Diplomatie des Vatikans - 11 A-LTG

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Diplomatie des Vatikans
Diplomatie ist die Kunst und Praxis des Verhandelns zwischen bevollmächtigten Repräsentanten
verschiedener Gruppen oder Nationen . Der Begriff bezieht sich meist auf die internationale Diplomatie,
also die Pflege zwischenstaatlicher und überstaatlicher Beziehungen durch Absprachen über
Angelegenheiten wie Friedenssicherung, Kultur, Wirtschaft, Handel und Konflikte. Internationale
Verträge werden in der Regel von Diplomaten ausgehandelt; dabei handeln diese im Auftrag ihrer
Regierungen und vertreten deren Interessen.
Die politische und diplomatische Bedeutung des Treffens zwischen Papst
Franziskus und Präsident Putin
Das Treffen Wladimir Putins mit dem Heiligen Vater im
Vatikan am vergangenen 25. November war ein Ereignis von historischer Bedeutung. Wenn auch die
Begegnung eines russischen Präsidenten mit dem Papst an sich keine Neuigkeit war, nimmt doch die
Tatsache, dass der neue Papst das Staatsoberhaupt Russlands noch vor dem amerikanischen
Präsidenten empfangen hat, eine symbolische Bedeutung an. Im heutigen geopolitischen Rahmen
scheint das „Dritte Rom“ den Interessen des Vatikans näher zu stehen als die Regierung der Vereinigten
Staaten.
Der gemeinsame Einsatz für eine friedliche Lösung des Syrienkonflikts und die Kooperation zur
Verteidigung von Religionsfreiheit und ethisch-moralischen Werten in der modernen Gesellschaft sind
heute „ein fruchtbares Begegnungsfeld“ zwischen Russland und dem Heiligen Stuhl. Zumindest nach
Ansicht von Dario Citati, Direktor des Studienprogramms „Eurasia“ des römischen Instituts für höhere
Studien in Geopolitik und deren Hilfswissenschaften (Istituto di Alti Studi in Geopolitica e Scienze
Ausiliarie; kurz IsAG), den ZENIT für ein Interview traf.
Russland ist die einzige Industrienation, in der der Anteil der Gläubigen in der Bevölkerung exponentiell
zunimmt. Zugleich hat die Anzahl der Eheschließungen und der Geburten in den letzten Jahren eine
Zunahme registriert, während die Zahl der Abtreibungen sinkt. Woher kommt dieser ermutigende
Trend?
Citati: Zum einen daher, dass die Wiederentdeckung der traditionellen und religiösen Werte, die an sich
ein spontanes Phänomen ist, von der Regierung unterstützt wird. Die Russische Föderation ist ein
säkularer Staat, doch sind sich seine Institutionen der Rolle bewusst, die Religion im Leben der
Gesellschaft spielt. Andererseits tritt dieser Trend deshalb umso deutlicher hervor, weil die Europäische
Union und die USA zurzeit eine diametral entgegengesetzte Entwicklung durchmachen. Die Wahrheit ist,
dass in den letzten Jahren nicht so sehr Russland ein religiöseres Land geworden ist, als vielmehr die
westlichen Staaten einen Prozess der Bannung traditioneller Werte aus dem öffentlichen Leben
beschleunigt haben. Dieser Kontrast erweckt den Eindruck, in Russland finde eine allgemeine
Klerikalisierung statt, obwohl in Wirklichkeit Säkularismus und Gleichgültigkeit vor dem Glauben weiter
verbreitet sind, als man denkt, besonders in den größeren Städten. Das Wachstum des Christentums in
Russland ist eine Realität, die jedoch weitaus weniger eklatant erscheinen würde, wenn nicht
gleichzeitig in Europa und den USA der entgegengesetzte Trend zu beobachten wäre.
