Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V. Aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen für die Marktforschung Ort, Datum Ausgangslage Sinkende Teilnahmebereitschaft / erhöhte Rekrutierungskosten Sind „neue“ Erhebungsformen wie Online Access Panel eine Alternative? Steigende Sensibilität für Datenschutzaspekte und „Lauschangriffe“. Aber: Sogenannte Datenschutzskandale sind alle bereits nach gegenwärtiger Rechtslage klar illegal und begründen daher keinen Handlungsbedarf. Werbung und Marktforschung werden ständig zusammenhängend erwähnt – keine Trennung in Gesetzgebung, Presse, Öffentlichkeit. Immer mehr Anbieter treten am Markt auf, die mit dem Widerspruch „personenbezogener Marktforschung“ werben. 2 Erforderliche Einwilligung & Störung gem. BGB Bisher: Für Marktforschungszwecke keine Einwilligung für Kontaktaufnahme erforderlich (sofern Adressen rechtlich einwandfrei erworben). Aktuell: Rechtslage unklar. In Urteilen werden telefonische Bevölkerungs-Befragungen (also nicht: bei Kunden) eingestuft als unerlaubte Handlung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB). Bislang noch nicht beanstandet: persönlicher Kontakt (Haustür, Fußgängerzone / POS), elektronischer Kontakt (e-Mail). Sicher ist sicher: Vorhandene Einwilligung ist vorzuziehen (aber nicht immer machbar). 3 UWG-Novelle In Kraft getreten am 01.01.2009 UWG umfasst nur „geschäftliche Handlungen“ Marktforschung (leider nur) in der Gesetzesbegründung davon ausgenommen. Allerdings stimmen hier Justizministerium und Rechtsausschuß überein, "dass Umfragen allgemeiner Art einschließlich Umfragen zur Markt- und Meinungsforschung, die nicht direkt dem Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen dienen, auch künftig nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen" 4 UWG-Novelle Damit (vorläufig) keine Untersagung aufgrund UWG möglich. Wenn Marktforschung keine geschäftliche Handlung ist, dann ist sie möglicherweise auch in der Abwägung ggü. Verletzung des Persönlichkeitsrechts gem. BGB stärker zu gewichten. Vorsichtsmaßnahme: Marktforschung neutral gestalten und nicht an unmittelbare geschäftliche Handlung knüpfen. 5 BDSG-Novelle Ziel: Adresshandel nur noch mit Einwilligung der Betroffenen. Markt- und Sozialforschung als „Kollateralschaden“ Haupt-Wirkung: Abschaffung des (generellen) Listenprivilegs Grundsätzlich: Einwilligung zur Verarbeitung / Nutzung des Betroffenen muß vorliegen Schriftlich oder elektronisch Mündlich möglich, wenn methodisch erforderlich (wie bisher) Neu: Falls keine Schriftform: Nachträgliche schriftliche Bestätigung des Inhalts der Einwilligung durch verantwortliche Stelle (=aufwändig!) 6 BDSG: Ausnahmen vom Erfordernis der Einwilligung Liegt keine Einwilligung vor, dann ist eine Verwendung von Adressen nur noch unter folgenden Bedingungen möglich: „Listendaten“ (Definition wie bisher) (Zugehörigkeit des Betroffenen zu einer Personengruppe, Berufs-, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung, Name, Titel, akademischer Grad, Anschrift, Geburtsjahr). Aber nur postalische Adresse! (= also nicht Telefonnummer, e-Mail-Adresse ist umstritten) (wie bisher) Und nur unter folgenden Bedingungen: Markt- und Sozialforschung nur für eigene Zwecke (dazu dürfen den Listendaten auch neue Daten hinzugespeichert werden) Befragung von freiberuflich / gewerblich Tätigen. 7 BDSG: Vorschlag der Verbände Es sollte als neuer § 30 Abs 1 eingefügt werden: (§ 30: Geschäftsmäßige Datenerhebung und -speicherung zum Zweck der Übermittlung in anonymisierter Form) „Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten in der Markt- und Sozialforschung, welche die Forschungsergebnisse anonymisiert, ist erlaubt.“ Und es sollte in § 28 Abs. 3 Satz 1 (§ 28: Datenerhebung und -speicherung für eigene Zwecke) eingefügt werden: „[Die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des Adresshandels, der Werbung oder der Markt- oder Meinungsforschung ist zulässig, soweit der Betroffene nach Maßgabe des Absatzes 3a eingewilligt hat] oder die Daten ausschließlich der Stichprobenbildung für Zwecke der Markt- oder Sozialforschung dienen.“ 8 BDSG: Der Bundesrat setzt sich in seiner Stellungnahme für uns ein Der Bundesrat schlägt vor, die Tätigkeit der Markt- und Meinungsforschungsinstitute durch klarstellende Regelungen insbesondere in den §§ 28 bis 30 BDSG besser abzusichern und ebenso textlich eine Trennung zu anderen Tätigkeiten vorzunehmen. Markt- und Meinungsforschung nimmt eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe wahr. Sie stellt für öffentliche und private Auftraggeber mittels wissenschaftlicher Methoden und Techniken notwendige Informationen zur Unterstützung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Entscheidungen bereit und schafft damit eine wichtige Voraussetzung für die nachhaltige demokratische und wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland. Ebenso beklagt der Bundesrat die Gleichsetzung von Markt- und Meinungsforschung mit Werbung und Adresshandel. Er führt auf, dass es hier nicht um konkrete Aussagen zu Einzelergebnissen, sondern um verallgemeinerungsfähige Aussagen geht sowie dass erhobene Daten nur in anonymiserter Form übermittelt werden. 9 BDSG: Weiterer Ablauf 10. Dezember 08: Verabschiedung Gesetzesentwurf im Bundeskabinett 01. Februar 09: Sitzung des Bundesrats mit Stellungnahme 20. März: Erste Lesung und Verweisung an die Ausschüsse 23. März: Sachverständigenanhörung des federführenden BTInnenausschusses 23. oder 24. April: Zweite und Dritte Lesung 15. Mai: Zweite Lesung Bundesrat. Weitere Organisationen wie Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und AG.MA unterstützen unsere Vorschläge. 10 Konsequenzen Selbstregulierung wichtiger denn je! Wenn wir meinen, dass wir die Guten sind, dann müssen wir uns auch so verhalten! Mehr Transparenz und Ehrlichkeit im Umgang mit Befragten – und entsprechend mit Auftraggebern. Wir müssen schon alleine deswegen nicht jeden Wunsch des Auftraggebers erfüllen, weil wir gem. UWG ja keine unmittelbare geschäftliche Handlung durchführen. Folge: Richtlinien und Standards enthalten notwendigerweise auch Nachteile für uns! 11