Fabian Otto Politikwissenschaften 3. Semester LK: Politische System Österreichs und die EU 20. Oktober 2014 Das politische System Österreichs, Anton Pelinka Anton Pelinka beleuchtet in seinem Text „Das politische System Österreichs“ die Charakteristika und Spezifika der Bundesrepublik Österreich. [607-609] Verfassungsentwicklung und Verfassungsprinzipien Die österreichische Verfassung beruht auf dem Bundesverfassungsgesetz (BVG) von 1920 und erhält ihren spezifischen Charakter durch die Verfassungsnovelle von 1929. Das österreichische System zeichnet sich durch eine gemischte (parlamentarische und präsidentielle Element)Verfassung aus, wobei der bisherigen Entwicklung nach das parlamentarische eindeutig über das präsidentielle zu stellen ist. [semi-präsidentielles System] [609-610] Der Bundespräsident Der Bundespräsident wird für die Amtsdauer von sechs Jahren direkt vom Volk gewähltVoraussetzung für die Wahl ist die absolute Mehrheit die gegebenenfalls via Stichwahl ermittelt wird. „Die Bundespräsidenten respektieren also-ohne direkten Zwang von Seiten des Verfassungsrecht den (wenn auch eingeschränkten) parlamentarischen Charakter des politischen Systems und damit die Regel, dass die Bildung der Bundesregierung nicht die Folge der Wahl des Bundespräsidenten sondern des Nationalrates ist“ (Anton Pelinka S. 610) [höchstens eine Art moralisches Gewissen] [611-614] Das Parlament: Nationalrat und Bundesrat In Österreichs unechtem Zweikammersystem sind die Kompetenzen äußerst ungleich verteilt. Der Nationalrat wird direkt für vier Jahre gewählt; der Bundesrat wird von den Landtagen beschickt. Die Bundesregierung ist nur dem Nationalrat politisch verantwortlich und auch im Gesetzgebungsprozess verfügt der Bundesrat lediglich über ein suspensives Veto. Die wahlwerbenden Parteien sind durch Fraktionen (Klubs) ein wichtiges Strukturmerkmal. [614-616] Regierung und Verwaltung Die Bundesregierung besteht aus Bundeskanzler, Vizekanzler, den übrigen Ministern und den Staatssekretären. Der Bundeskanzler ist nur primus inter pares und hat bei Koalitionsregierungen keinen Einfluss auf die vom Koalitionspartner ausgewählten Regierungsmitglieder. [Seit der SPÖ/FPÖ Koalition ist ein komplexes System der wechselseitigen Abstimmung der Koalitionspartner Usus] [616-618] Gesetzgebungsprozess Der Gesetzgebungsprozess auf Bundesebene ist durch eine Abfolge von vorparlametarischen (Bundesregierung, Verwaltung und Sozialpartnerschaft) und parlamentarischen (Nationalrat) Bereich gekennzeichnet. [enge Vernetzung der Interessen der beiden Bereiche] Fabian Otto Politikwissenschaften 3. Semester LK: Politische System Österreichs und die EU 20. Oktober 2014 Das politische System Österreichs, Anton Pelinka [621] Volksabstimmungen Direktdemokratische Entscheidungen kommen in zwei Verfassungsfragen vor-im Falle einer Gesamtänderung der Verfassung, oder wenn der Nationalrat seine Gesetzgebungskompetnez an das Volk abtritt. [Volksabstimmung als Regierungsinstrument und nicht als (qualifiziertes) Oppositionsinstrument] [621-628]Wahlen und Parteien Österreich besitzt ein hohes Maß an Parteistaatlichkeit in Folge einer langen Tradition der sogenannten Lager (sozialistisches, christlich-konservatives und deutschnationales) [622] Das Parteiensystem ist durch die Bildung von Subsystemen organisiert. Bis Mitte der 1980er Jahre sprach man von einem Zweienhalb-Parteinsystem welches aber durch die Dekonzentration durch Grüne und der Neupositionierung