Boko Haram hat keinerlei Programm für das Land

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„Boko Haram hat keinerlei Programm für das Land“
Nigerias Bischof Matthew Hassan Kukah im Gespräch mit missio Aachen zur
Präsidentenwahl am 28. März – „Kirche hat viel für Flüchtlinge getan“
Bischof Matthew Hassan Kukah, Bischof der Diözese Sokoto im Nordwesten Nigerias, gibt
trotz der militärischen Erfolge gegen die islamistische Terrorgruppe Boko Haram keine
Entwarnung mit Blick auf mögliche Konflikte vor und nach der Präsidentenwahl am 28. März.
Die nigerianische Wahlkommission hatte kurz vor dem ursprünglich geplanten Wahltermin
am 14. Februar die Abstimmung um sechs Wochen verschoben. Als Grund nannte sie
Sicherheitsbedenken des Militärs, das wegen des Einsatzes gegen Boko Haram nicht für die
Sicherheit der Wahlen sorgen könne. Im Gespräch mit Eva-Maria Werner für das
Internationale Katholische Missionswerk missio in Aachen fordert Bischof Kukah von einer
neuen Regierung, vor allem den Kampf gegen die Korruption zu forcieren.
Herr Bischof Kukah, welche Versäumnisse der Regierung gab es in den vergangenen
Jahren? Was sollte sich ändern?
Die Regierung hat sich bemüht, aber der Widerstand gegen Boko Haram hat viel Kraft, Zeit
und Aufmerksamkeit beansprucht. Das Land zusammenzuhalten war eine Herausforderung.
Für die meisten Nigerianer ist der Ausbau der Infrastruktur wichtig und die Schaffung von
Arbeitsplätzen.
Amtsinhaber Goodluck Jonathan ist Christ und kommt aus dem Süden Nigerias. War
die zunehmende Gewalt von Boko Haram Anfang des Jahres eine Strategie des
Nordens, an die Macht zu kommen?
Boko Haram ist eine kriminelle Organisation, die keinerlei Programm für das Land hat außer
Stehlen, Plündern, Entführen und die Bürger terrorisieren. Sie würde weder mit der Macht
umgehen können, noch weiß die Gruppe, wie man „Strategie“ buchstabiert.
Es gibt in Nigeria bis zu 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge wegen des Terrors von Boko
Haram. Was tut die katholische Kirche?
Die Kirchen haben eine ganze Menge getan. Sogar auf lokaler Ebene, wie beispielsweise in
der Diözese Sokoto, wurde Geld gesammelt. Ich persönlich habe das Bistum Yola besucht,
dort Messe gefeiert und auch die Flüchtlingscamps besucht. Auch die Bischofskonferenz hat
uns unterstützt. In meinen Gesprächen mit Flüchtlingen in den Camps haben mir viele
mitgeteilt, dass sie nach Gott der Kirche am meisten dankbar sind. Es ist das Zeugnis lokaler
Bischöfe wie Oliver Doemen von Maiduguri oder Stephan Mamza von Yola, auf das wir stolz
sein können. Sie und ihre Gläubigen haben schon eine Menge getan und werden auch
weiter aktiv bleiben.
Können Sie kurz skizzieren, wofür Amtsinhaber Goodluck Jonathan und sein
Herausforderer Muhammadu Buhari stehen?
Goodluck Jonathan steht mit Blick auf Minderheiten im Land für ein gewisses Maß an
Hoffnung, aber das ist nicht genug. Er hat schon einiges für die Infrastruktur und Entwicklung
des Landes getan. Leider aber war er zu nachsichtig und hat die Korruption wuchern und
wuchern lassen. Herausforderer General Buhari, der frühere Militärdiktator Nigerias, gilt als
ehrliche, strenge militärische Führungskraft, die nicht korrupt war. Aber es ist etwas anderes,
als Politiker sich mit einer Nationalversammlung auseinandersetzen zu müssen, in der es
auch Korruption gibt, Bestechung vorkommt und in der Kompromisse gesucht werden
müssen. Wir wissen auch nicht, womit General Buhari in den vergangenen Jahren seinen
Lebensunterhalt verdient hat. Er gilt als sauber. Aber es gibt Gerüchte über die Männer im
Hintergrund, die seine Kampagne finanziell unterstützen. Diese Hintermänner kennen wir
nicht und das ist in gewisser Weise beunruhigend.
Was braucht Nigeria, um sich langfristig vom Terrorismus zu befreien?
Entwicklung und Investition. Es wird noch lange Terrorismus in der Welt geben. Nigeria
braucht noch mehr ehrliches Engagement seiner internationalen Freunde, die gemeinsam
mit uns etwas erreichen wollen. Davon sieht man derzeit wenig.
Nach den Terrorattacken von Paris gab es weltweite Solidaritätsdemonstrationen.
Vermissen Sie so etwas auch im Blick auf Nigeria?
Nun, die Verantwortung liegt vor unserer Haustür. Wir haben selbst nicht genug getan. Die
Menschen können uns nur unterstützen, wenn wir mehr Respekt für das menschliche Leben
in unseren Gesellschaften aufbringen. (4227 Zeichen)
Übersetzung: Barbara Havermann-Gärtner
Überarbeitung: Johannes Seibel
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