Die Betroffenen brauchen keine neue Partei, die nur „Sozialabbau

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DIE BETROFFENEN BRAUCHEN KEINE NEUE PARTEI, DIE NUR „SOZIALABBAU
NACH KRÄFTEN VERHINDERT"!
13.12.2006
Erklärung des Netzwerk Linke Opposition zu den
Gründungsdokumenten für die neue Partei DIE LINKE.
Am 10. Dezember 06 haben die Parteivorstände von
Linkspartei.PDS und WASG sich auf letzte Änderungen an den
so genannten Gründungsdokumenten für die zukünftige Partei
DIE LINKE verständigt. Der Koordinierungskreis des Netzwerk
Linke Opposition hat die nun vorliegenden Entwürfe für die
Programmatischen Eckpunkte und die Satzung daraufhin
gelesen, ob der Beschlusslage des Bundesparteitags der WASG
am 18./19. November 06 und den in der Felsberger Erklärung am
3. Oktober 06 beschlossenen fünf roten Linien des Netzwerks
Rechnung getragen wird.
Das Netzwerk Linke Opposition hatte auf seiner bundesweiten
Tagung am 3. Oktober 06 in Felsberg fünf rote Linien
beschlossen, in denen Minimalforderungen an die neue linke
Partei festgelegt wurden. Bewusst wurden nur solche
Forderungen gestellt, die als anti-neoliberaler und bürokratiekritischer Gründungskonsens in der WASG
unumstritten waren. Zielsetzung war, dass die neue linke Partei wenigstens nicht hinter den Gründungskonsens
der WASG zurück fallen dürfe. Der Bundesparteitag der WASG hatte mit seinen Beschlüssen inhaltlich die roten
Linien des Netzwerks Linke Opposition voll umfänglich zu Mindestanforderungen an Programm und Statut der
neuen Partei erhoben.
In unterschiedlichen Anträgen hatte die Mehrheit der Delegierten dem Willen Ausdruck verliehen, dass die
zukünftige linke Partei sich nicht an Regierungen beteiligen dürfe, die Sozialabbau betreiben, keine Einrichtungen
der öffentlichen Daseinvorsorge privatisieren und keinen Militäreinsätzen der Bundeswehr im Ausland zustimmen
dürfe. Ferner hatte der Bundesparteitag in den Leitantrag des Bundesvorstands die Vergesellschaftung der
Schlüsselindustrien als zentrale politische Forderung eingefügt. Zudem wurde beschlossen, dass in der neuen
linken Partei die Trennung von Amt und Mandat sowie von Amt und wirtschaftlicher Verflechtung nicht nur für
Vorstände, sondern auch für Delegierte gelten solle, um damit auszuschließen, dass Mandatsträger und
Beschäftigte der Partei sich in Vorständen und auf Parteitagen selbst ermächtigen und selbst kontrollieren.
Diese Beschlüsse kamen gegen den erklärten Willen der Mehrheit des Bundesvorstands der WASG zustande.
In den nun vorliegenden Gründungsdokumenten für die Partei DIE LINKE findet das Netzwerk Linke Opposition
die roten Linien und somit die Mindestanforderungen des Bundesparteitags der WASG nicht wieder. Statt
der klaren Aussage, dass sich die neue linke Partei nicht an Regierungen beteiligen wird, die Sozialabbau
betreiben, heißt es in den Eckpunkten, dass sie in Regierungen „Sozialabbau nach Kräften verhindern" werde.
Was das bedeutet, sehen wir in der Landesregierung in Berlin. Auch in der Frage der Privatisierung öffentlicher
Daseinvorsorge bleiben die Eckpunkte letzte Klarheit schuldig. Zwar erfolgt ein Bekenntnis zu öffentlicher
Daseinvorsorge, aber es fehlt eine eindeutige Absage an Privatisierungen. Statt dessen wird angestrebt, dass die
Betriebe der öffentlichen Daseinvorsorge effizient, also der Profitlogik unterworfen, arbeiten sollen.