Der Schriftsteller Alexander Solschenizyn behauptete vor 25 Jahren, dass es dem russischen Volk leicht
fallen müsse, nach Ende des Kommunismus wieder an seine Vergangenheit anzuknüpfen. Können wir im
Licht der Zunahme der Gläubigen in Russland diese Vorhersage als gelungen betrachten? Sind
Jahrzehnte des Staatsatheismus nur noch eine Erinnerung?
Citati: Solschenizyn betrachtete den Bolschewismus als einen Fremdkörper in der russischen
Kulturtradition und war deshalb überzeugt, dass nach dem Fall des Kommunismus die religiösen Werte
fast von selbst wieder in Kraft treten würden. Zum Teil kann man dieser Meinung zustimmen, aber man
darf dabei nicht vergessen, dass die Religion in Russland eine ganz eigene Geschichte hinter sich hat, in
der das Bewusstsein einer universalen Sendung mit der Sehnsucht nach nationaler Geltung gekoppelt
ist. Deshalb ist die Wiederentdeckung des Glaubens in Russland nicht ganz frei vom Risiko einer
Instrumentalisierung. In der Sowjetzeit wurde die kommunistische Ideologie als Werkzeug eingesetzt,
um die Massen mittels einer Verschmelzung von Messianismus und Patriotismus zu mobilisieren: Es ist
wichtig, dass heute nicht der Glaube auf ähnliche Weise missbraucht wird. Religion muss aufrichtig
geglaubt und im Alltag gelebt werden, um die Herausforderungen des Lebens anzunehmen. Sie darf
nicht zu einem provisorischen Zufluchtsort für nationale Identität werden.
Im November besuchte der russische Staatspräsident Wladimir Putin den Heiligen Vater Franziskus im
Vatikan. Wie sehen Sie dieses diplomatische Bündnis zwischen dem Heiligen Stuhl und Moskau zur
Lösung der Syrienkrise?
Citati: Dieses Treffen war für beide Seiten ein großer politischer und diplomatischer Erfolg, vor allem
aber hat es den richtigen Weg für Syrien vorgegeben und den Krieg verhindert. Für Russland war dieser
Erfolg auch deshalb wichtig, weil dadurch die strategische Rolle Moskaus im Nahen Osten mehr Gewicht
erhält. Trotzdem kann man in dieser gemeinsamen Aktion paradoxerweise auch die verhältnismäßige
Unfähigkeit sehen, aus dem diplomatischen Sieg vollen Nutzen zu ziehen. Zwei starke internationale
Subjekte, die im Westen oft harter Kritik ausgesetzt sind – die katholische Kirche und die Russische
Föderation – haben eine weise und moderate Politik angewandt, die auch den Erwartungen der
weltweiten öffentlichen Meinungen entsprach. Daraus sollte eine größere Wertschätzung für Ihre
Ansichten auch zu anderen Themen folgen, doch hängt das von ihrer Fähigkeit ab, ein Medienbild
auszugleichen, das sie mehr zu Zielscheiben der Kritik als zu nachahmenswerten Vorbildern macht.
Wenn Sie von „anderen Themen“ sprechen, meinen Sie damit das Naturrecht und die Verteidigung der
christlichen Identität?
Citati: Genau. Die Verteidigung des natürlichen Rechts und der christlichen Identität stellen heute das
fruchtbarste Begegnungsfeld zwischen Moskau und Heiligem Stuhl dar, denn zu diesen Themen haben
sie viele übereinstimmende Positionen. Die Szene des russischen Präsidenten, der anlässlich seines
Besuchs beim Papst die Marienikone küsst, hat Öffentlichkeit und geopolitische Beobachter
gleichermaßen beeindruckt, denn sie zeigt, dass die russische Position nicht allein der Realpolitik
entspringt.
Mit der Berufung des Kirchendiplomaten Pietro Parolin zum neuen
Kardinalstaatssekretär setzt Papst Franziskus ein starkes Zeichen. Der Wechsel
an der Spitze der römischen Kurie signalisiert einen Bruch mit dem bisherigen
Kurs im Vatikan.
