Märchen aus den Volksschulen Kleinreifling und Weyer und aus der

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Märchen aus den Volksschulen Kleinreifling und Weyer und aus der Schule Keur
Mbaye Bintou in Mbour/Senegal
Die „ Deux Mamelles“
Es war einmal ein Mann, der Momar hieß und zwei Frauen hatte. Die erste Frau hieß
Khary, sie war sehr neidisch. Sie hätte zehn Kürbisflaschen mit ihrem Neid anfüllen
und in den Brunnen werfen können, und doch hätte
sie immer noch zehn andere gehabt. Ihr Herz war so
schwarz wie Kohle. Es stimmt, Khary hatte keine
Gründe mit ihrem Schicksal zufrieden zu sein, denn
Khary hatte einen Buckel. Oh ! Einen ganz kleinen,
unscheinbaren Buckel, den ein gestärktes Hemd oder
ein weiter Boubou mit großen Falten leicht verstecken
konnte. Aber Khary glaubte, dass die Augen der
ganzen Welt auf ihren Buckel starrten. In ihren Ohren
hörte sie immer die Schreie: „Khary Khougué! Khary
Khougué! Khary die Buckelige!“ Sie hörte das Gespött ihrer Spielgefährtinnen aus
der Zeit, als sie ein kleines Mädchen war. Damals ging Khary wie alle anderen auch
mit nacktem Oberkörper herum. Die Spielgefährtinnen fragten sie ununterbrochen,
ob sie ihnen nicht den Säugling, den sie auf dem Rücken trug, leihen wolle. Voll Zorn
verfolgte sie sie und wehe der, die ihr in die Hände fiel. Sie kratze sie, riss sie an den
Zöpfen und riss ihr die Ohrringe aus.
Auch mit dem Alter verbesserte sich der Charakter von Khary nicht. Ganz im
Gegenteil, jetzt war es Momar, der unter der scheußlichen Laune seiner buckeligen
Frau litt. Momar musste selbst sein Essen mitnehmen, wenn er auf die Felder
arbeiten ging. Khary wollte aus Angst vor den spöttischen Blicken das Haus nicht
verlassen und ihrem Mann auch nicht beim Pflügen des Ackers helfen.
Momar hatte genug davon, den ganzen Tag zu arbeiten und
nur am Abend eine warme Mahlzeit zu bekommen. Also
beschloss er, eine zweite Frau zu nehmen und heiratete
Koumba. Mit der neuen Frau ihres Mannes hätte Khary die
beste aller Ehefrauen werden müssen, die liebenswürdigste
aller Frauen. Das hatte Momar in seiner Naivität gehofft, aber
daraus wurde nichts.
Auch Koumba war bucklig. Ihr Buckel übertraf wirklich das
Ausmaß eines anständigen Buckels. Aber Koumba war trotz
ihres Buckels fröhlich, sanft und liebenswert. Auch im Haus
ihres Mannes blieb sie so. Sie betrachte Khary als große Schwester und bemühte
sich, ihr zu gefallen. Sie machte alle schweren Arbeiten im Haus, sie ging zum Fluss
um die Wäsche zu waschen, schwang das Korn und zerstampfte die Hirse. Sie trug
jeden Tag das Essen auf die Felder und half Momar bei seiner Arbeit. Aber Khary
war deswegen nicht zufriedener. Ganz im Gegenteil, sie war mürrischer und böser
als vorher, als sie sah, dass Koumba nicht darunter litt, bucklig zu sein.
Der Neid ist ein Vielfraß der sich von jeder Speise ernährt.
Momar lebte also halb glücklich zwischen seinen zwei Frauen, beide hatten sie einen
Buckel, aber die eine war anmutig, gut und zuvorkommend, die andere hämisch,
mürrisch und boshaft. Um ihrem Mann länger helfen zu können, nahm Koumba
Mahlzeiten mit auf das Feld, die sie am Vorabend oder ganz in der Früh zubereitet
hatte. Nach dem Essen suchten Momar und Koumba Unterschlupf unter einem
Tamarindenbaum, der unter allen Bäumen derjenige ist, der den dichtesten Schatten
macht.
Eines Tages schlief Momar neben Koumba, die gerade
nähte. Sie hörte eine Stimme, die vom Tamarindenbaum
kam und ihren Namen rief. Sie hob den Kopf und
bemerkte auf dem ersten Ast des Baumes eine sehr, sehr
alte Frau. Ihre langen Haare waren weißer als gerupfte
Baumwolle und bedeckten ihren Rücken.
„Geht es dir gut Koumba?“, fragte die Alte.
„Sehr gut Großmutter, Mame “, antwortete Koumba.
„Koumba“, sagte die alte Frau, „ich kenne dein gutes Herz
und deine großen Vorzüge seitdem du ein Kind bist. Ich
will dir einen großen Gefallen tun, denn ich weiß, dass du
es wert bist. Am Freitag ist Vollmond und auf dem
Lehmhügel von Nguew werden die Geistertöchter tanzen.
