungsgesetz, REG)
Kantonales Recht
• §§ 8, 13 Abs. 2bis, 15 Abs. 2, 21, 40, 40a und 54 Gesetz über Raumentwicklung und Bauwesen
(Baugesetz, BauG)
• §§ 1 Abs. 1 lit. e, 4 Abs. 1 lit. d, 8, 9 und 39 Abs. 2 lit. f., Ziffer 8.5 Anhang 1 Verordnung zum
Baugesetz (Bauverordnung, BauV)
B. Bestimmungen für Grünräume "mit" Schutzfunktion
Bundesrecht
• Art.18–18c Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (Natur- und Heimatschutzgesetz,
NHG)
• §§ 8–12 Verordnung über den Schutz der einheimischen Pflanzen- und Tierwelt und ihrer
Lebensräume (Naturschutzverordnung, NSV)
• Art. 1 und 7 Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel
(Jagdgesetz, JSG) vom 20. Juni 1986 (Stand am 1. Januar 2014)
Kantonales Recht
• §§ 1–8 Natur und Landschaftsschutzdekret (NLD)
• Insbesondere §§ 1 und 18 Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz
wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz des Kantons Aargau, AJSG)
• § 40a BauG (Ökologischer Ausgleich)
Zusätzlich finden sich in folgenden Kapiteln des kantonalen Richtplans Vorgaben
(behördenverbindlich) zu den Grünräumen/Erholungsräumen: S 1.1, S 1.4, S 2.1, L 1.1, L 2
(insbesondere L 2.1, L 2.7), L 4.3.
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Zur Frage 2
"Welche Vorgaben (Richtlinien) macht der Kanton zu seinem Schwerpunkt insbesondere zur
flächenmässigen Ausdehnung, zu Qualitätsmerkmalen in städtebaulicher Hinsicht, zu ökologischen
Anforderungen (Biodiversität, Reduktion Freizeitverkehr) und zu sozialen Gesichtspunkten
(Attraktivität und Erreichbarkeit für Kinder und ältere Personen)?"
Neben den gesetzlichen Grundlagen (siehe Antwort zur Frage 1) weist der Richtplan den Weg zu
Siedlungen mit einer hohen Siedlungsqualität und damit zu genügend und qualitativ guten
Freiräumen. Die Umsetzung dieser Aufgabe liegt in der Zuständigkeit der Gemeinden. Sowohl für die
Nutzungsplanung als auch für die Baubewilligungen sind im Kanton Aargau in erster Linie die
Gemeinden zuständig. Nebst der kommunalen Planungshoheit und damit der Möglichkeit, Einfluss
auf die künftige Gestaltung und Entwicklung des Lebensraums zu nehmen, ist dies auch mit den
Kenntnissen der Gemeinden über die örtlichen Verhältnisse begründet. Die grundsätzlichen
Planungsanweisungen, die unter Beizug der Vertrautheit mit der lokalen Situation zu prüfen und
umzusetzen sind, umfassen namentlich folgende Beschlüsse:
Richtplankapitel H 3
Die Strategie zu attraktiven Wohn- und Wirtschaftsstandorten fordert namentlich attraktive
Naturräume (...):
• (Strategie H 3.2):
"Es wird eine nachhaltige Wohnstandortpolitik verfolgt, die zukunftsgerichtetes Wohnen in
attraktivem Umfeld aufzeigt und dem haushälterischen Umgang mit dem Boden sowie dem
demographischen Wandel Rechnung trägt. Attraktive Naturräume in der Nähe der Wohnstandorte
ergänzen das Angebot (Grundsatz: In 15 Minuten ist von jedem Wohnort aus der
Naherholungsraum zu Fuss erreichbar.)."
• (Strategie H 4.3):
"Die öffentlichen Räume, Strassen, Plätze und Freiräume werden so aufgewertet, dass sie als
multifunktionale Infrastruktur die Attraktivität der Siedlungen unterstützen."
Richtplankapitel S 1.1
Der zweite Abschnitt im Ingress zum Kapitel lautet:
"Die Siedlungen sollen viele Grünflächen und Bäume enthalten."