Ein knappes halbes Jahr nach dem Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus kommt es im Vatikan zu
einem wichtigen personellen Wechsel an der Spitze der Kurie. Das katholische Kirchenoberhaupt hat am
Wochenende, wie bereits kurz gemeldet, den italienischen Erzbischof Pietro Parolin zum neuen
Kardinalstaatssekretär bestimmt. Der 58-jährige Geistliche wird seinen Posten als Nachfolger des
umstrittenen Kardinals Tarcisio Bertone Mitte Oktober antreten. Parolin nimmt damit hinter dem Papst
den zweiten Platz in der vatikanischen Hierarchie ein.
Ein erfahrener Vermittler
Im Vatikan kam die Berufung des promovierten Priesters aus Norditalien nicht unerwartet. In
Kirchenkreisen gilt Parolin, der an der päpstlichen Diplomatenakademie studiert hat und seit 2009
Apostolischer Nuntius in Venezuela ist, als erfahrener Vermittler. Vor der heiklen Mission in Caracas war
er zuerst von 1986 bis 1992 als Mitarbeiter in Nigeria und in Mexiko im Einsatz gewesen. Im
afrikanischen Land hatte er sich intensiv mit dem problematischen Verhältnis zwischen Christen und
Muslimen auseinandergesetzt, während er sich in Mexiko an der Etablierung der diplomatischen
Beziehungen mit dem nordamerikanischen Staat beteiligte.
Bereits 1992 wechselte Parolin in das vatikanische Staatssekretariat, wo er zehn Jahre später zum
Untersekretär der Sektion für die Beziehungen mit den Staaten berufen wurde. Als eine Art
Vizeaussenminister nahm er in dieser Funktion einige schwierige Dossiers wie Vietnam, Israel und
zuletzt China in die Hand. Der Kirchendiplomat führte die vatikanische Delegation an bei den
Verhandlungen mit chinesischen Beamten über die kritische Lage der Katholiken im Reich der Mitte.
Beziehungen zur Aussenwelt
Die jüngste Ernennung Parolins signalisiert laut hiesigen Beobachtern eine Rückkehr zur grossen
diplomatischen Tradition des Vatikans. Im Gegensatz zu den letzten Jahren sollen unter dem
designierten Kardinalstaatssekretär die auswärtigen Beziehungen der römisch-katholischen Kirche
erneut auf Realismus, vertiefter Dossierkenntnis sowie der Suche nach Lösungen beruhen. Dabei soll der
Erzbischof, der voraussichtlich zum Kardinal ernannt werden wird, auch dazu beitragen, dass die Kirche
nach den Vorstellungen von Papst Franziskus «aus sich selbst herausgeht». Nach einer längeren passiven
Phase zeigt der Vatikan den Willen, sich künftig wieder nachdrücklich den Beziehungen zur Aussenwelt
zu widmen.
Um eine neue Phase einzuläuten, war das Scheiden von Kardinal Tarcisio Bertone aus dem höchsten
Amt im Staatssekretariat unumgänglich. Der Entscheid des Pontifex, den 78-jährigen Bertone zu
ersetzen, wird deshalb als klarer Bruch mit der Vergangenheit gedeutet. Nach der Papstwahl hatte
Franziskus zunächst alle Leiter der Kongregationen und Dikasterien bestätigt, doch es schien nur eine
Frage der Zeit zu sein, bis er den in der Kurie umstrittenen Bertone ersetzen würde. Der einflussreiche
Kardinal, dessen Rücktritt der Papst am letzten Wochenende annahm, war seit seiner Berufung im Jahr
2006 durch Benedikt XVI. mehrmals unter Beschuss gekommen, zuletzt wegen des «Vatileaks»
genannten Skandals, als vertrauliche Dokumente des Vatikans an die Öffentlichkeit gelangten.
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