Du wirst am Abend, wenn der Boden abgekühlt ist, auf
den Hügel gehen. Wenn das Tamtam in vollem Gange ist, wenn der Kreis voll in
Bewegung ist, wenn ununterbrochen eine Tänzerin eine andere Tänzerin ablöst,
wirst du dich nähern und du wirst zu einer Geistertochter, die neben dir steht sagen:
,Halt, nimm mir mein Kind ab, das ich auf dem Rücken habe, jetzt bin ich dran zu
tanzen.“
Am Samstag schlief Momar glücklicherweise in
der Hütte von Khary, seiner ersten Frau. Im
Dorf schliefen schon alle, als Koumba aus ihrer
Hütte kam und auf den Lehmhügel zuging. Von
weitem hörte sie den rasenden Trommelwirbel
des Tamtams und das Händeklatschen. Die
Geistertöchter tanzten den Sa-n’diaye und
drehten sich mit Freude eine nach der anderen
in der Mitte des Kreises. Koumba näherte sich
und begleitete den atemberaubenden Rhythmus des Tamtams und den frenetischen
Wirbel der Tänzerinnen mit dem Klatschen ihrer Hände. Dann sagte Koumba zu ihrer
linken Nachbarin, indem sie ihr den Rücken zeigte: „Schau, nimm mir das Kind ab,
jetzt bin ich dran“. Die Geistertochter nahm ihren Buckel und Koumba lief weg und
blieb erst in ihrer Hütte stehen, in der sie genau in dem Moment ankam, als der erste
Hahn krähte. Die Geistertochter konnte sie nicht mehr erwischen, denn das Krähen
des Hahnes war das Zeichen für das Ende des Tamtams und die Geistertöchter
kehrten bis zum nächsten Vollmondfreitag in ihr Reich zurück. Koumba hatte ihren
Buckel nicht mehr. Ihre fein geflochtenen Haare
fielen auf ihren Hals, der lang und schmal war, wie
der Hals einer Gazelle.
Momar sah sie am Morgen, als er aus der Hütte
seiner ersten Frau kam. Er glaubte zu träumen und
rieb sich mehrmals die Augen. Koumba erzählte ihm
was passiert war. Die Spucke in Kharys Mund
verwandelte sich in Galle, als sie die Geschichte
erfuhr. Sie öffnete ihren Mund, der so trocken war wie ein Lehmklumpen, der auf den
ersten Regen wartet und fiel in Ohnmacht. Momar und Koumba hoben sie auf und
trugen sie in ihre Hütte. Koumba wachte bei ihr, gab ihr zu trinken, massierte sie,
sagte ihr sanfte Worte. Als Khary wieder auf ihren Beinen stand, drohte sie der Neid,
der ihr vom Bauch in den Hals stieg zu ersticken. Koumba, immer gutmütig, erzählte
ihr, wie sie ihren Buckel verloren hatte und sagte ihr, was sie machen müsse um sich
des ihren zu entledigen. Khary wartete ungeduldig auf den Vollmondfreitag, der nie
zu kommen schien.
Doch dann kam dieser Freitag endlich, da alles einmal kommt. Khary aß an diesem
Abend nichts. Sie ließ sich von Koumba die Ratschläge und Hinweise der alten Frau
wiederholen. Als der Boden abgekühlt war, nahm sie den Weg zum Lehmhügel wo
die Geistertöchter tanzten. Es war der Augenblick in dem die Tänzerinnen mit
Geschicklichkeit, Geschmeidigkeit und Ausdauer wetteiferten, unterstützt und
angetrieben vom Schreien und Singen und vom Klatschen der Hände und vom
Rhythmus des Tamtams. Khary näherte sich und klatschte in die Hände, wie es ihr
die zweite Frau ihres Mannes gesagt hatte. Dann, nachdem eine, drei, zehn
Geistertöchter wirbelnd in den Kreis eingetreten und außer Atem wieder ausgetreten
waren, sagte sie zu ihrer Nachbarin: „Schau, nimm mir das Kind ab, jetzt bin ich dran
zu tanzen.“
„Na so was“, sagte die Geistertochter. „Ich bin dran. Schau, nimm mir das ab, was
man mir vor einem Mond anvertraut hat und das niemand abholen gekommen ist.“
Kaum gesagt, warf ihr die Geistertochter den Buckel, den Koumba ihr gegeben hatte
zu. Der erste Hahn krähte im gleichen Moment, die Geister verschwanden und Khary
blieb allein mit ihren zwei Buckeln auf dem Lehmhügel.
Unter dem ersten, ganz kleinen Buckel hatte sie ununterbrochen gelitten, jetzt hatte
sie noch einen großen, übergroßen Buckel. Das war wirklich mehr als sie ertragen
konnte. Sie hob ihre Schürzen und fing an zu laufen. Sie lief Tage und Nächte, sie
lief so weit und sie lief so schnell, bis sie ans Meer kam und sich hineinwarf. Aber sie
verschwand nicht ganz. Das Meer wollte sie nicht ganz verschlingen.
Es sind die zwei Buckel von Khary, die zu den „Deux Mamelles“ geworden sind.
„Mamelle“ bedeutet eigentlich „weibliche Brust“. Auf der Zeichnung und dem Foto
sind man die beiden Hügel bei Dakar, der Hauptstatdt Senegals, die als die zwei
„Mamelles“ bezeichnet werden.
Ngor Séne
Ngor Séne war ein Serene, schwarz wie das Meer, kohlschwarz, ein Serene aus
Diakhaw. Als er irgendwann einmal in seinem Leben nach Sangomar, ans große
Meer kam, ging Ngor Séne weder nach Norden noch nach Westen.
Er hatte also niemals vom Pech des alten Peulh Mawdo gehört, der sich dort in
Macina vor langen, langen Jahren an einem Palaverabend vergessen hatte und vor
allen Leuten ein unpassendes Geräusch von sich gab.
Alle, jung und alt, haben sich angeschaut und dann haben sie ihn angeschaut und
Mawdo ist aufgestanden und in der Nacht Richtung Süden verschwunden. Er ist Tag
und Nacht gegangen, er ist monatelang gegangen und hat das Land der Markkas
und der Bambara durchquert und die Dörfer der Minianka und die hügeligen Felder
der Sénefo, die in der Trockenzeit einem riesigen Friedhof gleichen. Er ist siebenmal
sieben Jahre im Wald geblieben, im Land der nackten Menschen.
Und dann, langsam, mit den müden Schritten eines Alten, ist er nach Macina
zurückgekehrt. Die Sehnsucht nach den weiten Ebenen hatte sein Herz
ausgetrocknet.
