Lehrveranstaltungen Sommersemester 2012 Vorlesungen: VL: Drei Transportrevolutionen Dozent: PD Dr. Kurt Möser Zeit: Mi 11:30 - 13:00 Uhr Ort: Geb.10.81, Raum 219.1 Die Transport- und Mobilitätsgeschichte erlebte drei große Transformationen: Im 18. Jahrhundert wurde der Wasser- und Landtransport systemisch verändert, durch neue Organisationsformen, neue Infrastrukturen und neue Verkehrsmittel. Diese Verkehrsrevolution ist eng verzahnt mit der industriellen Revolution. Die zweite Mobilitätsrevolution im 19. Jahrhundert durch Dampfschiffe und Eisenbahnen hatte weitrechende wirtschaftliche, industrielle und militärische Folgen. Wie auch bei der dritten Mobilitätsrevolution zwischen 1880 und dem Ersten Weltkrieg, gekennzeichnet durch Individualisierung und durch die „Eroberung der Luft“, geht es in der Vorlesung darum, den Wandel der Mobilität in vielfältigen Kontexten zu verstehen. Nicht nur die Transformation der Systeme und die Beschleunigung und Vernetzung wird betrachtet, sondern auch die veränderte Wahrnehmung durch die Nutzer oder auch die kulturellen Reflexionen. Zur Einführung (Kopie im Sekretariat): Möser, Kurt, Prinzipielles zur Transportgeschichte. Sieferle, Rolf Peter, Breuninger, Helga (Hg.), Transportgeschichte im internationalen Vergleich. Europa – China – Naher Osten. Stuttgart 2004, S. 45 – 86 (= Der Europäische Sonderweg Bd. 12) Vorläufige Themenauswahl: Mobilität in den Agrarzivilisationen; Erste Transportrevolution: Innovationen im 18. Jahrhundert; Turnpikes und Kutschen; Infrastrukturen und Organisationsveränderungen; Seefahrt und Schiffbau bis 1850; Zweite Transportrevolution: Dampf und Eisen zu Lande; Dampfschiff und Seemacht; Transportrevolutionen und Militär im 18./19. Jahrhundert; Dritte Transportrevolution: Individualverkehrsmittel und „Sportisierung“; Räder, Boote, Automobile; die neue Luftmobilität; Mobilitätsrevolution und Kriege im 20. Jahrhundert; Prinzipielles: Mobilität, Industrialisierung und Moderne VL: Einführung in das Studium der Neueren-/Neuesten- und Technikgeschichte Dozent: Dr. Günther Oetzel Zeit: Do 9:45 - 11:15 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 012 Hinweis: Die Lehrveranstaltung ist auch für Studierende der Elektrotechnik und Informationstechnik als Schlüsselqualifikation geeignet. In den Jahrzehnten zwischen 1880 und 1930, in einer Zeit also zwischen Fortschrittseuphorie einerseits und Weltuntergangsstimmung andererseits, liegen die Wurzeln unserer heutigen modernen Lebenswelt. Die Symbole der Modernität und des Fortschritts sind dabei zunächst und in aller erster Linie technischer Natur. Die Massenproduktion im Fließprozess (Henry Ford) und die Konsumgesellschaft, die jedermann Teilhabe am neuen Wohlstand verspricht, sind dabei die beiden Seiten der neuen Zeit. Deren technische Verheißungen, wie etwa Automobile, Flugzeuge, die Elektrizität, Hochhäuser, Telefon, Radio, Film sowie eine nie zuvor dagewesene Alltagstechnik, die vom Kühlschrank über den Toast Hawaii bis hin zur Maggisuppe die Haushalte rationalisieren, zeigen schon bald, wohin die Reise geht. Neue Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen entwickeln sich. Zeit ist nun Geld. Und dabei revolutionieren die neue Fabriktechnik und das mit ihr einhergehende Denken nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft an sich, sondern den Menschen selbst. Um unsere heutige Massenkonsum- oder besser Wegwerfgesellschaft verstehen zu können, werden wir an deren Wurzeln zurückgehen und in der Vorlesung die gesellschaftliche Umbruchzeit zwischen 1880 und 1930 unter vielfältigen Gesichtspunkten analysieren. Literaturhinweise: Sigfried Giedion, Die Herrschaft der Mechanisierung, dtsch. Ffm 1982; Wolfgang König, Wolfhard Weber (Hrsg.) Netzwerke Stahl und Strom, Berlin 1990 (Propyläen Technikgeschichte Bd.4); Wolfgang König, Geschichte der Konsumgesellschaft, Stuttgart 2000; Günther Oetzel, Konsum(t)räume. Die Warenwelt als Technotop, Karlsruhe 2010; Technoseum, Landesmuseum für Technik und Arbeit (Hrsg.), Unser täglich Brot…Die Industrialisierung der Ernährung, Mannheim 2011. VL: Die Machtergreifung des Nationalsozialismus, 1929–1936 Dozent: Prof. Dr. Rolf-Ulrich Kunze Zeit: Di 11:30 - 13:00 Uhr Ort: Geb. 30.41, 005 HS II Die Geschichte von Hitlers Weg zur Macht ist auch eine Geschichte seiner Unterschätzung: Der Satiriker Kurt Tucholsky schrieb am 14. April 1931 in der ,Weltbühne’: „Den Mann gibt es gar nicht; er ist nur der Lärm, den er verursacht.“ Der konservative vormalige Reichskanzler Franz von Papen brachte im Januar 1933 das Konzept der Einrahmung Hitlers und des Profitierens von seinem Massenanhang auf die vielzitierte Formel: „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, daß er quietscht!