Georg Hermann Pastenaci - Europeana 1914-1918

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Nachrichten unseres lieben Georg aus dem Feldzug 1914
Georg Hermann Pastenaci, geb. 28.8.1895 in Gilge. Er begann mit seinem älteren Bruder zusammen mit 5 ½ Jahren den Schulunterricht. Auf U III trennten
sie sich, da Kurt auf das Realgymnasium abging. Georg besucht die humanistischen Anstalten in Tilsit, Linden und Gumbinnen, wo er Ostern 1914 das Abiturium machte. Er bezog die Albertina, um Theologie zu studieren und wurde
Littauer. Als der Weltkrieg ausbrach, trat er beim Kronprinzregiment als
Kriegsfreiwilliger ein und kam im Oktober mit dem Ersatzregiment Königsberg I
ins Feld, machte die Kämpfe in Ostpreußen und die Winterschlacht in Masuren
mit, lag dann lang an der Ostfront in Stellung. Im April 1915 haben wir ihn zum
letzten Mal gesehen in Rastenburg, wo er sich einige Tage zur Zahnbehandlung
aufhielt. Da er schon nach 14 Tagen zum Offizierskursus für M.G. nach Döberitz
abkommandiert werden sollte, trennten wir uns in der Hoffnung auf baldiges
Wiedersehen. Die Hoffnung wurde grausam getäuscht. Da die Offensive gleich
darauf losging, unterblieb die Abkommandierung. Georg machte den Vormarsch
gegen die russischen Grenzfestungen mit, so die Eroberung von Lomsza, und fiel
einige Tage darauf am 12. August 1915 bei Penso- Lipno, etwa 3 Meilen östlich
von Lomsza. Von einem Maschinengewehrgeschoß wurde ihm die Halsschlagader zerrissen. Er wurde dort an einem an der Gefechtsstelle durch ein Torfmoor
führenden Wege begraben. In einem Gefecht etwa 8 Tage vorher war er wegen
Tapferkeit vor dem Feinde noch auf dem Schlachtfelde zum Unteroffizier befördert worden. So werden wir unsern Liebsten Sohn erst in der himmlischen
Heimat wiedersehen. Anfang Dezember erhielt ich endlich die Genehmigung zur
Überführung der Leiche in die Heimat. Am 4. Dezember ließ ich die sterblichen
Überreste bei Sturm und Regen und Gewitter ausgraben und in einen Zinksarg
betten. Bei furchtbarem Gewitter brachten wir die Leiche zur nächsten Bahnstation und am andern Tage weiter nach Königsberg, wo am 7.12. auf dem Garnisonfriedhofe mit allen militärischen Ehren beigesetzt wurde. In seinem Grabhügel
soll dereinst auch meine Asche beigesetzt werden. Leider durch den Verlust
Ostpreußens nicht möglich.
Lieber Vater,
Königsberg 8.8.1914
Ich habe mich nicht, wie Kurt bei den Pionieren gemeldet da dort der Dienst sehr
schwer sein soll und ich Angst habe, dass ich ihn nicht aushalten kann. Ich habe
mich daher mit Wolff zusammen zu den Kronprinzlern gemeldet und werde
morgen, Sonntag untersucht und falls ich tauglich bin eingekleidet. Früher habe
ich nicht schreiben können, da ich bei Wolff war und dort der Postverkehr nach
den Gütern eingestellt war. Es grüßt dich herzlich Dein Sohn Georg.
Lieber Vater
Ich bin augenblicklich im Begriff nach Königsberg zu fahren, um mich zu melden, nachdem ich einige Tage bei Wolff verlebt habe, da wir nicht gleich angenommen werden. Gruß Georg. Besten Gruß H. Wolff.
Suche bitte zu erfahren welche Adresse Ilse Thiele hat.
Kgb. l5.08.14
Lieber Vater
Herzlichen Dank für deine Karte! Meine Militärische Adresse weiß ich selbst
noch nicht. Uns ist darüber noch nichts gesagt auch werden wir täglich anders
eingeteilt. Mit mir zusammen sind noch Wolff und Schawaller, der Referendare
gemacht hat u. das Band bekommen hat. Wir werden wahrscheinlich nach 6
Wochen nachgeschickt, aber es kommt auf unseren Erfolg vor dem Feind an.
Wenn es unserem Regiment schlecht geht, kommen wir eventuell schon früher
dran. Vorläufig haben wir leichten Dienst, nur 6 Stunden am Tag (7-10 3-6). Ein
Gewehr habe ich noch nicht in der Hand gehabt, auch sind wir noch gar nicht
eingekleidet obgleich wir schon acht Tage exerzieren. Mein Anzug wird davon
auch nicht besser, besonders wenn es regnet.
Omchen hat keine Einquartierung, Pension habe ich ihr bisher nicht gezahlt.
Mittagessen ist bei der anderen Omchen. Wollsachen wollte Tante Lieschen
kaufen. Mir sagte heute ein Unteroffizier, er habe gehört, dass Theologen, die
einen Feldzug mitgemacht haben, nicht amtieren dürfen. Ist das wahr? Weißt du,
etwas darüber Schreibe mir bitte dann gleich, was ich machen soll falls es wahr
ist. Ich glaube nicht daran.
Kgb. 9.8.14
Ich bin heute untersucht und als kriegstauglich befunden. Morgen um 11 Uhr
werde ich eingekleidet. Die Untersuchung ging sehr schnell vonstatten und war
nicht sehr genau. Die Jungen aber, bei denen ein Fehler, auch nur ein ganz kleiner,
bemerkt wurde, wurden sofort zurückgestellt. Sie haben nämlich furchtbar viel
freiwillige bei den Kronprinzen allein 1300. Herzlichen Gruß, Dein Sohn Georg.
Herzlichen Gruß ebenfalls, Dein Sohn Kurt. Hast du meinen Soldatenbrief schon
erhalten?
16.8.14
Herzlichen Dank für deine Karte. Meine militärische Adresse lautet Krfr. Past. I.
Armeekorps Er. R. Kz. Ostpr. N.1, II tes Rekrutendepot. Jetzt habe ich endlich
eine Uniform erhalten, auch Hosen, die aber so gefleckt und gerissen sind, dass
ich sie auf der Straße nicht tragen kann. Unser IC Korpsdiener hatte aber ein Paar
gute Hosen, die was nicht gerade sehr angenehm ist. Gott sei Dank sind in meiner
Korporalschaft größtenteils Einjährige, auch ist der Unteroffizier sehr nett und
anständig.
Danzig, den 27.8. l4
Nach anstrengender Fahrt hier angekommen. Haben keinen Dienst und gute
Quartiere Herzlichen Gruß Georg, Hellmut Wolff.
28.8. l4:
Eben gondeln wir von Danzig los, aber nicht nach Stettin sondern nach Köslin.
Lieber Vater! Ich stehe gerade am Ufer der Weichsel und warte darauf nach Königsberg verfrachtet zu werden.
7. 9. 14:
Vom Gollenturm (Köslin) sende ich dir herzliche Grüße. Mir geht es sehr gut.
Lange bleiben wir nicht mehr hier. Wahrscheinlich geht’s wieder nach Königsberg zurück. Gestern habe ich die erste Nachricht von Machen seit unserer Reise
erhalten. Die Besten von uns sollen schon nach 14 Tagen ins Feld, ob ich mitkomme, weiß ich nicht.
Köslin den 9. 9. 14
Ich bin mit 250 meiner Kameraden - Wolff ist auch dabei- zum Ersatzbataillon
abkommandiert. Ich komme also in den nächsten Tagen wieder nach Königsberg
zurück. Dort werde ich dann feldgrau eingekleidet und dann zum Ersatzbataillon
gebracht, das in der Nähe von Königsberg liegen soll.
Nach 8-14 tägiger Ausbildung komme ich dann gegen den Feind. Gott sei Dank
endlich. Meine nähere Adresse schreibe ich noch. Meine Feldsachen bitte ich mir
auch dorthin zu senden, da wir jetzt jeden Augenblick ins Feld kommen können,
je nachdem die Verluste des Regiments sind. Herzliche Grüße. Dein Sohn Georg.
Königsberg 26.9.14
Liebe Mutter!
Aus dem Kuhstall von Tromitten sende ich dir herzliche Grüße. Wir liegen hier
im Stroh wie die Ochsen. Es liegt sich aber sehr hübsch und warm. Der Dienst
hier ist schwer aber interessant, immer Marsch und Gefechtsübungen mit Platzpatronen. Jetzt geht’s bald ins Feld, da das Regiment wider Nachschub braucht.
Meine Adresse ist jetzt: I Armeekorps, G.K. Kronpr. Ersatzbataillon 4te Kompagnie.
Gamsau 28.9.14
Wir sind hier in Tromitten glücklich angelangt. Wir liegen im Kuhstall aber auf
sehr schönem Stroh. Ich habe die Nacht sehr gut geschlafen. Heute haben wir bei
gewaltigem Regen exerziert. Ich bin bis auf die Haut durchnässt. Gott sei Dank,
dass ich mein Drilligzeug mitgenommen habe.
5.10.14 Königsberg
Herzlichen Dank für das Paket. Ich kann alles gut gebrauchen. Heute geht’s nach
Altenburg zum Schießen. Wir bleiben zur Nacht draußen in Altenburg. Ich kann
also nicht in die Stadt kommen. Morgen oder übermorgen sind wir aber entweder
um 2 Uhr oder 7.55 am Bahnhof Königstor, von wo wir dann wieder nach Tromitten fahren.
Herzliche Grüße Georg.
Ich brauche übrigens Geld. Ich habe nichts mehr.
Pillkallen 17.10.14
Liebe Mutter!
Wir liegen in einem Nest in der Nähe von Willehnen bei Pillkallen und sollen
nach Schizerindt, wo eine Schlacht im Gange ist. Wir haben anstrengenden
Marsch gehabt. ? Adresse: 1. Kronpr. mobiles Ersatzregiment Kbg. 9. Landwehrinfanteriebrigarde 1. Reservearmeekorps.
Gumbinnen 16.10.14
Ich bin auf der Fahrt nach Kibarti, wo wir zum Ersatz hergeschickt sind. Da es
ganz plötzlich in der Nacht losging konnte ich dir keine Nachricht geben, dass ich
durch Schtorburg komme. Ich hätte dich so gern noch einmal gesehen. Nun geht’s
nicht mehr.
Dein treuer Sohn Georg.
19.10.14 Liebe Mutter!
Mir geht es gut. Bis jetzt sind wir noch nicht im Gefecht gewesen. Wir werden
ewig hin und hergeschickt. Am Sonnabend waren wir in Sozitten 3 Km vom
Feind entfernt, ohne das es zum Kampf kam. Dieser Tag war der erste, wo wir
ohne Essen waren, da unsere Bagage nicht mitgekommen war. Bis Sonntagabend
bekommen wir nichts zu essen. Die letzte Nacht schliefen wir in der Kirche von
Willehnen. Herzliche Grüße an Euch Alle.
Euer Georg.
Willehnen 20.10.14
Aus W. sende ich dir herzliche Grüße. Wir liegen hier und buddeln Schützengräben, in denen wir die Russen empfangen wollen, die von Schizerindt hier
einbrechen wollen. Mir geht es ganz gut. Das Essen hier ist bedeutend besser als
in Tromitten, sofern man überhaupt was bekommt und die Bagagewagen nicht
weg sind. Das Land ist hier sehr verwüstet. Von Willehnen stehen außer der
Kirche nur sehr wenige Häuser.
Herzlichen Gruß, Dein Sohn Georg. Wie geht es Kurt?
Willehnen 23.10.14
Wir liegen immer noch hier. Jetzt werden wir aber bald wegkommen. Die Bildung
unseres Regiments ist nämlich nicht bestätigt und wir werden Wahrscheinlich
aufgeteilt. Jeder Teil kommt zu seinem Regiment. Vielleicht kommen wir vorher
nochmal nach Königsberg.
Habt ihr eigentlich schon mal an mich geschrieben? Ich habe noch keine Nachricht.
Stallupönen, den 29.10.14
Liebe Eltern! Endlich komme ich dazu Euch zu schreiben.
Wir waren nämlich in den Tagen von Dienstag bis heute in Russland. Wir haben
die Feuertaufe erhalten und zwar in einer ganz furchtbaren Weise. Die Sache ging
folgendermaßen vor sich. Montagabend rückten wir von Willehnen ab und kamen
Dienstag früh in Schirwind an. Es war gemeldet, dass der Feind hinten Schirwindt
in einem Walde liege. Um 2 Uhr nachmittags begann der Aufmarsch zur Schlacht.
Um 3 griffen wir an. Wir hatten uns aber in der Stellung des Feindes geirrt, deshalb dauerte es bis halb 5 bis wir im Feuer waren. Die erste Kugel schlug einen
halben Schritt neben mir ein. Dann, als wir näher kamen sausten die Kugeln
immer dichter. Es war schon fast dunkel, als wir 200 Meter vorm Feind waren,
ohne ihn sehen zu können und ohne schießen zu können. Da lagen wir etwa eine
Stunde in Gewehr - Maschinengewehr- Granat und Schrapnellfeuer, die Kugeln
schlugen hageldicht bei uns ein, und wir mussten liegen und durften das Feuer
nicht erwidern - Ein schreckliches Gefühl -Als etwa um halb 7 gesammelt wurde,
bestand die Kompagnie aus 90 Mann, die anderen 160 waren verwundet versprengt oder tot. Die ganze Zeit über hatte es geregnet. Im Dunkel zogen wir uns
zurück, griffen aber am nächsten Morgen ohne Nachtruhe wieder an. Diesmal
sollten wir den rechten Flügel mit Artillerie decken. Wir erhielten dabei heftiges
Gewehrfeuer von überlegenen Kräften. Unser Oberleutnant wurde dabei verwundet. Während der Zeit war die Patrouille ausgesandt, zu der ich auch gehörte,
um die Stellung des Feindes auszukundschaften, Das war zwar sehr gefährlich,
aber es gelang. Wir erhielten nun den Auftrag, unsere Stellung möglichst lang zu
halten. Wir blieben auch bis 5 Uhr nachmittags da. Der ganze Schlachtenlärm
hatte schon vor einer halben Stunde auf gehört. Als wir nun abzogen, erhielten wir
noch starkes Flankenfeuer und entkamen mit Mühe und Not.