Mawdo näherte sich einer Hütte um seine steifen Glieder aufzuwärmen, da hörte er
folgendes: „Ich sage dir, es ist nicht so lange her! Mein Vater hat mir gesagt, dass es
im Jahr der Darmwinde gewesen wäre.“
Als der alte Mawdo das hörte, drehte er um und verschwand in der Nacht und
verbrachte seine alten Tage dort unten im Süden.
N'Gor Séne hatte also niemals vom Pech des alten Peulh
Mawdo gehört, aber seit seiner Kindheit wollte er keine Bohnen
essen.
Ganz egal wie sie zubereitet waren, ganz egal mit welcher
Sauce man sie servierte, mit gewürzter Erdnusssoße oder mit
Sauerampfer, auch ganz egal mit welchem Fleisch: mit
Ziegenkoteletts oder Schafhals, mit Rindfleisch oder mit
Antilope, N'gor rührte keine Bohnen an. Nie ist auch nur die
kleinste Bohne in seinen Mund gekommen.
Jeder wusste, dass N'Gor derjenige war, der keine Bohnen aß.
Aber niemand nannte ihn bei seinem Namen, für alle aus dem Dorf und aus der
Gegend war er N'Gor-Niébé, N'Gor-Bohne. Seine Freunde ärgerten sich und
schworen, dass sie ihn eines Tages dazu bringen würden, Bohnen zu essen.
N'Dèné war ein schönes Mädchen mit einem Körper, der so
geschmeidig wie eine Liane war. Sie war die Freundin von
N'Gor Séne. Zu ihr sind seine Freunde gegangen und haben
gesagt: „N'Dèné, wir geben dir alles was du willst: Boubous und
Pagne-Stoffe, Geld und Halsketten, wenn du N'Gor Séne zum
Bohnenessen bringst. Er verblüfft uns wirklich, denn er sagt
uns, seinen Brüdern nicht, warum er keine Bohnen isst. Es gibt
kein Verbot, das seiner Familie verbietet, Bohnen zu essen!“
Einer hübschen und jungen Frau Pagne-Stoffe und Schmuck
zu versprechen - was würde diese nicht alles machen um das zu bekommen?
N'Dèné dachte, dass es leicht sein, N'Gor Séne dazu zu bringen, eine Speise zu
essen die ihm keine Tradition verbietet. Und N'Dèné versprach es ihnen.
Drei Nächte lang zeigte sich Ndéne freundlicher und zärtlicher als üblich und Sänger
und Musiker erfreuten die jungen Liebenden. Ohne einen einzigen Augenblick zu
schlafen, massierte und streichelte sie Ngor und sang ihm süße Lieder. Am Morgen
nach der dritten Nacht fragte N'Gor sie:„N'Dèné, meine Schwester, mein Liebling,
was möchtest du von mir?“
„N'Gor, mein Onkel, mein Geliebter“, sagte die junge Frau, „alle sagen, dass du keine
Bohnen essen willst. Nicht einmal, wenn deine Mutter sie zubereitet. Ich möchte,
dass du Bohnen isst, die ich zubereite, und sei es auch nur eine Handvoll! Wenn du
mich wirklich so liebst wie du es sagst, wirst du es tun und nur ich werde es wissen.“
„Wenn das dein größter Wunsch ist! Nun, meine Geliebte, morgen kochst du mir
Bohnen und am Abend werde ich sie essen, wenn das der Beweis meiner großen
Liebe ist“, sagte N´Gor zu ihr.
Am Abend kochte N'Dèné Bohnen und servierte sie mit Erdnusssauce, gewürzt mit
Piment, Nelken und anderen Gewürzen um den
Geruch und den Geschmack der Bohnen zu
überdecken. Als N'Gor sich in seinem zweiten Schlaf
umdrehte, weckte N'Dèné ihn sanft, streichelte seinen
Kopf und präsentierte ihm die appetitanregende
Speise. N'Gor stand auf, wusch sich seine rechte Hand
und setze sich auf die Matte neben die Schüssel und
sagte zu seiner Geliebten: „N'Dèné, gibt es in Diakhaw
einen Menschen, dem du deine Nase geben würdest,
damit er leben kann, wenn er seine verlieren würde? Eine Person deren Herz mit
deinem eins ist, eine Freundin vor der du kein Geheimnis hast, eine einzige Person,
der du dich ganz anvertraust?“
„Ja“, sagte N'Dèné.
„Wer ist das? “, fragte N'Gor Séne.
„Das ist Thioro“, antwortete N'Dèné.
„Geh sie holen“, sagte N'Gor Séne.
N'Dèné holte ihre beste Freundin. Als Thioro ankam, fragte
N'Gor sie:
„Thioro, hast du eine beste Freundin, eine einzige Person auf
der Welt, der du dein Herz öffnest? “
„Ja!“, sagte Thioro, „das ist Ngoné.“
„Sag Ngoné, dass sie kommen soll“, sagte N'Gor.
Thioro holte Ngoné, ihre beste Freundin, ihre beste
Schwester und Ngoné kam und Ngor fragte: „Hast du eine
Person auf der Welt der deine Zunge kein Geheimnis versteckt, für die dein Herz so
hell wie der Tag ist?“
„Ja, das ist Djégane“, sagte die junge Frau.
Djégane kam und antwortete auf die Frage von N'Gor, dass sie mit Sira ihre
Geheimnise teile. N'Gor bat sie, ihre beste Freundin Sira zu holen. Sira kam und
holte Khary, die einzige Vertrauensperson ihres Lebens. Khary ging wieder weg und
holte jene, mit der sie ihre intimsten Geheimnisse teilte. Und so befand sich N'Gor, in
seiner Hütte vor seiner Bohnenschüssel sitzend, umgeben von zwölf Frauen.