“ Viele Sozialdemokraten gingen auch nach dem 30. Januar 1933 schlimmstenfalls von einer Wiederkehr der Zeit der Sozialistengesetze im Kaiserreich aus. Die KPD-Anhänger rechneten mit einem schnellen Kollaps des ,faschistischen Regimes’. Sie alle täuschten sich gründlich. Die Vorlesung behandelt u.a. die Erdrutscherfolge der NSDAP als ,Führerpartei’ seit der Weltwirtschaftskrise, Hitlers Alles-oder-nichts-Strategie, die Zweiteiligkeit der ,Bewegung’ in Partei sowie SA und SS, die Intrigen der Jahreswende 1932/33, die Stufen der Gleichschaltung und Selbstgleichschaltung der deutschen Gesellschaft unter der Regierung Hitlers bis zur Olympiade von 1936. Ein halbes Jahr, bevor sie unter der freundlichen Anteilnahme der Weltpresse als Schaubühne des NS-Regimes eröffnet wurde, war Tucholsky im schwedischen Exil gestorben. In der Vorlesung werden u. a. die folgenden Themen behandelt: Forschungsgeschichte und Forschungsstand zum Scheitern der Weimarer Republik, zur Machtergreifung und Regime-Etablierung bis 1936 Adolf Hitler: Biographie und Biographien Die NSDAP: eine deutsche Volkspartei Hitlers Weltanschauung und ihre Hauptziele Die Präsidialkabinette Weimars vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise Frühe Gegner und Warner vor Hitler: eine Minderheit Die Intrigen des Winters 1932/33 und die ,nationale Revolution’ Reichstagsbrand, Reichstagsbrandverordnung, Märzwahl 1933, Ermächtigungsgesetz Sozialer Rollenpluralismus und politische Rollenkonflikte: vom Unsinn der Schwarz-WeißKontrastierung von ,Widerstand’ und ,Anpassung’ ex post Propaganda, Gewalt, Akzeptanz: Machination oder auch Erfolge? Der ,Doppelstaat’: Repression und Normalität Die kumulative Radikalisierung in der Judenfrage Alltag im Nationalsozialismus: Wie real war die Volksgemeinschaft? Die Ambivalenz der nationalsozialistischen Modernisierung Und die Gegner? Die ,guten Jahre’ des Nationalsozialismus? Über die Intentionalität der Weltanschauungsherrschaft Ausblick auf den Zivilisationsbruch Leistungsvoraussetzungen Siehe ,Richtlinien zum Erwerb von ECTS-Punkten/Leistungsnachweisen in meinen Veranstaltungen’: http://www.rz.uni-karlsruhe.de/~geschichte/uploads/ects-richtlinien-pd-kunze.pdf . Literatur: Martin Broszat, Die Machtergreifung. Der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik, München 1984; Michael Burleigh, Die Zeit des Nationalsozialismus. Eine Gesamtdarstellung, Frankfurt am Main 2000; Enzyklopädie des Nationalsozialismus, hg. v. Wolfgang Benz u. a., Stuttgart 1997 u.öf.; Richard J. Evans, Das Dritte Reich, Bd. I: Aufstieg, München 2005; Sebastian Haffner, Anmerkungen zu Hitler, München 1978; Klaus Hildebrand, Das Dritte Reich, München 41991 u.ö. (OGG 17); Ian Kershaw, Hitler. Eine Biographie, 2 Bde., München 1998 ff. VL: Technikgeschichte: Der Aufbruch in die Moderne II - Das 20. Jahrhundert Dozent: Prof. Dr. Rolf-Jürgen Gleitsmann-Topp Zeit: Di 14:00 – 15:30 Uhr Geb.20.12, Raum 110 Das 20. Jahrhundert ist in besonderem Maße als Zeitalter der Technik zu charakterisieren. Eine Entwicklung setzte sich fort, die die reale Lebenswelt des Menschen in ein „Technotop“ (Ropohl) überführte und die moderne Industriegesellschaft von ihrer Technik abhängig werden ließ. Dieses Phänomen betrifft sowohl den Bereich der Produktion, als auch den des Konsums. Das Massenhafte an sich wird zum Kennzeichen der industriellen Zivilisation unserer Gesellschaft. Dies verbindet sich auf der einen Seite mit der Verfügbarkeit von Konsumartikeln (fast) jedweder Art zu geringen Preisen und damit Wohlstand, auf der anderen Seite aber auch mit der rapiden Ausschöpfung der natürlichen Ressourcen, sowie drastischen Negativeffekten auf die globale Umwelt. Die Zeiten des materiellen Überflusses, die das 19. Jahrhundert zunächst offerierte und damit die Menschen in ihren Bann zog, scheinen nun an den Klippen globaler Probleme zu zerschellen. An die Stelle maßloser Verschwendung tritt nun die Notwendigkeit eines nachhaltigen Wirtschaftens. Wir wollen in der Vorlesung diese Entwicklung, die sich im laufe des 19. Jahrhunderts vollzog, nachzeichnen und die Wechselwirkungen von technischem und gesellschaftlichen Wandel aufzeigen. Exemplarisch werden dabei die verschiedenen Aspekte des Technikdiskurses in vier großen Themenblöcken untersucht. Diese Themenbereiche geben zugleich einen Überblick zu der sich verändernden gesellschaftlichen Einstellung zur Technik. Im Einzelnen werden dies sein: 1. Die „Taylorisierung“ des menschlichen Alltags, oder: Wie gerne wir zu Cyborgs wurden; ( Haushalts- und Mobilitätstechnologien) 2. Totalitäre Technik: Atombomben und Raketen; 3. Die Zeit der großen Visionen: - Wohlstand für alle: Die Massenkonsumgesellschaft seit den 1950er Jahren - Das friedliche Atom und seine unerschöpfliche Energie; 4. Die Grenzen des Wachstums: - Zum bewusst werden der Ressourcen- und Umweltproblematik seit den 1970er Jahren - Lösungskonzepte: Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit. Literaturhinweise: Werner Brüderle, Geschichte der Raumfahrt, Künzelsau 1999; Ruth Schwartz Cowan, More Work for Mother, The Ironies