• Planungsanweisung 1.1:
"Die Gemeinden sorgen (…) für eine:
- gute Siedlungsqualität (Ortsbild, Qualität der Architektur, Umgebungs- und Freiraumgestaltung,
Sicherheit in öffentlichen Räumen, Ökologie, Energieeffizienz)
- (…)
- ökologische Vernetzung im Siedlungsgebiet."
• Planungsanweisung 1.2:
"Die Gemeinden formulieren geeignete Bauvorschriften:
- (…)
- für eine kinder-, jugend- und altersgerechte Umgebungs- und Freiraumgestaltung,
- (…)."
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• Planungsanweisung 1.4:
- "An Strassenabschnitten, die (…) einen durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV) von mehr
als 15'000 Motorfahrzeugen/Tag aufweisen, sind die Gemeinden verpflichtet, das an die
belastete Verkehrsachse angrenzende Siedlungsgebiet durch planerische und bauliche
Massnahmen aufzuwerten; (…)."
Die Umsetzung dieser Richtplanvorgaben erfolgt insbesondere im Rahmen der Revisionen der Bauund Nutzungsordnungen (BNO) der Gemeinden. Mit der Verabschiedung des Kapitels S 1.2
(Siedlungsgebiet) durch den Grossen Rat haben die Gemeinden Vorgaben für die Revision ihrer
Bau- und Nutzungsvorschriften und Nutzungspläne erhalten, damit die innere Entwicklung im Sinne
des revidierten Bundesgesetztes über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) mit der
nötigen Sorgfalt angegangen und umgesetzt werden kann. Ein zentrales Element ist dabei, die Grünund Freiräume aufzuwerten und wo nötig zu schützen.
Zur Frage 3
"Wer überprüft die Einhaltung dieser Bestimmungen und die Zielerreichung?"
In erster Linie liegt die Verantwortung für die Umsetzung der Richtplanaufträge bei den Gemeinden.
Sowohl auf der Stufe der Nutzungs- und Sondernutzungspläne als auch bei konkreten Bauprojekten,
sind die Forderungen des Richtplans und die aufgeführten gesetzlichen Grundsätze anzuwenden
und situationsgerecht umzusetzen. Der Vielfalt der Gemeinde- und Siedlungstypen entsprechend
gibt es indessen keine einheitlichen Kriterien, an welchen die geforderte Qualität im Sinne einer
Vollzugskontrolle gemessen werden kann.
Auf kommunaler Ebene erfolgt die Überprüfung entsprechend der Vorgabe von § 27 Abs. 2 BauG bei
der Vorprüfung und Genehmigung von Nutzungs- und Sondernutzungsplänen im Einzelfall nach
Massgabe der Anforderungen des Richtplans sowie der planungs- und baurechtlichen
Anforderungen.
In welcher Tiefe und mit welchem Gehalt gesamtkantonal eine Überprüfung und Auswertung
erfolgen kann, ist Gegenstand des im Aufbau befindlichen Monitorings und Controllings zum
kantonalen Richtplan. Nach bisherigem Stand der Erkenntnisse wird sich dieses angesichts der
Differenziertheit des Themas und im Kontext der zahlreichen weiteren Richtplanthemen auf wenige
Kernaussagen fokussieren müssen.
Richtplankapitel G 7
• Beschluss 1.1:
"Der Regierungsrat führt zur Überprüfung und Lenkung der räumlichen Entwicklung ein
Monitoring und Controlling."
• Beschluss 1.2:
"Der Regierungsrat legt dem Bund und dem Grossen Rat alle vier Jahre einen Controllingbericht
über den Stand der Richtplanung vor."
Bundesgesetz über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG)
Art. 9 Abs. 2
"Haben sich die Verhältnisse geändert, stellen sich neue Aufgaben oder ist eine gesamthaft
bessere Lösung möglich, so werden die Richtpläne überprüft und nötigenfalls überarbeitet."