„N'Dèné meine Schwester“, sagte er dann, ich werde niemals Bohnen essen. Wenn
ich in der Nacht die Bohnen gekostet hätte, die du zubereitet hast, würden es
morgen alle diese Frauen wissen. Von bester
Freundin zu bester Freundin, von Frau zu Mann und
von Mann zu Verwandten, von Verwandten zu
Nachbarn, das ganze Dorf und die ganze Gegend
würde es erfahren.
Und in der Nacht ging N'Gor N'Gor Séne in seine
Hütte zurück und dachte, dass Kotj Barma recht
hatte: „Schenk Frauen deine Liebe, aber nicht dein
Vertrauen.“
Die Belohnung
Nachdem Diassigue, das Krokodil den ganzen Tag in der heißen
Sonne geschlafen hatte, streifte es den Sand von seinem Bauch
ab und kehrte zum Flussarm zurück, wo es wohnte. Da hörte es
Frauen, die gekommen waren um ihre Kürbisgefäße zu reinigen,
um Wäsche zu waschen und um Wasser zu holen. Diese
Frauen unterhielten sich mehr miteinander als dass sie
arbeiteten. Sie beklagten, dass die Tochter des Königs ins
Wasser gefallen und ertrunken sei. Sie erzählten, dass ein
Diener des Königs behauptete, dass der König den Flussarm
trocken legen würde, um den Körper seiner Tochter zu finden.
Das Krokodil, das seine Behausung beim Flussarm hatte,
begab sich in der Nacht weit ins Landesinnere. Am nächsten Tag legten die Männer
des Königs tatsächlich den Flussarm trocken und töteten alle Krokodile, die dort
lebten. In der Behausung des ältesten Krokodils fand man den Körper der
Königstochter.
Diassigue war zu dieser Zeit im Buschland. Dort
fand es ein Kind, das gerade Holz sammelte.
„Was machst du da?“, fragte das Kind beunruhigt.
„Ich habe mich verirrt“, antwortete das Krokodil,
„kannst du mich nach Hause bringen?“
„Es gibt keinen Flussarm mehr“, sagte das Kind.
„Dann bring mich zum Fluss“, bat das Krokodil.
Das Kind suchte eine Matte und Lianen, rollte das
Krokodil ein, band es mit den Lianen zu, lud es sich auf den Kopf und ging bis zum
Abend. Es ging bis es den Fluss erreichte.
Beim Wasser angekommen stellte es seine Last ab, durchschnitt die Lianen und
wickelte die Matte auf.
Da sagte das Krokodil: „Kind, ich bin von der langen
Reise sehr geschwächt, kannst du mich bitte ins
Wasser bringen?“
Das Kind ging bis zu den Knien ins Wasser und als es das Krokodil hineinlegen
wollte, fragte das Krokodil: „Geh bis dir das Wasser bis zum Gürtel reicht, denn hier
kann ich nicht schwimmen.“
Das machte das Kind und ging so weit, bis ihm das Wasser bis zum Bauch reichte.
„Geh noch weiter, bis dir das Wasser bis zur Brust reicht“, bat das Krokodil.
Das Kind ging bis ihm das Wasser bis zur Brust reichte.
„Du kannst weiter gehen, bis es dir bis zu den Schultern reicht“, sagte das Krokodil
jetzt.
Das Kind ging weiter, bis ihm das Wasser bis zu den Schultern reichte und endlich
rief das das Krokodil: „Lass mich jetzt aus!“
Das Kind gehorchte und wollte zurück zum Ufer, aber das Krokodil fasste es am Arm.
„Oh Gott!“, rief das Kind, „was ist das, lass mich los!“
„Ich lass dich nicht los! Ich habe seit zwei Tagen nichts gegessen und großen
Hunger“, antwortete das Krokodil.
„Sag mir, Krokodil, ist der Lohn für etwas Gutes etwas Gutes oder etwas Böses?“,
fragte das Kind.
„Eine gute Tat wird durch eine böse und nicht durch eine gute belohnt“, erwiderte das
Krokodil.
Da sagte das Kind: „Jetzt bin ich in deiner Gewalt, aber was du sagst ist nicht richtig,
es gibt sicher niemanden außer dir, der so etwas behauptet.“
„Ah ! Das glaubst du?“, fragte das Krokodil.
„Gut ! Fragen wir doch jemanden anderen, dann wissen wir, wie es ist“, sagte das
Kind.
„Einverstanden“, akzeptierte das Krokodil, „aber wenn sich drei finden, die meiner
Meinung sind, dann endest du in meinem Bauch. Das versichere ich dir!“
Kaum dass das Krokodil seine Drohung ausgesprochen hatte, kam eine alte, eine
sehr alte Kuh, um am Fluss zu trinken. Als sie fertig getrunken hatte, rief sie das
Krokodil: „Kuh, du bist so alt und verfügst über die Weisheit, kannst du uns sagen, ob
man eine gute Tat mit einer guten oder bösen Tat
belohnt?“
„Der Preis einer guten Tat ist eine böse“, erklärte
die Kuh, „und glaubt mir, ich weiß wovon ich rede.
Als ich jung war, stark und kräftig, gab man mir,
wenn ich von der Weide zurückkam einen Block
Salz, man gab mir Hirse. Ich gab damals viel Milch
und alle Kühe und Stiere meines Bauern
stammten von mir ab. Jetzt, wo ich alt bin, keine
Milch mehr gebe und keine Kälber mehr
bekomme, kümmert man sich nicht um mich, man
bringt mich nicht mehr auf die Weide. Ein starker Schlag mit dem Stock treibt mich
aus dem Hof und ich gehe ganz alleine auf Nahrungssuche. Also, deshalb sage ich,
eine gute Tat wir mit einer schlechten bezahlt.“
„Hast du das gehört, Kind?“, fragte das Krokodil.