of Household Technologies from the Hearth to the Microwave, London 1989; Rolf-Jürgen Gleitsmann et al., Technikgeschichte, Konstanz 2009; Rolf-Jürgen Gleitsmann, Günther Oetzel, Fortschrittsfeinde im Atomzeitalter ? Protest und Innovationsmanagement am Beispiel der frühen Kernenergiepläne der Bundesrepublik Deutschland, Diepholz, Berlin 2012; Armin Grunwald, Jürgen Kopfmüller, Nachhaltigkeit, 2. Aufl., Frankfurt, New York 2012; Wolfgang König, Geschichte der Konsumgesellschaft, Stuttgart 2000; Kurt Möser, Fahren und Fliegen in Frieden und Krieg, Heidelberg 2010; Dennis Meadows et al., Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Reinbek bei Hamburg 1973; Günther Oetzel, Konsum(t)räume. Die Warenwelt als Technotop, Karlsruhe 2010; Mark Walker, Die Uranmaschine, Mythos und Wirklichkeit der deutschen Atombombe, Berlin 1990. Proseminare: PS: Übung: Arbeitskreis Formatierung sozialer Räumer. Die Welt als Infrastruktur Dozent: PD Dr. Kurt Möser, Dipl. biol. et lic. oec. HSG Ulrich Gehmann Zeit: Do 14:00 - 15:30 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 009 Der seit 2008 geführte Arbeitskreis "Formatierung sozialer Räume" wird in diesem Semester mit dem Thema Die Welt als Infrastruktur fortgesetzt. Es geht dabei um die Genese und die Ausfaltung von Infrastrukturarchitekturen, ohne die eine Moderne nicht denkbar gewesen wäre. Technische Modellierungen von Versorgung und Mobilität führen zu einer Vereinheitlichung und Formatierung des Raums, von den ersten Abwasseranlagen im 19. Jahrhundert bis zu heutigen logistic landscapes, social media und Informations- sowie Finanzströmen. In diesem Zusammenhang soll die These des technogenen Raums (Oetzel) diskutiert werden, sowie Phänomene umfassender Weltvernichtung und Neuschaffung. Die Veranstaltung ist transdisziplinär. Teilnehmer der mathematisch-technischen Wissenschaften, der Architektur, Geisteswissenschaftlern und Vertreter der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG) sowie des ZKM . Daneben steht die Veranstaltung Interessierten aller Fachrichtungen offen. PS: Gegenstände als historische Quellen/Kurs Einführung in die Museumsarbeit Dozent: PD Dr. Kurt Möser Zeit: Mi 14:00 – 15:30 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 009 Während des Studiums wird meistens mehr Wert auf die Interpretation von Text- und Bildquellen gelegt als auf die Analyse gegenständlicher Quellen. Dabei ist die materielle Überlieferung nicht allein für die Technikgeschichte relevant: Dinge sind Emotions- und Informationsträger, mit denen Historiker umgehen müssen, sie stehen für Produktion, Ge- und Verbrauch, für Bindungen und Lebensformen. Objekte sind einerseits Überreste vergangenen menschlichen Handelns, andererseits kann durch sie historisches Wissen vermittelt werden. Dazu werden ausgewählte Objekte in ihren Kontexten und ihrer Überlieferungsgeschichte interpretiert. Zudem werden Methoden der historischen Artefaktanalyse rekonstruiert und angewendet. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird erwartet, dass sie eigene Ideen und Sympathien (oder Antipathien) bei der Auswahl und der Interpretation von Objekten einbringen. Museumsbesuche sind vorgesehen. Leistungsvoraussetzungen: Aktive, regelmäßige Teilnahme; mündliches Referat über ein Objekt und seine Kontexte, oder Rezension eines Forschungstextes Literatur zur Vorbereitung: Appadurai, Arjun, Introduction. Ders. (Hg.), The Social Life of Things. Cambridge 1986, S. 3-63 Attfield, Judy, Wild Things. The Material Culture of Everyday Life. Oxford 2000 Briggs, Asa, Victorian Things, London 1988 Dazu Textkopien als Reader im Sekretariat PS: Luftfahrt: Technik, Kultur, Politik Dozent: PD Dr. Kurt Möser Zeit: Do 9:45 – 11:15 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 009 Die kurze Geschichte der Luftmobilität ist nicht nur durch eine außerordentliche Beschleunigung des technischen Fortschritts und durch Innovationen geprägt, sondern von Beginn an auch durch politische und militärische Vereinnahmungen sowie durch ein außerordentlich breites öffentliches Interesse und durch kulturelle Verarbeitungen. Vorläufige Themenauswahl: Fliegen als interdisziplinärer Forschungsgegenstand; die Vorgeschichte des Menschenfluges: Mythologie, Versuche, Verwissenschaftlichung; Flugpioniere in Europa und den USA; das „Sensationsjahr“ 1909; Fliegerei, Kultur und Gesellschaft vor 1914; Zeppelinpolitik und Flugzeugpolitik; Fliegen im Ersten Weltkrieg: Technik, militärische Einsätze, kulturelle Konstruktion des Piloten, Ästhetik; 1918-1939: Politik der „Pionierflüge“ und der Passagierluftfahrt; Segelflug von Lilienthal bis heute; Flugzeugbegeisterung in nationalen Kontexten; Bombenkrieg und Militärkulturen; Luftfahrt und Politik im Kalten Krieg; Passagierfliegerei nach 1945; Trends im Flugzeugbau; Luft- und Raumfahrt als Hochtechnologie; Kultur und Images des Fliegens heute und morgen PS: Wer wählte Hitler? – Der