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Raumplanungsverordnung (RPV)
Art. 9 Abs. 1:
"Die Kantone orientieren das Bundesamt mindestens alle vier Jahre über den Stand der
Richtplanung und über wesentliche Änderungen in den Grundlagen."
Zur Frage 4
"Wie viel Fläche umfassen heute Grün-, Erholungszonen u. ä.? Wie haben sich diese in den letzten
Jahren entwickelt?"
Zu den Grün- und Erholungszonen gehören namentlich die Freihaltezone, Tourismus- und
Freizeitzone sowie Bäderzone, Uferschutzzone, Pflanzgartenzone. Sie umfassen per Ende 2014
insgesamt 516 ha (Auswertung geografisches Informationssystem AGIS).
Innerhalb der letzten zehn Jahre haben die Grün- und Erholungszonen um 37 ha (+ 7,2 %)
zugenommen. In der gleichen Zeit hat sich die Gesamtfläche der Bauzonen im Kanton Aargau um
312 ha von 20'281 ha auf 20'593 ha vergrössert (+ 1,5 %). Gleichzeitig hat die überbaute Fläche
innerhalb der Bauzone von 16'561 ha um 1'375 ha (+ 8,3 %) auf 17'936 ha zugenommen. Die nicht
überbaute Fläche hat von 3'720 ha um 1'063 ha (- 28,5 %) auf 2'657 ha abgenommen. Der
Überbauungsgrad der Bauzonen hat sich somit in der gleichen Zeit von 82 % auf 87 % erhöht.
Anzumerken bleibt, dass darüber hinaus viele nutzbare Freiflächen in den Gemeinden in der Zone
für öffentliche Bauten liegen und hier statistisch nicht erfasst sind. Auch ist festzustellen, dass in der
Regel nicht primär die Quantität, sondern vor allem die gestalterische Qualität und die Nutzbarkeit
der Frei- und Grünflächen relevant sind.
Zur Frage 5
"Sind gemäss der aktuellen Richtplanung genügend Flächen für die Einhaltung der Ziele gesichert?"
Der Richtplan macht keine konkreten Flächenangaben zu den Grün- und Freihaltezonen innerhalb
der Siedlung. Die Ausscheidung flächenmässig ausreichender, situations- und bedürfnisgerechter
sowie qualitativ guter Grün- und Freihaltezonen ist Aufgabe der Gemeinden (vgl. §§ 13, 15 und 40
BauG). Die qualitativen Ziele sind in den vorangehenden Fragen bereits erläutert.
Zur Frage 6
"Wo bestehen Defizite in der flächenmässigen Umsetzung, der Qualität, der Zielerreichung, der
personellen und finanziellen Ressourcen und im Vollzug zur Sicherstellung der Anforderungen?"
Konkrete flächenmässige Defizite können zurzeit nicht ausgewiesen werden. Die Herausforderung
bei der Umsetzung liegt in der Vielschichtigkeit der Aufgabenstellung. Nebst der unterschiedlichen
Wahrnehmung und dem Aufgabenverständnis stellen die Vielfalt der Gemeinde- und Siedlungstypen
und die je nach Gemeinde unterschiedlich verfügbaren Ressourcen und Ansprüche die Planenden
vor grosse Herausforderungen. Die Abteilung Raumentwicklung berät die Gemeinden vor Ort und
sensibilisiert mit dem Projekt "Fokus öffentlicher Raum" die Verantwortlichen in den Gemeinden und
die Bevölkerung für die Fragen des Grün- und Freiraums. Diese werden im Zusammenhang mit der
verstärkten Siedlungsentwicklung nach innen eine neue Bedeutung bekommen. Erste Zentrums- und
Gebietsplanungen in den Gemeinden führten bereits zu guten Ergebnissen.
Die Fachstelle Ortsbild, Siedlung und Städtebau (OSS) in der Abteilung Raumentwicklung des
Departements Bau, Verkehr und Umwelt steht den Gemeinden beratend zur Verfügung oder kann
eine professionelle Begleitung bei Entwicklungsplanungen vermitteln, so dass auch dem Freiraum
genügend Beachtung geschenkt wird.
