2.11 Rechtliche Grundlagen und Richtlinien

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Lisa Pascher : Die Wichtigkeit der Muttersprache für den Erwerb der Zweitsprache. Bachelorarbeit,
Pädagogische Hochschule OÖ, Linz 2012, S39ff
2.11 Rechtliche Grundlagen und Richtlinien
Der Einsatz von muttersprachlichen Lehrern und Lehrerinnen ist seit dem Schuljahr 1992/93 im
Bereich „Muttersprachlicher Unterricht im Lehrplan der Volksschule unter dem Kapitel
„Freigegenstände und Unverbindliche Übungen“ zu finden. Bereits zu Anfang werden die Ziele des
Muttersprachenunterrichts geklärt.
„Ziel des Muttersprachenunterrichts ist der Erwerb der Muttersprache zur Herstellung von
Kontinuität und Stützung der Persönlichkeitsentwicklung ausgehend von der Zugehörigkeit zum
Sprach- und Kulturkreis der Eltern.“(Bmukk 2002, S. 59)
Außerdem werden die drei essentiellen Aufgabenbereiche des Muttersprachenunterrichts
aufgezeigt.
„Festigung der Muttersprache/Primärsprache als Grundlage für den Bildungsprozess überhaupt
sowie für den Erwerb weiterer Sprachen
Vermittlung von Kenntnissen über das Herkunftsland (Kultur, Literatur, gesellschaftliche Struktur,
ökonomische, politische Verhältnisse usw.)
Auseinandersetzung mit dem bikulturellen Prozess (d.i. Migrantenkultur, neue
Sozialisationsbedingungen, neues kulturelles Umfeld, soziokulturelle und psychosoziale Konfliktfelder
usw.) (Bmukk 2002, S.59)
Dies soll angeben, dass Lehrer und Lehrerinnen von Muttersprachenunterricht als „native speaker“
fungieren und somit nicht den Erwerb der Zweitsprache übernehmen müssen. (Vgl. Bmukk 2002, S.
59)
Wird einem Kind aus Gründen von mangelnden Deutschkenntnissen die Schulreife verweigert, oder
ein sonderpädagogischer Förderbedarf verordnet, so sieht das österreichische Schulgesetz keine
Rechtfertigung dafür vor.
„Schulpflichtige Kinder, die auf Grund mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache Deutsch dem
Unterricht (noch) nicht ohne weiteres folgen können, sind für die Dauer von maximal zwölf Monaten
als außerordentliche SchülerInnen zu führen. (§ 4 Abs. 2 und 3 SchUG). Wenn das ausreichende
Erlernen der Unterrichtssprache während der ersten Lisa Pascher Pädagogische Hochschule 40
zwölf Monaten ohne Verschulden des Schülers / der Schülerin nicht möglich war, kann diese Frist von
der Schulleitung um weitere zwölf Monate ausgedehnt werden. (§ 4 Abs. 3 SchUG) Im Zweifelsfall ist
der außerordentliche Status anzuraten da nach einer Aufnahme als ordentlicher Schüler / ordentliche
Schülerin diese Entscheidung nicht mehr umkehrbar ist.“ (bmukk 2002, S. 31)
Der Lehrplan und dessen Ziele
Die Kinder sollen Freude am Zuhören, Mitsprechen, Lesen und Schreiben an der Zweitsprache
entwickeln. Mit der Zeit sollen sie ihre Erstsprache immer besser verstehen können. Es ist auch
wichtig, dass Kinder lernen, sich am Unterricht zu beteiligen. Am wichtigsten ist, dass Kinder mit
Migrationshintergrund ihre Identität in die neue Sprech- und Kulturgemeinschaft aktiv einbringen. Im
Bereich der mündlichen Sprachhandlung ist es wichtig, den Kindern das Verstehen des
wesentlichsten bei unterschiedlichen Sprechsituationen, der Gestik und der Mimik beizubringen. Die
Schüler/innen sollen auch in der Lage sein, Gehörtes sinngemäß und in vereinfachten Worten
wiederzugeben. Das Aufnehmen und Weiterführen von Kontakten sollen Kinder mit
Migrationshintergrund genauso beherrschen wie österreichische Kinder. In diesen Bereich fallen zum
Beispiel das Grüßen, wie man sich am Telefon verhalten soll, wie man sich vorstellt, „Bitte!“ und
„Danke!“ sagen und sich entschuldigen kann. Sie sollen auch lernen Informationen einzuholen und
diese weiterzugeben. Weiters ist es in allen Beziehungen bedeutend Gefühle und Empfindungen zu
äußern und darüber reden zu können.