„Ja“, sagte das Kind, „ich habe es gut
verstanden“. Als Nagg, die Kuh sich entfernt
hatte, tauchte ein altes Pferd am Fluss auf.
Das Krokodil rief: „Pferd, du bist alt und weise,
kannst du mir und dem Kind sagen, ob eine gute
Tat durch eine gute oder schlechte belohnt wird?“
„Sicher kann ich das“, sagte das alte Pferd. Eine
gute Tat wird immer durch eine schlechte belohnt
und ich weiß wovon ich rede. Hört mir alle beide zu. Als ich jung und voller Kraft war,
hatte ich für mich allein drei Stallknechte. Vom Morgen bis zum Abend war mein Trog
gefüllt mit bestem Futter. Man striegelte mich. Ich hatte ein Zaumzeug, gefertigt und
geschmückt von einem Meister aus Mauretanien. Ich diente im Krieg und mein Herr
transportierte 500 Gefangene auf meinem Rücken. Neun Jahre habe ich meinen
Herrn und seine Beute getragen. Jetzt wo ich alt bin, ist alles, was man für mich tut,
dass man mich mit einem Stockschlag in den Buschwald schickt, um mein Futter zu
suchen.“
Und so verließ Fass, das Pferd seine Tränke am Fluss. „Kind“, fragte das Krokodil,
„hast du das gehört? Ich habe jetzt zu großen Hunger, ich werde dich fressen.“
„Nein!“, rief das Kind, „Onkel Diassigue, „du selbst hast gesagt, dass du drei
Personen fragen würdest. Wenn der, der kommt, dasselbe sagt wie diese beiden,
dann kannst du mich fressen, aber nicht vorher.“
„Einverstanden“, brummte das Krokodil, „aber bereite dich darauf vor, dass ich keine
weiteren Zugeständnisse mache“.
Als nächster kam Leuk, der Hase vorbei. „Onkel Leuk, du, der du der Älteste bist,
kannst du uns sagen, wer von uns beiden die
Wahrheit sagt? Ich sage, dass eine gute Tat durch
eine böse belohnt wird, dieses Kind aber sagt, dass
der Lohn für eine gute Tat eine gute Tat ist“.
Leuk rieb sich am Kinn, kratzte sich am Ohr und
fragte dann seinerseits: „Diassigue, mein Freund,
fragst du den Blinden um dir zu sagen, ob die
Baumwolle weiß und der Rabe schwarz ist?“
„Sicher nicht“, versicherte das Krokodil.
„Sag mir also, was passiert ist und ich kann dir vielleicht deine Frage beantworten,
ohne mich zu irren“, sagte Leuk.
„Gut Onkel Leuk, es ist so: Dieses Kind hat mich da hinten im Buschwald gefunden,
mich in eine Matte gewickelt und hierhergebracht. Jetzt habe ich Hunger. Da ich nicht
sterben will, muss ich essen und es wäre dumm, das Kind laufen zu lassen und auf
eine unsichere Beute Jagd zu machen“, erklärte das Krokodil.
„Unbedingt“, anerkennt Leuk, „aber wenn die Worte krank sind, müssen die Ohren
gut sein“.
„Also meine Ohren sind gut“, antwortete das Krokodil.
„Dafür danke ich Gott, denn es ist eines deiner Worte, das mir nicht gut scheint“,
erwiderte Leuk.
„Welches?“, fragte das Krokodil.
„Du behauptest, dass dich dieses Kind in einer Matte bis hierher gebracht hat. Das ist
es, was ich nicht glauben kann“, sagte Leuk. „Aber es ist war“, bekräftigte das Kind.
„Du bist ein Lügner, wie ihr alle!“, rief der Hase.
„Es sagt die Wahrheit“, entgegnete das Krokodil.
„Ich werde es nicht glauben“, zweifelte Leuk, „bis ich es gesehen habe. Kommt beide
aus dem Wasser!“
Das Kind und das Krokodil kamen beide aus dem Wasser.
„Du behauptest, dass du das große Krokodil in dieser Matte getragen hast? Wie hast
du das gemacht?“, fragte Leuk.
„Ich hab das Krokodil eingerollt und die Matte zugebunden“, erklärte das Kind.
„Gut, ich möchte sehen wie“, sagte Leuk.
Das Krokodil legte sich auf die Matte und das Kind wickelte es ein. „Du hast es
zusammengebunden?“, fragte Leuk. Das Kind nickte mit dem Kopf. „Dann binde es
zusammen!“, befahl Leuk. Das Kind band die Matte fest zusammen.
„Und du hast es auf dem Kopf getragen?“, fragte der Hase. Das Kind nickte wieder
mit dem Kopf.
„Gut, trage es auf dem Kopf, damit ich es sehe“, sagte der
Hase.
Als das Kind die Matte mit dem Krokodil auf den Kopf
gehoben hatte, fragte Leuk: „Kind, sind deine Eltern
Schmiede?“ „Nein“, antwortete das Kind. „Diassigue ist
also nicht verwandt mit dir, er ist kein heiliges Tier für
deine Familie?“, wollte Leuk wissen.
„Nein überhaupt nicht“, antwortete das Kind.
Jetzt sagte der Hase: „Dann nimm also deine Last und
bring sie nach Hause. Dein Vater, deine Mutter, deine
Verwandten und alle Freunde werden dir danken, ihr habt
zu Hause zu essen.
So müssen die bezahlt werden, die die guten Taten
vergessen“.
Rumpelstilzchen
Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter.
Nun traf es sich, dass er mit dem König zu sprechen kam. Um sich ein Ansehen zu
geben,sagte er zu ihm: „ Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“
Der König sprach zum Müller: „Das gefällt mir sehr. Bring sie morgen zum Schloss!
