Die anatolische Sprachenschleuder

Werbung
Die anatolische Sprachenschleuder
23. August 2012, 19:04
Landwirtschaft als ein Motor von Sprachentwicklung: Eine Studie untermauert
Kleinasien als Ursprungsort der indogermanischen Sprachen
Washington - Der Ursprung der deutschen Sprache könnte in Anatolien liegen.
Genauso wie jener des Englischen, Spanischen, Griechischen oder Persischen.
Beginnend vor 9500 Jahren soll sich die gemeinsame Ursprache, das
Indogermanische, vom Gebiet der heutigen Türkei aus ausgebreitet haben,
schreiben Forscher im Fachblatt "Science".
Der indoeuropäischen Sprachfamilie gehören die romanischen, slawischen,
germanischen Sprachen genauso an wie Hindi oder ausgestorbene Sprachen wie
Altgriechisch und Sanskrit. Bezüglich ihres gemeinsamen Ursprungs stehen zwei
Hypothesen im Vordergrund: Der einen zufolge entwickelte sich die Grundsprache
nördlich des Kaspischen Meeres in der russischen Steppe. Von dort aus hätte sie sich
demnach mit der halbnomadischen Kurgankultur vor 5000 bis 6000 Jahren Richtung
Europa und den Nahen Osten ausgebreitet.
Gemeinsamem Ursprung von Wörtern auf der Spur
Die Forscher um Remco Bouckaert von der University of Auckland (Neuseeland)
fanden in ihrer neuen Studie jedoch eher Belege für die Anatolien-Hypothese. Sie
besagt, dass sich die Sprachen vor 9500 bis 8000 Jahren zusammen mit der
Landwirtschaft und einer bäuerlichen Lebensweise von Anatolien aus ausbreiteten.
Die Forscher wendeten eine Systematik an, die in der Genetik genutzt wird, um die
Verwandtschaftsverhältnisse bei Arten zu untersuchen, und von Gemeinsamkeiten
und Unterschieden im Erbgut ausgeht, um etwa die Entwicklung einer Spezies zu
verfolgen.
Landwirtschaft als ein Motor von Sprachentwicklung
Bouckaert und Kollegen betrachteten anstelle der Gene Wörter, die auf einen
gemeinsamen Ursprung zurückgehen, aus 103 Sprachen. Das Wort "Mutter" ist etwa
ein solches sogenanntes Kognat, das von "mooir" in Island bis "mava" in Indien auf
einen gemeinsamen Stamm zurückgeht.
Die Wissenschafter verfolgten ausgehend von den heutigen Verbreitungsgebieten
mithilfe eines statistischen Verfahrens die Entwicklung der Kognate. Ihr Ansatz
brachte Anatolien als den wahrscheinlichen Ursprungsort der indogermanischen
Sprachen hervor. Die Landwirtschaft habe laut den Wissenschaftern eine
maßgebliche Rolle für die Entwicklung der globalen Sprachvielfalt gespielt. Sie sei
aber nicht der einzige Motor der Sprachentwicklung gewesen.
(dpa/pum, DER STANDARD, 24.8.2012)
Herunterladen