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Zur Frage 7
"Könnte die Stipulierung eines Vorkaufsrechts für die öffentliche Hand in Grünzonen ein
Lösungsansatz darstellen (vgl. § 64 des Zürcher Planungs- und Baugesetzes)?"
Der Kanton Aargau kennt keine Erholungszone, wie sie der Kanton Zürich in § 61 des Planungs- und
Baugesetzes (PBG) regelt. Die Ausgestaltung der Zonen und der zugehörigen Vorschriften überlässt
das Baugesetz des Kantons Aargau weitestgehend den kommunalen Planungsbehörden. Das
kantonale Baugesetz kennt keine inhaltlichen Vorgaben zu den einzelnen Zonen, wie dies in anderen
kantonalen Planungs- und Baugesetzen zum Teil der Fall ist. Je nach Art der Erholungsnutzung
stehen im Kanton Aargau innerhalb des Siedlungsgebiets in erster Linie die Zone für öffentliche
Bauten und Anlagen oder die Grünzonen (vgl. § 15 Abs. 2 lit. b BauG) zur Verfügung. Möglich sind
aber auch weitere Bauzonen oder Spezialzonen ausserhalb des Siedlungsgebiets, wobei deren
Ausgestaltung im Rahmen des übergeordneten Rechts und der Anforderungen des Richtplans frei
ist.
Die Grünzonen sind in der Regel als Freihaltezonen ausgestaltet; Bauten und Anlagen sind nicht
zulässig, ausser sie seien standortgebunden und in der zur Grünzone zugehörigen Vorschrift als
zulässig erklärt (zum Beispiel Spazierwege, Sitzbänke, etc.). In der Zone für öffentliche Bauten und
Anlagen sind in der Regel Erholungsnutzungen zulässig, sofern sie öffentlichen Zwecken
beziehungsweise öffentlichen Interessen dienen. Denkbar sind Bauten und Anlagen für die
Erholungsnutzung aber auch in Zentrums-, Wohn-, Gewerbe- und Arbeitszonen, sofern sie den
Nutzungsvorschriften dieser Zonen entsprechen. Spezielle Erholungsnutzungen in Spezialzonen
ausserhalb der Bauzonen sind zulässig, sofern sie der Richtplan vorsieht (zum Beispiel Golfplätze)
beziehungsweise die entsprechende Erholungsnutzung auf einen Standort ausserhalb des
Siedlungsgebiets angewiesen ist.
Bei Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen hat die Gemeinde die Möglichkeit der Enteignung
(§§ 130 ff. BauG, öffentliche Bedürfnisse); ein Vorkaufsrecht ist daher nicht erforderlich. In den
Grünzonen darf nicht gebaut werden. Es besteht daher kein Grund, dass die Gemeinden diese
erwerben sollen, um eine Reduktion des Grünraums zu verhindern. Grünzonen können im privaten
Grundeigentum liegen und müssen nicht öffentlich zugänglich sein. Sollen diese öffentlich zugänglich
gemacht werden, nützt ein Vorkaufsrecht wenig. Hier wären andere Lösungen zu suchen (Erwerb,
Vertrag, Dienstbarkeit, etc.). Auch für die Schaffung neuer Grünräume ist das Vorkaufsrecht kaum
ein taugliches Mittel, muss doch zuerst ein Vorkaufsfall eintreten. Die Frage des Vorkaufsrechts stellt
sich daher einzig für Erholungsnutzungen in anderen Zonen (zum Beispiel Zentrums-, Wohn-,
Gewerbe- und Arbeitszonen), sei dies in Bauzonen oder Spezialzonen ausserhalb der Bauzonen.
Im Kanton Zürich wird praxisgemäss zwischen der kantonalen/regionalen sowie kommunalen
Freihaltezone und den kommunalen Erholungszonen unterschieden. Für die Freihaltezonen kommen
dabei die Bestimmungen der §§ 41–44 PBG (Enteignung, Zug- und Heimschlagrecht) zur
Anwendung; § 62 PBG verweist auf diese Verfahrensgrundsätze der übergeordneten
Freihaltezonen.
