Schriften zur Realität

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Aus dem Katalog „Annäherung“ (1996)
Auch wenn das Ziel seiner Malerei ist, uns seine Wahrnehmung der
gesellschaftlichen Realität "Frau" mitzuteilen, das Medium seiner Kunst ist
seine Frau (unter anderem), der er sicher nicht nur auf einer solchen
geistigen Ebene verbunden ist. Vielleicht könnte er beim Einsatz
sozusagen neutraler Modelle die persönliche Emotionalität ausschließen,
aber zum Glück versucht er das gar nicht. Er liefert uns Bilder, die
brennen, die den Rahmen der sicher ernst gemeinten Mitteilungen
sprengen wollen. In FRAUEN ist dieses Feuer konkret dargestellt. Aus
einer Art Bildschirmfläche, die in rasender Fahrt auftaucht, ragt eine
(seine) Frau in eine Welt voll Flammen. Sie liebkosen sie, fügen ihr keinen
Schaden zu. Unberührt von Idealisierungen des weiblichen
Schönheitsideals aus der Celluloidindustrie oder Weiblichkeitssignets
dominiert sie das Bild, still in sich versunken, eigentlich unerreichbar.
Aus „Darstellung der empfundenen Realität“ (2000)
Empfindung
Ergebnis unserer Wahrnehmung die über unsere Sinne läuft. Die
Wahrnehmung unserer Umwelt liefert ein Bild einer, nämlich unserer
individuellen Realität.
Nehme ich Wirklichkeit wörtlich, so ist es das, was auf mich wirkt. Das
Was und Wie, auch Warum und Wodurch kann gemessen werden. Die
Realität ergibt sich aus meiner Empfindung, aus meiner von Stimmungen
abhängigen Erkenntnis. Realität ist somit rein subjektiv, während die
Wirklichkeit objektiviert werden kann.
_linurische Kunst (2002)
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
zeigen
zeigen
zeigen
zeigen
Darstellungen des Gedachten.
Abbildungen der Wirklichkeit.
Informationen der Realität.
die Nichtwirklichkeit.
Bilder dienen dem Transport von Gedanken.
Bilder dienen dem Evozieren von Emotionen.
Bilder dienen der Vernetzung von Assoziationen.
Bilder bestehen aus Formen.
Bilder bestehen aus Farben.
Bilder sind!
Manchmal möchte ich bewusst unverständlich sein, damit das Bild
möglichst lange seine Geheimnishaftigkeit behält.
Zur „Gelben Serie“ (2005)
Je tiefer ich in das Beziehungsgeflecht der Gesellschaft schaue,
desto verworrener wird das Netz,
das die Menschen verbindet.
Das Wesen in der Gesellschaft spiegelt all die Einflüsse wider,
die sie zu dem Charakter formt,
welche den Typus kreiert,
der von den Mitmenschen gesehen werden will.
Die Umrisslinie entledigt die Form vom Realitätsanspruch,
sie erhebt die Form zum Zeichen, manchmal zum Symbol.
Warum sind all diese Gegenstände gelb?
Was haben diese Gegenstände mit der Frau zu tun?
Die Titel der Bilder:
"Der Polster"
"Die Spülmittelflasche"
"Die Teekanne"
"Das Handtuch"
"Das Gewürzglas"
„Apfel“
„Badeschwamm“
„Banane“
„Kerze“
„Ringelblume“
„Sonne“
„Zitrone“
Wirklichkeit vs. Realität (1. 8. 2006)
Wir Menschen akzeptieren eher eine monströse Lüge über Sinn und
Fortleben nach dem Tode, als der Wirklichkeit (≠ Realität) unserer
Existenz den vernünftigen Hintergrund zu geben, der wohl ein wesentlich
sozialer ausgerichtetes Leben und Miteinander bedingen und ermöglichen
würde.
Ob als aufgeklärter Hedonismus betitelt oder mit anderen
Umschreibungen geziert ist einerlei. Aufklärung impliziert einen hohen
Grad an Sozialität, Hedonismus, gemeint im Sinne Epikurs, beinhaltet
Vernunft gesteuerte Lust ebenso wie einsichtige Freude mit und an
anderen.
Nicht die vereinnahmenden Institutionen verhindern den Fortschritt,
sondern bestenfalls (schlimmstenfalls) die eigene Faulheit und mangelnde
Lust am Tun und Denken.
„Die Virtualität der Existenz“ (21. 3. 2009)
Die Bilder dieser Serie sind inhaltlich beeinflusst von Arthur
Schopenhauers Idee der Welt als Wille und Vorstellung. Hier abgeleitet
und eingeschränkt: „Der Mensch als Wille und Vorstellung“.
Wenn der Mensch so gewollt ist, wie er ist, ist es das Ergebnis des Willens
von Naturgesetzen, physikalischen, biologischen, chemischen oder
vielleicht doch der Wille einer höheren Kraft, einer Gottheit. Ist er nicht so
gewollt, setzt unser, der menschliche Wille ein und versucht die Menschen
zu formen, zu erziehen, zu manipulieren oder zu vergewaltigen.
Jedes Individuum existiert auf seine Weise.