Da werde ich sie auf die Probe stellen.“
Als das Mädchen zum König gebracht wurde, zeigte er ihm eine Kammer voll Stroh
und sagte: „ Wenn du das Stroh bis morgen nicht zu Gold gesponnen hast, musst du
sterben.“ Er sperrte die Kammer zu und ließ sie allein. Die arme Müllerstochter
wusste sich nicht zu helfen. Sie hatte große Angst und fing zu weinen an.
Auf einmal trat ein kleines Männchen in die Kammer und fragte: „ Warum weinst du
so sehr?“ Das Mädchen erzählte von seiner Not. Da sprach das Männchen: „ Was
gibst du mir, wenn ich dir helfe?“ Sie versprach ihm sein Halsband. Das Männchen
nahm das Halsband und fing sogleich an zu spinnen. Und schnurr, schnurr, schnurr,
dreimal gezogen war eine Spule nach der anderen voll. Bis zum Morgen hatte es das
ganze Stroh versponnen und alle Spulen waren voll Gold.
Als der König bei Sonnenaufgang kam und das Gold sah, freute er sich sehr. Aber
er war noch gieriger und ließ die Müllerstocher in eine neue Kammer voll Stroh
bringen, die noch größer war. Er befahl ihr auch das zu Gold zu spinnen, wenn sie
am Leben bleiben wollte.
Als sie wieder vor Verzweiflung zu weinen begann, erschien das Männchen und
frage:„ Was gibst du mir, wenn ich dir wieder helfe?“ „Meinen Ring“, antwortete das
Mädchen. Das Männchen nahm den Ring und begann zu spinnen. Am nächsten
Morgen war alles Gold zu Stroh gesponnen.
Der König freute sich sehr, aber er hatte noch immer nicht genug und er ließ das
Mädchen in eine noch größere Kammer mit Stroh bringen. Er sagte: „ Wenn du das
auch noch schaffst, werde ich dich heiraten.“
Als die Müllerstochter wieder allein war, kam das Männchen das dritte Mal und
fragte: „ Was gibst du mir, wenn ich nochmals Gold spinne?“ „ Ich habe nichts mehr“,
antwortete sie. Da sprach das Männchen: „Wenn du Königin bist und dein erstes
Kind bekommst, will ich es haben.“ In ihrer Not war die Müllerstochter einverstanden.
Das Männchen spann noch einmal das Stroh zu Gold. Als es der König am nächsten
Morgen sah, nahm er das Mädchen zur Frau.
Als ein Jahr vergangen war, brachte die Königin ein Kind zur Welt. Bald darauf trat
das Männlein in den Raum und spracht: „Gib mir, was du versprochen hast. Du
musst mir das Kind geben.“
Die Königin hatte nicht mehr an das
Versprechen gedacht. Sie bot ihm alle
Schätze des Königreichs an, aber das
Männlein wollte etwas Lebendiges. Darauf
fing sie verzweifelt zu jammern an. Nun hatte
das Männlein Mitleid mit ihr und machte
einen Vorschlag: „Du hast drei Tage Zeit um
meinen Namen herauszufinden. Wenn du ihn
bis dahin weißt, darfst du dein Kind
behalten.“
Die Königin dachte die ganze Nacht über alle Namen, die sie kannte nach und
schickte Boten in das ganze Land um die seltsamsten Namen zu finden. Als das
Männchen am nächsten Tag kam, sagte sie alle Namen, die sie wusste. Aber es
sagte nur: „So heiß ich nicht.“ Am nächsten Tag ließ sie wieder nach ausgefallenen
Namen suchen. Sie fragte das Männchen abermals: „ Heißt du vielleicht Rippenbiest
oder Hammelswade?“ Aber wieder nannte sie den richtigen Namen nicht.
Am dritten Tag erzählte der Bote: „Ich habe keine neuen Namen gefunden, aber im
tiefen Wald sah ich ein kleines Haus vor dem ein
Feuer brannte. Um das Feuer sprang ein komisches
Männchen und schrie:
„ Heute back ich.
Morgen brau ich.
Übermorgen hol ich der Königin ihr Kind.
Ach, wie gut ist, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!“
Die Königin war überglücklich, und als das
Männchen wieder hereinkam, fragte sie: „Heißt du
vielleicht Kunz?“ „Nein.“ Heißt du Heinz?“ „Nein.“
„Oder heißt du gar Rumpelstilzchen?“
„Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel
gesagt!“, schrie das Männchen. Vor Zorn tobte es
und stampfte mit dem rechten Fuß so fest in den Boden, dass es bis zum Leib
einbrach. Dann packte Rumpelstilzchen in seiner Wut den linken Fuß und riss sich
selbst entzwei.
Hänsel und Gretel
Es waren einmal zwei bettelarme Kinder, die Hänsel und Gretel hießen. Sie wohnten
mit ihrem Vater und ihrer (Stiefmutter) in einem kleinen Häuschen am Waldrand.
Eines Tages hörten die Kinder wie ihre Stiefmutter zu ihrem Vater sprach: „Wir
müssen die Kinder aussetzen. Wir haben selbst nicht mehr genug zu essen und zu
trinken. Wie sollen wir dann auch die Kinder versorgen?“ „Nein!“, sagte der Vater.