Nun ging aber das Schlimmste los. Unsere Truppen waren zurückgegangen, nur
wir 90 Mann waren allein umgeben von dem Russen, ohne die Gegend, zu kennen
sind wir dann von 5.-10 Uhr umher gebiestert dann waren wir den Russen
glücklich entronnen. Nach kurzer Nachtruhe zogen wir Versprengte dann nach
Stallupönen ab (in einem Wasser) von morgens 9 Uhr bis abends 7 Uhr. Wie wir
hier ankamen könnt ihr euch denken. Mehr tot als lebendig. Außerdem waren wir
3 Tage ohne Essen. Morgen geht’s nach Eydtkuhnen wo unser Regiment jetzt
liegt. Hoffentlich geht’s uns dann besser, wenn ich auch von Glück sagen kann,
dass ich aus diesem Kampf glücklich entkommen bin. Von Euch habe ich noch
keine Nachricht. Gruß Georg.
3.11.14
Lieber Vater! Eben erhalte ich 2 von deinen Karten. Das sind die ersten, die ich
bekommen habe. Das Paket habe ich auch noch nicht erhalten. Schickt mir doch
noch ein Paar Handschuhe aber recht warme (und Schmalz).Das Ohmchen krank
ist wusste ich auch nicht. Dann schreibst du von einer Wohnung in Königsberg.
Bist du dahin versetzt? Ich schreibe hier im Schützengraben, wo wir trotzt
grimmiger Kälte mitten in Russland liegen und den Durchbruch der Russen verhindern sollen. neulich hatten wir ein großes Gefecht. Die Russen griffen ums in
die Flanken an. Unter großen Verlusten schlugen wir sie zurück. Wolff ist dabei
verwundet, aber nicht schwer. Hoffentlich werden wir hier bald abgelöst, denn
lange kann man das nicht aushalten zumal es jetzt nur alle drei Tage warmes
Essen gibt. Ebenso schlecht ist die Postverbindung. Ich weiß nicht ob ich diese
Karte werde gleich abschicken können. Unsere versprengte Kompagnie halt sich
wieder zusammengefunden.
Russland, den 5.11.14
Liebe Eltern!
Wir liegen immer noch hier und frieren entsetzlich. Heute hat es schon geschneit.
Hoffentlich werden wir bald abgelöst. Ich bin schon, ganz krank. Es ist doch
schöner zu Hause zu seien, aber es muss ja sein.
Heute hat uns die russische Artillerie, bei der auch Japanische Geschütze sind
heftig beschossen, ohne einen Schaden anzurichten. Nur einer ist verwundet. Ein
schweres Artilleriegeschoss schlug 2 M von mir entfernt ein hat mich aber nur mit
Erde beschmissen. Wie geht es Kurt? Euer Paket habe ich immer noch nicht. In
den nächsten Tagen wird es wahrscheinlich zu schweren Kämpfen kommen, da
ein ganzes Armeekorps gegen uns geht und bei uns durchbrechen will. Hoffentlich können wir es aufhalten.
Bei Stallupönen 6.11.14
Wir sind wieder in Ostpreußen. Da 2 russische Armeekorpse im Anmarsch sind
mussten wir zurück. Die Russen werden wahrscheinlich wieder nach Ostpreußen
reinkommen. Es sind hier auch fast keine Truppen von uns.
Jetzt liegen wir in einem Nest bei Stallupönen in höchster Alarmbereitschaft. Ob
wir noch weiter zurückgehen oder nicht weiß ich nicht. Mir geht es einigermaßen
nur habe ich nichts zu essen außer trockenem Kommissbrot. Euer Paket ist immer
noch nicht da. 250 Pakete mussten wir jetzt in Russland lassen, da wird es wohl
darunter seien, und weg auf Nimmerwiedersehen. Schickt mir doch bald ein
neues Paket, da ich große Sehnsucht nach was Gutem habe. Ist es war, dass Italien
an Frankreich den Krieg erklärt hat? Man erfährt hier überhaupt nichts.
11.11.14
Habe eben Handschuhe Schmalz, Kaffee und Schokolade erhalten und danke
euch herzlich dafür. Es ist eine Wohltat ein bisschen Schokolade lutschen zu
können und Schmalzbrot essen zu können. Habe diese ganze Nacht im Schützengraben bei Regen und Sturm wachen müssen. Jetzt gehen wir wieder weiter
nach Irdschen oder so ähnlich.
12.11. 14
Nach glücklich überstandenem Gefecht sende ich euch die herzlichsten Grüße.
Wir haben die Russen bei Geristen aus Schützengräben rausgeschmissen und
etwa 2000 Gefangene gemacht. Jetzt haben wir Ruhetag, den wir auch sehr nötig
haben. Das Paket ist bestimmt verbrannt, Schickt mir doch ein Neues mit gemahlenem Kaffee Schmalz, Schokolade und Bonbons und zwar diese sauren
Glasbonbons, aber gefüllte: Johannisbeer, Stachelbeere und Himbeere, möglichst
viel.
17.11.14
Wir liegen hier bei Melchenen seit 3 Tagen im Gefecht, ohne etwas erreichen zu
können. Mir geht es bis jetzt noch ganz gut. Unsere Verluste sind ziemlich stark.
Walterkehmen, d. 17.11.14
Eben habe ich eure Karten vom 30.10. 8.und 10.11. erhalten. Herzlichen Dank
dafür. Wir haben unser Gefecht bei Meldienen nachdem wir den Russen große
Verluste beigebracht haben abgebrochen und uns bis in die Nähe von Gumbinnen
zurückgezogen. Wenn mich also Pachen besuchen will, ist jetzt die Gelegenheit
günstig, denn vorgehen tun wir nicht noch bis Insterburg zurück. Mir geht es nicht
besonders. Ich habe fortgesetzt Kopf schmerzen an der Schädelbruchstelle, dazu
noch bei der Schanzarbeit und beim Marschieren. Als ich dem Arzt das sagte,
meinte er, ich sollte Asperin nehmen, das hilft aber nichts. Untersucht wird jetzt
nicht. Könnt ihr nicht A. H. Regge bitten, sich für mich zu verwenden, dass ich
wenigstens Schonung bekomme. Er ist doch Chefarzt des Feldlazaretts von
Gumbinnen. Heute erhielt ich auch von Onkel Muellner eine Karte und zwei
Tafeln Schokolade. Ich habe mich sehr darüber gefreut, diese Feldpostbriefe mit
Inhalt kommen immer richtig an.
Samlucken, 22.11.14
Liebe Eltern!
Eben habe ich 3 Karten von euch erhalten. Herzl. Dank dafür. Die Pakete habe ich
noch nicht erhalten. Mir geht es ganz gut, da wir jetzt Ruhetage haben. Die
Russen lassen uns ganz zufrieden, wohl eingeschüchtert durch die beiden/letzten
großen Siege unserer Ostarmee. Unser Quartier ist nicht gerade sehr schön. Es ist
sehr kalt, aber es ist besser, als im Schützengraben zu liegen. Übrigens ich habe
keine Strümpfe mehr. Schickt mir doch bitte welche.
Den 22.11.14 Liebe Tante Lieschen!
Aus Samlucken, wo wir Ruhetage haben sende ich dir herzliche Grüße.
Da wir Ruhe haben geht es mir sehr gut. Hoffentlich bleibt die Ruhe noch lange.
Nochmals herzliche Grüße an Dich und Omchen. Dein Neffe Georg.
22.11.14
Liebe Eltern. Eben habe ich 2 Pakete mit Pfeffernüssen und Kuchen erhalten.
Vielen Dank dafür. Sie schmecken famos. Es sind wohl schon selbstgebackene?
Die 3 ½ Pf. Pakete habe ich noch nicht erhalten. Hoffentlich sind sie nicht auch
verlorengegangen. Wir liegen immer noch in Samlucken, kommen aber wahrscheinlich heute noch weg.
23.11.14
Unser Quartier ist wieder verändert, aber immer noch in der Nähe von Perkallen.
Heute haben wir den ersten Feldgottesdienst. Es war sehr ergreifend. Schickt mir
doch bitte Taschentücher. Ich habe keine mehr. Ebenso sind mir meine Handschuhe geklaut. Sonst geht es mir gut.
26. 11.14
Liebe Tante Lieschen!
Herzlichen Dank für Dein Paket, dessen Inhalt mir vorzüglich geschmeckt hat.
Ebenso herzl. Dank für die Karte. Mir geht es ganz gut. Wir sind jetzt wieder ans
der Reserve herausgegangen und liegen 800 Meter vorm Feind in Schützengräben, die Gott sei Dank heizbare Unterstände haben. Es ist nämlich sonst schon
furchtbar kalt hier draußen.
29.11.14
Liebe Eltern! Herzlichen Dank für den Brief und die Karte. Wann ich die Bescheinigung werde abgeben können, weiß ich noch nicht, da hier im Schützengraben keine Gelegenheit dazu ist. Aber wir sollen bald abgelöst werden. Der
Dienst im Graben ist sehr anstrengend, da wir immer wachen müssen. Schickt mir
doch bitte wieder Schmalz oder Butter und Pfefferminz-Schokolade von A. Ebner
Steindamm 59-61. Wohin wir jetzt kommen werden weiß ich nicht, hoffentlich in
Ruhequartiere.
29.11.l4
Abgesandt 25.11.14 und 30.11.14
Lieber Vater!
Herzl. Dank für deine Karte. Den Brief habe ich auch erhalten, die Bescheinigung
aber noch nicht abgeben können, was ich dir schon in der letzten Karte schrieb.
Mein Battaillonskommandeur heißt Mayor v. Kassewitz. Mein Kompanieführer
heißt Leutnant der Landwehr Kliess. Mein Feldwebel heißt Irrgeit.
Mein liebster Kompaniekamerad heißt Gr. Steppat, oder Reinhold. Jetzt ist hier
Tauwetter eingetreten und es regnet, das ist noch doller als Kälte. Wisst ihr wo
Wolff jetzt steckt? Herzl. Gruß Georg. Grüße bitte alle Korpsbrüder
4.12.14
Lieber Vater!
Herzlichen Dank für deine Karte. Den Sweater besitze ich nicht, der ist mir auf
dem Kasernenhof beim Einkleiden entwendet worden. Wir liegen immer noch im
Schützengraben ohne Aussicht auf Ablösung bei regnerischem Wetter. Die Nässe
ist schon fast unerträglich. Vorläufig habe ich auch keine Gelegenheit Wäsche zu
wechseln und Pakete mit schmutziger Wasche zum Nachhause senden werden
überhaupt nicht angenommen. Feldpost gibt es bei uns nicht. Nun seid alle herzlich gegrüßt von Georg.
8.12.14
Liebe Eltern
Herzlichen Dank für die Pakete und Karten, Ich habe Alles, Kniewärmer,
Strümpfe Handschuhe, Schokolade Schmalz Bonbons richtig erhalten. Die Süßigkeiten haben sehr geschmeckt besonders die selbstgemachten Bonbons und
die Pfefferminz Schokolade. Nochmals vielen Dank dafür. Pachen schrieb, ich
mochte öfters schreiben. Das könnte ich ja tun aber 1) Ich habe keine Postkarten
mehr und 2. habe ich keine Gelegenheit täglich die Postsachen abzugeben. Die
aktiven Regimenter haben alle Feldbriefträger, die täglich die Postsachen befördern. Bei mir gibt es so was nicht. Es dauert manchmal 4-5 Tage, ehe wir Gelegenheit haben Postsachen abzugeben und dann muss man no.ch großes Glück
haben den Mann gerade anzutreffen! So oft ich kann schreibe ich schon. Die
Bescheinigung habe ich noch nicht abgeben können, denn der (Stale) und der
Sanitäter wagen, sich nicht in die Nähe des Schützengrabens. Erst wenn wir abgelöst werden kann ich es tun. Die Ablösung lässt aber lange auf sich warten und
ist vorläufig noch nicht in Sicht. Viel zu kämpfen haben wir hier nicht. Die
Russen lassen uns zufrieden und wir sie auch, da wir zu schwach sin um anzugreifen. Augenblicklich haben wir wieder schlechte Tage, da es immer regnet,
und infolgedessen der Dreck im Graben groß ist, dazu regnet es noch durch die
Unterstände. Unser Essen besteht hier meist aus selbstgekochten Kartoffeln mit
Speck und Kaffee. Mitunter wagt sich auch unsere Feldküche heran. Wir haben
nämlich jetzt eine richtige Gulaschkanone Mit den Liebesgaben ist es hier nicht
sehr. Zigarren und Zigaretten gibt es wohl massenhaft, aber Wollsachen keine.
Jede Woche müssen die Korporale aufschreiben, was die Leute brauchen, aber
gegeben hat es erst 2 oder 3 Mal was, dann zogen sich das Beste die Unteroffiziere ein und uns blieb fast nichts. Ich habe einmal ein Paar Strümpfe und einmal
ein Immenhemd empfangen. Überhaupt die Wirtschaft in unserer Kompagnie ist
schändlich. Der Leutnant der den Kompanieführer vertritt, ist ganz in den Händen
des Feldwebels und der ist ein Halunke durch und durch. Nun lebt wohl, grüßt alle
Verwandten und kneift den Daumen dass wir bald abgelöst werden. Herzl. Gruß
Georg.
10.12.14 Liebe Eltern!
Was ich gar nicht erwartet hatte ist eingetroffen. Ich habe das Paket vom 23.10.
heute erhalten und alles in gutem Zustand gefunden. Nur die Bonbons waren
etwas feucht und der Striezel war natürlich hart, aber gegessen habe ich ihn doch,
und er schmeckt sehr schön. Herzlichen Dank für das Paket. In der Nacht vom
8ten zum 9 ten hatten wir einen schweren Kampf zu bestehen. Da stürmten die
Russen nämlich unseren Graben. Wir haben ihnen aber schön heimgeleuchtet.