Aufstieg der NSDAP von einer Splittergruppe bis zur Machtergreifung (Quellenkunde der Neuzeit und Technikgeschichte, Module IV. und VI.) Dozent: Dr. Klaus Eisele Zeit: Mi 11:30 - 13:00 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 009 Den Schwerpunkt des Seminars bildet die Zeit von 1928, also einer Phase der relativen Stabilität, bis zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Die politischen Folgen, d.h. "das Ineinander-Wirken von ökonomischer Misere und zunehmender Radikalisierung der Bevölkerung" werden im Spiegel der Wahlen betrachtet, unter besonderer Berücksichtigung des Aufstiegs der NSDAP. Untersuchen wollen wir einerseits den massenhaften Zustrom von Wählern sowie deren soziale und parteipolitische Herkunft, zum anderen soll die Frage nach den Ursachen für die Hinwendung zur NSDAP geklärt werden. Waren es die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise? War es die Empörung über das Fehlen eines Versuchs der Krisenbewältigung? Oder ist auch die obrigkeitsfromme, nationalistische und antidemokratische Einstellung vieler Deutscher Grund für die Erfolge des Nationalsozialismus gewesen? Im Mittelpunkt steht die große Depression zu Anfang der 30er Jahre, die, wie Werner Conze hervorgehoben hat, zwar den Erfolg der Nationalsozialisten nicht verursacht, wohl aber ermöglicht hat. Die 1929 heraufziehende Wirtschaftskatastrophe traf vor allem Arbeiter und Angestellte, aber auch Beamte, deren Bezüge aufgrund der leeren Staatskassen im Verlauf der Krise ständig herabgesetzt wurden. Sicherlich prägten auch die Zusammenbrüche von Industriebetrieben und Banken sowie die große Not der Landwirtschaft die Krise, doch stellten die Massenarbeitslosigkeit und die Not in den Städten diese Auswirkungen in den Schatten. Eine wirtschaftliche Alternative zu den Versprechungen der NSDAP konnte die KPD mit dem Hinweis auf die Sowjetunion bieten. Ihr war es nicht nur gelungen, der Krise zu entgehen, sie konnte sogar ihre Pläne der Industrialisierung des Landes vorantreiben und deutsche Facharbeiter zu günstigen Löhnen beschäftigen. Durch ihre Nachfrage nach Industriegütern sicherte die Sowjetunion auch Arbeitsplätze in Deutschland. So gingen im Jahr 1931 74% der von Deutschland ausgeführten Werkzeugmaschinen in die Sowjetunion. Diese wirtschaftlichen Erfolge, die die politischen Schwierigkeiten in der Sowjetunion in den Hintergrund treten ließen, führten allerdings auch in weiten Kreisen der Bevölkerung zu einer gesteigerten Furcht vor dem Kommunismus und damit auch zur Hinwendung zu dieser "anti"-Partei. In der „Quellenkunde“ wird es darum gehen, am Beispiel ausgesuchter Themen, die wichtigsten Quelleneditionen kennen und die Arbeit mit ihnen zu erlernen und zu üben. Denn Quellen sind die Grundlage historischen Wissens. Im Seminar soll der Umgang mit diesen Quellen erlernt und in einer abschließenden, auf dieser Quellengrundlage basierenden Hausarbeit, seine praktische Anwendung finden. Zur Vorbereitung Brandt, Ahaveser von, Werkzeug des Historikers: eine Einführung in die historischen Hilfswissenschaften. Stuttgart u.a. 15.Aufl. 1998. Baumgart, Winfried [Hrsg.], Quellenkunde zur deutschen Geschichte der Neuzeit von 1500 bis zur Gegenwart / Darmstadt : Wiss. Buchges.; (Online-Resource in der KITBibliothek)Kunze, Rolf-Ulrich, Kursbuch Neueste und Technikgeschichte [Elektronische Ressource] : Studienorganisation und Hilfsmittel / von Rolf-Ulrich Kunze Karlsruhe : Universitätsverlag, 2008. - Online-Ressource in der KIT-Bibliothek) (Technikdiskurse ; 2) Kolb, Eberhard, Die Weimarer Republik, München 2009. Hildebrand, Klaus, Das Dritte Reich. München 7. Aufl. 2010. Martin Broszat, Die Machtergreifung. Der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik, München 1984 Falter, Jürgen. W., Hitlers Wähler. München 1991. Ian Kershaw, Hitler. Eine Biographie, 2 Bde., München 1998 ff. PS: Technik – Stadt - Utopie Dozent: Dr. Günther Oetzel Zeit: Mi 9:45 -11:15 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 010 "Einst war die Stadt das Symbol einer ganzen Welt. Heute ist die ganze Welt im Begriff, Stadt zu werden", erkannte der Historiker Lewis Mumford 1961 in seinem Standardwerk über die Geschichte der Stadt. Die Stadt ist ein hoch verdichteter und technogener Lebensraum, eine artifizielle Realität, die zugleich Produkt der Vergangenheit, Interpretation der Gegenwart und Verweis auf eine antizipierte Zukunft ist. Das Seminar zeichnet Leitbilder moderner Urbanität nach, befragt diese nach ihren utopischen Elementen und stellt diese dem historischen Kontext als Korrektiv gegenüber. Die Gegenüberstellung von Anspruch und Realität, von Stadtentwurf und materieller Realstadt, verweist dabei auf eine fundamentale Dialektik des Projekts der Moderne. Urbane Leitbilder: - die futuristische Stadt - die soziale Stadt - die Stadt als Maschine - die Industriestadt - die sozialistische Stadt - die autogerechte Stadt - die simulierte (Konsum)Stadt - die grüne Stadt - die Hochsicherheitsstadt Leistungsvoraussetzungen Regelmäßige Teilnahme (Anwesenheitskontrolle) Übernahme eines mündlichen Referats (2 ECTS-Punkte) Schriftliche Ausarbeitung des Referats + Literaturliste (4 ECTS-Punkte) Wissenschaftliche Hausarbeit (10-12 Seiten) (6 ECTS-Punkte) Literaturempfehlungen Lewis Mumford: Die Stadt : Geschichte und Ausblick. Köln, Berlin 1963 Dirk van Laak : Planung, Planbarkeit und Planungseuphorie. Version: 1.0. In: DocupediaZeitgeschichte, 16. 