„Ich teile lieber meinen letzen Bissen mit den Kindern, als dass ich sie verhungern
oder aussetzen ließe.“ Die Mutter antwortete: „Aber dann müssen wir alle
verhungern!“ Sie überredete den Vater und sie schliefen ein. Die Kinder, die jedoch
alles mit angehört hatten, waren sehr erschrocken. Aber Hänsel sagte: „Liebes
Schwesterchen, weine nicht, der liebe Gott wird uns schon helfen.“ Hänsel sprang
aus dem Fenster und sammelte Kieselsteine, die im Mondschein schimmerten. Am
nächsten Tag weckte die Mutter die Kinder in alles früh und sagte: „Liebe Kinder,
kommt mit, wir wollen in den Wald gehen und Brennholz sammeln. Hier habt ihr ein
Stück Brot, aber esst es nicht vorher auf, denn weiter bekommt ihr nichts zu essen.“
Sie gingen in den Wald und suchten Holz. Hänsel blieb immer wieder stehen und
warf heimlich einen Kieselstein auf den Waldboden. Der Vater fragte Hänsel: „Warum
bleibst du dauernd stehen?“ „Ich gucke nach meinem weißen Kätzchen, das sitzt
oben auf dem Dach und will mit ADE sagen.“ „Du Narr!“, sagte die Stiefmutter. „Das
ist nicht dein Kätzchen, das ist die Morgensonne die auf den Schornstein scheint.“
Doch Hänsel blieb immer wieder stehen. Als sie tief in den Wald gelangt waren sagte
die Mutter: „Kinder wartet hier, wir holen euch nachher wieder ab.“ Sie machten ein
Feuer und gingen davon. Die Kinder aßen das Brot und waren danach so müde,
dass sie einschliefen. Als sie aufwachten war es schon mitten in der Nacht. Gretel
fing an zu weinen. Aber Hänsel sagte: „ Fürchte dich nicht, wir werden den Weg
schon finden.“ Als der Mond aufgegangen war, schimmerten die Kieselsteine die
Hänsel verstreut hatte. Sie gingen ihnen nach und als der Morgen graute, kamen sie
zu ihres Vaters Haus zurück. Die Stiefmutter öffnete und sagte: „Ihr bösen Kinder,
was habt ihr euch so lang im Wald herumgetrieben, ihr hättet verhungern können!“
Der Vater jedoch war froh, dass die Kinder wider zuhause waren. Als wieder einmal
die Hungersnot ins Land kam, sagte die Mutter Abends zum Vater: „Morgen wollen
wir in den Wald gehen, dort wo er am dichtesten ist. Wir nehmen die Kinder mit und
lassen sie alleine.“ Die Kinder, die noch wach waren, hatten jedoch alles mit
angehört. Gretel fing an zu weinen. Doch Hänsel sagte: „Weine nicht liebes
Schwesterchen, Gott wird uns nicht verlassen.“ Er versuchte durch das Fenster zu
klettern, doch die Mutter hatte es Abends verschlossen und Hänsel konnte nicht
hinaus. So mussten sie voller Angst einschlafen. Am frühen Morgen weckte die
Mutter die Kinder in aller frühe und sagte: Wir wollen in den Wals gehen und Holz
sammeln. Kommt!“ Sie gab jedem ein Stück Brot und sagte: „Esst es nicht vorher
auf, denn weiter bekommt ihr nichts!“ Sie gingen in den Wald, doch Hänsel blieb
immer wieder stehen und warf heimlich ein Stück Brot auf den Boden. „Hänsel!“,
sagte der Vater, „gib acht und vergiss deine Beine nicht!“ „Ich gucke nach meinem
weißen Täubchen! Das sitz oben auf dem Dach und will mir Ade sagen!“ „Du Narr!“,
das ist dein Täubchen nicht! Das ist die Morgensonne die auf den Schornstein
scheint!“, sagte die Mutter. Sie führten die Kinder tief in den Wald und ließen sie
alleine. Gretel teilte ihr Stück Brot mit Hänsel, denn er hatte seines auf dem Weg
verstreut. Danach schliefen sie tief und fest ein. Als sie aufwachten, war es schon
dunkle Nacht und Hänsel sagte: „Warte nur bis der Mond aufgegangen ist, dann
folgen wir den Brotkrümeln, die ich verstreut habe und finden den Weg nach Hause.“
Doch die vielen Vögel die im Wald lebten, hatten das Brot schon längst aufgepickt
und so mussten sich die Kinder im Wald zur Ruhe legen. Als es Morgen war,
wanderten sie immer weiter, doch sie gerieten immer tiefer in den Wald. Als es
Nachmittag wurde, kamen sie zu einem kleinen Häuschen, das über und über mit
Süßigkeiten bedeckt war, das Dach war aus Schokolade, die Fenster aus Zucker, die
Mauern aus Lebkuchen und die Tür aus Brot. Die Kinder stürzten sich darauf und
begannen zu essen. Schließlich wurden sie immer noch gieriger, Hänsel brach sich
einen ganzen Ziegel herunter und Gretel schlug eine runde Fensterscheibe ein. Da
hörten sie auf einmal wie aus dem Nichts ein feines Stimmchen: „Knusper, knusper,
knäuschen, wer knappert an meinem Häuschen?“, rief. „Der Wind, der Wind, das
himmlische Kind!“, antworteten die Kinder und aßen weiter. Doch da öffnete sich die
Tür und eine steinalte Frau kam heraus. „Ei, ei, ihr lieben Kinder, was treibt ihr euch
so allein im Wald herum? Kommt nur herein und lasst es euch gut gehen!“, sagt sie.
„Es geschieht euch kein Leid!“ Und sie nahm sie mit ihren knochigen Fingern und
führte sie in ihr Haus. Sie gab beiden Essen im Überfluss und steckte sie danach in
zwei leuchten weiße Betten. Am nächsten Tag sperrte sie Hänsel heimlich in einen
Käfig, denn sie war in Wirklichkeit eine
böse Hexe und gab Hänsel die besten
Speisen zu essen, damit er dick und
fett wurde, denn sie wollte ihn braten.
