KLOPSTOCK, Friedrich Gottlieb Die frühen Gräber Willkommen, o

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KLOPSTOCK, Friedrich Gottlieb
Die frühen Gräber
Willkommen, o silberner Mond,
Schöner, stiller Gefährt der Nacht!
Du entfliehst? Eile nicht, bleib, Gedankenfreund!
Sehet, er bleibt, das Gewölk wallte nur hin.
Des Mayes Erwachen ist nur
Schöner noch, wie die Sommernacht,
Wenn ihm Thau, hell wie Licht, aus der Locke träuft,
Und zu dem Hügel herauf röthlich er kömt.
Ihr Edleren, ach es bewächst
Eure Maale schon ernstes Moos!
O wie war glücklich ich, als ich noch mit euch
Sahe sich röthen den Tag, schimmern die Nacht
Das Wiedersehn
Der Weltraum fernt mich weit von dir,
So fernt mich nicht die Zeit.
Wer überlebt das siebzigste
Schon hat, ist nah bei dir.
Lang sah ich, Meta, schon dein Grab,
Und seine Linde wehn;
Die Linde wehet einst auch mir,
Streut ihr Blum' auch mir,
Nicht mir! Das ist mein Schatten nur,
Worauf die Blüte sinkt;
So wie es nur dein Schatten war,
Worauf sie oft schon sank.
Dann kenn' ich auch die höhre Welt,
In der du lange warst;
Dann sehn wir froh die Linde wehn,
Die unsre Gräber kühlt.
Dann ... Aber ach ich weiß ja nicht,
Was du schon lange weißt;
Nur daß es, hell von Ahndungen,
Mir um die Seele schwebt!
Mit wonnevollen Hoffnungen
Die Abendröte kommt:
Mit frohem, tiefen Vorgefühl,
Die Sonnen auferstehn!
Das Landleben
Nicht in den Ozean
Der Welten alle
Will ich mich stürzen!
Nicht schweben, wo die ersten Erschaffnen,
Wo die Jubelchöre der Söhne des Lichts
Anbeten, tief anbeten,
Und in Entzückung vergehn!
Nur um den Tropfen am Eimer,
Um die Erde nur, will ich schweben,
Und anbeten! Halleluja! Halleluja!
Auch der Tropfen am Eimer
Rann aus der Hand des Allmächtigen!
Da aus der Hand des Allmächtigen
Die größern Erden quollen,
Da die Ströme des Lichts
Rauschten, und Orionen wurden;
Da rann der Tropfen
Aus der Hand des Allmächtigen!
Wer sind die tausendmal tausend,
Die myriadenmal hundert tausend,
Die den Tropfen bewohnen?
Und bewohnten?
Wer bin ich?
Halleluja dem Schaffenden!
Mehr als die Erden, die quollen!
Mehr als die Orionen,
Die aus Strahlen zusammenströmten!
Aber, du Frühlingswürmchen,
Das grünlichgolden
Neben mir spielt,
Du lebst;
Und bist, vielleicht – –
Ach, nicht unsterblich!
Ich bin herausgegangen,
Anzubeten;
Und ich weine?
Vergib, vergib dem Endlichen
Auch diese Thränen,
O du, der sein wird!
Du wirst sie alle mir enthüllen
Die Zweifel, alle
O du, der mich durchs dunkle Tal
Des Todes führen wird!
Dann werd ich es wissen:
Ob das goldne Würmchen
Eine Seele hatte?
Wärest du nur gebildeter Staub,
Würmchen, so werde denn
Wieder verfliegender Staub,
Oder was sonst der Ewige will!
Ergeuß von neuem, du mein Auge,
Freudentränen!
Du, meine Harfe,
Preise den Herrn!
Umwunden, wieder von Palmen umwunden
Ist meine Harfe!
Ich singe dem Herrn!
Hier steh ich.
Rund um mich ist alles Allmacht!
Ist alles Wunder!
Mit tiefer Ehrfurcht,
Schau ich die Schöpfung an!
Denn du!
Namenlosester, du!
Erschufst sie!
Lüfte, die um mich wehn,
Und süße Kühlung
Auf mein glühendes Angesicht gießen,
Euch, wunderbare Lüfte,
Sendet der Herr! Der Unendliche!
Aber itzt werden sie still; kaum atmen sie!
Die Morgensonne wird schwül!
Wolken strömen herauf!
Das ist sichtbar der Ewige,
Der kömmt!
Nun fliegen, und wirbeln, und rauschen die Winde!
Wie beugt sich der bebende Wald!
Wie hebt sich der Strom!
Sichtbar, wie du es Sterblichen sein kannst,
Ja, das bist du sichtbar, Unendlicher!
Der Wald neigt sich!
Der Strom flieht!
Und ich falle nicht auf mein Angesicht?
Herr! Herr! Gott! barmherzig! und gnädig!
Du Naher!
Erbarme dich meiner!
Zürnest, du, Herr, weil Nacht dein Gewand ist?
Diese Nacht ist Segen der Erde!
Du zürnest nicht, Vater!
Sie kömmt, Erfrischung auszuschütten
Über den stärkenden Halm!
Über die herzerfreuende Traube!
Vater! Du zürnest nicht!
Alles ist stille vor dir, du Naher!
Ringsum ist alles stille!
Auch das goldne Würmchen merkt auf!
Ist es vielleicht nicht seelenlos?
Ist es unsterblich?
Ach vermöcht ich dich, Herr, wie ich dürste, zu preisen!
Immer herrlicher offenbarst du dich!
Immer dunkler wird, Herr, die Nacht um dich!
Und voller von Segen!
Seht ihr den Zeugen des Nahen, den zückenden Blitz?
Hört ihr den Donner Jehovah?
Hört ihr ihn?
Hört ihr ihn?
Den erschütternden Donner des Herrn?
Herr! Herr! Gott! barmherzig und gnädig!
Angebetet, gepriesen
Sei dein herrlicher Name!
Und die Gewitterwinde? Sie tragen den Donner!
Wie sie rauschen! Wie sie die Wälder durchrauschen!
Und nun schweigen sie! Majestätischer
Wandeln die Wolken herauf!
Seht ihr den neuen Zeugen des Nahen,
Seht ihr den fliegenden Blitz?
Hört ihr hoch in den Wolken, den Donner des Herrn?
Er ruft Jehovah!
Jehovah!
Jehovah!
Und der gesplitterte Wald dampft!
Aber nicht unsre Hütte!
Unser Vater gebot
Seinem Verderber
Vor unsrer Hütte vorüberzugehn!
Ach schon rauschet, schon rauschet
Himmel und Erde vom gnädigen Regen!
Nun ist, wie dürstete sie! Die Erd erquickt,
Und der Himmel der Fülle des Segens entladen!
Siehe, nun kömmt Jehovah nicht mehr im Wetter!
Im stillen, sanften Säuseln
Kömmt Jehovah!
Und unter ihm neigt sich der Bogen des Friedens.
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