2.2010, URL: https://docupedia.de/zg/Planung?oldid=75532 PS: Lektürekurs: Martin Boszat, Die Machtergreifung. Der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik Dozent: Prof. Dr. Rolf-Ulrich Kunze Zeit: Mi 9:45 - 11:15 Uhr Ort: Geb.10.50, Raum 701.3 Das Proseminar versteht sich, begleitend zu meiner Vorlesung über die Machtergreifung, als Forum für ein close reading eines zeitgeschichtlichen Klassikers: Martin Brozsats Zusammenfassung seiner Argumente für einen weiten Machtergreifungsbegriff aus dem Jahr 1984. U.a. soll die zeitgeschichtliche Kontroverse um Broszats Interpretation im Kontext der Forschungsentwicklung nachvollzogen werden, vor allem aber die Argumentationsstruktur Broszats. Das Proseminar behandelt dieses Thema zum Zweck der Einführung in die Grundlagen des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens im EUKLID-Schwerpunktbereich Geschichte und ist für Anfängerinnen und Anfänger besonders geeignet. Literatur: Karl Dietrich Bracher, Manfred Funke, Hans-Adolf Jacobsen (Hg.), Deutschland 1933–1945, Bonn 1992 (BZfpB, Bd. 314); dies. (Hg.), Die Weimarer Republik 1918–1933, Bonn 21988 (BZfpB, Schriftenreihe Bd. 251); Martin Broszat, Die Machtergreifung. Der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik, München 1984 (Anschaffung!); Michael Burleigh, Die Zeit des Nationalsozialismus. Eine Gesamtdarstellung, Frankfurt am Main 2000; Enzyklopädie des Nationalsozialismus, hg. v. Wolfgang Benz u. a., Stuttgart 1997 u.öf.; Richard J. Evans, Das Dritte Reich, Bd. I: Aufstieg, München 2005; Sebastian Haffner, Anmerkungen zu Hitler, München 1978; Klaus Hildebrand, Das Dritte Reich, München 41991 u.ö. (OGG 17); Eberhard Jäckel, Hitlers Weltanschauung. Entwurf einer Herrschaft, Stuttgart 1981; ders., Hitlers Herrschaft. Vollzug einer Weltanschauung, Stuttgart 1986 Leistungsvoraussetzungen Siehe ,Richtlinien zum Erwerb von ECTS-Punkten/Leistungsnachweisen in meinen Veranstaltungen’: http://www.rz.uni-karlsruhe.de/~geschichte/uploads/ects-richtlinien-pd-kunze.pdf . PS: Technikgeschichte : Die Technik der Antike Dozent: Prof. Dr. Rolf-Jürgen Gleitsmann-Topp Zeit: Di 9:45 – 11:15 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 009 Betrachtet man die griechisch-römische Antike (ca.1.200 v. Chr. – 600 n.Chr.), und damit die Wiege unserer abendländischen Kultur, so zeichnet sich diese durch Vielerlei aus. So etwa durch herausragende Denker, Gelehrte, Künstler und Politiker. Ebenso durch monumentale Bauwerke, Kriegsmaschinen, städtische Versorgungslogistik, Automaten, einem Manufakturwesen, das der Herstellung standardisierter Massenkonsumgütern diente, einer bemerkenswerter Mobilitätstechnik oder auch einem transeuropäischen Montansektor, der das Reich mit Metallen versorgte. Auffällig ist, dass die Bedeutung und das Leistungsvermögen antiker Technologie in einem so krassen Gegensatz zur Wertschätzung standen, den der Berufsstand des „Technikers/Handwerkers“ in den Augen der aristokratischen Eliten besaß, und den diese mit dem Begriff „Banausen“ brandmarkten. Xenophon (4.Jh.), der Athener Schriftsteller, Politiker und Feldherr, formulierte es so: „Die banausischen Tätigkeiten sind berüchtigt und werden in den Städten mit Recht verachtet.“ Von daher überrascht es nicht, dass die Wohlhabenden der Antiken Gesellschaft ihr Kapital nicht in technische Erfindungen, sondern in landwirtschaftliche Güter investierten, um deren Erträge für ein eigenes standesgemäßes Leben in der Polis zu verwenden. Dessen ungeachtet kann aber von einer grundsätzlichen „Technikfeindlichkeit“ der Antike nicht die Rede sein, und einige „Ingenieure“, wie z.B. Heron von Alexandria, brachten es zu Wohlstand und höchstem Ansehen. Wir werden uns im Seminar eingehend mit diesem Fragekomplex beschäftigen. Darüber hinaus soll die Technik/der technische Fortschritt in der Antike aufgezeigt und in seiner gesamtgesellschaftlichen Bedeutung analysiert werden. Insbesondere wird aber auch eine Einführung in die Methodik der Technikgeschichtsschreibung erfolgen und es werden jene technischen Fertigkeiten vermittelt/geübt die für das Erbringen einer erfolgreichen Seminarleistungen unerlässlich sind (Referat, Thesenpapier, Bibliographieren, Vortragstechniken, Quellenkritik, Formalien etc.) Literaturhinweise: Cech, Brigitte, Technik in der Antike, Darmstadt 2010; Gleitsmann, R.