Aussicht auf Ablösung haben wir immer noch nicht.
14.12.14 Liebe Eltern!
Vielen, vielen Dank für euer Weihnachtspaket, das ich Gestern erhalten habe.
Leider konnte ich mit dem Auspacken nicht bis Weinachten warten, da ich die
Kästen nicht immer mitschleppen kann. Da habe ich denn ausgepackt und den
Inhalt bestaunt und konnte mir gar nicht denken, dass man im Felde so viel
Schönes besitzen kann. Jetzt habe ich mich täglich mit den schönen Sachen. Mir
geht es jetzt ganz gut. Wir werden wahrscheinlich Weinachten über im Graben
bleiben und erst Anfang Januar abgelöst werden. Urlaub wird es wohl kaum geben, den bekommen nur Verwundete oder Kranke.
16.12.14 Liebe Eltern!
Ich sitze hier im tiefen Keller im Schloss von Buylien1. Ich habe mich nämlich zur
Ausbildung am russischen Maschinengewehr gemeldet. Wir haben 2 Stück erbeutet, dazu eine Unmasse Munition und die Dinger sollen nun gegen die Russen
selbst verwendet werden. Ich bin dadurch endlich aus dem Mist des Schützengrabens rausgekommen. Wir verlassen allerdings das Schloss hier, da uns die
russische schwere Artillerie eben mit großem Erfolge beschossen hat. Wohin es
geht weiß ich nicht. Sendet bitte in den nächsten Tagen keine Pakete an mich ab,
da ich sie womöglich nicht erhalte, denn es ist fraglich ob wir zur Kompagnie
zurückkommen. Urlaub nach Gumbinnen gibt’s nicht. Ich habe mich mächtig
geärgert. Der Grund ist der, dass die Russen täglich versuchen durchzubrechen.
Ob meine Adresse sich ändert weiß ich noch nicht. Jedenfalls bleiben wir beim
Bataillon. Ich habe eben eine große Kiste getrockneten Obstes auf Aprikosen
untersucht und habe schon die ganze Tasche voll.
16.12.14
Ich bin hier zur Ausbildung am Maschinengewehr von Buylien vor den russischen Geschossen geflüchtet. Wir leben hier sehr gut bedeutend besser als im
Schützengraben. Wir schlafen, in einer geheizten Stube ohne alle 2 Stunden,
alarmiert zu werden, haben wenig Dienst und gutes Essen. Hoffentlich dauert die
Ausbildung nach recht lange. Postsachen gehen an die alte Adresse und werden
mir hier zugestellt. Eben erhalten wir die Nachricht dass 24000 Engländer und
Franzosen gefangen sind, dass in Polen große Erfolge errungen sind und die
Entscheidung bevorsteht.
Es handelt sich um das Gutshaus der Domäne Buylien später umbenannt in
Schulzenwalde Kreis Gumbinnen.
1
24.12.14 liebe Eltern!
Der heutige Abend ist nun glücklich gekommen und ich sitze hier im Unterstand
und denke an Euch, die ihr jetzt an mich wohl denken werdet. Mir wird ganz weh,
wenn ich an die früheren Weihnachtsabende im Elternhause denke. Aber es geht
ja nicht anders. Wir haben auch einen Weihnachtsbaum im Unterstand und versuchen es uns gemütlich zu machen so gut es geht. Aber die Russen werden uns
wohl nicht in Ruhe lassen. De ganzen Tag haben sie uns mit Artillerie beschossen
und werden daher wohl in der Nacht angreifen. Hoffentlich geht alles gut, wir
werden ihnen schon mit dem Maschinengewehr die Sache gründlich versalzen.
Nun bitte ich euch noch, uns wenn es geht ein Paar selbstgemachte Dattelbonbons
oder Pralinen zu schicken und auch Nüsse, aber schon geknackte da dann mehr
reingehen. Herzl. Gruß Georg.
24.12.14 Liebe Korpsbrüder!
Ich sende Euch allen herzliche Weihnachtsgrüße. Wir feiern im Schützengraben,
so gut es geht, und da wir einen schönen Unterstand haben geht es einigermaßen.
Überhaupt lebt es sich ganz gut hier, wenn wir nur nicht so einen dämligen
Leutnant hätten. Der ist nämlich furchtbar dämlich, aber das Eiserne Kreuz hat er
schon. Wofür weiß ich nicht. Wahrscheinlich weil er bei einem Angriff der
Russen immer im Unterstand blieb und alle halbe Stunde die Nase rausstreckte
und fragte, ob sie noch da wären. Oder für Auszeichnung im Closettbauen, was er
gut versteht. Überhaupt wenn der Herr Leutnant austreten muss, alarmiert er
immer die ganze Kompagnie auf 5 Stunden zu seinem Schutze.2 Stunden während er das Gesuch hat austreten zu müssen.1.während des Aktes und wieder 2 bis
er sich erholt hat. So lebt man bei der 1. Kompagnie. Nochmals herzlichen Gruß.
Georg Paste.
26.12.14 Liebe Eltern!
Vielen Dank für die Uhr und die Taschenlampe und die Süßigkeiten. Ich habe
Alles heil und Ganz erhalten. Wir haben Heiligen Abend in Ruhe verleben können und auch so gut es geht gefeiert. Auch an den beiden Feiertagen haben uns die
Russen in Ruhe gelassen. Mir geht es jetzt ganz gut bis auf eine kleine Erkältung,
die ich mir wohl bei der Wagenfahrt von Gumbinnen hierher zugezogen habe, da
es sehr kalt war.
28.12.14 Lieber Vater!
Dein Brief an den Arzt hat großes Unglück angerichtet. Der Mayor will gerichtlich gegen dich vorgehen wegen Beleidigung des Bataillons, dadurch dass du
geschrieben hast, ich hätte gesagt ich wollte mich nicht mehr melden, aus Angst
dass ich bestraft würde. Das habe ich doch gar nicht gesagt. Ich habe doch nur
gesagt, dass ich Unannehmlichkeiten hätte und als Drückeberger gelten würde
und dass der Feldwebel mal geäußert hat, die müßten Wache schieben. Ich bin
gerichtlich vernommen worden und habe ausgesagt, dass das ein Missverständnis
sein muß. Hoffentlich wird alles gut. Bei meiner Kompagnie werde ich keine
guten Tage mehr haben, da bin ich unten durch!
31.12.14 Liebe Eltern!
Mir geht es ganz gut. Ich bin vom Oberstabsarzt untersucht und er hat nichts
Erhebliches gefunden. Die Russen haben uns auch zufriedengelassen. Hoffentlich
auch heute. Wir sollen jetzt bald abgelöst werden und nach Polen kommen. Wer
weiß ob es wahr ist. Ein frohes neues Jahr wünscht Euch Euer Georg.
3.1.15 Liebe Eltern!
Herzlichen Dank für eure Karte. Hoffentlich habt ihr meine letzte Karte vom 31.
Erhalten. Ich habe nämlich gehört, dass vom 29.-3. keine Karten gehen. Mir geht
es ganz gut, nur habe ich nichts mehr, weder Belag noch Butter oder Schmalz
oder Süßes. Jetzt ist es hier sehr kalt aber unser Unterstand ist schön warm und
gemütlich.
4.1.15 Lieber Vater!
Herzlichen Dank für deine Karte. Mit der Beleidigung scheint es nicht so schlimm
zu sein, denn bisher ist hier nichts erfolgt. Ich bin aber gründlich untersucht
worden. Der Arzt konnte nichts Besonderes finden, sagte aber ich sollte mich bei
größeren Schmerzen sofort melden. Die Schmerzen haben aber jetzt nachgelassen, da wir jetzt ein sehr ruhiges Leben führen. Morgen am 5. sollen wir abgelöst
werden. Wer weiß ob es wahr ist! Wir sollen dann nach Warschau fahren. Wir
haben es jetzt hier sehr kalt, besonders scharfer Wind herrscht, da tun mir Schaal
und Pelzkragen sehr gute Dienste. Eine Wolljacke werde ich vorläufig noch nicht
brauchenden möchte jetzt viel lieber hier bleiben, als nach Polen, und hoffentlich
kommt es so, dass die Maschinengewehre in Stellung bleiben. Mit Belag, Butter
Schmalz und Süßigkeiten bin ich abgebrannt, doch kochen wir uns hier Kartoffeln, machen Bratkartoffeln, Kartoffelflinsen, braten uns Fleisch und essen
überhaupt wie die Herren. Doch wäre uns etwas Schmalz oder Butter und Belag
sehr erwünscht. An Tante Anna H. und Ohmchen habe ich am 31. geschrieben.
Sind die Karten angekommen?
7.1. 15 Liebe Mutter!
Herzlichen Dank für Deinen Brief. Ihr braucht euch nicht so sehr zu grämen. Die
Sache scheint nicht so schlimm zu sein. Von Seiten des Majors ist noch nichts
erfolgt und in der Kompagnie werde ich auch nicht behelligt. Das Paket mit
Nüssen habe ich erhalten. Herzlichen Dank dafür. Wir werden wahrscheinlich
noch hier bleiben, da Fackeln zu Kaisers Geburtstag verteilt sind. Meine Adresse
hat sich verändert. Nicht bloß Mol. Ers. Reg. sondern Mol. Ers. Reg. No. 1 da es
noch ein zweites jetzt gibt. Nun bitte ich euch mir doch eine Unterjacke zu
schicken, da ich sie zum Postenstehen doch gut gebrauchen kann, desgleichen ein
Spielt Karten, da wir ja am Tage nichts zu tun haben. Gesundheitlich geht es mir
sehr gut, denn wir haben ja nichts zu tun.
9.1.13 Liebe Eltern!
Herzlichen Dank für eure Pakete, die ich gestern erhalten habe, und deren Inhalt
mir sehr gut geschmeckt hat. Mir geht es ganz gut. Nur durch unseren Unterstand
hat es durchgeregnet, da wir sehr Schlechtes Wetter -Regen und Tauwetter- haben. An Schlaf ist deswegen wenig zu denken.
11.1.15 Lieber Vater!
Herzl. Dank für deine Karte und den Brief. Wie der Stabsarzt heißt weiß ich nicht.
Auch meine Kameraden wissen es nicht. Es ist aber derselbe, an den du geschrieben hast. Mir geht es ganz gut. Ob wir abgelöst werden ist noch sehr fraglich. Die Gerüchte gehen alle so durcheinander, dass man gar nicht weiß, woran
man ist. Schickt mir doch wenn 1 Pfd. Pakete gehen Paar Würstchen die sich wohl
für ein paar Tage halten werden, da verschiedene Leute Würstchen sogar aus
Berlin bekommen, die noch sehr frisch waren. Vielleicht auch etwas Kakao.
13.1.15 Liebe Eltern!
Wir liegen noch immer im Schützengraben und werden auch drin bleiben, solange
bis die Zeit gekommen ist, wo wir die Russen rausschmeißen können. Augenblicklich müssen wir tadellose Truppen und Schützen uns gegenüber haben. Die
Kugeln pfeifen ganz niedrig über unseren Graben. In jeder Nacht beschmeissen
sie unsere Unteroffizierposten mit Handgranaten. Wir haben in den letzten 8
Tagen 6 Tote und mehrere Schwerverwundete. Jetzt freue ich mich erst richtig,
dass ich beim Maschinengewehr bin und nicht auf Unteroffizierposten und
Horchposten, die auch den Kugeln sehr ausgesetzt sind, zu ziehen brauche. Jetzt
leben wir sehr ruhig, nur die Läuse lassen mich nicht schlafen. Schickt mir doch
etwas Fenchelöl. Vielleicht hilft das was. Gesundheitlich geht es mir sehr gut. Ich
bin ganz voll und dick geworden, da ich viel esse und nichts tue. Kürzlich war der
Marketender in unsere Nähe gekommen, da habe ich mir Marmelade, Mohnstrudel, Streuselfladen, Obstkuchen, konzentrierte Milch, Zucker und Anderes
gekauft. Jetzt lebe ich wieder ein paar Tage wie ein Herr. Wir haben jetzt ganz
schönes Wetter, nur ist es im Graben etwas Nass. Heute haben die Russen Neujahr. Sie sind infolgedessen sehr ruhig.
Kürzlich hatten sie sich einen Scherz erlaubt. Sie hatten vor ihrem
Graben eine Tafel. mit der Aufschrift:"Russland" in deutschen Buchstaben angebracht. Wir machten uns den Spaß und zerschossen die Tafel mit Gewehrkugeln. Am nächsten Tag war die Tafel verschwunden. Sonst ist hier nichts Neues
passiert. Kürzlich las ich in der Zeitung, dass von den 41ern ein Kriegsfreiwilliger
Ulrich Wolff gefallen ist. Ist das unser Vetter? Der soll doch aber Fahnenjunker
sein?
15.1.15 Liebe Eltern!
Herzlichen Dank für die Unterjacke und das Schmalz. Da es gerade jetzt sehr kalt
geworden ist, ist mir die Jacke zum Postenstehen sehr willkommen. Mir geht es
ganz gut. Gestern war ich in Keplin, wo eine Besichtigung unserer russischen
Maschinengewehre von ausländischen Offizieren stattfinden sollte. Da uns aber
der genaue Ort der Besichtigung nicht angegeben war, waren wir zu einem falschen Ort gefahren und unsere Gewehre blieben unbesichtigt. Ich habe mir dabei
gleich die Wohnungen der Pioniere in der Forst u. K. angesehen. Die haben sich
die schönsten Villen gebaut. Man merkt da gar nicht, dass Krieg ist. Die reinste
Villenkolonie wie im Grunewald. Wenn wir doch auch so wohnen könnten. Hops
ist bei meiner Kompanie und ich, kenne ihn sehr gut. Er ist ein sehr netter
Mensch.
