Landesbildungsserver Baden-Württemberg, Fachredaktion Gemeinschaftskunde, www.gemeinschaftskunde.de Landtagswahlen in Baden-Württemberg 1 Gewählt wird in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl. Dabei sind Deutsche wahlberechtigt, „die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens drei Monaten in Baden-Württemberg ihre Wohnung, bei mehreren Wohnungen ihre Hauptwohnung haben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Ausländer sind nicht wahlberechtigt, es sei denn, sie besitzen zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit und erfüllen auch die übrigen Wahlrechtsvoraussetzungen.“1 5 10 „(1) Der Landtag setzt sich aus mindestens 120 Abgeordneten zusammen, die in 70 Wahlkreisen nach Wahlvorschlägen von Parteien oder von Wahlberechtigten für Einzelbewerber gewählt werden. (2) Parteien können in jedem Wahlkreis einen Bewerber und einen Ersatzbewerber vorschlagen. Ein Einzelbewerber kann nur in einem Wahlkreis vorgeschlagen werden. (3) Jeder Wähler hat eine Stimme. Die Summe der Stimmenzahlen der Bewerber einer Partei in den Wahlkreisen ergibt die Gesamtstimmenzahl der Partei im Land.“2 15 20 Dass jeder nur eine Stimme hat, unterscheidet Baden-Württemberg von anderen Bundesländern. „Die 120 Abgeordnetensitze des Landtags (Regelzahl) werden auf die Parteien im Verhältnis der von ihnen erreichten Gesamtstimmenzahlen nach dem Höchstzahlverfahren (Sainte-Laguë/Schepers) verteilt. […] Die einer Partei zustehenden Sitze werden im Verhältnis der von ihr in den Regierungsbezirken erreichten Stimmenzahlen auf die Regierungsbezirke verteilt. […] Im Wahlkreis ist gewählt, wer die meisten Stimmen erreicht hat (Erstmandate). Auf diese Weise werden 70 der 120 Sitze vergeben. […] (Nachdem ermittelt wurde), wie viele Sitze den einzelnen Parteien in den Regierungsbezirken jeweils zustehen. Darauf werden die Erstmandate, die die Partei im Regierungsbezirk erreicht hat, angerechnet. Die restlichen der Partei danach noch zustehenden Sitze werden denjenigen Bewerbern der Partei zugeteilt, die im Regierungsbezirk die höchsten prozentualen Stimmenanteile erreicht haben und bisher noch nicht berücksichtigt sind. Auf diese Weise werden 50 weitere Sitze vergeben (Zweitmandate). Eine Partei kann in einem Regierungsbezirk mehr Erstmandate erreichen, als ihr nach der Verhältnisrechnung […] zustehen (Überhangmandate). Diese Mandate bleiben der Partei erhalten. Überhangmandate sind also stets Erstmandate. […] Hat eine Partei in einem Regierungsbezirk Überhangmandate erworben (also mehr Mandate, als ihr dort nach ihrem Stimmenanteil eigentlich zustehen), findet in dem betreffenden Regierungsbezirk ein Ausgleich im Verhältnis zu den anderen Parteien statt (Verhältnisausgleich). […] Dabei kann sich ergeben, dass den anderen Parteien zuvor weitere Sitze zuzuteilen sind (Ausgleichsmandate). Ob tatsächlich Ausgleichsmandate entstehen, hängt von den Stimmenzahlen der einzelnen Parteien im Regierungsbezirk ab. Die Ausgleichsmandate werden an die Bewerber der betreffenden Partei vergeben, die in dem Regierungsbezirk die höchsten prozentualen Stimmenanteile erreicht haben und bisher noch nicht berücksichtigt sind. Ausgleichsmandate sind Zweitmandate. Durch Überhangmandate und Ausgleichsmandate kann sich die Gesamtzahl der Abgeordneten über 120 hinaus erhöhen. […]“ 3 25 30 35 40 45 50 1 2 3 Fassen Sie die wichtigen Aspekte am Rand zusammen. Stellen Sie dar, wer den Landtag wie wählen darf und wer schließlich in diesen einzieht. Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg: Informationen zur Landtagswahl in Baden-Württemberg, 2016. Gesetz über die Landtagswahlen, erster Abschnitt, §1.3. Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg: Informationen zur Landtagswahl in Baden-Württemberg, 2011, S. 11f.. Landesbildungsserver Baden-Württemberg, Fachredaktion Gemeinschaftskunde, www.gemeinschaftskunde.de Mögliche Auswirkungen der Landtagswahl 2016 in Baden-Württemberg 1 Der 15. Landtag von Baden-Württemberg wurde am 27. März 2011 gewählt, die Wahlperiode endet regulär am 30. April 2016. Es ist festgeschrieben, dass die Neuwahl des 16. Landtags vor Ablauf der aktuellen Wahlperiode stattfinden muss. Am 24.3.2015 wurde von der Landesregierung der 13. März 2016 als Wahltag festgelegt, auch Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt wählen an diesem Tag ihre Regierungen neu. An diesem Tag dürfen 7,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg ihre Stimme für 120 Abgeordnete abgeben. Die diesjährige Wahl ist sehr spannend, es wird sich entscheiden, ob Winfried Kretschmann weiterregieren wird oder die CDU mit Guido Wolf gewinnt. Die FDP war bis 2011 vergleichsweise stark, BadenWürttemberg galt immer als „Stammland der Liberalen“, 2016 entscheidet sich, ob die Partei nach fünf Jahren wieder mitregieren darf und es stellt sich die Frage, ob Parteien wie die „Alternative für Deutschland AfD“ oder „Die Linke“ das erste Mal in den baden-württembergischen Landtag einziehen werden. Die AfD, die Alternative für Deutschland, wurde 2013 als Reaktion auf die Euro-Rettungspolitik gegründet und gewann bei der Europawahl 2014 überregionale Mandate, zog im gleichen Jahr auch in die Landesparlamente Sachsens, Brandenburgs, Thüringens und 2015 in die Hamburgs und Bremens ein. Die Partei unter dem Vorsitz von Frauke Petry und Jörg Meuthen gilt als rechtspopulistisch, einige sind sogar der Meinung, die Partei habe rechtsextreme Züge, auch der Verfassungschutz hat Teile der Partei im Blick4. „Schenkt man jüngsten Umfragen Glauben, gelingt es der rechtspopulistischen Partei (AfD) im Frühjahr mühelos, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen und in weitere Landesparlamente einzuziehen. Die (Partei) hätte damit erstmals Landtage in westdeutschen Flächenländern erobert.“5 Zuletzt hatte die Partei zum Jahreswechsel 2015/2016 für Aufsehen gesorgt, da sie im Dezember „Spenden in Höhe von insgesamt 2,1 Millionen Euro erhalten (habe), sagte Parteisprecher Christian Lüth. Daher werde ihr aus der Reform der staatlichen Parteienfinanzierung in diesem Jahr kein finanzieller Nachteil erwachsen. Laut Lüth nahm die Bundes-AfD 1,7 Millionen Euro zusätzlich ein. In den Landesverbänden seien weitere 400.000 Euro eingesammelt worden. Damit erreiche die AfD die Obergrenze der Spendeneinnahmen, für die es Geld vom Staat gibt.“6 Fest steht, dass die AfD die Regierungsbildung in den Landtagen stark beeinflussen kann. Bisherige Koalitionen könnten unter Umständen nicht weitergeführt werden, es könnte sogar zu Großen Koalitionen kommen, wahrscheinlich unter Führung der CDU. Umfragen zufolge ist es wahrscheinlich, dass Winfried Kretschmann, der baden-württembergische Ministerpräsident (Grüne) die grün-rote Koalition nicht mehr fortführen kann. Auch für eine Rückkehr von Schwarz-Gelb (CDU/FDP) würde es nicht reichen, da alle zurzeit im Landtag vertretenen Parteien ein Bündnis mit der AfD ausschließen. Damit kämen folgende Koalitionen in Betracht: Schwarz-Grün, Schwarz-Rot oder eine AmpelKoalition aus Grünen, SPD und FDP.7 Text: Mirja Schweigert 5 10 15 20 25 30 35 40 45 4 Fassen Sie wichtige Aspekte am Rand zusammen. Stellen Sie die Informationen zur AfD zusammen und erörtern Sie, warum die bisherigen Landtagsparteien eine Koalition mit dieser Partei ausschließen. Stellen Sie dar, welche Koalitionen in Baden-Württemberg nach der Landtagswahl 2016 denkbar sind und welche Auswirkungen der Einzug der AfD in den Landtag für die Bildung regierungsfähiger Koalitionen hätte. Tagesschau, 6.1.2016, Mediathek-Artikel „Die AfD - Im Blick der Verfassungsschützer“. Handelsblatt 5.1.2016, online abrufbar: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/landtagswahlen-2016-das-super-wahljahrfuer-die-afd/12759600.html 6 Süddeutsche Zeitung, 31.12.2015, „AfD ist auch ohne Gold-Shop nicht klamm„ online abrufbar: http://www.sueddeutsche.de/news/politik/parteien-afd-ist-auch-ohne-gold-shop-nicht-klamm-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101151231-99-646076 7 http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/ 5