Klima-und Umweltbündnis Stuttgart Manfred Niess Kernerstr. 22B 70182 Stuttgart Tel:0711-29 70 82 e-mail: [email protected] www.KUS-Stuttgart.de im Juli 2014 Sehr geehrter Herr Baake, vielen Dank für Ihr ausführliches Schreiben vom 31.1.2014. Nach den Ereignissen und Entscheidungen der letzten Wochen habe ich mir Ihre Antwort vom 31.1.2014 noch einmal durchgelesen. Bei genauer Lektüre Ihres Antwortbriefes fällt auf, dass viele Fragen nicht beantwortet wurden. Als Bürger ist man sich nicht sicher ob der Brief nicht gelesen wurde oder ob man berechtigte Fragen durch wegducken nicht beantworten möchte. In beiden Fällen wird der Bürger nicht ernst genommen, was eine Ursache für die weit verbreitete Politikverdrossenheit sein könnte. Die Frage der Energieversorgung in Baden-Württemberg nach Abschaltung der letzten Atomkraftwerke bei einem Windkraftanteil von 0.9'%, wird mit keinem Wort beantwortet. Die Frage wie der COAusstoß verringert werden kann bei einem Weiterlaufen der Braunkohlekraftwerke (die Bundesregierung hat sich mit den Meseberger Beschlüssen verpflichtet, den C0 2 Ausstoß bis 2020 um 40% zu verringern) - keine Antwort. Die Frage, ob nicht mit dem Abbau von 40 000 Arbeitsplätzen eine Deindustrialisierung auf einem der Leitmärkte der Zukunft schon läuft - keine Antwort. Was die Frage der Bürgerenergiegenossenschaften betrifft, teilen Sie in der Agora Studie die Meinung, wie ich Sie in meinen Brief dargestellt habe. Sie führen aus: “Der Ausbau der EE ist bisher zu großen Teilen durch die Bürgerinnen und Bürger und kleine mittelständische Unternehmen (KMU) erfolgt. Ein Marktdesign, das diese Aktivitäten der Bürger und KMU nicht mehr ermöglicht, stellt die Zukunft der Energiewende in Frage.“ (Agora, 12 Thesen zur Energiewende, November 2012, S.26) Mit dem neuen Marktdesign werden genau diese Aktivitäten blockiert und die Energiewende in Frage gestellt – und die Frage nach den Bürgernergiegenossenschaften bleibt unbeantwortet. Herr Gabriel hat gerade in China beklagt, dass die Deutsche Wirtschaft ihren einstmaligen Vorsprung in der Batterietechnik verloren hat und jetzt wieder aufholen muss. In 10 Jahren wird ein deutscher Wirtschaftsminister wieder darüber klagen, dass die einstmals führende BRD wieder hinter den asiatischen PV Produzenten hinterherhinken wird! Weiterhin fällt auf, dass Sie die Debatte auf Nebenkriegsschauplätzen führen, um von den eigentlichen Problemen abzulenken, eine bei Lobbyisten und Politikern beliebte Strategie. Beispielhaft sei die von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ( unter vielen anderen) gesteuerte Kostendebatte und die Erhöhungen beim EEG. Ein durchschnittlicher Haushalt gibt pro Person 2000€ für Heizung aus, 2000€ für Benzin und 1200 € für Strom. Können Sie erklären, warum die Stromkosten jetzt ein Problem sind, aber nicht die Heizungskosten und die Benzinkosten? "Da der Stromverbrauch bei den meisten Menschen ein Randthema ist und der Anteil der Stromausgaben an den gesamten Konsumausgaben im Schnitt bei nur 2.3% liegt" (Agora, 12 Thesen zur Energiewende, November 2012,S.31) schreiben Sie, Herr Baake, in besagter Studie. Warum sind die Stromkosten jetzt für Sie plötzlich ein Problem? Weiterhin fällt bei Ihrem Schreiben auf, dass Sie nur die halbe Wahrheit nennen, die unangenehme Wahrheit wird nicht erwähnt. Sie behaupten, dass die Ausbaukorridore mitnichten die Energiewende ausbremsen. Ihre Zahlen beim Beispiel Wind treffen möglicherweise zu, bei der Fotovoltaik ist der Ausbau von 7 Gigawatt auf unter 3 Gigawatt brutal abgebremst worden, mit der Folge, dass Dank Herrn Altmayer fast die gesamte Fotovoltaikindustrie in Deutschland an asiatische Ländern mit den zugehörigen Patenten verschleudert wurde. Der Satz, Sie wollen die Erneuerbaren Energien (EE) an den Markt führen steht im Widerspruch zu dem, was Sie in dem oben genannten Thesenpapier geschrieben haben. Dort steht zu lesen: " In den bestehenden (Grenz)Kostenmarkt können Wind und PV nicht integriert werden, da dieser aufgrund seines Designs prinzipiell nicht in der Lage ist, die Investitionskosten dargebotsabhängiger Energieträger zu refinanzieren. Ohne ein ... Instrument für Strom aus EE käme insofern die Energiewende zum Erliegen." (S.23) Wenn also dieser Markt eingeführt wird, dann wird genau dieses Ziel erreicht: Die stille Beerdigung der Energiewende. Dies wird auch deutlich, dass man weiterhin über 2000 Betriebe von der EEG Abgabe befreit. Die Kosten von über 5 Mrd. Euro dürfen kleine Mittelständler und Privathaushalte bezahlen. Skandalös ist, dass hochriskante Atomkraftwerke und klimakillende Kohlekraftwerke von der Abgabe befreit sind, aber Betreiber von umweltfreundlichen PV-Anlagen bei Eigenverbrauch die EEG-Abgabe bezahlen sollen. "Gabriel führt die Energiewende ad absurdum: Kohle- und Atomkraftwerksbetreiber sollen weiter jährlich 2.6.Mrd. Euro für den Stromeigenverbrauch geschenkt bekommen für den selbst verbrauchten und sauberen Strom aus Anlagen für erneuerbare Energie in Zukunft EEG Umlage gezahlt werden soll.2 (BUND, in Franz Alt, 29.4.2914). Nach den im Koalitionsvertrag ausgeführten Details zu Energiewende wird nicht klar, wie die Bundesregierung in einem Gesamtkonzept die in der Leitstudie 2010 „Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland“ zur Energiewende geforderten Schritte umsetzt. Dr. Nitsch stellt fest, dass die Ziele ambitioniert seien und ein zügiger Ausbau sowohl von Wind und PV als auch der KWK stattfinden muss. Noch ein grundsätzlicher Punkt: Die Regierung beklagt, das sie von Gas aus Putins Russland abhängig ist. Sie ist nicht nur im Gasbereich vom Ausland abhängig, sondern auch beim Öl (1973 gab es autofreie Sonntage!) bei der Steinkohle und zu 100% beim Uran. Ihre Abhängigkeit von Energieimporten (gegenwärtig ca. 75%) kann die BRD nur durch EE, durch Energieeffizienz und durch Energieeinsparung reduzieren. Wie kann man in so einer geopolitischen Situation die Energiewende gegen die Wand fahren? Mit freundlichen Grüßen - stellvertretend für alle Bündnismitglieder Dieter Bareis, Traude Heberle-Kik,, Manfred Niess,