Weiters ist es wichtig, die Bedeutung eines Wortes aus der Sprachsituation, aus einem Text und dem
Satzzusammenhang erschließen können. Der/Die Lehrer/in soll mit den Kindern trainieren, ihren
Alltagswortschatz zu erweitern, dass sie Sachen passiv verstehen können und bereit sind es aktiv
weiterzugeben, damit sie die deutsche Sprache anfangs passiv verstehen können und langsam darauf
vorbereitet werden sie aktiv verwenden zu können. Eine Voraussetzung, dass die Kinder in eine
höhere Schulstufe aufsteigen können, ist das Erfassen von Intonation und Rhythmus von Wörtern,
Sätzen und Texten. Auch wenn es den Lisa Pascher Pädagogische Hochschule 41
Kindern schwer fällt, Laute und Lautgruppen der deutschen Sprache zu unterscheiden, ist es wichtig
diese differenzieren und bilden zu können.
Für Sprachstrukturen ist es eine Voraussetzung einfache Aussagen situationsgemäß zu äußern. Dazu
zählen Phrasen wie das richtige Verneinen und Fragen mit und ohne Fragewörter bilden zu können.
Außerdem haben viele Kinder Schwierigkeiten beim Erstlesen und Erstschreiben, da oft die
Buchstaben der Zweitsprache abweichen oder ganz anders sind als in der Erstsprache.
Es ist bedeutsam, dass durch viel Lesen und Schreiben der Wortschatz erarbeitet wird. Die
Lesefähigkeit soll auch auf das Hörverständnis und Sprechen übertragen werden können. Durch das
viele Lesen fördert man die Ausspracherichtigkeit und es erleichtert das Ausarbeiten von Texten.
Texte sinnvoll vortragen, gestalten und Zuhörerbezogen erzählen zu können, ist ein bedeutsamer
Faktor. Es ist sehr wichtig, den Sinn eines Textes erfassen und diesen sinngemäß dann auch korrekt
weiterzugeben. Sinnzusammenhänge können sehr gut durch Schreiben wiederholt und gesteigert
werden. Kinder sollen auch lernen sehr einfache schriftliche Muster richtig anzuwenden.
Weiters ist es notwendig, die wichtigsten Wortarten zu kennen und somit die Sinneinheit eines
Satzes zu erkennen. Rechtschreibprobleme treten meist durch den Unterschied der Muttersprache
und der zu lernenden Zweitsprache auf. Der/Die Lehrer/in soll mit den Kindern Strategien des
Abschreiblernens entwickeln, damit kann auch der Wortschatz ausgebaut werden. Außerdem
können Regeln erkannt und ausgebaut werden. Weiters sollte Kindern gezeigt und gelernt werden,
wie man mit einem Nachschlagwerk arbeitet.