Bei den Erholungszonen nach zürcherischem Recht, die Bauten und Anlagen aufweisen, die sich
gestützt auf den Nutzungszweck aus dem kantonalen Richtplan oder aus einem regionalen oder
kommunalen Richtplan ergeben (auch ausserhalb des Siedlungsgebiets; zum Beispiel Tennisplätze),
stellt sich die Enteignungsfrage weniger als bei den Freihaltezonen mit Schutzzielen und eigentlichen
Bauverboten beziehungsweise Unterhaltspflichten. Entsprechend soll das Vorkaufsrecht dazu
dienen, der Gemeinde einen Startvorteil zu verschaffen, wenn sich im Rahmen einer Handänderung
eine Zustandsänderung abzeichnet, welche nicht im öffentlichen Interesse liegen würde. Soweit dies
bekannt ist, werden diese Bestimmungen jedoch selten bis nie zur Anwendung gebracht.
Im Kanton Aargau ist ein gesetzliches Vorkaufsrecht zur Schaffung von mehr Grünraum nicht
opportun. Zudem wäre es schwierig festzulegen, für welche der Erholung dienenden Bauten und
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Anlagen beziehungsweise Parzellen der Gemeinde ein gesetzliches Vorkaufsrecht zustehen soll, da
im Kanton Aargau – anders als im Kanton Zürich – wie oben erwähnt Erholungszonen nicht vom
BauG vorgegeben sind und somit Erholungsanlagen in verschiedenen Zonen zonenkonform sein
können.
Zur Frage 8
"Wie beurteilt der Regierungsrat den Zielkonflikt, wenn Gemeinden bestehende Grünzonen im
Siedlungsgebiet in Wohnzonen aufzonen möchten?"
Als Grün- oder Freihaltezonen in Gemeinden ausgewiesene Gebiete sind kaum grossflächig
gefährdet. Meist besteht ein konkreter Grund für die Zonierung als Grünzone, der bei einer
Aufzonung wegfallen müsste. Auch Grünflächen mit einer speziellen Nutzung wie Pärke oder
Kinderspielplätze geniessen in der Bevölkerung hohe Priorität. Eine Um- beziehungsweise
Einzonung zwecks konventioneller Überbauung steht in den Gemeinden erfahrungsgemäss denn
auch selten zur Diskussion.
Dass im Rahmen der Richtplanrevision, Kapitel 1.2 "Begrenzung des Siedlungsgebiets" auch
unüberbaute Flächen dem Siedlungsgebiet zugeschlagen werden, ist in der Definition des
Siedlungsgebiets gemäss Raumplanungsgesetz begründet. Es ist Sache der Gemeinden –
unterstützt durch die Beratung durch den Kanton – bei der Bebauung dieser Gebiete die nötigen
Freiflächen einzufordern. Ebenso ist im Sinne der qualitätsvollen inneren Siedlungsentwicklung
gemäss RPG und kantonalem Richtplan im Rahmen von BNO-Revisionen künftig der Qualität und
Quantität der Freiräume ein grösseres Gewicht beizumessen.
Zur Frage 9
"Gab es konkrete Fälle, in denen Gemeinden im Rahmen ihrer Nutzungsplanung angehalten wurden,
entsprechende Grünzonen zu schaffen oder aufzuwerten?"
In der Regel werden die Gemeinden bereits beim Einholen der kantonalen Grundlagen zu Beginn
einer Nutzungsplanungsrevision und im Rahmen der Vorprüfungsverfahren beziehungsweise der
Beratung nach § 23 BauG gestützt auf § 13 Abs. 2bis BauG und § 4 BauV auf die Planungspflicht im
Bereich der Freiraumentwicklung, Freiraumversorgung und Freiraumaufwertung aufmerksam
gemacht. Die Aufwertung beziehungsweise Schaffung von Grünzonen kann etwa bei folgenden
Planungen relevant sein:
• Kommunale Gesamtschau – Zukunftsbild; umfassende Ortsanalyse zur Festlegung der
längerfristigen, konzeptionellen Entwicklungsstrategie (kommunale Gesamtschau zur baulichen
und freiräumlichen Entwicklung der Gemeinde in Siedlung und Landschaft).
