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Fachredaktion Gemeinschaftskunde
Streik und Tarifverhandlungen
M1: Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände
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„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.
Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig,
hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.“ (GG, Art. 9,3). In Deutschland
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entstanden im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert Gewerkschaften, in
denen sich Arbeitnehmer zusammenschlossen, um ihre Stellung zu stärken. Im
Deutschen Gewerkschaftsbunde sind verschiedene Einzelgewerkschaften vertreten,
die für sehr viele unterschiedliche Berufsgruppen zuständig sind.
Ihr Ziel ist es, sich für die Arbeitnehmerrechte einzusetzen, zum Beispiel für mehr
10 Lohn, mehr Urlaubstage, bessere Arbeitszeiten oder mehr Mitbestimmung. Viele
Arbeitgeber schlossen sich im 19. Jahrhundert auch in Verbänden zusammen, um
ihre Stellung zu festigen. Die Arbeitgeberverbände sollen den Unternehmern helfen,
ihre Interessen gegenüber den Gewerkschaften und dem Staat zu vertreten. „ Ein
Arbeitgeberverband ist das tarif-, sozial-, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitische
15 Sprachrohr seiner Mitglieder. Häufig sind Arbeitgeberverbände nach Branchen- oder
Branchengruppen organisiert.“1
M2: Streiken in Deutschland
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In Deutschland gibt es kein gesetzlich geregeltes Streikrecht, es ist aber durch vielerlei
Gerichtsurteile gesetzt. Im Artikel 9 GG wird nur festgehalten, dass Gewerkschaften
und Arbeitgeberverbände gegründet werden dürfen (Koalitionsfreiheit). Wer an
einem Streik teilnimmt, verstößt nicht gegen seinen Arbeitsvertrag, der Vorgesetzte
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darf den Arbeitnehmer nicht maßregeln, muss aber kein Gehalt zahlen, da das
Arbeitsverhältnis in dem Streikzeitraum ruht. Eine Ausnahme bilden Beamte und
Beamtinnen. Sie haben kein Streikrecht.
Bis Ende Mai 2015 gab es in Deutschland bereits mehr als doppelt so viele
Streiktage wie 2014. Bahn-, Kita- und Postangestellte streikten tage- oder sogar
10 wochenlang. „Allein durch die Streikwellen im öffentlichen Dienst, in der Metall- und
Elektroindustrie, bei der Post, in den Kitas und bei der Bahn kamen 2015 schon über
350.000 Ausfalltage zustande", sagte Hagen Lesch, Experte des Instituts der
deutschen Wirtschaft (IW), der „Rheinischen Post".“ 2
Der Streik der Erzieher und Erzieherinnen kommunaler Einrichtungen begann
15 bundesweit am 8. Mai 2015, Hunderttausende Eltern müssen für ihre ca. 3,2
Millionen Kinder3 nach anderen Betreuungsmöglichkeiten suchen, viele Kitas zahlen
nicht einmal die Gebühren zurück, d.h. die Eltern sind doppelt belastet und
gefährden teilweise ihren eigenen Arbeitsplatz, wenn sie keine Unterbringung für
ihre Kinder finden. Beim letzten großen Streik wurde immer nur tageweise gestreikt,
20 2015 wurden keine Streikpausen angesetzt, die Gewerkschaften wollen die
Forderungen für ihre Mitglieder durchsetzen. Ziel ist, dass die Beschäftigten einige
Tarifstufen höher eingeordnet werden. Dies entspräche einer Gehaltssteigerung von
ca. 10 Prozent. Die Arbeitgeber halten diese Forderung für zu hoch und nicht
bezahlbar.
1
http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitgeberverband
Handelsblatt 14.5.2015, URL: http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Wirtschaft/d/6638474/2015-wird-einrekordjahr.html
3
http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2015-04/kita-streik-faq
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Fachredaktion Gemeinschaftskunde
M3: Tarifverträge
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Ein Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien zueinander, dies
betrifft z.B. die Arbeitszeit, Löhne / Gehälter, Urlaubstage, Urlaubs-Weihnachtsgeld-Ansprüche
etc.
Die Tarifverträge sind bindend für alle Mitglieder, die den Vertragsparteien angehören.
Allerdings haben auch nur Gewerkschaftsmitglieder Anspruch auf tarifvertragliche Leistungen,
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die sie auch einklagen können, wenn sie nicht erfüllt werden. Allgemeinverbindliche
Tarifverträge sind eine Ausnahme.
M4: Ablauf der Tarifverhandlungen / des Streiks
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Die Arbeitnehmer-Vertretung stellt Forderungen, die Arbeitgeber unterbreiten
der Gegenseite unter Umständen ein Angebot. Dies entspricht in der Regel
nicht den Forderungen, es kommt zu ersten Verhandlungen. Sollten diese
positiv verlaufen, kommt ein neuer Tarifvertrag zustande. Wenn die Parteien
sich nicht einig werden, muss weiter verhandelt werden oder ein Schlichter
wird eingeschaltet. Dieser versucht einen größeren wirtschaftlichen Schaden
abzuwenden und eine Einigung zu erzielen. Es kommt schließlich zu einer
Urabstimmung, wenn mindestens 75 % der Gewerkschaftsmitglieder
zustimmen, wird gestreikt, ansonsten wird weiter verhandelt. Wenn gestreikt
wird, wird die Arbeit von Seiten der Arbeitnehmer niedergelegt, das
Arbeitsverhältnis bleibt bestehen, nicht gewerkschaftlich organisierte
Arbeitnehmer bekommen nichts, Gewerkschaftsmitglieder erhalten ein
Streikgeld, werden in der Streikzeit nicht bezahlt, es werden keine
Sozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen-, Rentenversicherung) gezahlt, das Beschäftigungsverhältnis ruht. Es kann eine
Aussperrung erfolgen, d.h. die Arbeitgeber lassen die Arbeitnehmer nicht
mehr an ihren Arbeitsplatz, diese Maßnahme soll die Kosten auf
Gewerkschaftsseite erhöhen, da sie mehr Streikgeld zahlen müssen. Die
Gewerkschaft hat auch das Recht, Streikposten vor den Firmen zu postieren,
um arbeitswillige Arbeitnehmer daran zu hindern, das Gelände zu betreten.
Nicht von der Gewerkschaft organisierte Streiks, die ohne Urabstimmung
ausgerufen wurden, sind „wilde Streiks“ und meistens gesetzeswidrig, sie
können eine Entlassung nach sich ziehen, zumindest aber eine Abmahnung.
Für Warnstreiks muss keine Urabstimmung ausgerufen werden.
Es gibt während des Streiks ständig Tarifverhandlungen, kommt es zu einem
Verhandlungsergebnis, wird die Urabstimmung erneut durchgeführt, dabei
müssen mindestens 25% der Gewerkschaftsmitglieder zustimmen. Kommen
die Verhandlungen zum Stillstand, wird von einem neutralen Außenstehenden
vermittelt.
Gerade in den neuen Bundesländern gibt es v iele Unternehmen, die nicht in
einem Arbeitgeber-Verband sind, sie brauchen sich daher nicht an die Tarifverträge zu
halten, was zu einer Schwächung der gewerkschaftlichen Verhandlungsmacht führt.
Alle Texte sind Autorentexte, M. Schweigert, 2015.
AUFGABEN:
 Fassen Sie zusammen, wer streikt / streiken darf und warum gestreikt
wird.
 Stellen Sie in einem Schaubild dar, wie Streiks ablaufen.
 Stellen Sie Folgen von Streiks für die Arbeitnehmer, Arbeitgeber und die
Allgemeinheit dar.
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