17.1.15 Liebe Eltern!
Herzlichen Dank für Eure Pakete mit Schmalz, Wurst und Süßigkeiten, besonders
auch für die Unterjacke. Alles war mir sehr willkommen. Wir haben jetzt sehr
schlechtes Wetter, am Tage Schnee, in der Nacht Regen. Wir haben im Unterstand Wasser von oben und unten. Sonst geht es mir ganz gut. Unser Maschinengewehr, war kaputt und da wir keine Ersatzteile hatten fürchteten wir wieder
zur Infanterie zu kommen. Gott sei Dank ließ sich der Schaden reparieren.
19.1.15 Liebe Eltern!
Herzlichen Dank für Eure Pakete, nur das mit Lakritze und Bonbons versprochene habe ich noch nicht erhalten. Das wird aber wohl Morgen ankommen. Nun
bin ich wieder für eine Weile versorgt. Wenn ihr mir später mal ein Paket schickt
so wünsche ich mir Maggi‘s Suppenwürfel und Bouillonwürfel oder wenn ihr mal
vom Mittag übrig habt Karbonade, oder Schmorbraten oder Bratklops oder anderes. Viele von uns hier haben nämlich so etwas in sehr frischem Zustande von
Königsberg und noch weiter erhalten. Gesundheitlich geht es mir sehr gut. Die
Russen lassen uns auch zufrieden. Der gefährliche Unteroffiziersposten wird
Morgen von mir selbst in Brand gesteckt, da die Kompagnie zu viele Verluste
davon hat.
21.1.15 Lieber Vater!
Herzlichen Dank für Eure Pakete, die ich wie ich glaube richtig erhalten habe. Ich
kann nur ganz flüchtig schreiben, da ich gleich Posten stehen muss. Einen Steuzeleit kenne ich nicht und hat ein solcher weder in der Komp. noch beim Ers. Bat.
existiert, wenigstens zu meiner Zeit nicht. Das scheint also wohl ein Betrüger zu
seien.
24.1.15 Liebe Mutter!
Herzlichen Dank für deinen Mohnstriezel, den ich heute erhalten habe. Er
schmeckt sehr fein. Hier ist nichts Neues passiert. Die Russen haben uns nicht
angegriffen und werden es auch wohl bleiben lassen, denn es sind jetzt noch mehr
Maschinengewehre hinzugekommen, die Gräben sind besser ausgebaut. Außerdem sollen wir noch Minenschmeisser hier bekommen, das sind eine Art Kanonen, die sehr große Bomben aber nur auf kurze Entfernung schleudern. Wie lange
wir noch hier bleiben, weiß ich nicht. Neuerdings wird wieder mal davon geredet,
dass wir nach Warschau sollen. Ich glaube noch nicht daran. Gesundheitlich geht
es mir sehr gut nur den Magen habe ich mir mal wieder verdorben.
27.1.15 Liebe Eltern !
Herzlichen Dank für die Klopse, die mir sehr schön, geschmeckt haben. Die
Würstchen, die ich vorher bekam waren auch sehr gut, obgleich ich die letzten
erst zwei Tage, nachdem ich sie erhalten hatte, verzehrt habe. Gestern waren wir
mit dem Maschinengewehr und der Munition in Norgallen, wo uns ein Russenwagen zum Transportieren verpasst werden sollte. Norgallen ist das erste bewohnte Dorf hinter der Front. Dort gab es einen Fleischer, wo wir Brötchen,
Wurst Käse, Eisbonbons, Apfelsinen Bier und Wein zu kaufen bekommen. Außerdem, hatten wir noch die schöne Schlittenpartie dorthin durch den Wald von
Keplin. Heute an Kaisers Geburtstag beharkt uns wieder die russ. Artillerie. Die
sind überhaupt jetzt verrückt geworden. Am hellen lichten Tag schießen sie wie
wahnsinnig. Es sieht so aus, als wenn sie drüben Rekruten ausbilden und Schulschießen veranstalten.
30.1.15 Liebe Eltern!
Habt vielen Dank für das Päckchen mit Karbonade. Sie war sehr schön und
schmeckte famos. Ebenso die Klopse, die ich vorher erhielt. Bei nächster Gelegenheit schickt mir doch ein paar Knöpfe für die graue Uniform und für Hosen,
dann noch (Mauchen)2 und Handschuhe, da meine jetzigen beim Schanzen kaputtgegangen sind. Wenn es geht schickt mir doch auch etwas Geld da ich alles
ausgegeben habe und doch welches brauchen könnte. Mir geht es sehr gut. Gestern habe ich unseren Unterstand renoviert. Morgen oder übermorgen sollen wir
wieder nach Norgallen, wo wir wieder einen guten Tag leben werden. Übrigens
unserer Leutnant Kliess ist Beamter an der Königsberger Regierung.
10.2.15 Liebe Eltern!
Endlich ist es wieder gestattet nach Hause zu schreiben. Es war nämlich seit dem
2.2. verboten Post nach der Heimat zu senden. Wahrscheinlich hatte man Angst,
daß wir unsere Stellungen verraten könnten. Wir liegen immer noch auf derselben
Stelle. Aber ich bin nicht mehr beim Maschinengewehr, das hat die Division dem
neu angekommenen Regiment Königsberg II gegeben und das hatte sich schon
Bedienungsmannschaften mitgebracht. Aber das Leben bei der Kompagnie ist
jetzt auch ganz angenehm. Augenblicklich bin ich auf Feldwache. Wir liegen in
geheizten Zimmern, haben den ganzen Tag Ruhe und nachts 4 Stunden Posten.
2
Müffchen, Pulswärmer ?
Die Russen sind ganz gemütlich, obwohl wir nur 150 m auseinanderliegen,
schießen sie gar nicht, sondern begnügen sich damit uns durch Winken mit einer
breiten Latte anzuzeigen, wenn wir vorbeigeschossen haben. Ebenso versuchen
sie uns durch Strohpuppen zum Narren zu machen. Ich danke Euch noch herzlich
für das Paket mit den Süßigkeiten und bitte Euch mir Taschentücher, Unterhosen
und Handschuhe zu schicken, auch etwas Essbares, Es sollen ja vom 15. (an)
große Pakete gehen. Karten und Briefe habe ich von Euch auch seit einiger Zeit
nicht erhalten.
18.2. Liebe Eltern!
Aus Russland sende ich Euch herzliche Grüße. Wir liegen jetzt 9 Km hinter
Angustowo. Bis jetzt ist es uns ganz gut gegangen, bis auf kaputte Füße, da wir
Gewaltmärsche haben machen müssen. Erreicht haben wir aber die Vernichtung
der russischen Armee, die in Ostpreußen war. Jetzt haben wir Ruhetage. Hoffentlich bekommt ihr diese Karte überhaupt. Pakete habe ich noch keine erhalten,
das Geld auch noch nicht. Bezahlt doch bitte meine Schulden beim Korps, da er
mich darum gebeten hat.
20.2.15 Liebe Eltern!
Ich sitze wieder in Ostpreußen und zwar 18 km von Lyck entfernt, wo wir heute
noch hinsollen um verladen zu werden. Wohin ist unbestimmt wahrscheinlich
nach Warschau. Wie ich euch schon geschrieben habe mußten wir die russ. Maschinengewehre abgeben. Ich bin jetzt aber der Maschinengewehrabteilung unseres Bat. zugeteilt Meine Adresse ist jetzt also M.E.R.K.I I. Bat. Maschinengewehrabt. 2.Zug.9.gem.L.Inf. Kr. Unser Erfolg hier ist sehr groß. Über 90000
Gefangene. Unser Regiment ist extra belobt worden.
28.2.15 Liebe Eltern!
Mir geht es Gott sei Dank noch immer sehr gut Wir liegen jetzt in Polen vor der
Festung Lomsza. Am 23.und.24. haben wir Tage erlebt wie ich sie noch nie erlebt
habe im Feldzuge.
Wir wurden nämlich bei unserem Vormarsch überfallen. Es gelang uns aber die
Russen (zurück)zu werfen. Aber das Battaillon hat in den letzten Tagen mehr als
300 Mann verloren. Unserer Maschinengewehrkompanie haben die Russen zwei
Gewehre zerschossen, so daß wir nur noch 2 besitzen. Die Tage waren furchtbar,
sicher war man nirgends. Sogar durch die Wände der Häuser pfiffen die Kugeln
und töteten viele. Jetzt haben wir uns etwas zurückgezogen. Die ganze Geschichte
ist durch die Voreiligkeit, unseres Obersten geschehen, da er 3 Tage zu früh angegriffen hatte. Gefallen ist auch Hundschorfer, ein Sohn von Pf. Hundschorfer
aus Königsberg.
Das ich entronnen bin, ist direkt wunderbar, da die Maschinengewehre wie rasend
beschossen wurden und wir ohne Schutzschilde waren. Hoffentlich habe ich auch
weiterhin
solch ein Glück, wie ich eben höre ist auch Ernst Hotop gefallen, vielleicht könnt
ihr seine Mutter davon benachrichtigen.
1.3.15 Liebe Eltern!
Mir geht es gut. Wir sind glücklich aus der Falle, die uns die Russen stellten
entronnen. Schickt mir doch bitte Schmalz und Wurst und andere Sachen, da man
hier nichts bekommt.
Vor Lomsa 4.3.15 Liebe Eltern!
Aus Polen sende ich Euch herzliche Grüße. Mir geht es ganz gut.
Es ist hier ziemlich kalt und wir müssen in Erdhöhlen liegen. Schickt mir doch
bitte (…) Hier gibt es nichts als trockenes Kommissbrot. Nächstens werden wir
wieder angreifen.
Vor Lomsa 7.3.15 Lieber Vater!
Von den 4 Paketen habe ich 2 erhalten. Mir geht es sehr gut, die schwarze Wäsche
konnte ich leider nicht nach Hause schicken, da Pakete nicht angenommen werden, und ich hier in Polen anderswo nicht abgeben kann. Schreibt mir doch bitte
möglichst schnell die Adresse von A. Werkmeister. Sie hat mir Schokolade geschickt, aber vergessen, ihre Adresse anzugeben. Wir werden wohl noch eine
Weile hier liegenbleiben bis Verstärkungen kommen.
Wir sind jetzt gerade beim Unterstand bauen. Leider können wir keine Öfen
einbauen, da es hier keine Ziegelsteine gibt.
8.3.15 Liebe Eltern!
Herzlichen Dank für das Paket mit Süßem (…) Gleichzeitig erhielt ich von Onkel
Ernst Cigarren. Er scheint es noch nicht zu wissen, daß ich Nichtraucher bin. Wie
voreilig unser so verhängnisvoller Angriff auf Ruda Sczoda war kommt jetzt
richtig zu Tage, da wir bereits 8 Tage in zurückgezogener Stellung liegen und
nach Ansicht des Mayors noch 14 Tage darin bleiben werden. Also 3 Tage zu
früh. Meine kranken Füße heilen bei der jetzigen Ruhe schnell. Nun bitte ich euch
noch mir eine Ersatzbatterie und ein Taschenmesser zu schicken. Das Messer
kann ganz billig und einfach sein mit einer scharfen Klinge.
9.3.15
Unser Regiment hat den Befehl sich in den Stellungen häuslich einzurichten. Also
haben wir hoffentlich noch eine Weile Ruhe. Kämpfe finden hier keine statt,
höchstens beschießen sich Patronisten. (Zivilisten?)
6.3.15 Liebe Eltern!
Mir geht es ganz gut. Nur ist es jetzt mächtig kalt und wir müssen in Erdhöhlen
liegen. Vor kurzem sind wir den Russen nur ganz knapp entronnen. Wir mussten
eine Stellung räumen. Als die Russen das bemerkten, stürmten sie und ihr "Urri,
Urri" klang sehr nah hinter uns. Wenn nicht unsere Fahrzeuge zu rechter Zeit
gekommen wären, wären wir sicher gefangengenommen worden. Jetzt habe ich
auch Näheres über den Tod von E. Hotop vernommen. Er war am Oberschenkel
verwundet und wir mussten die Stellung räumen. Als wir sie wieder eroberten,
war Hotop tot. Wahrscheinlich verblutet. Wir haben ihn gesondert von den Anderen unter einer Baumgruppe begraben. Es tut mir furchtbar leid um ihn, da er
der beste Kamerad war und ich ihn besonders in der letzten Zeit sehr lieb gewonnen habe. Das ich damals nicht getroffen bin kommt mir noch immer wunderbar vor. Es war schrecklich, so viele fallen zu sehen, alle nur mit leisem
Stöhnen, dann waren sie meistens gleich tot. Nur einer neben mir rief noch "Grüßt
mir Weib und Kind" dann starb er auch. Das Dorf des Schreckens ist jetzt von uns
vollständig zerstört und runter gebrannt. Es wäre auch ein Verbrechen wenn in
diesem Dorf, das so viel Blut gekostet hat, noch ein Stein auf dem Anderen geblieben wäre. Hoffentlich bleiben uns solche Tage weiterhin erspart. Das Geld
(20 M)habe ich übrigens auch erhalten, auch ein Paket von Onkel Muellner und
von Annemarie Werkmeister, worüber ich mich besonders gefreut habe.
Schreibt mir doch bitte, wann Ilse Thiele eingesegnet wird, damit ich dann
schreiben kann. Wisst ihr eigentlich wo Helmut Wolff steckt? Ich weiß nichts von
ihm. Unser Divisionsgeneral Clausius hat übrigens für sein voreiliges Vorgehen,
und des unnützen Aufsspielsetzens so vieler Menschenleben wegen den Zylinderhut bekommen. Es war ja auch bloß Größenwahn von ihm, so früh, anzugreifen, wo doch unsere Hilfstruppen noch 10 Km zurück waren, und die 10 km in
dauernden Kämpfen zu durchstehen haben.
13.3.15 Liebe Eltern!
Wir haben jetzt wieder unsre Stellung geändert. Wohin wir gekommen sind, darf
ich nicht verraten. Meine Adresse hat sich auch verändert. Mob. Ers. Reg. Kbg I
Masch. Gew. Abt. 1 zugeteilt dem 2. Bat. Ersatz brig. Königsberg 10. Landw.
Division 38 Res. Armeekorps. Gesundheitlich geht es mir gut. Wir bekommen
bloß wenig zu essen. Die Russen sind hier sehr friedlich, da unsere Stellung
kollossal stark ist.