-J., et al, Technikgeschichte, Konstanz 2009; Grewe, Klaus, Meisterwerke antiker Technik, Mainz 2010; Kunze, Rolf-Ulrich, Kursbuch Neueste- und Technikgeschichte: Studienorganisation und Hilfsmittel, Karlsruhe 2008 / Technikdiskurse: Karlsruher Studien zur Technikgeschichte Bd.2 ( http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/volltext/1000009252 ); Landes, John Gray, Die technik in der antiken Welt, dtsch., München 1979; Oleson, John Peter (Hg.), Engineering and Technology in the Classical World, Oxford 2008; Schneider, Helmuth, Geschichte der Antiken Technik, München 2007; Weeber, Karl-Wilhelm, Smog über Attika. Umweltverhalten im Altertum, Frankfurt 1990. Weeber, Karl-Wilhelm, Alltag im Alten Rom: Das Leben in der Stadt, Frankfurt 2010; Hauptseminare: Kandidatenseminar Dozent: Prof. Dr. Rolf-Jürgen Gleitsmann-Topp Zeit: Mi 11:30 - 13:00 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 002 Die Lehrveranstaltung richtet sich im besonderen Maße an Studierende des Studienganges EUKLID sowie an die fortgeschrittenen Fachstudierenden Geschichte/Technikgeschichte. Im Seminar sollen jene Fertigkeiten vermittelt bzw. vertieft werden, die für das Anfertigen von Studienarbeiten und für das Ablegen einer erfolgreichen BA/MA-Prüfung erforderlich sind. Wir wollen hierbei die durch die Prüfungsordnungen vorgegebenen Formalien des Studienabschlusses ebenso besprechen wie die sonstigen prüfungsrelevanten Sachverhalte. Insbesondere die Themenkomplexe: Anfertigung einer Studienarbeit, mündliche Prüfung, Organisation der Vorbereitung, Themenfindung, Literaturerfassung und –beschaffung, Prüfungsabläufe, aber auch Magisterarbeit und Klausuren sollen hierbei im Mittelpunkt stehen. Darüber hinaus ist die Möglichkeit gegeben, eigene Studienarbeiten vorzustellen und darüber zu diskutieren, sowie über laufende Magisterarbeiten zu berichten, bzw. Teilaspekte im Seminar vorzustellen. Auch für die Auseinandersetzung mit -möglicherweise prüfungsrelevanten- Neuerscheinungen aus dem Publikationsspektrum der (Technik)geschichte wird ebenso Zeit sein, wie für Diskussionen über aktuelle Methodenfragen in den Humanwissenschaften. Downloads: Oetzel, G., Einführung in die Neuere und Neueste Geschichte/Technikgeschichte – Skript(hompage des Instituts für Geschichte). Einführung in die Neuere und Neueste Geschichte/Technikgeschichte – Power Point (hompage des Instituts für Geschichte). Kunze, R.-U., Kursbuch Neueste und Technikgeschichte. Studienorganisation und Hilfsmittel. (Technikdiskurse. Karlsruher Studien zur Technikgeschichte Bd.2, hrsg. v. R.J. Gleitsmann), Universitätsverlag Karlsruhe, Karlsruhe 2008 (download als EBook). Gleitsmann, R.-J., Kunze, R.-U., Oetzel, G., Technikgeschichte, Konstanz 2009. HS: Das sechste nachchristliche Jahrhundert Dozent: Prof. Herweg / Prof. Schütt / PD Möser Zeit: Di 17:30 – 19:00 Uhr Ankündigung: siehe Institut für Germanistik / Institut für Philosophie HS: Europaideen im 20. Jahrhundert Dozent: Prof. Andreas Böhn, PD Kurt Möser, Prof. Hans-Peter Schütt Zeit: Mi 9:45 - 11:15 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 012 In der Lehrveranstaltung werden Konzepte einer kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Einheit Europas betrachtet. Beginnend mit der „Mitteleuropa“-Konzeption während des Ersten Weltkrieges, sollen Kooperations- und Einheitsideen eines Jahrhunderts rekonstruiert werden, die mit sehr unterschiedlichen Zielsetzungen, mit Ein- und Ausgrenzungen, Visionen und pragmatischen Limits erfolgten. Der Schwerpunkt wird auf der Geschichte der europäischen Einigung nach 1945 liegen. Durch die interdisziplinäre Ausrichtung der Lehrveranstaltung können sowohl die Ideen und Konzepte, als auch die politischen Absichten und Entwicklungen und schließlich die kulturellen Verarbeitungen, Symbole und mediale Repräsentationen in den Blick kommen. Insbesondere bietet sich eine Verbindung mit der Ausstellung „Drôle d’Europe – Lachendes Europa“ an. Dabei handelt es sich um eine Ausstellung von Plakaten rund um das Thema Europa, die zumeist in mehr oder weniger humoristischer Weise mit verschiedenen Topoi des Themas spielen. Es werden überwiegend Plakate politischer Institutionen und Parteien zu sehen sein, aber auch solche von Anti-EUBewegungen u.