2.12 Fördermöglichkeiten der Erstsprache
Interkulturelle Erziehung:
Unter dem interkulturellen Lernen oder der multikulturellen Erziehung oder der interkulturellen
Erziehung meinen alle drei Termini dasselbe. Es werden Punkte angeführt was darunter verstanden
wird:
„das gemeinsame Lernen von Menschen unterschiedlicher nationaler bzw. ethnischer Herkunft,
die Berücksichtigung der kulturell geprägten Erfahrungen sowohl im Herkunftsland als auch im
Zielland einschließlich der sich entwickelnden Migrantenkultur,
Gemeinsamkeiten und Unterschiede kennen und akzeptieren lernen, kooperative und
gleichberechtigte Beziehungsformen finden und sich an der Gestaltung neuer Lebensformen aktiv
beteiligen.“ (Günther&Günther 2007, S. 62 mit einem Zitat von Gondolf 1983, S. 19)
Fröbel Konzept:
Viele Vorschulen und Kindergärten arbeiten nach diesem Konzept. Fröbel legt Wert darauf, dass die
Kinder alles mit dem richtigen Namen und jedes Wort in sich klar und rein nach seinen Bestandteilen
(Ton, Laut und Schluss) zu benennen. Es soll eine ganzheitlich ausgerichtete Förderung mit allen
Sinnen durch Gegenstände (Bauklötze, Bilderbücher, Ball) gefördert werden. Wichtig sind Kreisspiele
und die Beschäftigung mit Liedern, Versen und Reimen. Der Gedanke keine isolierte und künstliche
Sprachförderung zu betreiben entstammt durch diese Anschauungen. Durch all diese
Fördermaßnahmen sollen die Kinder ihre Sprachkompetenz zuerst über die Sprachsicherheit und
später über das Sprachbewusstsein erlangen. Das Geschriebene sieht Fröbel als gefährlichen SprachAbstraktor, in diesen Ausführungen geht es jedoch nur um die gesprochene Sprache.
Spielpädagogische Konzepte:
In den 50er und 60er Jahren sollten die Kinder die Sprache über Vereinfachung und Wiederholung
lernen. „Sprich bitte in einem ganzen Satz!“ oder „Sprich das Wort noch einmal laut und deutlich!“
Solche Methoden wurden zu einer regelrechten Sprach-Spiel- Pädagogik, die auch als EinheitsKonzept benannt wurden. Kinderreime, Singspiele und Bewegungsspiele sind Sammlungen von
Sprachförderritualen. Um die Sprachförderung in den Alltag der Kinder aufzunehmen, sollte auch auf
emotionale, psychische und motivationalen Faktoren Rücksicht genommen werden. Diese gewisse
Form der Sprachförderaktivitäten besteht bis heute.
Funktionsansatz:
Die funktionale Sprachförderung bemühte sich in den 60er und 70er Jahren sehr um frühe
Fremdsprachenförderung, Wortschatzerweiterung und Förderung der Intelligenz. Es wurden
regelrechte Kurse und Curricula eingerichtet. Durch gezielte didaktische Vorgaben wurden diese
Übungen (Wortschatz, lesen) durchgeführt und trainiert. Die linguistischen Kategorien standen im
Vordergrund, wobei die emotionale und kommunikative Seite der Sprache stark vernachlässigt
wurde. Lisa Pascher Pädagogische Hochschule 44
Situationsansatz:
Ende der 70er, Anfang der der 80er Jahre überwog, das Konzept des Situationsansatzes, das soziale
Lernen spielt eine große Rolle. Behinderte Kinder und Jugendliche wurden in diesem Rahmen
integriert. Keine große Rolle spielen im Gegensatz dazu die Beschäftigung mit den Lauten, dem
Wortschatz oder der Artikulation, also der linguistischen Perspektive. Im Mittelpunkt steht die
gesprochene Sprache, Kinder die Probleme in ihrer Muttersprache und im Erwerb der deutschen
Sprache als Zweitsprache haben. Leider sind in diesem Konzept keine schlüssigen Ansätze zu einer
Sprachförderung vorhanden. Viel uneinheitliche Sprachförderung und unterschiedliche
Schwerpunkte führten zu Ohnmacht und pädagogischer Hilflosigkeit. Eventuell ist es nötig die
sprachliche Förderung der Muttersprache und Deutsch als Zweitsprache im Kindergarten besser zu
integrieren um den Schriftspracherwerb zu erleichtern. Die Kernaussage des Situationsansatzes ist
es, dass die sprachliche Vielfalt nicht als sprachliches oder kulturelles Problem gesehen wird, sondern
als die Heterogenität der Kinder zu sichern und zu schätzen.