16.3.15 Liebe Eltern!
Herzlichen Gruß aus Polen. Es regnet unaufhörlich. Der Boden ist schon der
reinste Sumpf. Für uns ist das gut, dann vergeht den Russen die Lust zum Angriff.
Außerdem gibts wenig zu Essen, deshalb schickt mir man immer feste. Gesund
bin ich.
19.3.15 Lieber Vater!
Herzlichen Dank für deine Karte, die ich eben erhielt. Dauert es auch so lange bis
meine Karten Euch erreichen? Die letzte Karte habe ich am 16. geschrieben. Seit
dem 15.3. bin ich Gefreiter, was ich erst heute erfuhr, da wir ja vom I. Bat. ge-
trennt sind. Es ist man aber fraglich, ob ich bei der Maschinen Gewehr Kompanie
bleibe oder zur 1. Komp. zurückkomme. Ich möchte sehr gern bei der M.G.K.
bleiben. Seit einigen Tagen werden wir Einh. (4 Mann) als Gewehrführer ausgebildet und haben täglich Unterricht. Es ist jetzt wieder mächtig kalt, besonders
unangenehm zum Postenstehen. Gefechte haben wir keine gehabt, da wir in
Verteidigungsstellung liegen. Es wird wohl aber bald wieder Vorwärts gehen. Wir
müssen jetzt mächtig hungern, da die Verpflegung sehr schlecht ist. Deshalb
schickt mir doch wieder was, auch etwas Süßes.
22.3.15 Lieber Vater!
Zu deinem Geburtstage sende ich dir die herzlichsten Gluckwünsche, Furchtbar
leid tut es mir, daß ich nicht selbst bei dir an dem Tage sein kann, ab er hoffentlich
kannst du ihn froh verleben, und möchte auch das ganze neue Jahr dir nur Glück
bringen. Wie man sich hier erzählt, sollen alle Einj. zu Offizieren ausgebildet
werden und zu diesem Zweck nach Königsberg kommen. Hoffentlich ist das
wahr. Vielleicht kann ich aber auch auf andere Weise mal nach Kbg. kommen. Es
ist bei unserer M.G.K. Mode, das mitunter ein Unteroff. mit zwei Mann nach
Kgbg. geschickt wird, um Glyzerin oder eine Uniform oder andere Sachen zu
besorgen. In den letzten 4 Wochen ist es 3 Mal geschehen. Jetzt ist mein Korporalschaftsführer dran, und er hat mir versprochen durchzusetzen, daß ich mitkomme. Hoffentlich findet sich bald eine Gelegenheit.
26.3.15 Liebe Eltern!
Herzlichen Dank für euer Paket mit Kakao und Briefpapier. Gleichzeitig erhielt
ich eure Karte vom 19., daß ihr meine Karten noch nicht erhalten habt, liegt
vielleicht daran, daß Postsperre gewesen seien soll.
Nun wünscht ihr Näheres über den Tod E. Hotops. Ich selbst bin nicht an der
Stelle gewesen, wo er fiel, denn er war nicht bei der Maschinengewehrkomp.
sondern gehörte dem 1. Zug der 1. Komp. an. Ich erfuhr (von) seinem Tod von
Tenneberg, der neben Hotop den Überfall mitgemacht hat, Wenn also Fr. Hotop
Genaues über ihren Sohn erfahren will, muß sie sich an Tenneberg, 1.Komp.
wenden. Er erzählte mir, daß Hotop einen Schenkelschuss erhalten habe, beim
Zurückgehen nicht mitgenommen werden konnte und als die Stellung wieder
erobert wurde, tot aufgefunden wurde. Er erzählte mir auch, daß er und einige
Kameraden, ihn unter einer Baumgruppe begraben haben. Ich werde mich noch
bei Tenneberg nach näherem erkundigen, aber die M.S.K. befindet sich ja beim
2.Bat. Bei der M.S.K. habe ich 2 sehr nette Kameraden gefunden, die beide Einjährige Gefr. sind: Rew der in Königsberg Musik studiert und Ludat, der aus Tilsit
stammt. Außerdem habe ich einen ganz famosen Unteroff. als Gewehrführer,
Unteroff. Danter, der mich sehr gut leiden kann. Unteroff. Radtke ist nicht bei der
M.S.K., sondern Leutnant bei der 4.Komp. Mein Kompanieführer ist Leutnant
Knorr, der Oberlehrer in Tilsit ist, am Realgymnasium und Kurt gut kennt. Augenblicklich ist er krank und wird vertreten durch Leutn. Grünhagen, der Lehrer
aus der Umgegend Tilsits ist.
27.5.l5 Liebe Eltern!
Morgcn ,den 28. fährt unser Feldwebel nach Kbg. und wird dort 2 oder 3 Tage
bleiben. Vielleicht könnt ihr ihm ein Paket für mich mitgeben. Ihr müsstet dazu
das Paket, an dem Tage an dem ihr diese Karte bekommt, nach der M.S.K. Kaserne im Sprind bringen. Dort nach Feldwebel Voigt von der M.S.K.1 des I. Bat
des Reg. Kbg. 1 fragen, oder nach dem Schützen Grohßmann, der mit dem
Feldwebel fährt u. ihm das Paket abgeben, mit der Bitte es mir abzugeben. Falls
der Feldw. Voigt nicht da sein sollte gebt das Paket einem anderen Feldw. mit der
Bitte, es an Fwb. Voigt abzugeben. Dann legt noch einen Brief bei in dem ihr den
Fwb. Voigt bittet, das Paket mitzunehmen. Wenn ihr den Fwb. nicht antrefft,
erkundigt euch aber am nächsten Tag ob das Paket auch abgegeben ist. Hauptsächlich bitte ich um Wäsche.
28.3.15 Liebe Mutter.
Gestern schickte ich euch eine Karte, von der ich schrieb, daß sie mit unserem
Fwb. mitkönnen würde. Das ist nun nicht der Fall, da die Reise des Fwb. nach
Kgbg. verschoben ist. Wir warten täglich auf einen Angriff der Russen, aber sie
kommen nicht. Heute habe ich sehr an Pachen gedacht.
Hoffentlich hat er seinen Geburtstag vergnügt feiern können...
Liebe Eltern! Wir liegen immer noch in derselben Stellung, und haben Gott sei
Dank schönes warmes Wetter. Die Russen sind friedlich. Nur ihre Artillerie
schießt immer. Schickt mir doch bitte Ostereier.
3.4.15. Liebe Eltern!
Aus Feindesland sende ich Euch, herzliche Ostergrüße. Ich hoffe das Fest schon
zu Hause verleben zu können, aber es geht ja nicht. Hoffentlich kommt heute
Abend noch eins von euren angekündigten Päckchen an, damit ich doch etwas zu
Ostern habe, denn augenblicklich sitze ich auf dem Trockenen. Gesundheitlich
geht es mir sehr gut, das Wetter ist ganz famos und die Russen so ruhig wie noch
niemals. Es fällt kein Schuß.
5.4.15 Liebe Eltern!
(...) Gestern Nacht wurde ein Angriff erwartet aber die Russen haben Angst gehabt, Heute wollte ich zum Abendmahl gehen, aber der gefährlichen Lage wegen
fiel der Kirchgang aus. Grüßt bitte Hans Erdmann von mir. Hat er meine Karte
erhalten?
6.4.15 Liebe Eltern!
Diesen Brief bringt euch mein Kamerad der Einj. Gefr. der mit dem Feldwebel
zusammen zum Einkauf für die Kompagnie nach Königsberg kommt. Er wird
euch von mir erzählen und außerdem gern bereit sein, ein Paket für mich mitzunehmen. Das Paket kann beliebig schwer sein da Rew. es nicht zu schleppen
braucht, sondern ihm ein Wagen zur Verfügung gestellt wird. Also bitte ich euch
um Schmalz, Wurst, Käse, Portwein, Wäsche, Schokolade, Kakao und Bonbons
und was euch sonst noch gut scheint. (…) Von meiner Adresse fällt fort 38. Res.
Korps, das Korps ist aufgelöst.
13.4.15 Liebe Mutter!
Herzlichen Dank für deine Karte. Von den angekündigten 8 Paketen habe ich erst
2 erhalten (Klopse und Butter). Herzl. Dank dafür. Hoffentlich kommen die anderen auch noch. Mit der Post ist es bei unserer Komp. jetzt überhaupt schlecht
bestellt. Die Adresse zugeteilt d. II Bat. ist schon richtig, aber trotzdem kommt die
Post meistens zur Bagage des I. Bat. Nun fahren die Komp. des 1. Bat. abwechselnd einen Tag zur Bagage nach Post. In ihrer Dussligkeit vergessen sie aber,
dass sie auch für uns holen sollen und zwar von der Bagage des ersten Bataillons.
Dafür kriegen wir unsere richtige Post nur jeden fünften Tag, da dann unsere
Komp. fährt. Gesundheitlich geht es mir gut. Ich werde wahrscheinlich doch zur
1. Komp. zurückkommen, da Feldwebel Jurageit einem unserer Leute, der zum
ersten Bat. geritten war und bei ihm nach Post für mich fragte, sagte: „Sagen sie
Pastenaci ich hoffe ihn bald wieder bei mir zu sehen“.
Freitag d. 16.4.15 Liebe Eltern!
Gestern abend erschien Rew im Schützengraben von mir mit Jubel begrüßt, da ich
ja wußte, daß er mir etwas mitbrachte. Ich hatte ja schon ein großes Paket erwartet, aber ein so großes doch nicht. Meine Kameraden staunten, als ich all die
Herrlichkeiten auspackte. Habt vielen Dank für alles. Nun bin ich wieder für einige Zeit versorgt, und dazu noch mit solchen Dingen, daß in mir jedesmal, wenn
ich etwas davon nasche, die Heimatgedanken stärker werden. Hoffentlich kommt
bald der Friede. Ich fühle mich jetzt vollkommen wohl. Nach dieser Winterschlacht in Masuren war ich so kaputt, dass ich kaum stehen geschweige denn
laufen konnte und bei dem schlechten Wetter hinterher war an Erholung wenig zu
denken. Krank meldete ich mich auch, aber der Arzt verfristete mich auf die
kommenden Ruhetage. Da nun seit einigen Tagen schönes Frühlingswetter
herrscht, habe ich mich recht erholt und bin schon ganz dick geworden. Den
beigelegten Zettel mit dem Verzeichnis der Pakete schicke ich beantwortet zurück.
Die Hälfte der Pakete habe ich nicht erhalten. Woran es liegt, weiß ich nicht. Von
Frl. Kehlert habe ich 2 mal Pakete erhalten. Das letzte im Dezember. Beide Male
habe ich mich dafür bei ihr bedankt. Die Karten müssen dann auch verloren gegangen sein. An Tante Anna Krause habe ich auch geschrieben und mich für die
Wurst bedankt. Wir haben jetzt hier herrliches Wetter. Ich sitze augenblicklieh in
unserer Laube, die wir uns im Schützengraben errichtet haben, da es im Unterstand zu dumpf ist. Die Russen sind ganz ruhig, überhaupt auf unserem Ende
fallen wenig Schüsse. Nur ab und zu, wenn sie etwas Verdächtiges merken,
senden sie uns ein Paar Liebesgaben, rüber in Gestalt von Schrapnells und Granaten. Sie richten aber war wenig Schaden an, da nur 4 Mann unser Gewehr bedienen brauchen, wir aber 8 sind, bin ich unter die Bombenschmeißer gegangen.
Jedes Gewehr hat nämlich zur Unterstützung 10 Handgranaten bekommen, die
ich im Falle eines Angriffs zu werfen habe. Ich habe bei der Bedienungsmannschaft unseres Gewehrs sehr nette Kameraden. Ich schicke euch ein Gedicht mit
über einen Alarm bei Gewehr 4. Mein Gewehrführer Unteroff. Dante bekam
nämlich das Gumbinner Kränzchenbild in die Finger und hat sich in Hanna verliebt. Er läßt ihr durch mich einen Heiratsantrag machen. Ich kann ihn nur empfehlen. Er ist ein sehr netter Mensch, bloß ein bisschen lang, noch länger als Kurt.
Das Eiserne Kreuz hat er auch. An Kurt habe ich auch schon 2 Mal geschrieben,
auch zwei Mal von ihm Karten erhalten.
Heute soll ich neu eingekleidet werden. Schickt mir doch bitte ein Paar Hosenträger!
Gewehr IV
In Feindesland im Schützengraben
Da liegen wir acht dufte Raben
Unsere Sünden wollen wir bekennen
und unsere Namen dazu nennen
In einer Nacht hieß es Alarm
Da wurde jedem kalt und warm
Da heißt es denn nicht lange rosten
und springt dann schnell auf seinen Posten
Und meistens klappt die Sache gut
Wenn jeder ist auf seiner Hut
Doch mit des Geschickes Mächten
ist kein ewger Bund zu flechten
Der Unteroff. hieß Otto Danter
Er ruft erst laut dann brüllt er lauter
Kommt schnell heraus ihr dufte Raben
Die Russen sind bald an dem Graben
Doch einer pennt ganz ruhig weiter
Es Ist Walschewski ein Gefreiter
Er lag eckig und ganz krumm
W4il er gesoffen zumal Rum
Doch haben wir noch einen Herrn Gefreiten
der könnt nicht laufen und nicht Reiten
Pastenaci heißt der gute Mann
Die Stiefel kriegt er auch nicht an
"Na hört mal her“ tönt‘s aus der Ecke
Fritz Aschmomeit schmeißt weg die Decke
Er fragt ganz ruhig mit bedacht
"Ist's gut zu türmen diese Nacht?"
(türmen=ausreißen)
Nun reckt sich endlich Scheimanns Franz
"Soll ich mitmachen auch den Tanz?