Jedes Individuum wird auf je die andere Weise seines Gegenüber gesehen.
Jedes Individuum hat vom anderen eine Vorstellung, die durch das Bild
geprägt ist, das wir uns vom anderen machen. Durch dieses realistische
Bild erzeuge ich die Vorstellung der Existenz einer Person. Wenn dieses
Bild jedoch nicht der Realität vorgestellt wird, sondern aus einer
Parallelwirklichkeit kreiert wird, eröffnet sich mir die Möglichkeit die
Existenz einer Person zu wollen.
Ich installiere mit Hilfe technischer Mittel einen Mechanismus, der eine
neue Existenz entstehen lässt. Der Mensch als Wille einer, um W.
Benjamins Begriff zu quälen, technischen Reproduzierbarkeit. Sobald eine
Existenz auf die Daten einer virtuellen Welt abstrahiert wird, abhängig ist
von der Auswertung durch Maschinen, können neue Datensätze auch neue
Existenzen erzeugen. Virtuelle Existenzen. Diese Virtualität einer Person
entsteht durch den Willen eines Mechanismus. In vergleichbarer Weise
können wir uns Existenzen, neue, ohne Grundlage erdachte Personen
vorstellen. Demzufolge lässt sich jede vorgestellte, real oder virtuell
existierende Person verbildlichen, so wie ich umgekehrt mir die Existenz
einer Verbildlichung vorstellen kann.
Schnittstelle ist das Bild, das von einer Existenz gemacht wird. Ein Bild,
das auf Grund der Vorstellung durch das Hören, Fühlen, Riechen,
Schmecken oder Sehen beziehungsweise durch das Lesen der Daten
entsteht. Ein Parallelkreislauf von Individuum – Vorstellung –
Verbildlichung – Digitalisierung und Wille erzeugt die Virtualität einer
Person, die aber real existiert – oder auch nicht.
Mit meinen Bildern habe ich, nachdem ich diese Personen gesehen habe,
diese Vorstellung festgehalten. Das Publikum, welches nur die Portraits
sieht, kann sich diese Personen vorstellen und kreiert Existenzen im
Glauben, es gäbe sie wirklich. Meine Bilder zeigen das Ergebnis von
Maschinen die in der Lage sind, als Wille zu fungieren, der die Möglichkeit
eröffnet Existenz zu schaffen. Der Mensch als Wille. Und je nach
Bedienung dieser Maschinen entsteht Existenz durch Laden von Daten,
Starten eines neuen Spiels oder verschwindet eine Existenz durch
Datenverlust ODER der Mensch hat sowieso nie existiert.
Realität (6. 4. 2009)
Wir Menschen akzeptieren eher eine monströse Lüge über Sinn und
Fortleben nach dem Tode, als der Wirklichkeit (≠ Realität) unserer
Existenz den vernünftigen Hintergrund zu geben, der wohl ein wesentlich
sozialer ausgerichtetes Leben und Miteinander bedingen und ermöglichen
würde.
Ob als aufgeklärter Hedonismus betitelt oder mit anderen
Umschreibungen geziert ist einerlei. Aufklärung impliziert einen hohen
Grad an Sozialität, Hedonismus, gemeint im Sinne Epikurs, beinhaltet
Vernunft gesteuerte Lust ebenso wie einsichtige Freude mit und an
anderen.
Nicht die vereinnahmenden Institutionen verhindern den Fortschritt,
sondern bestenfalls (schlimmstenfalls) die eigene Faulheit und mangelnde
Lust am Tun und Denken.
Übrigens:
Die einzige Realität liefert die Kunst.
Während die Naturwissenschaft versucht ein immer wieder neu erdachtes,
mit angeblich objektiven aber letztlich durch den aktuellen Stand
behindert furios konstruierten Geräten vermessenes Weltbild als realiter
darzustellen, will die Kunst ihr als Künstlichkeit und somit virtuell, surreal
oder irreal vorgestelltes Bild unserer Welt eben als solches, also der
Realität bewusst gegenüber Gestelltes zu unterbreiten.
Die Realität von Kunst ist ihre Unwirklichkeit, die Bewusstheit ihrer
Täuschung.
Die Realität von Wissenschaft ist ihr permanenter Irrtum, die zeitweise
Unbewusstheit ihrer Täuschung.
(29. 8. 2010)
Die Schriftlinuren ergeben wie Graffitys textuale sowie formelhafte
Inhalte. Alles beginnt bei den Schwingungen der Strings und endet bei, für
den Betrachter nicht vollständig entzifferbaren, enträtselbaren und
entwirrbaren unbekannten. Umgekehrt lässt sich alles auf scheinbar
Chaotisches, Einfachstes zurückführen, nämlich auf ein Element, das es in
der Realität nicht zu geben scheint, nicht nachweisbar ist, die Linie.
Schein und Sein (3. 2. 2011)
Schein und Sein sind zwar mittlerweile etwas abgedroschene Begriffe,
Denkblasen über Klischees, dennoch sind sie wesentliche Elemente
unserer Welterforschung.