Beziehungsansatz:
In den 90er Jahren wird die kommunikative Funktion der Sprache betont. Kinder sollen ihre Sprache
und ihr Sprechen zur Formung ihres Alltags und des eigenen Lebens einsetzen können. Wichtig ist
auch das Erkennen para- und nonverbaler Kommunikation, die durch Augenkontakt, Gesten und
Gesichtsausdruck übermittelt werden. Kinder sollen nach dieser These die Sprache nicht nur von
außen zum Beispiel durch viel sprechen erleben, sondern sollen diese persönlich und direkt erleben.
Die alltägliche Lebenswelt des Kindes ist der Ansatz der heutigen Sprachförderung. Bisher war der
Fokus bei der Sprachförderung auf das viele Sprechen gelegt, es muss jedoch unbedingt das
Verstehen von Sprache und die sprachliche Tiefe in den Vordergrund gerückt werden.
Sprachförderung sollte lebensbedeutsam, und themenorientiert sein, außerdem so viele Fähigkeiten
wie möglich einbinden. Es gilt die gesamte Palette der Entwicklung eines Kindes angefangen von
Ausdauer, Koordination, Konzentration, Gedächtnis bis hin zur Lisa Pascher Pädagogische Hochschule
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erlebten Sprache in dieses Förderungsprogramm aufzunehmen. (Vgl. Günther&Günther 2007, S. 125129)
2.13 Förderkonzepte in der Zweitsprache
Förderschwerpunkte:
Die nachfolgenden Punkte sind Merkmale des Sprachenlernens, die es im Erstsprachen- und
Zweitsprachenerwerb gleichermaßen gibt. Sie wirken sich, wenn sie trainiert werden, positiv auf den
Zweitsprachenerwerb aus. Anzuführen ist jedoch, dass es wichtig ist, bei jeglicher Förderung die
geistige Entwicklung in diese einzubinden. Lisa Pascher Pädagogische Hochschule 46
Tabelle 3: Untenstehende Tabelle stellt eine
Zusammenfassung und Übersicht der
Förderschwerpunkte nach Günther und
Günther dar. (Vgl. Günther&Günther 2007, S.
174-177) Wortschatzerwerb
Grammatikerwerb
Im Mutter - Kind Dialog und auch mit anderen
engen Bezugspersonen lernen Kinder die
Bedeutung von Worten. Das Versprachlichen
von Handlungen wie kochen, basteln oder
malen bildet einen guten Ansatzpunkt zum
Sprechenlernen.
Auch im natürlichen Erwerb der Grammatik
übernimmt der Mutter - Kind Dialog eine
wichtige Rolle, da die Mutter intuitiv richtig,
indem sie das Kind zum reden animiert, als
Vorbild die Sprache formt, richtige Antworten
gibt und das Kind positiv in seinem Bemühen
bestärkt.
Das Bilderbuch ist ein wertvolles Hilfsmittel
im Bezug auf Wortschatzerweiterung und
Satzkonstellationen und Strukturen.
Auch das Anschauen und Vorlesen aus diesem
fördert das Allgemeinwissen und die Sprache
an sich.
Sprachbewusstsein
Kinder haben noch wenig Regelverständnis,
sie können durch Sprachhandlungssituationen
und modellierter Sprache zur Grammatik
hingeführt werden.
Arbeitsblätter sollten weniger verwendet
werden.
Erzählkompetenz
Ab Schulanfang sollten die Kinder Sprache
Das Kind lernt durch Erwachsene Gedanken
bewusst erleben, die formalen und hörbaren
zu versprachlichen und in eine gewisse
Anteile der Sprache sollen in den Vordergrund Chronologie einzuhalten.
gerückt werden.
Wieder wird betont, dass Sprachsituationen
Dies kann durch Sprach- und Sprechspielen
wie der Morgenkreis oder der Abschlusskreis
wie „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ oder sehr förderlich für die Erzählkompetenz sind.
„Bi- Ba- Butzemann“ geschehen.
Auch hier gilt, Arbeitsblätter nicht zu
verwenden.
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