• Siedlungsqualität und Siedlungserneuerung; gute (bauliche) Gestaltung des Aussenraums und
der öffentlichen Räume als wichtige Voraussetzungen für eine gute Siedlungsqualität
(Richtplankapitel S 1.1); Ausrichtung der Zonenvorschriften auf Förderung der Durchgrünung und
zugunsten der Aussenraumqualität (vgl. Empfehlungen der Muster-BNO Ziffern A 3.1.9, B 1, B 2);
Festlegen von Gestaltungsplanpflichten zur Gewährleistung von Überbauungen, die ein
siedlungs- und landschaftsgestalterisches besseres Ergebnis ermöglichen (§§ 16 Abs. 3 und 21
BauG).
• Freiraumentwicklung; die Freiraumentwicklung soll in der Nutzungsplanung gleichwertig wie die
Themenbereiche Siedlung, Kulturland oder Verkehr bearbeitet werden.
• Öffentlich zugängliche Frei- und Erholungsräume; Sicherstellung eines angemessenen Masses
an öffentlich zugänglichen, für alle Bewohnerinnen und Bewohner zu Fuss erreichbaren
Freiräumen sowie eines vielfältigen Erholungsangebots für alle Altersgruppen (unter anderem
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Spielplätze, Sportanlagen, Vita-Parcours; vgl. auch Richtplankapitel L 2.1 und L 2.7
beziehungsweise H 3 und H 5).
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• Ortsprägende Freiflächen, Grünstrukturen und Sichtbeziehungen beziehungsweise Freihalteinteresse des Umgebungsschutzes; Freiflächen und prägende Grünstrukturen wie historische
Gartenanlagen, Parks, sind nicht nur aus quantitativer (hinreichende Freiraumversorgung) oder
ökologischer Sicht (Vernetzung innerhalb des Siedlungsgebiets, Uferschutzzonen,
Siedlungsökologie) wichtig, sondern auch hinsichtlich der Ortsidentität.
• Aussenraum- und Umgebungsgestaltung; Anlage von qualitativ hochwertigen, vielfältig nutzbaren,
halböffentlichen Freiräumen bei grösseren Überbauungen zur gemeinsamen Nutzung für die
Bewohnerinnen und Bewohner.
• Strassenräume; Potenzial gut gestalteter Strassenräume als Begegnungs- und Lebensraum für
die Bewohnerinnen und Bewohner.
• Natur im Siedlungsgebiet; soweit sinnvoll sind innerhalb des Siedlungsgebiets ökologische
Ausgleichsflächen zur Verfügung zu stellen (zum Beispiel als Ausgleich bei intensiv genutzten
Industrie- und Gewerbegebieten; vgl. S 3.1).
Verschiedentlich wurden Gemeinden beispielsweise dazu angehalten, im Bereich von Gewässern
(Uferschutzzonen), im Umfeld von kantonalen Denkmalschutzobjekten (Umgebungsschutz), bei
ISOS-Freihaltegebieten (Grabengartenzonen) oder bei "Restflächen" zwischen Waldrand und Bauzone sinngemässe Grünzonen zu bezeichnen beziehungsweise nicht aufzuheben.
Entsprechend § 2 BauG wurde bewusst Zurückhaltung geübt, wenn es darum ging, den Gemeinden
aktiv eine (quantitativ) hinreichende Grün- und Freiräumversorgung zu verordnen.
Zur Frage 10
"Ergibt sich gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um diese Anliegen auf Nutzungsplanungsebene
fördern und gegebenenfalls besser durchsetzen zu können?"