ä. Über eine Exkursion nach Straßburg könnte eine noch intensivere Beschäftigung mit der zugrunde liegenden Plakatesammlung ermöglicht werden. HS:Bauen und Fliegen: Flughäfen – Gebäude und Infrastrukturen Dozent: PD Dr. Kurt Möser, Dr. Joachim Kleinmanns Zeit: Do 15:45 – 17:15 Uhr Ort: Baugeschichtliches Seminar, 20.40, Seminarraum Erdgeschoß In der Frühzeit der Luftfahrt wollte man ohne Infrastrukturen auskommen. Das war eine Illusion: Hangars, Kontroll- und Abfertigungsgebäude, später Navigations-, Lande- und Überwachungssysteme bildeten ein komplexe Infrastruktursystem, das mit anderen Logistikund Verkehrssystemen vernetzt wurde. In der interdisziplinären Veranstaltung wird es um die Geschichte der luftfahrtbezogenen Infrastruktur gehen, um Kontexte wie Begriffsgeschichten, um die Architekturgeschichte der Flughäfen und ihre Periodisierung und ihre Gestaltungsbezüge. Diese Veranstaltung findet 14-tägig statt. Basisliteratur: Werner Treibel, Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen. Bonn 1992 (=Die deutsche Luftfahrt 18) HS: „Ein Kapitel für sich“: Walter Kempowskis Bautzen Roman und Eberhard Fechners Verfilmung Dozent: Prof. Dr. Rolf-Ulrich Kunze, Prof. Dr. Hans-Peter Schütt Zeit: Mi 11:30-13:00 Uhr Ort: Geb. 50.41, Raum 133 Als Fortsetzung des Hauptseminars über Walter Kempowskis familienbiographischen Roman ,Tadellöser & Wolff’ sowie dessen Verfilmung von Eberhard Fechner zielt diese Veranstaltung auf die zeit- und mentalitätsgeschichtliche Einordnung von Kempowskis Bautzen-Epos, das 1975 in einer Neufassung erschien. Der multiperspektivische, protokollartige Bericht, literarisch anspruchsvoller als der Publikumserfolg ,Tadellöser & Wolff’ und bereits die komplexe Collagetechnik von ,Echolot’ antizipierend, soll wiederum mit Fechners Dokutainment-Umsetzung verglichen und zu den Befunden der zeitgeschichtlichen Forschung in Beziehung gesetzt werden. Leistungsvoraussetzungen Der Erwerb von Leistungsnachweisen, die einem Arbeitsaufwand von 12 ECTS-Punkten entsprechen, ist möglich. Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer des AK als OS besteht Teilnahmepflicht sowie die Pflicht zur Übernahme von Projektaufgaben. Weitere Informationen: Siehe ,Richtlinien zum Erwerb von ECTS-Punkten/Leistungsnachweisen in meinen Veranstaltungen’: http://www.rz.uni-karlsruhe.de/~geschichte/uploads/ects-richtlinien-pd-kunze.pdf . Einführende Literatur: Walter Kempowski, Ein Kapitel für sich, 1975 (div. Ausg.), München 172009; Ein Kapitel für sich. Ein Film von Eberhard Fechner nach Romanen von Walter Kempowski, 1978/79, CDRomausg. Polar-Film, ISBN 3-937163-69-7. HS: Technikpublizistik als Quelle. Vom Neuen Universum bis zum Eisenbahn/Modellbahnmagazin Dozent: Prof. Dr. Rolf-Ulrich Kunze, PD Dr. Kurt Möser Zeit: Mo 14:00-15:30 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 009 Das Hauptseminar richtet sich an fortgeschrittene EUKLID-Studierende mit Interesse an exemplarischer und quellennaher Kulturgeschichte der Technik im Sinne von hands-onQuelleninterpretation. Unser erkenntnisleitendes Interesse richtet sich auf die faszinationsgeschichtliche Erschließung und Kontextualisierung populärer Technikpublizistik unter besonderer Berücksichtigung des Gesichtspunkts der kommunikativen Etablierung und Stabilisierung von Anwender-Kompetenzen und –Selbstbildern. Die Veranstalter sind, abgesehen von eigenen Blickrichtungen und Vorlieben, für Vorschläge aus dem Teilnehmerkreis offen. Leistungsvoraussetzungen Siehe ,Richtlinien zum Erwerb von ECTS-Punkten/Leistungsnachweisen in meinen Veranstaltungen’: http://www.rz.uni-karlsruhe.de/~geschichte/uploads/ects-richtlinien-pd-kunze.pdf . Literatur: Rolf-Ulrich Kunze, Symbiosen, Rituale, Routinen: Technik als Identitätsbestandteil. Essays zur Technikakzeptanz der 1920er bis 1960er Jahre, KIT Scientific Publishing: Karlsruhe 2010 (Technikdiskurse. Karlsruher Studien zur Technikgeschichte, Bd. 3), 276 S. [Download als E-Book: http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/volltexte/1000016549 ]; ders., Spurweiten. Technik, Geschichte, Identität u.a. in H0, Normalspur und 1000 mm, KIT Scientific Publishing, Karlsruhe 2011 (Technikdiskurse. Karlsruher Studien zur Technikgeschichte, Bd. 4), 258 S. [Download als E-Book: http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/volltexte/1000021812] Kurt Möser, Kurt, Fahren und Fliegen in Frieden und Krieg. Kulturen individueller Mobilitätsmaschinen 1880–1930, Heidelberg u. a. 2009 (zugl. Habil.-Schr. Univ. Karlsruhe (TH) 2008; Technik und Arbeit , 13); ders., Geschichte des Autos. Frankfurt am Main/New York 2002 HS: Ein Paradies aus zweiter Hand? „Cradle to Cradle“ und andere Nachhaltigkeitsstrategien in der Menschheitsgeschichte Dozent: Prof. Dr. Rolf-Jürgen Gleitsmann-Topp Zeit: Mi 9:45 – 11:15 Uhr Ort: Geb. 30.91, Raum 009 Es ist kaum mehr ernsthaft bestreitbar, dass die Menschheit im Hinblick auf ihre globalen Ressourcen- und Energieverbräuche als auch ihren Lebensstil bedingten Umweltzerstörungen an einem Scheidepunkt angelangt ist. Die öffentlich diskutierten Knappheits- und Katastrophenszenarien überschlagen sich fast im Wochentakt. Zerstörung der Ozonschicht, Abschmelzen der Polkappen, Klimawandel, Dürrekatastrophen, Energie- und Rohstoffmangel, Vergiftung der Umwelt und vieles mehr bestimmen die Diskussion. So wie bisher scheint es wohl nicht mehr lange weiter gehen zu können. Offenkundig steckt die an sich so erstrebenswert, da den Mangel früherer Zeiten überwindende, Massenkonsumgesellschaft im aktuellen Bewusstsein Vieler in einer tiefen Krise. Allen realen Konsum- und