Das Sein aus ontologisch realistischer Sicht entzieht sich unserer
Wahrnehmung, somit wäre unserer Welterfahrung ein Schein erster
Ordnung; Bilder und alle anderen Arten der Visualisierung ein Schein
zweiter Ordnung und die Wahrnehmung derer ein Schein dritter Ordnung.
Aus solipsistischer Sicht gäbe es den Schein nur als Täuschung. Die
Welterfahrung ergibt das Sein, somit auch die Erfahrung von Bildern.
Diese haben den vergleichbaren Realitätsgrad wie das vernehmliche Sein.
Realität (8. 2. 2011)
Welche Bedeutung hat der Wille, die Realität rational erfassen zu wollen,
wenn die Rationalität ihrerseits in direkter Abhängigkeit zur Realität steht,
weil die Begriffe Rationalität genauso wie Realität dadurch begründet sind,
als sie Begriffe als Basis benötigen und somit von der
Dingoperationalisierung abhängig sind. Dieser Wille gegründet das
phänomenologische Denkmuster, bleibt aus ontologisch realistischer Sicht
jedoch fragwürdig.
Das Reale Gottes (15. 3. 2011)
Wie wirkt Reales?
Wie wirkt Irreales?
Wie wirkt Fiktives?
Alle drei Varianten wirken durch ihre Vorstellung, d .h. durch die
Assoziationen die dabei entwickelt werden. Somit wirkt auch die
Vorstellung von Gott und weil ich die Negation seiner Realität nicht
beweisen kann, muss ich ihn als real – im Sinne von wirksam,
wirkungsvoll – hinnehmen.
Karten (10. 7. 2011)
Karten haben etwas Faszinierendes an sich. Sie geben Zukünftiges wieder
in Form von noch nicht Erlebtem bzw. Dagewesenseiendem. Blicke ich auf
eine Karte, stelle ich mir vor, wie es dort sein wird können, oder ich blicke
auf die Karte, vergleiche und stelle Übereinstimmungen fest. Das ist die
zweite Möglichkeit. Die Wiedergabe von Erlebten, die Chance, die
Vorstellung des Gesehenen zu verifizieren, das Umsetzen von Zeichen in
Bilder mit realem Hintergrund sind diese faszinierenden Elemente von
Karten. Sie zeigen in ihrer Irrealität der Zeichenebene die Realität des
Ikonografischen.
Grenzen (7. 2. 2012)
Karten bestehen zu einem Gutteil aus Grenzen. Es sind Linien. Linien
begrenzen Gebiete, Linien begrenzen Flächen, Linien begrenzen Formen.
Grenzen sind ein wesentliches Orientierungsinstrument. Das Ausloten
zwischen Oppositionen, Zwischen Gegensatzpaaren, zwischen dem Realen
und dem Virtuellen, zwischen Wissenschaftlichem und Gnostischem. Wo
liegt die Grenze? Erkenntnisse aus Erfahrungen oder Erfahrungen aus
Versuchen, die ihrerseits subjektiv ausgewählten Messkomponenten zu
Grunde liegen. Beides ist in bestimmtem Maße nicht beweisbar, auf beiden
Seiten gibt es Falsifizierbares. Die Frage der Grenze des …
Was ist keine Simulation der Wirklichkeit? Wo bzw. wann kommen wir
ohne Realität von Simulation aus? Ich gehe am Ufer des Sees umher. Ich
spüre die Kälte, stehe im tiefen Schnee, genieße den vom
Sonnenuntergang gefärbten roten Himmel, beobachte den Nebel, den
hellen Schnee, den dunkler werdenden Himmel. Vielfältige
Wahrnehmungen des Sees, doch so subjektiv, dass jede Karte ein
besseres, informativeres, objektiveres Bild des Sees abgeben würde. Aber
nur, weil wir den Abstraktionsgrad von Karten vereinnahmt haben und,
was Karten darstellen, lesen und antizipieren können.
Zeit [!?!] (13. 4. 2012)
Die Annahme, es gäbe Zeit, ist eine zulässige, aber nicht zwingend
erforderliche Prämisse. Dass unser Gehirn Zeit benötigt, ist genauso falsch
angenommen, wie oftmals die Vertauschung von Ursache und Wirkung.
Zeit hat nicht unser Gehirn geprägt, sondern das Gehirn benötigt die
Krücke Zeit, um mit Abfolgen, die allein unser Gehirn in der Lage ist, zu
erfassen, besser zu Recht zu kommen. Ich, Nichtphysiker und somit
Dilettant dafür aber Künstler, bezweifle, dass Zeit etwas vom Menschen
Erfundenes und somit in seiner Größenordnung nicht Definierbares ist.
Somit liegt auch die maximale Geschwindigkeit nicht bei der, von Einstein
prognostizierten Lichtgeschwindigkeit, sondern ist nach oben offen, wie sie
am anderen Ende der Skala Null sein kann.
Um absolute, quasi von außen betrachtete Realität (nicht Wirklichkeit!)
erkennen zu können, bedarf es nicht unbedingt in Formeln gegossener
Symbole, sondern Fantasie. Und eine solche hatten die Menschen schon
vor einigen Jahrtausenden.
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