Besorgniserregend ist, dass Militäreinsätze der Bundeswehr im Ausland unter dem Mandat der UN nicht in
jedem Fall abgelehnt, sondern nur „im Wesentlichen verneint" werden. Einzelfallentscheidungen der
Bundestagsfraktion ist hier Tür und Tor geöffnet. Es ist auch nicht hinnehmbar, dass Militärinterventionen bei
Konflikten in den Eckpunkten nicht generell, sondern nur oft als Teil des Problems benannt werden. Deutlich wird
hier, dass für die neue linke Partei Krieg weiter Mittel der Politik sein kann.
Dem Willen des Bundesparteitags der WASG, dass das Programm der neuen linken Partei die Forderung nach
der Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien enthalten solle, wurde nicht hinreichend entsprochen. Schon in
sich widersprüchlich, heißt es: „Vor allem die profitbestimmte private Verfügung über strukturbestimmende
Großunternehmen muss durch breite demokratische Allianzen, Mitbestimmung und sozialstaatliche Regulierung
zurückgedrängt und überwunden werden, wo sie dem Gemeinwohl widerspricht." Statt an dieser Stelle eine
Vergesellschaftungsforderung anzuschließen, findet sich hier nur ein Verweis auf die im Grundgesetz eröffneten
Möglichkeiten der Enteignung. Und auch dieser wird noch abgeschwächt, durch die Bekräftigung „Die Linke sieht
im Vorhandensein unterschiedlicher Eigentumsformen eine Grundlage für eine effiziente und demokratische
Wirtschaft anstatt den weiteren Weg der Privatisierung und Monopolisierung zu beschreiten."
Durchgängig enthalten die programmatischen Eckpunkte ein Bekenntnis zum Kapitalismus. Kritisiert wird lediglich
die neoliberale Erscheinungsform desselben. Der politische Einsatz dient ausdrücklich der Schaffung eines neuen
sozialen und ökologischen Ordnungsrahmens für die Marktwirtschaft, auch wenn kontrastrierend dazu die
Überwindung des Kapitalismus durch Reformen in Aussicht gestellt wird. Diese Aussage ist so wenig Ernst zu
nehmen, wie die Aussage, man wolle die Hartz-Gesetze überwinden. In beiden Fällen fehlen nämlich konkrete
politische Forderungen, die eine Zielerreichung erst möglich machen.
Die Ignoranz der Beschlüsse des Bundesparteitags der WASG setzt sich im Entwurf für das Statut fort. Weder
wird der Bundesausschuss höchstes Gremium zwischen den Parteitagen sein, noch wird die Trennung von Amt
und Mandat resp. Amt und wirtschaftlicher Verflechtung umgesetzt. In der zukünftigen Partei darf die Hälfte der
Vorstände aus Mandatsträgern bestehen. Wirtschaftliche Verflechtung mit der Partei und Vorstandstätigkeit
schließen sich nicht aus. Parteitage können im Extremfall zu 100% aus Mandatsträgern und Beschäftigten der
Partei bestehen.
Der bundesweite Koordinierungskreis des Netzwerk Linke Opposition kommt insgesamt zu dem Ergebnis, dass
die dringend notwendige Erneuerung der Organisationsform Partei mit diesem Statut als gescheitert zu
betrachten ist. Nicht erreicht wurden zudem die Minimalanforderungen an eine anti-neoliberale Programmatik mit
über den Kapitalismus hinaus weisender Perspektive. Auch gemessen am Gründungskonsens der WASG sind
die Gründungsdokumente für die Partei DIE LINKE ein deutlicher Rückschritt.
Wir sind der Meinung, dass die Betroffenen keine neue Partei brauchen, die „so wenig Sozialabbau wie möglich"
betreiben, „Privatisierungen möglichst verhindern" und „Militäreinsätze der Bundeswehr unter UN-Mandat im
Wesentlichen verneinen" will. Deshalb rufen wir die Delegierten des Bundesparteitags der WASG im Frühjahr 07
und die Mitglieder der WASG dazu auf, den Gründungsdokumenten in dieser Form ihre Zustimmung zu
versagen. Zu einer Partei wie sie auf dieser Grundlage entstehen soll, gibt es Alternativen: Den Erhalt der WASG
oder den Aufbau einer eigenständigen linken politischen Kraft, die unverbrüchlich auf der Seite der Beschäftigten
und Erwerbslosen steht.
12. Dezember 06
Netzwerk Linke Opposition
Bundesweiter Koordinierungskreis
Kontakt: Edith Bartelmus-Scholich
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