Wohlstandeserlebnissen zum Trotz wird das gesellschaftliche Modell einer industriellen Moderne des materiellen Überflusses mental dennoch zunehmend als Moloch empfunden: Als unersättlich, als global ausbeuterisch, als Umwelt zerstörend, als in seinen Folgen menschenrechtsverletzend und letztlich vor den Grenzen des Wachstums stehend. Doch wie können derart fundamentale Probleme gelöst werden, ohne das das, was einmal erreicht worden ist, letztlich in Frage zu stellen? Lösungskonzepte müssen her, und zwar möglichst schnell. Nach diesen wird von Akteuren jedweder Couleur Ausschau gehalten. Handlungsoptionen werden eruiert. Internationale Organisationen und nationale Beratungsgremien mit der Suche nach Lösungsvorschlägen betraut (Rio etc.) Neue Konzepte sollen entwickelt werden, um letztlich das Bestehende zu erhalten, wenn auch effizienter und nachhaltig. Millionenschwere Ressourceneffizienzprogramme werden aufgelegt, in der BRD sowohl vom Bund als auch von den Ländern, denn auf ingenieurtechnische Lösungen („10% sind immer drin“) kann man sich verlassen und sie „erfolgsdemonstrierend“ in der Öffentlichkeit präsentieren. Dass dies aber wohl doch nicht wirklich reichen könnte, um die bestehenden Probleme zu lösen, scheint selbst den politisch Verantwortlichen langsam zu dämmern. Alternativen sind zu konzipieren. Konzepte, die mit der headline „Nachhaltigkeit“ versehen werden können, was auch immer man darunter verstehen mag, scheinen hierzu bestens geeignet zu sein, insbesondere in Hinblick auf ihre Anschlussfähigkeit für unterschiedlichste Ziele verschiedenster Akteure und Interessengruppen.Das Phantom „nachhaltiger Produktion“ und „nachhaltigen“ Wirtschaftswachstums sowohl in den bestehenden Massenkonsumgesellschaft, als auch jenen, die diesen nacheifern, avanciert zur Zauberformel nationaler wie internationaler Befriedung über den einzuschlagenden Weg globaler Entwicklung und globalen Wohlstandes. Eines Wohlstandes, der auf fortgesetztem Wirtschaftswachstum, d.h. einem Anstieg des BSP basiert, ein fortgesetztes Weltbevölkerungswachstum akzeptiert, aber dennoch „irgendwie“ und überall nachhaltig sein soll. in Blick in die Menschheitsgeschichte könnte die Apologeten des fortwährenden Wirtschaftswachstums allerdings schnell eines anderen Belehren und auf die „klassische“ Lösung des Problems „Übernutzung“ verweisen, nämlich eines zyklischen Bevölkerungszusammenbruchs.Von Suffizienzstrategien zur Lösung des anstehenden Übernutzungsproblems der Weltressourcen ist hingegen kaum die Rede. Und ebenfalls nicht davon, dass die gegenwärtig so favorisierten „Effizienzstrategien“ wohl kaum etwas anderes sein können, als eine Zeit gewinnende Brückenstrategie in die zukünftig unvermeidlichen, aber gesellschaftspolitisch gegenwärtig nicht akzeptablen Gesellschaften des „Gürtel enger schnallens“. Alternativen hiezu werden dringend gewünscht. Und wer vorgibt, entsprechende Konzepte präsentieren zu können, darf mit Wohlwollen und allgemeiner Aufmerksamkeit rechnen. Die „cradle to cradle“ Strategie von Michael Braungart und William McDonough, die vorgibt, Massenkonsum und Nachhaltigkeit versöhnlich miteinander verbinden zu können, darf hierzu gerechnet werden. Wir wollen uns im Seminar weiterhin mit einer intensiven Diskussion und Analyse von Nachhaltigkeitskonzepten befassen und uns hierbei neben Braungart und McDonoughs Idee des cradle to cradle insbesondere jenen Nachhaltigkeitsreports widmen, die von großen Industrieunternehmen vorgelegt worden sind. Hinzu kommt die Auseinandersetzung mit Alternativkonzepten, etwa von H. Daly, T. Jackson oder Martinez-Alier sowie dem „Deutschen Ressourceneffizienzprogamm (ProgRess)“. Literaturhinweise Jorgen Randers, 2052 – Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre, München 2012. Michael Braungart, William McDonough (Hg.), Die nächste Industrielle Revolution, 3. Aufl., Hamburg 2008; Dieselben, Remaking the way wie make things. Cradle to cradle, New York 2002; Martinez-Alier, Socially Sustainable economic Degrowth. Development and Change, in: Ashwani Saith et al. (Hg.), Development and Change, Vol. 40, The Hague 2009, S.1099-1119; Daimler. Nachhaltigkeitsbericht 2011. http://nachhaltigkeit.daimler.com Herman Daly, Wirtschaft jenseits von Wachstum. Die Volkswirtschaftslehre nachhaltiger Entwicklung, Salzburg 1999; Denkwerk Zukunft. Stifung kulturelle Erneuerung. www.denkwerkzukunft.de . Die Bundesregierung, Deutsches Ressourceneffizienprogramm (ProgRess). Programm zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der natürlichen Resourcen, Berlin 29.2.2012; Tim Jackson, Wohlstand ohne Wachstum. Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt, München 2011; Rolf-Jürgen Gleitsmann, Das Paradoxon: Historisch-kritische Anmerkungen zum Konzept der Nachhaltigkeit in der Massenkonsumgesellschaft; Armin Grundwald, Jürgen Kopfmüller, Nachhaltigkeit, 2. Aufl., Frankfurt/New York 2012.