Erst nehm ich aber noch das Schmalz
Und wenn es kostet meinen Hals“
Jetzt kommt der Schütze Becker ran,
der wirklich etwas leisten kann
Er fasst ganz schnell noch seine Sachen
und denkt "Nun ist nichts mehr zu machen“
Bei uns als Hellkopf ist bekannt
Edwin Schiete der Trabant
Als Anarchist und Bombenschmeißer
Macht er den Russen das Leben heißer
Als letzter kommt auch bald heraus
Richard Stärkel aus dem Haus
Er stellt sich ans Maschingewehr
und denkt: Nun Russen kommt mal her
Und an unsrer Mordmaschine
Steht der Hauptmann mit 'ner Mine
Es ging ja wohl schon genug schnell
Doch immer noch nicht schnell genug!
Als wir lange dort gestanden
Bis die Dunkelheiten schwanden
War kein Russe mehr zu sehen
Und wir konnten schlafen gehen.
Aus!
17.4.15.Liebe Eltern!
Soeben hat mir Rew erzählt, daß Helmut Wolff gefallen ist.
Ist das wahr? Das wäre ja furchtbar. Ich kann es nicht glauben. Wenn es der Fall
ist, so schreibt mir doch bitte, wo er gefallen ist. Auch daß mein Vetter gefallen ist
ist sehr traurig! Mir geht es gut. Auf meiner Adresse laßt das "zugeteilt z.II.Bat."
weg, das ist zwar richtig führt aber nur zu Irrtum außerdem sollen wir in den
nächsten Tagen zum Batt. I zurück. Schickt mit doch bitte einen Helmbezug, im
Übrigen bin ich nun eingekleidet.
20.4.15 Liebe Eltern!
Gestern erhielt ich euer Paket mit Würstchen Sie waren schon so schlecht, daß ich
sie wegwerfen mußte. Sie haben sich beim 4. Bat. des. Reg. Königsberg IVI
rumgetrieben. Bewirkt ist dies durch das "zugeteilt d. II Bat." da die Maseh.
Gew. Abt. des II. Bat. sich. beim 4.Bat.das Reg. Kgb. III befindet. Mir geht es gut.
Wir haben herrliches Wetter. Schickt mir doch bitte eine Militärhalsbinde, da ich
keine besitze und auch keine hier erhalten kann.
Polen d. 21.4.15 Liebe Tante!
Für deine Päckchen mit dem schönen Wein danke ich dir herzlich. Er mundet mit
vorzüglich wenn es auch hier nicht mehr kalt ist. Im Gegenteil es herrscht schon
eine recht starke Hitze. Sehr schade ist es, daß Ulrich diesen schönen Frühling
nicht mehr erleben durfte. Ich habe ihn so gern gehabt. Aber er ist ja den Heldentod fürs Vaterland gestorben.
21.4.15 Liebe Tante!
Für deine Päckchen mit Süßigkeiten danke ich dir herzlich. Wir liegen noch
immer im Schützengraben bei schönem Wetter und ruhen uns aus. Damit wir aber
nicht ganz molsch werden, müssen wir jeden Tag 1 Stunde hinter der Front
exerzieren. Ich bin jetzt Munitionswagenführer geworden, und darf wenn das
Marschieren losgeht, so oft ich will aufsitzen und fahren. Das ist mir sehr angenehm, da ich das lange Marschieren schwer ertrage.
24.4.15 Liebe Eltern!
Mir geht es sehr gut. Hier herrscht wahnsinnige Hitze, die durch dem Sand noch
vermehrt wird. Die ausstehenden Pakete sind noch nicht angekommen. Ein Paket
erhielt ich vom Korps. Ich habe mich auch schon bei Frl. Kehlert bedankt.
25.4.15 Lieber Vater!
Heute erhielt ich diese Karte etwas sehr verspätet. Mir geht es gut. Wir haben
immer noch herrliches Wetter. Am 22. war ich in der Kirche des Dorfes, wo unsere Fahrzeuge liegen zum Abendmahl, das von unserem Militärpfarrer gehalten
wurde. Habt ihr meinen Brief und meine Karten erhalten, in denen ich um Hosenträger, Halsbinde und Helmbezug bat?
29.4.15 Liebe Eltern!
Vorgestern Abend erhielt ich eure Depesche, das arme Omchen! Dass das so
schnell kommen würde, hätte ich nicht gedacht. Hoffentlich brauchte sie nicht zu
lange zu leiden. Urlaub habe ich nicht erhalten. Unser Oberleutnant sagte mir
gleich, es wäre aussichtslos, da es Urlaub nur bei Todesfällen von Vater oder
Mutter gibt. Ich wollte schon gestern schreiben, aber wir mußten den ganzen Tag
gefechtsbereit sein, und da kam ich nicht dazu. Wir sollten nämlich vorgehen.
Aber es kam nicht dazu. Wir müssen warten bis wir Verstärkungen bekommen.
Mir geht es gut. Die Vorräte sind alle aufgezehrt. Gestern erhielt ich euer Paket
mit Helmkappe, Schokolade Hosenträgern u.s.w.!! (....)
1.5.15 Liebe Eltern!
Am ersten Maientag sende ich euch herzliche Grüße. Wir haben herrliches Wetter. Im vorigen Jahr habe ich allerdings den ersten Mai schöner feiern können. Die
Wäsche, die ihr mir schicktet ist immer noch nicht angekommen. Ich habe aber
von der Komp.2 Hemden und 2 Unterhosen empfangen, bin also versorgt. Habt
ihr meine Karte vom 29. erhalten?
3.5.15 Liebe Eltern!
Mir geht es gut. Ich habe jetzt schon lange Zeit keine Post von euch erhalten. Wie
ist das mit dem Offiziersaspiranten kursus? Wird daraus was werden? Habt ihr
meine Karte vom 29. erhalten?
5.5.15 Liebe Schwester!
Aus meiner Sommerfrische sende ich dir herzliche Grüße. Wir liegen jetzt nämlich hinter unserer eigentlichen Front, in einem russischen Dörfchen, wo keine
Kugeln hinkommen. Nur die Artillerie schießt, aber immer über uns rüber nach
unserer Artillerie. Die Russen ahnen nämlich nicht, daß wir hier liegen, sollen es
auch nicht. Wir sonnen uns hier, spielen Skat, baden im Dorfteich und essen
selbstzubereitete Bratkartoffeln und Schmalzstullen mit Wurst (vom Marketender) in der Nacht müssen wir 2 Stunden Wache stehen, sonst können wir nach
Belieben pennen. Gestern erhielt ich 2 Pakete von Euch, eins mit Unterhosen,
Strumpfe das andere mit Bonbons. Außerdem bekam ich den Brief mit der gewünschten Halsbinde.
Kurort Kriegersruh v.u.z. Megedestr. No.1 d.9.5.15 Liebe Eltern!
Euch allen sende ich herzliche Grüße. Gestern erhielt ich Pachens Brief mit der
zurückgekommenen Karte. Herzlichen Dank dafür. Schickt mir doch bitte noch
eine solche Heimkappe. Einem Leutnant (Kofmann) d. 1. Komp. hat meine
Kappe so gefallen, dass er sich auch solch eine bestellen möchte. Nur weiß er
nicht wo. Deshalb hat er mich gebeten für ihn eine zu bestellen. Daher schickt nur
bitte möglichst bald eine Kappe. Gesundheitlich geht es mir gut. Schreibt mir
bitte den Preis der Kappe.
11.5.15 Liebe Eltern!
Gestern erhielt ich Eure Pakete mit Schinken, Käse Wurst, Schreibmappe Bananen und Ölsardinen. Herzlichen Dank für Alles. Es schmeckt Alles Famos und
auf der Schreibmappe schreibt es sich sehr gut. Auch von Tante Lieschen erhielt
ich ein Paket. Wenn ihr sie trefft, sagt ihr, daß ich ihr sehr danke. Morgen werde
ich ihr selbst schreiben. Wir haben jetzt in der letzten Zeit sehr viel zu tun gehabt.
2 Tage und zwei Nächte haben wir Unterstände gebaut und während dieser Zeit
im Freien kampiert, das war sehr unangenehm, da es widerlich kalt war.
25.5.15 Liebe Eltern!
Nach den Feiertagen sende ich euch herzliche Grüße. Hoffentlich habt ihr sie
besser verlebt als ich. Wir haben hier trocken Brot essen müssen, am 2. Feiertage
2 Stunden exerzieren und 2 Stunden Unterricht. Das kommt daher, daß wir einen
aktiven Kompagnieführer haben, der uns nicht in Ruhe sehen kann. Sonst geht es
mir aber gut. Wir haben herrliches Wetter. Ihr hoffentlich auch. Wie hat Trude
ihren Geburtstag verlebt? Hat sie meine Karte erhalten? Die Russen sind ziemlich
ruhig. Vor kurzem haben wir ihnen einen 500m langen Graben entrissen. Jetzt
versuchen sie krampfhaft, ihn zurückzuerobern. Bisher ist es ihnen nicht gelungen
und wird wohl auch nie. Nun hat uns auch noch Italien den Krieg erklärt, diese
hinterlistige Bande. Der Krieg wird nun ja wohl ein Paar Monate länger dauern,
aber verdreschen wir auch diese Bande. Wenn es geht schickt mir doch bitte
wieder Süßwaren und, wenn ihr sie bekommt, Nußschokolade.
20.5.15 Liebe Eltern!
Nochmals sende ich Euch herzliche Pfingstgrüße. Ich habe noch immer keine
Nachricht von Euch. Schickt mir doch bitte wieder etwas Butter oder Schmalz
und andere Esswaren. Habt ihr meine Karte erhalten, in der ich um Zitronen bat?
Ich brauche diese sehr nötig, da das Wasser hier wenig genießbar ist.
19.5.15
(...) Das Wetter ist wieder kälter geworden. Fürs Exerzieren ist das sehr gut, zum
Wache stehen allerdings nicht (...) Kürzlich erhielt ich ein Paket von S. Thiele und
eins von Frl. Kehlert, wofür ich mich auch schon bedankt habe (...)
17.5.15 Liebe Eltern !
Gestern erhielt ich euer Paket mit Süßigkeiten und der Helmkappe. Herzlichen
Dank dafür.
Unser Kompagnieführer heißt v. Korzfleisch. Er ist aktiver Oberleutnant (Reg.
Kronprinz). Ich schrieb euch das schon kürzlich in einem Brief, den ihr hoffentlich erhalten haben werdet...
14.5.15 Liebe Eltern!
(...) Ich bin gesund und munter. Unser Palast ist bis auf Kleinigkeiten fertig. Er
sieht tadellos aus und ist der schönste Unterstand des Bataillons. Wir haben jetzt
auch mehr Ruhe. Das Wetter ist herrlich, beinahe zu heiß. Eure Pakete habe ich
alle bis auf das mit Butter erhalten. Hoffentlich kommt das auch bald an, denn mit
Butter und Schmalz sitze ich augenblicklich auf dem Trocknen. Wenn ihr könnt,
schickt mir doch bitte Zitronen möglichst viel, zum Zitronenwasser machen!
Auch Zucker dazu, außerdem möchte ich gerne eine Feldgraue Extramütze haben
(Größe 56 oder 57). Ich brauche auch ein Paar Ersatzstrippen für die Hosenträger.
Den breiten roten Streifen der Mütze übernäht doch bitte gleich mit grauem Tuch,
wir müssen das hier so haben.
Russisch Polen, d.12.5.14 Liebe Eltern!
(...) Wir haben jetzt schwere Tage hinter uns, das wir am Tage Unterstand bauen
mußten, und in der Nacht Wache schieben. Deshalb konnte ich auch in den letzten
Tagen nicht so oft schreiben. Jetzt haben wir uns aber einen wahren Palast gebaut,
ein Riesending mit zweietagigen Bettstellen. Augenblicklich bin ich im Walde
um Moos für das Lager zu besorgen. Stroh gibt es hier wenig, dafür müssen wir
uns mit Moos behelfen. Die Verpflegung ist jetzt sehr gut. Wir leben ganz schön.
Geschossen wird fast garnicht. Einen Angriff haben wir nicht zu befürchten, da
voran sumpfiges Gelände ist, über das die Russen nicht rüber können, wir allerdings auch nicht. Jeden Tag haben wir jetzt eine Stunde Unterricht am Maschinengewehr und eine Stunde exerzieren. Nach Königsberg kommen werde ich
wohl jetzt nicht können, da wir einen neuen Kompagnieführer haben, der für
solche Sachen nichts übrig hat. Er ist nämlich ein aktiver Oberleutnant von den
Kronprinzen. Er heißt v. Korzfleisch. Mir geht es trotz des wenigen Schlafs der
letzten Tage sehr gut. Nur meine Füße sind immer etwas kaputt. Mir passen die
verfluchten Kommersstiefel nicht. Ich bekomme auch keine passenden. Vielleicht
könnt ihr mir ein Paar Extrastiefel schicken, eine Nummer größer als meine Privatschuhe. Gestern erhielt ich von Kurt eine Karte aus Galizien, wo er mit K.
Kleefeld zusammengetroffen ist.
22.5.15 Liebe Mutter!
Für deine beiden Pakete mit dem Stritzel und den Süßigkeiten danke ich dir
herzlich. Es schmeckt alles famos und ist zur rechten Zeit gekommen, da ich sonst
zu den Feiertagen trocken Brot hätte essen müssen. (...) Meine Zahnschmerzen
sind vorüber.
20.5.15 Liebe Trudel!
Zu deinem Geburtstag sende ich dir die herzlichsten Glückwünsche. Schade daß
ich nicht bei euch seien kann, hoffentlich im nächsten Jahre. Möge dir das neue
Jahr nur Gutes bringen! Amüsiere dich gut an dem Tage und denke auch ein
bisschen an deinen Bruder Georg.
30.5.1915 Liebe Eltern!
Gestern erhielt ich eure beiden Pakete mit Zitronen und Butter. Beides ist in tadellosem Zustande angekommen, die Butter vollkommen fest. Die Pfingstgrüße,
die Eisbonbons und das 2 te Päckchen mit Zitronen habe ich noch nicht erhalten.