der FPÖ eine Erosion erfuhr. [FPÖ verkörpert das Paradoxon das sie zwar von der Überholheit des Regierungsmusters profitierte ,aber gleichzeitig dieses aufgrund diverser rechtspopulistischer und xenophober Haltungen perpetuierten.] In Österreich herrscht eine hohe, wenn auch seit den 1980er abnehmende, Organisationsdichte (vor allem in SPÖ ÖVP). Früher hatte dies auch finanzielle Aspekte. Heute kommt nur mehr ein geringer Anteil der Parteieinnahmen durch Mitgliedsbeiträge zustande. [628-631] Interessensverbände und Interessensvermittlung Das politische System Österreichs ist durch eine ausgeprägte Verbändestaatlichkeit charakterisiert. Diez zeigt sich durch eine enge Verschränkung von Parteien und Wirtschaftsverbänden, einem im europäischen Kontext überdurchschnittlichen gewerkschaftlichen Organisationsgrad und eine mit Entscheidungskompetenzen behaftete Sozialpartnerschaft bestehend aus den Dachverbänden ÖGB und Wirtschaftskammer. [631-632] Politische Kultur und politische Partizipation „Die politische Kultur der 2. Republik war Jahrzehnte hindurch von ihrem antiethischen Charakter gekennzeichnet: Mittels der Instrumente wechselseitiger Besitzstandsgarantien (Proporz) und intensiver Parteienstaatlichkeit sollte die österreichische Demokratie zwischen 1918 und 1933/34 ein Muster „zentrifugaler Demokratie“ stabilisiert werden. Das Ergebnis war die spezifische österreichische Konkordanzdemokratie ( consociational democracy) (Lehmbruch 1967; Steiner 1972; Bluhm 1973; Lijphart 1977) (zit. nach Pelinka) [Die Konkordanzdeomkratie ist wohl das kurioseste Spezifikum des österreichischen politischen Systems und erstreckt sich auf allen Ebene von der Besetzung der Schulrektoren bis hin zu „rot-schwarzen Richterbänken“] Fabian Otto Politikwissenschaften 3. Semester LK: Politische System Österreichs und die EU 20. Oktober 2014 Das politische System Österreichs, Anton Pelinka [632-633] Massenmedien und Politikvermittlung Die Massenmedien sind einerseits durch einen hohen Konzentrationsgrad andererseits durch eine hohe Auslandsabhängigkeit- vor allem von deutschem Einfluss-geprägt. [633-634] Rechtssystem und Verfassungsgerichtbarkeit Rechtsprechung ist ausschließlich Bundeskompetenz. Die ordentliche Gerichtsbarkeit erstreckt sich von Bezirksgerichten als unterste Einheit über Landesgerichte und Oberlandesgerichte bis hin zum Obersten Gerichtshof als Höchstgericht. [es herrscht Selbstrekrutierung im Richterstand] Die außerordentliche Gerichtsbarkeit besteht aus zwei weiteren Höchstgerichten: dem Verwaltungsund dem Verfassungsgerichtshof [634-636] Bundesländer und Gemeinden Verfassungsrechtlich ist der Föderalismus in Österreich recht unterentwickelt. Den Ländern fallen nur jene Kompetenzen zu die nicht vom Bund ausdrücklich artikuliert werden. Gemeinden sind grundsätzlich nach dem parlamentarischen Prinzip organisiert und agieren quasi als verlängerter Arm der Bundesregierung [636-637] Internationale Beziehungen und Europapolitik Durch den Beitritt Österreichs zur EU wurden alle Verpflichtungen des Vertrages von Maastricht angenommen (z.B. GASP) [generell ist ein Trend zur Verwestlichung bemerkbar und auch der Neutralitätsbegriff bedarf einer Neuauslegung] [637-639] Ausblick Seit Mitte der 1980er Jahre erfährt das politische System Österreichs einen enormen Wandel. Dies äußert sich in der Dekonzentration des Parteiensystems in Verbindung mit wachsender Distanz gegenüber dem Verbändestaat sowie dem Ende der Lagermentalität.