Ausgehend von den behördenverbindlichen Handlungsanweisungen des Grossen Rats zuhanden
der planungspflichtigen Gemeinden im Richtplan (vgl. Erläuterungen zu den Fragen 2 ff. oben), den
gesetzlichen Geboten des Raumplanungsgesetzes (Art. 1 und 3 RPG) und des Baugesetzes samt
zugehöriger Verordnung (§ 13 BauG und § 4 BauV) ergibt sich aus fachlicher Sicht kein
grundsätzlicher gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Auch sind mit den raumplanungsrechtlichen
Instrumenten über den gesamten planerischen Stufenbau wie regionaler Sachplan (§ 12a BauG),
dem Nutzungsplan Siedlung und Kulturland (§ 15 BauG) sowie den Sondernutzungsplänen
(Erschliessungs- und Gestaltungsplan gemäss §§ 16 ff. BauG) – unter anderem auch im Verbund mit
der Landumlegung gemäss §§ 72 ff. BauG – die nötigen Werkzeuge zur Förderung der
Siedlungsqualität und der Siedlungsökologie beziehungsweise einer quantitativ wie qualitativ
angemessenen Freiraumversorgung gegeben.
Analog zu den Erkenntnissen im Fall der Bauqualität lässt sich auch hinsichtlich der
Freiraumentwicklung festhalten, dass sich diese in qualitativer Hinsicht nicht beziehungsweise
höchstens in sehr begrenztem Ausmass verordnen lässt. Eine solche aktiv einzufordern
beziehungsweise in dafür geeigneten Prozessen zu fördern, erscheint zielführender und
praxistauglicher und hat im Rahmen der kommunalen Planungstätigkeit – wo die Bevölkerung in
besonderer Weise eingebunden ist (vgl. §§ 3 und 24 BauG) – durch die Gemeinde zu erfolgen.
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Zur Frage 11
"Wie wird die Kürzung im AFP 2015–2018 von 1.5 Mio. (Natur 2020), welche hauptsächlich im
Handlungsfeld "Vielfalt und Vernetzung in den Gemeinden unterstützen" vorgenommen wurde, trotz
anerkanntem hohen Handlungsbedarf und Folgeinvestitionen in den Gemeinden begründet?"
Innerhalb des vom Regierungsrat beantragten Budgetrahmens für die 2. Etappe des Mehrjahresprogramms Natur 2020 (2016–2020) kommt dem kantonalen Vollzug im Bereich der Biotope von
nationaler und kantonaler Bedeutung sowie dem Artenschutz (Handlungsfeld III), gestützt auf
gesetzliche Verpflichtungen nach dem NHG und der darauf basierenden NFA-Vereinbarung mit dem
Bund höchste Priorität zu. Entsprechend ist hier eine weitere Einsparung nicht opportun.
Biotope und Vernetzungsobjekte von lokaler Bedeutung sind als Trittsteine für die ökologische
Infrastruktur (nationale Bedeutung) sowie für die Attraktivität der Freiräume und
Naherholungsgebiete (lokale Bedeutung) in Siedlungsnähe ebenfalls wichtig. Gemäss § 11a Abs. 2
des Dekrets über den Natur- und Landschaftsschutz (NLD) tragen die Gemeinden die Kosten für den
Schutz, die Gestaltung und den Unterhalt der Naturschutzzonen und Naturschutzobjekte von lokaler
Bedeutung. Der Kanton übernimmt von diesen Kosten nach Abzug von Bundesbeiträgen einen Anteil
von 43 %.
Der Kanton hat bisher zusätzlich zur anteilsmässigen Kostentragung für die lokalen Biotope die
wirkungsvolle Umsetzung der Natur- und Landschaftsschutzaufgaben in den Gemeinden im Rahmen
von Leistungsvereinbarungen mit Regionen, über Beratungsleistungen (Gemeindeseminare, Einzelund Mehrfachberatung von Gemeinden) und Weiterbildungsangebote (Naturama) sowie durch die
Finanzierung beispielhafter Pilotprojekte in mehreren Gemeinden unterstützt. Diese Unterstützung
des Vollzugs in Regionen und Gemeinden sowie die Finanzierung von Umsetzungsprojekten Dritter
sollen reduziert und vermehrt durch Regionen, Gemeinden und Dritte alleine getragen werden,
soweit keine absolute gesetzliche Verpflichtung des Kantons besteht.