Als Gretel aufwachte, bemerkte sie,
dass ihr Bruder nicht mehr da war. Die
Hexe zwang Gretel für ihren Bruder die
besten Speisen zu kochen, doch Gretel
bekam nur die Speisereste. Nach
einigen Tagen ging die Hexe aus dem
Häuschen zu dem Käfig und sagte zu
Hänsel: „Steck dein Finkerschen
heraus, ich möchte fühlen, ob du schon
fett geworden bist.“ Doch Hänsel streckte nur einen alten Knochen aus dem Käfig.
Doch Hänsel machte das eine Woche lang, bis die Hexe sagte: „Es ist mir egal, ob er
noch nicht dick geworden ist, ich werde ihn morgen braten.“ Gretel begann zu
weinen. Die Hexe bat Gretel nachzuschauen ob der Ofen heiß ist. „Griech hinein, dir
wird schon nichts passieren.“ Gretel meinte aber nur: „Ich weiß nicht wie das geht, du
musst es mir zeigen.“ „Ach du dummes Kind, ich werde es dir zeigen“, schrie die
Hexe vor Wut. Die Hexe kletterte in den Ofen und bemerkte nicht, dass Gretel ihr
einen solchen Stups gab, dass sie hineinfiel. Gretel aber lief schnurstracks zum
Hänsel, öffnete sein Ställchen und rief: „ Hänsel, wir sind erlöst, die alte Hexe ist tot!“
Da sprang Hänsel heraus und umarmte seine Schwester! Vorsichtig schlichen sie ins
Hexenhaus und sahen dort eine Truhe. Als sie sie öffneten erblickten sie Perlen,
Ketten, Gold, Silber, Münzen, Diamanten und Edelsteine. Die Kinder nahmen sich,
was sie tragen konnten! Danach liefen sie in den Wald. Sie wanderten und
wanderten und kamen plötzlich an einen großen See. Sie sahen weit und breit kein
Schiff und keine Brücke. Doch da kam eine Ente angeschwommen und Gretel rief ihr
zu: „Entchen, Entchen, hier stehen Hänsel und Gretel und möchten ans andere Ufer.
Kein Steg und keine Brücken, nimm uns auf deinen Rücken!“ Die Ente kam heran
und Hänsel setzt sich auf sie. „Komm Gretel!“, sagte er. „Setze dich hier neben
mich!“ Doch Gretel meinte: „Nein Hänsel!“ Lass dich als erster hinüberschwimmen,
sonst wird es dem Entchen zu schwer!“ So schwamm die Ente zuerst mit Hänsel ans
andere Ufer, kam zurück und holte dann Gretel. Sie bedankten sich bei der Ente und
gingen weiter. Nach einer Weile kam ihnen der Wald auf einmal wieder bekannt vor
und dann sahen sie auch schon die Lichtung auf der das kleine Häuschen stand. Sie
rannten los und stolperten zur Tür hinein. Voll Freude empfing sie der Vater, denn es
lag ihm auf dem Herzen als es sie im Wald gelassen hatte. Sie leerten ihre Röckchen
und Schürzchen aus, dass das Geld nur so klimperte. Die Stiefmutter war schon seit
einiger Zeit gestorben und der Vater lebst glücklich mit seinen Kindern bis an ihr
Lebensende! Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!
Rotkäppchen
Es war einmal ein kleines hübsches Mädchen das ein Käppchen aus rotem Samt von
seiner Großmutter bekommen hat. Daher hatte sie den Namen Rotkäppchen. Eines
Tages sprach ihre Mutter zu Rotkäppchen: „Bring Kuchen und Wein zu Großmutter,
denn sie ist sehr krank,, von dem soll sie sich erholen, aber pass auf, komm nicht
vom weg ab, sonst verläufst du dich.“ „Aber natürlich“, antwortete Rotkäppchen. Also
ging sie in den Wald, plötzlich stand ein riesiger Wolf vor ihr der sagte: „Wo willst du
denn hin?“ Da antwortete Rotkäppchen: „Zu zwei großen Eichen an der Lichtung, da
steht ein Haus wo meine Großmutter wohnt, ich will ihr Kuchen und Wein bringen, sie
ist krank.“ „Schau dort drüben im Wald sind schöne Blumen, pflück doch welche für
deine Großmutter, sie wird sich bestimmt freuen“, meinte der Wolf. Rotkäppchen
sagte: „Ich darf aber nicht vom Weg
abkommen“. „Es sind doch nur ein paar
Schritte vom Weg entfernt und schau dir doch
die schönen Blumen an“, meinte der Wolf. Also
ging Rotkäppchen in den Wald und immer
tiefer hinein und pflückte Blumen. In der
Zwischenzeit schlich sich der Wolf ans
Großmutterhaus und sagte: „Ich bin
Rotkäppchen, bitte lass mich rein, ich habe dir
Kuchen und Wein mitgebracht. Ja die Tür ist
offen, komm rein, drück nur die Klinke runter.“
Der Wolf ging ins Haus. Plötzlich sprang der
Wolf auf die Großmutter und fraß sie mit einem Satz auf. Der Wolf legte sich ins Bett
der Großmutter. Nach einer Weile kam Rotkäppchen zu Großmutters Haus. Sie
wunderte sich, dass die Tür offen stand. Rotkäppchen fragte: „Warum hast du so
große Augen?“ „Damit ich dich besser sehen kann!“ meine der Wolf. „Warum hast du
so große Hände?“ fragte Rotkäppchen. „Damit ich dich besser packen kann!“ schrie
der Wolf und fraß sie mit einem Satz auf. In dem Moment kam der Jäger und hörte
den Wolf schnarchen. Er ging ins Haus und schnitt ihm den Bauch auf. Plötzlich kam
ein rotes Käppchen zum sehen und dann das ganze Rotkäppchen. Nach ihr kam die
Großmutter. Sie und Rotkäppchen freuten sich, dass sie der Jäger befreit hat. Sie
aßen und tranken noch Kuchen und Wein. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann
leben sie noch heute!
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