Dass Kurt Unteroffizier geworden ist freut mich, sehr. Bei mir wird das wohl
noch lange dauern, denn 1) hat die Komp. Unteroff. in Hülle und Fülle, und 2)
verlangt der akt. Oberl. sehr viel von seinen Gewehrführern und da habe ich noch
sehr viel zu lernen. Dass L. Werkmeister gefallen ist habe ich erst durch diese
Karte erfahren. Das ist furchtbar traurig. Hat Hanna meine Glückwünsche zum
Geburtstag erhalten? Ich habe am 28. an sie geschrieben. Wenn nicht, so gratuliere ich ihr hiermit nochmals herzlich.
31.5.15 liebe Mutter !
Herzl. Dank für deine Karte. Daß es in Rauschen schön war, glaube ich gerne.
Hoffentlich ist es in den Sommerferien ebenso. Bei mir ist es hier auch wie in der
Sommerfrische. Wir haben herrliches Wetter. Man merkt garnicht, daß Krieg ist.
(...) Kann Pachen mir nicht etwas Geld schicken, damit ich mir öfters etwas vom
Marketender kaufen kann. Meine Löhnung langt dazu nicht.
2.6.15 Liebe Eltern!
(...) Daß Kurt in Königsberg ist, ist ja famos, da hat er Glück gehabt. Vielleicht
werde ich auch bald einberufen. Unser Oberl. Meint, es wird gehen. Er wollte sich
aber noch beim Bat. über das Nähere erkundigen. Was er dort erfahren hat, hat er
nur noch nicht gesagt. Es geht mir sonst sehr gut...
4.6.15 Liebe Eltern!
(...) Euer Paket mit Zigaretten ist angekommen. Scheimann läßt euch sehr danken.
Die anderen Pakete sind noch nicht angekommen. Hoffentlich kommen sie auch
bald (...)
5.6.15 Liebe Eltern!
Herzlichen Dank für Eure Pakete mit Eisbonbons und Nußschokolade, die ich
gestern erhielt. Wir haben jetzt wieder viel zu tun, einen Pferdestall zu bauen und
Granatlöcher zu buddeln (...) Heute haben uns die Russen beim Exerzieren mit
Schrapnellen beschossen, aber nichts getroffen (…)
Lieber Vater! 7.6.15
(...) Ich habe doch jeden zweiten Tag geschrieben, die Post ist sicher wieder irgendwo aufgehalten. Butter und Nußschokolade habe ich beides in tadellosem
Zustande erhalten. Wurst noch nicht. Gestern kam Marmelade an. Die Büchse
hatte sich aber geöffnet und ein Teil war ausgelaufen.
9.6.15 Liebe Eltern!
Unser Oberleutnant hat jetzt meine Abkommandierung zum Offizierskursus beantragt und dem Oberst vorgelegt. Hoffentlich willigt er darin ein. Heute haben
wir uns Granatlöcher gebaut, da unser großer Unterstand nicht genügend Schutz
gegen die Geschosse größeren Kalibers bietet.
1O.6.15 Liebe Eltern !
(...) Das Geld habe ich noch nicht erhalten.
Es wird wohl aber bald kommen. Gut gebrauchen kann ich es. Der Marketender
Kommt jetzt öfters. Es sollen jetzt immer abwechselnd 2 Mann unserer Komp.
beurlaubt werden. Da kommen allerdings erst die Verheirateten dran, dann aber
die, welche noch nicht beurlaubt waren, dann werde ich wohl auch ran kommen.
13.6.15 Liebe Eltern
(...) Mir geht es sehr gut. Gestern habe ich ein schönes Bad genommen, in einem
Flusse, der an unseren Fahrzeugen vorbeifließt. Den Abschnitt der Geldanweisung über 20 M habe ich erhalten. Das Geld ist mir noch nicht ausgezahlt.
14.6.15 Lieber Vater!
(...) Unser Oberl. hat mich vorgeschlagen, und ich werde wahrscheinlich auch
abkommandiert werden. Bis jetzt ist die Sache aber noch nicht vom Regiment
zurück. Sonst geht es mir gut. Gestern und heute Vormittag war hier sehr
schlechtes Wetter. Jetzt scheint es aber besser zu werden.
16.6.15 Liebe Eltern!
(...) Mir geht es ganz gut bis auf eine dicke Backe und Zahnschmerzen, das wird ja
wohl bald vergehen. Über den Off. Asp. Kursus ist noch nichts rausgekommen,
jedoch sind jetzt alle Komp. beauftragt Einjährige zu Off. Kursen vorzuschlagen.
Hoffentlich kommt es bald zum Klappen.
18.6.15
Mir geht es jetzt sehr schlecht. Meine linke Backe ist mächtig geschwollen. Der
Arzt meint es ist eine Entzündung und Vereiterung des linken Unterkiefers. Er hat
mir ständiges Gurgeln mit Wasserstoffsuperoxyd verordnet. Ich habe Zeitweise
wahnsinnige Schmerzen und auch Fieber. Hoffentlich dauert die Sache nicht
lange an.
19.6.15
Mir geht es Heute schon besser. Ich habe keine Schmerzen mehr und die Geschwulst hat nachgelassen, der Arzt hat mir heute die Geschwulst aufgeschnitten.
Der Eiter kommt jetzt langsam heraus. Wenn das Geschwür ganz weg ist, werde
ich mir den Zahn ziehen lassen.
22.6.15
Mir geht es jetzt schon ganz gut Die Zahngeschwulst ist vorbei. Wann der Off.
Kursus stattfindet, weiß man noch nicht. Meine Essmittel sind wieder Alle.
Schickt mir doch bitte die in Konservenbüchsen eingemachte Früchte, die meine
Kameraden oft von zu Hause bekommen und die sehr erfrischen (...)
24.6.15
(...) Mir geht es jetzt ganz gut, die Zahnschmerzen sind vorbei. Wenn unser
Feldwebel das nächste Mal nach Rastenburg fährt, soll ich mitfahren, um mir in 3
bis 4 Tagen die Zähne reparieren zu lassen. Die 20 M habe ich vorige Löhnung
erhalten. Der Marketender bringt uns aber nichts Besonderes mit. Wir müssen
jetzt wieder die ganzen Nächte hindurch schanzen. Wann der Off. Kursus statt-
findet, weiß hier noch keiner.
26.6.15
(...) Herzlichen Dank für eure Karte. Daß Onkel Max gefallen ist, ist furchtbar
traurig. Ich kann gar nicht dran denken, daß er nicht mehr leben soll. In den
nächsten Tagen fahre ich nach Rastenburg um meine Zähne behandeln zu lassen,
dazu wird aber mein Geld nicht langen. Vielleicht kann jemand von Euch
rüberkommen. Ich werde noch von Kolno aus depeschieren. Sonst geht es mir
gut.
29.6.1915
(...) Wir sind jetzt mit dem Bauen unseres Unterstandes fertig und haben jetzt
mehr Zeit. Ich habe jetzt 5 Mann zur Ausbildung bekommen, mit denen ich täglich eine Stunde exerzieren muß. Wir liegen hier mitten im Walde. Ich habe schon
eine Masse Erdbeeren gefunden, von denen es hier sehr viele gibt. Gestern erhielt
ich von Onkel Muellner ein Paket mit Sandkuchen der famos schmeckt. Schickt
mir doch bitte auch wieder etwas.
7.7.1915 (...) Die schönen Tage von Rastenburg sind nun vorüber. Jetzt sitze ich
wieder hier in Kolno und warte auf den Wagen, der mich in unsere Stellung
bringen soll. Die schönen Vorräte, die ich jetzt besitze, werden es mir wohl erleichtern, mich an das Schützengrabenleben zu gewöhnen. Am letzten Tage habe
ich noch 6 große Bratklopse verzehrt, die es sehr schön in dem Restaurant gab, in
dem ich mit Pachen am ersten Abend drin war.
9.7.1915
(…) Als ich in die Stellung kam, fand ich euer Paket mit Aprikosen vor. Sie
schmecken famos. Auch ein Paket von Onkel Muellner war da mit Kockes und
Eierkognak. Mir geht es sehr gut, nur sehne ich mich nach Rastenburg zurück(...)
12.7.15
(...) Die Russen sind ruhig, bis auf eine wahnsinnige Schießerei in der vorigen
Nacht, die ihnen aber schlecht bekommen ist, da unsere Mienenwerfer sie ordentlich beschossen. Meine Essvorräte langen immer noch, obwohl sie schon sehr
zusammengeschrumpft sind, die Bücher habe ich schon alle ausgelesen.
16.7.15
Gestern haben wir die Russen aus ihrer 2ten und 3ten Stellung herausgeschmissen. Es war ein harter Kampf. Die Russen (sibirische Schützen) wehrten sich wie
die Teufel. Überall kam es zu Bajonettkämpfen. Ich bin glücklich gesund geblieben, nur habe ich mir an den Drahtverhauen die Finger zerkratzt, die Russen
scheinen wahnsinnige Verluste zu haben. Unsere Verluste sind nicht so groß nur
haben wir viele Offiziere verloren. Leutnant Rahtke ist schwer verwundet. Ein
Granatsplitter ist ihm in dem rechten Oberschenkel gedrungen. Das Bein wird
wahrscheinlich abgenommen werden müssen. Hat Machen meine Karte mit der
Geburtstagsgratulation erhalten?
17.7.15.
Aus dem russischen Walde, wo es viele Blaubeeren gibt sende ich euch herzliche
Grüße. Unser Vormarsch ist vorläufig beendet. Es waren schwere, aber schöne
Tage, die drei letzten. Ich will euch kurz erzählen, wie unser Angriff vor sich
ging. Als wir aus Rastenburg zurückkamen, wurden wir schon mit der Nachricht
begrüßt. „Heute Abend geht’s nach Turx, dort sollen wir die russischen Stellungen stürmen.“ Wir zogen also um. Auf den 13. war der Sturm festgesetzt. Morgens 3 Uhr begann unsere Artillerie zu schießen, schwere (21cm) und leichte
große und kleine Minenwerfer.
Unaufhörlich ertönte das Krachen der Geschosse. Um 10 Uhr wurde der Sturm
befohlen. Man hatte gedacht die Russen würden durch das furchtbare Artilleriefeuer gezwungen sein, die Gräben zu verlassen. Aber man hatte sich geirrt. Kaum
verließ unsere Infanterie den Graben, da wurde sie von einem mörderischen Feuer
empfangen. Wir, die Maschinengewehre sollten erst vorgehen wenn der Graben
genommen wäre. Leutnant Grünhagen jedoch übrigens, wie ich jetzt gemerkt
habe ein Draufgänger ersten Ranges befahl der Infanterie gleich zu folgen und so
stürmten wir gleich hinter der Schützenlinie her. Sobald die Russen merkten, dass
Maschinengewehre vorgingen, richteten sie ihr Feuer auf uns und besonders die
Artillerie beschoss uns heftig. Es ist ein Wunder das wir glücklich rüberkamen,
besonders da durch fortwährenden Regen das sumpfige Gelände vollkommen
aufgeweicht war. Wir hatten nur einen Toten und einen Verwundeten. Am Graben entspann sich ein wütender Bajonettkampf, da der Gegner nicht räumen
wollte. Aber schließlich musste er doch raus. Doch in der nächsten Zeit unternahm er drei Gegenstöße, die aber alle blutig abgewiesen wurden. Dann richteten
wir uns häuslich ein, bekamen aber fortwährend Flankenfeuer, da die Komp. die
links von uns stürmen sollte den russ. Graben trotzt aller Anstrengungen nicht
nehmen konnte. Die ganze Komp. wurde kaputt geschossen.36 Mann 2 Unteroffizier. und 4 Gefr. haben sich retten können. Für uns entstand nun eine heikle
Lage, da in demselben Graben in dem wir jetzt lagen, links die Russen drin waren.
Eine Granate hatte dort den Graben zugeschüttet. Rechts lagen wir links die
Russen. Es entstand ein heftiger Handgranatenkampf, aber die Russen waren
nicht rauszukriegen. Dann kam die Nacht. Schlafen konnte man natürlich nicht,
denn die Russen schossen unaufhörlich und machten fortwährend Gegenstöße,
aber wir hielten aus. Am nächsten Morgen besahen wir uns die 2te Stellung der
Russen, sie war an manchen Stellen kaum 50 m entfernt. An einigen Stellen noch
weniger. Diese Stellung sollten wir noch nehmen und dann noch eine 3te. Daher
fing wieder unsere Artillerie am nächsten Tage an zu schießen. Wegen der Nähe
war es sehr gefährlich auch für uns. Sehr viele Splitter surrten über uns weg.
Wir hatten auch mehrere Verwundete dadurch. Diesmal hielten die Russen nicht
so Stand. Als wir um 9 Uhr vormittags stürmten, feuerten sie nur wenig, aber
trotzdem kam es noch an einzelnen Stellen zu Bajonett kämpfen, besonders beim
3-ten Graben, den sie nicht räumen wollten. Aber sie mussten raus und sie wurden
dann 5 Km verfolgt. Die Russen haben wahnsinnige Verluste gehabt, die unsrigen
waren nicht so beträchtlich. Am 13. hatten wir bedeutend mehr Verluste. Jetzt
liegen wir hinter den eroberten russischen Stellungen, sollen aber noch vorgehen,
da sich die Russen noch weiter zurückgezogen haben. Wir haben bei dem Gefecht
viele Offiziere verloren. 6 Offiziere vom 1. Batt. sind tot, 3 verwundet, vom 3.
Bat. sind sämtliche Kompanieführer und der Mayor gefallen. Aber wir haben
gesiegt, das ist die Hauptsache.
Mir geht es gut. Die beiden Photographien sind vom Oberleutnant aufgenommen.
Die eine beim Beeten, die andere bei einer Fliegerstellung. Sind die Bilder aus
Rastenburg schon da? Schickt sie mir dann doch (...)
21.7.15
(...) Nach siebentägigen Kämpfen sende ich Euch herzliche Grüße. Ich bin gesund
und munter, der liebe Gott hat mich gnädig beschützt. Doll ist es hergegangen.
Die Russen wichen erst unseren Bajonettangriffen (aus). Jeder Kilometer musste
blutig erkämpft werden. Am 17 waren wir 14 Stunden unausgesetzt im Gefecht.