Zur Frage 12
"Der Bund plant im Rahmen der Strategie Biodiversität Mehrausgaben von 79 Mio. Fr. für die
Vorbereitungsphase bis 2020 und dann 210 Mio. Fr. pro Jahr für die Umsetzungsphase. Dazu sind
ab 2017 Sofortmassnahmen in der Höhe von 20–40 Mio. Fr. geplant. Diese Ausgaben sind davon
abhängig, dass sich die Kantone ihrerseits ihre Mittel im selben Mass beteiligen. Wie weit ist Natur
2020 darauf abgestimmt und stellt diese Mittel sicher (vgl. beantragter Kantonsanteil von
9.6 Mio. Fr.)?"
Inhaltlich ist das Mehrjahresprogramm Natur 2020 optimal auf die Umsetzung der Strategie
Biodiversität Schweiz (SBS) abgestimmt. Nebst den Kernaufgaben des Lebensraum- und
Artenschutzes sind namentlich auch die für die 2. Etappe Natur 2020 (2016–2020) vorgesehenen
Leistungen zur Stärkung der ökologischen Infrastruktur und zur Biodiversität im Siedlungsraum für
die Umsetzung der SBS relevant.
Der vom Bund skizzierte Mittelbedarf kann mit Natur 2020 alleine bei Weitem nicht abgedeckt
werden. Der Aktionsplan SBS verfolgt einen Sektor übergreifenden Ansatz, womit nebst Natur 2020
weitere Programme und Projekte des Kantons Aargau zur Umsetzung der SBS beitragen, zum
Beispiel Auenschutzprojekte und Gewässerrevitalisierungen, die Sanierung von Wildtierkorridoren,
das Waldnaturschutzprogramm, der Jurapark Aargau oder laufende Programme im Bereich der
Landwirtschaft. Nach der bis am 7. Juli 2015 erfolgten Vorvernehmlassung bei den Kantonen
beabsichtigt der Bund, 2016 eine Vernehmlassung zum Aktionsplan SBS durchzuführen. Zurzeit ist
noch nicht im Detail klar, welche konkreten Leistungen von den einzelnen Kantonen erwartet
werden. Solange die konkret erwarteten Leistungen und deren Kosten im Rahmen der NFAVereinbarung mit dem Bund nicht vorliegen, kann der exakte Anteil der Kostentragung durch Natur
2020 nicht abschliessend beantwortet werden.
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Es ist dem Kanton Aargau aufgrund der angespannten finanziellen Lage nicht möglich, zur
Umsetzung des Aktionsplans SBS zusätzliche Finanzmittel über Jahre hinaus zuzusichern. Konkrete
Massnahmen mit finanziellen Beteiligungen sollen im Rahmen der beschlossenen Budgets,
laufender Programme und Projekte und der NFA-Programmvereinbarungen entschieden werden.
Der Kanton Aargau hat wie einige andere Kantone in den letzten Jahren teilweise Leistungen
erbracht, die vom Bund im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der
Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) aufgrund fehlender Mittel nicht entsprechend
abgegolten werden konnten. Im Hinblick auf die Umsetzung der SBS erwartet der Kanton Aargau
deshalb, dass sämtliche anrechenbaren Leistungen im Rahmen der künftigen NFAProgrammvereinbarungen mit den maximalen Beitragssätzen abgegolten werden. Insbesondere bei
den Massnahmen zum Aufbau und Unterhalt der ökologischen Infrastruktur müsste sich der Bund
aufgrund der nationalen Priorität und der internationalen Bedeutung (Biodiversitätskonvention,
Erfüllung der Aichi-Ziele) mit generell höheren Bundesbeiträgen (zum Beispiel Erhöhung auf 75 %)
beteiligen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 4'191.–.
Regierungsrat Aargau
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