Am 18. Ruhe, am 19. hatten die Russen die Stellung geräumt. Gestern hatten wir
Stellungskampf an der Narewstellung. Heute haben wir diese uneinnehmbar
aussehende Stellung gestürmt. Unsere Verluste sind beträchtlich. Leutn. Grünhagen ist gefallen. Schickt mir doch bitte etwas Süßes und andere Esswaren. Nun
lebt wohl. Auf Wiedersehen. Euer Georg
21.7.15
(...) Hier verlautet noch nichts von dem Off. Kursus. Ich fürchte, dass die ganze
Sache bei der jetzigen Offensive vergessen werden wird, denn sie brauchen hier
jeden Mann. Wir gehen jetzt immer weiter vor. Ich bin Gewehrführer für den
verwundeten Unteroff. Kanter. Gesundheitlich geht es mir gut nur habe ich nichts
zum Bestreichen und Belegen. Einen Ring habe ich mir nicht machen lassen
können, ebenso wird es schwer sein, sich einen Blindgänger präparieren zu lassen, da bei der
Offensive niemand Zeit und Gelegenheit dazu hat (...) Major v. Kassewitz ist
auch verwundet.
22.7.15.
Wir sind jetzt dicht an den Festungen. Die russischen Scheinwerfer beleuchten
uns die ganze Nacht und die Festungsartillerie sendet uns ihre Grüße in Gestalt
von Geschossen größten Kalibers. Mir geht es gut. Vom Kursus verlautet noch
nichts. Diese Postkarte habe ich nebst anderen in einem russ. Forsthause erbeutet.
Aus einem Polnischen recht schönen Dorfe sende ich euch herzliche Grüße. Ich
habe eben mindestens 4 Liter Kirschen verzehrt. Eine Unmasse gibt es hier davon,
nur ist das Pflücken insofern mit Schwierigkeiten verbunden, als der Russe
fortwährend mit Artillerie das Dorf beschießt (...) Vom Offiziers-Kursus verlautet
hier immer noch nichts.(...)
26.7.15
(…) Gestern hatten wir einen schweren Tag. Die russische Artillerie beschoss uns
in einer Weise, dass wir nicht wussten, ob wir leben oder Sterben. Ganz dicht
schlugen die schweren Granaten bei uns ein und deckten uns mitunter vollkommen mit Sand zu, dazu kam noch ein wolkenbruchartiger Regen, der uns bis auf
die Haut durchnässte. Auch die ganze Nacht mussten wir im Regen Draußen
liegen. Hoffentlich werden wir von diesem Posten bald abgelöst, damit wir uns
etwas erholen können. Sonst nichts Neues (…)
26.9.15 Liebe Mutter!
Herzlichen Dank für deine Karte, auch für die Bilder und das Notizbuch danke ich
euch herzlich. Die Bilder sind sehr gut geworden. Mir geht es sehr gut. Nachdem
wir es in den letzten Tagen sehr schwer gehabt haben, sind wir jetzt auf einem
famosen Posten zum Ausruhen. Wir liegen nämlich in Divisionsreserve mehrere
Kilometer hinter der Front. Heute wurde unser Regiment vom Kommandeur belobigt, weil es sich sehr gut geschlagen hat. Der Kommandeur meint, in 6-8
Wochen sind wir mit den Russen vollkommen fertig. Gott gebe es! Schickt mir
doch bitte Wurst Schmalz und Bonbons. Bei dem Vormarsch jetzt gibt es hier
wenig und dass ich zum Off. Kursus komme ist vorläufig nicht zu erhoffen.
Schickt mir bitte noch mehr von den Bildern, da ich eines von diesen an Tante
Ganda schicken möchte und das andere an Ilse Thiele.
29.7.15
(...) Wir liegen immer noch in Reserve und ruhen uns gut aus. Das Wetter ist auch
besser geworden. Der Reg. Komm. hat unsere Komp. noch besonders gelobt, weil
sie durch ihr gutes Schießen die Infanterie gut unterstützt und bewirkt hat, dass
unsere Verluste so gering waren. Wir haben auch wirklich gut geschossen. In dem
eroberten Graben war an dem Patronenkasten der Russen deutlich zu sehen, wie
wir durch die Schießscharten getroffen haben. Aber ob wir das gerade gewesen
sind ist auch fraglich, da beim Sturm auf Höhe 136 19 Maschinengewehre in die
Russen rein pfefferten auf einer Breite von 150 M.
Machen möchte mir ihre Ringweite schicken, da ein Uhrmacher, den ich bei
meinem Gewehr habe, einen Ring aus einer Granate für mich und sie machen
will.
31.7.1915
Gestern sind wir durch Ruda Scruda gefahren, die Städte hat sich furchtbar verändert. Vom Dorf ist außer ein paar Trümmerhaufen nichts mehr zu sehen. Aber
die Gräber unserer Gefallenen sind noch erhalten. Gleich hinter R. Sc. traf ich mit
E. Wallat zusammen. Ich freute mich mächtig darüber. Er meint, wir würden jetzt
uns öfters treffen können, da die Batterie unserer Brigade zugeteilt ist. Gesundheitlich geht es mir sehr gut. Eure beiden Pakete mit Eisbonbons, Schokolade,
Käse und Wurst habe ich heute Morgen erhalten Herzlichen Dank dafür, sie
kamen zur rechten Zeit. Von Abkommandieren ist vorläufig nicht die Rede.
Feldw. Vegl. sagte mir, der Kursus sei aufgeschoben und fände erst später statt.
2.August 1915
(...) Wir haben die Russen wieder ein ganzes Stück zurückgeworfen. Der Russe
leistet hier furchtbar zähen Wiederstand. Jeder kleine Hügel und jeder Waldrand
Muss im Sturm genommen werden Trotzdem haben wir wenig Verluste, wohl
weil unsere Artillerie den Angriff gut vorbereitet. Mir geht es sehr gut. Das
Wetter ist einigermaßen gut, nur in den Nächten ist es recht kalt. Hat Kurt sein
Examen schon gemacht? Grüßt ihn von mir und seid selbst herzlich gegrüßt von
eurem treuen Sohn Georg.
4.8.1915
Wir haben hier in den letzten Tagen einen ziemlich großen Sieg errungen. Die
Russen sind aus allen Stellungen von Ruda Scroda3 bis zum Narew zurückgeworfen. Ein Batt. Russen haben wir ohne Kampf gefangen. Sie kamen uns in
Gruppenkolonnen ohne Waffen entgegen. 2 Maschinengewehre brachten sie
gleich mit. In der nächsten Zeit werden wir über den Narew gehen und Lomza
stürmen. Mir geht es sehr gut. Eine freudige Überraschung hatte ich Gestern. Wir
bekamen Ersatz, darunter ein Leutnant für den gefallenen R. Grüntag. Er kam uns
gleich sehr bekannt vor und entpuppte sich als unser A.H. Malkwitz. Meine
Freude könnt ihr euch ja denken.
5.8.15
Wir haben die Narew überschritten und sind in Nowogrod eingezogen, das muss
ein hübsches Städtchen gewesen sein. Leider ist es fast ganz runter gebrannt. Jetzt
marschieren wir auf Lomza zu, das uns ebenso wie Ostrolenka nicht lange wiederstehen wird. Mir geht es sehr gut. Wir haben jetzt auch wieder schönes Wetter.
Eben verkündigt uns Oberst z. Megede, dass (…) und Warschau
westlich der Weichsel gefallen seien. Das ist ja glänzend, da wird Russland bald
erledigt sein.
7.8.1915
Herzlichen Dank für eure Karte vom 31. Dass Kurt (…) Feldwebel geworden ist
freut mich sehr. Ins Feld ist er gerade zur rechten Zeit gekommen, da kann er das
große Kesseltreiben noch mitmachen. Mir geht es sehr gut, nur erwarte ich
sehnlichst Pakete, da ich gerne wieder mal was Gutes essen möchte. Vom Kursus
Ruda Skroda, polnisches Dorf im Nordosten Polens 13 Km südlich von Kolno, 88
Km westlich von der regionalen Hauptstadt Bialystok. Jetzt 118 Einwohner.
3
weiß hier kein Mensch etwas. Feldw. Krigl ist wieder mal nach Rastenburg gefahren. Wir liegen augenblicklich vor einer stark befestigten russischen Stellung.
Nachdem sie in den letzten Tagen alles geräumt haben scheinen sie hier mal
wieder ernsteren Wiederstand leisten zu wollen. Es wird ihnen aber nichts helfen.
Raus müssen sie doch.
8.8.1915
Nach siegreichem aber verlustreichem Sturm auf Höhe 144 (4 Km vor Lomza)
sende ich euch herzliche Grüße. Mir ist es gut gegangen. Ich bin bis auf einen
leichten Streifschuss gesund geblieben, und führe mein Gewehr weiter. A. H.
Malkwitz ist auch gesund. Unsere Verluste sind groß. Von unserer Komp. sind 18
Mann (3 Gewehrbedienungen) fort. Jetzt können wir Lomza schon mit dem
bloßen Auge sehen. Es scheint eine hübsche Stadt zu sein. Hoffentlich können
war Übermorgen darin Kaffee trinken.
10.8.15
Liebes Omchen!
Für dein Paket mit Kakes danke ich dir herzlich. Gestern kam es an. Heute haben
wir Lomza eingenommen, nachdem wir Gestern die Feldbefestigungen gestürmt
hatten. Ich bin gesund geblieben. Was wir nun machen werden weiß ich nicht.
Hoffentlich bekommen wir mal endlich Ruhe, denn anstrengend war die Geschichte. Gestern bin ich zum Unteroffizier befördert worden. Den 13 ten auf dem
Feld der Ehre gefallen.
10.8.1915
Gestern Nachmittag haben wir Fort 4 von Lomza gestürmt. Heute ist unser
Landsturm in Lomza eingebogen. Hoffentlich komme ich auch hinein. Mir geht
es gut. Ich bin gestern mitten im Gefecht zum Unteroffizier befördert. Gewartet
habe ich schon lange genug darauf. Es grüßt euch herzlich Euer Georg. Rew ist
verwundet (Oberschenkelschuss).
Oslarki am 13.August 1915
Lieber a. G. Pastenaci
Leider eine tief traurige Nachricht, dein Sohn Georg ist gestern am l2.August in
dem schweren Gefecht bei Gatz-Szakoljalonka den Heldentod fürs Vaterland
gestorben. Er erhielt den tödlichen Schuss, als er sich an einem Torfbruch zusammen mit seinem Zugführer eine Stellung für sein Gewehr aussuchte. - Halsschuß, wohl Hauptschlagader getroffen. Er hat einen leichten Tod gehabt. Wir
haben ihn in der Nähe der Stelle begraben, wo er gefallen ist. Die Grabstelle ist
leicht zu erkennen. Gatz-Szakoljalonka liegt an der von Lomscha nach Südwesten
am Südufer der Narew führenden (…). Südöstlich Gatz ein Torfbruch. An der
Nordostecke des Bruches liegt er. Da wo von dem Feldwege Gatz-Steuschki
Wielkje ein Weg nach dem Dorfe Pjonßy-Lipno abbiegt. Unter einer alten Weide
am Wege haben wir ihn gebettet. Ich habe mit ihm bei derselben Maschinengewehrkompanie gestanden.
Durch sein Stilles ruhiges Wesen war er bei Vorgesetzten und Untergebenen
gleich beliebt. Sein Tod hat uns alle tief erschüttert mir ist er, da es sich um einen
Corpsbruder handelt, besonders nahe gegangen.
Die Sachen des Verstorbenen schicke ich dir bei der nächsten Gelegenheit – 15 M
bares Geld, eine Brieftasche eine Schreibmappe, einige Postsachen, ein Fuchsband.
Wenige Tage vor seinem Tode ist Georg zum Unteroffizier befördert worden. Ich
schreibe in Eile, da wir auch heute wieder wie seit Wochen im Gefecht liegen
vorläufig allerdings noch in (…)
Der einzige Trost, lieber alter Herr Pastenaci - Georg hat sein junges Leben für die
große Sache hingegeben. Jeden kann es ja jeden Augenblick ereilen. Mit dem
Ausdrucke aufrichtigstem Beileids, den ich auch deiner verehrten Frau Gemahlin
zu übermitteln bitte, bin ich
Dein Corpsbruder Frank Malkwitz
Im Felde am 27. August 1915
Lieber Herr Pastenaci
Die Skizze lege ich bei, die Grabstätte ist nicht zu verfehlen. Wir haben den Hügel
mit Rasenstücken bekleidet. Ein Kreuz mit Aufschrift hat das Grab selbstverständlich erhalten. Wir hatten gerade einige Stunden Ruhe und konnten alles in
Muße so gut machen wie es eben bei den beschränkten Mitteln möglich war.
Georgs Zugführer war der (..) feldwebel Fidler. Er ist noch bei meiner Kompagnie. Nach seinen Angaben ist Georg gegen 9 Uhr früh gefallen. Er hat als er
Umsank einen Wehlaut von sich gegeben, hat dann noch ein Mal aufgestöhnt und
ist dann sogleich verschieden. Er hat nachdem er den tödlichen Schuss empfangen
hatte, nur noch ganz wenige Sekunden gelebt. Oberleutnant Katzfleisch ist nicht
mehr bei uns. Er hat sich am 15.8. eine Knieverstauchung mit Bluterguss geholt
und liegt im Lomschaer Feldlazarett IV i.a. K. Ich führe seit dem 16.8. die
Kompagnie. Wir haben in den letzten Wochen sehr, sehr schwere Gefechte gehabt. Die Russen haben hier überall ganz verzweifelten Wiederstand geleistet. Sie
haben uns hier ihre besten Truppen entgegengestellt.
An manchen Tagen, besonders in den üblen Narewwäldern sind wir nur 3-4 Km
vorwärts gekommen. Hoffentlich ist es mit den Russen nun bald zu Ende. Mit
bestem Gruß und einer Empfehlung an deine verehrte Frau Gemahlin.
Dein Frank Malkwitz.
Die an Georgs Adresse gerichteten Liebesgabenpakete werde ich den Leuten
seines Gewehres übergeben.
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