Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens (BRat-Drs. 524/11) der Bundesregierung vom 02.09.2011 Die Versicherungswirtschaft unterstützt das Ziel des Gesetzentwurfs, das Meldewesen zu modernisieren, um Informations- und Kommunikationstechnologien effizient einzusetzen und Prozessoptimierungen zu erreichen. Eine Vereinheitlichung von gesetzlichen Vorgaben für die Melderegisterauskunft führt im Ergebnis zu mehr Rechtssicherheit sowohl für die Meldebehörden als auch für die auskunftbegehrenden Stellen. Allerdings sollten die Änderungsvorschläge mit bestehenden Regelungen nach dem Bundesdatenschutzgesetz übereinstimmen und Melderegisterauskünfte nicht unbeabsichtigt behindern. Kritisch sind aus unserer Sicht: 1. das Einwilligungserfordernis nach § 44 Abs. 3 Nr. 2 BMG-E bei einfachen Melderegisterauskünften, die zur Werbung oder zum Adresshandel verwendet werden, weil durch die vorgesehene Formulierung der Vorschrift die nach dem Bundesdatenschutzgesetz zulässigen Datenverwendungen eingeschränkt werden; 2. die Zweckbindung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 47 BMG-E bei einfachen Melderegisterauskünften, weil sie zu Unsicherheiten in der Praxis führt und über den nach der Begründung bezweckten Regelungsumfang hinausreicht. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 Berlin Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel.: +49 30 2020-5290 Fax: +49 30 2020-6290 60, avenue de Cortenbergh B - 1000 Brüssel Tel.: +32 2 28247-30 Fax: +32 2 28247-39 Ansprechpartner: Dr. Martina Vomhof Leiterin Datenschutz/Grundsatzfragen E-Mail: [email protected] www.gdv.de 1. § 44 Abs. 3 Nr. 2 BMG-E schränkt datenschutzrechtlich zulässige Datenverwendungen ein Nach dem Wortlaut des § 44 Abs. 3 Nr. 2a) BMG-E können die über das Melderegister aktualisierten Adressdaten nicht ohne Einwilligung zu Werbezwecken eingesetzt werden, obwohl deren Nutzung zu Werbezwecken nach dem im Jahr 2009 novellierten Bundesdatenschutzgesetz ohne Einwilligung zulässig ist. Neben der Einwilligung enthält § 28 Abs. 3 Satz 2 BDSG, auf den der Gesetzentwurf in der Begründung verweist, weitere gesetzliche Legitimationsgrundlagen für die Datenverwendung zu Werbezwecken. Erlaubt ist weiterhin die Werbung für eigene Produkte unter Verwendung von Listendaten, zu denen die Adressdaten gehören. Hier darf eine Datenverwendung nicht daran scheitern, dass ursprünglich beim Betroffenen selbst erhobene Daten durch eine Melderegisterauskunft aktualisiert worden sind. Darüber hinaus dürfen die Daten nach § 28 Abs. 3 Satz 5 BDSG auch für die sogenannte Empfehlungswerbung (Werbung für fremde Angebote) verwendet werden. Daneben ist es nach § 28 Abs. 3 Satz 4 BDSG auch zulässig, die Daten für Werbezwecke zu übermitteln, wenn sie nach Maßgabe von § 34 Abs. 1a Satz 1 BDSG gespeichert werden und die Stelle, die die Daten erstmalig erhoben hat, aus der Werbung hervorgeht. Auf diese Übermittlungsmöglichkeit sind insbesondere Versicherungsunternehmen angewiesen, weil sie wegen des versicherungsaufsichtsrechtlichen Spartentrennungsgrundsatzes (§ 8 Abs. 1a) VAG) bestimmte Versicherungstypen in selbstständigen Unternehmen führen müssen. Um § 28 Abs. 3 Satz 4 BDSG nicht einzuschränken, sollte daher klargestellt werden, dass § 44 Abs. 3 Nr. 2b) lediglich den gewerblichen Adresshandel meint. Die Versicherungswirtschaft schlägt vor, § 44 Abs. 3 Nr. 2 BMG-E – wie es nach der Begründung beabsichtigt ist – den Regelungen des BDSG entsprechend zu formulieren: „(3) Die Erteilung einer einfachen Melderegisterauskunft ist nur zulässig, wenn 1. (...) 2. die Auskunft verlangende Person oder Stelle erklärt, die Daten nicht zu verwenden für Zwecke a) der Werbung oder Seite 2 / 4 b) des gewerblichen Adresshandels es sei denn die betroffene Person hat in die Übermittlung für jeweils diesen Zweck eingewilligt oder die anderen Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 BDSG sind erfüllt.“ 2. Zweckbindung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 47 BMG-E führt zu Hindernissen in der Praxis Nach aktueller Rechtslage unterliegen lediglich die erweiterte Melderegisterauskunft und die Gruppenauskunft dem Zweckbindungsgrundsatz. Die nun nach § 44 Absatz 1 Satz 2 i. V. m. § 47 BMG-E vorgesehene Erstreckung auf einfache Melderegisterauskünfte, wenn diese gewerblich verwendet werden, dient laut der Begründung zu § 47 BMG-E (Zweckbindung der Melderegisterauskunft) „insbesondere dem Schutz der betroffenen Person vor der unkontrollierten Weitergabe ihrer Daten durch den Adresshandel“. Die Zielrichtung des Gesetzgebers wird damit deutlich. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Vorgabe über den gewollten Regelungsumfang hinauswirkt und in der Praxis eine legitime Verwendung der Melderegisterdaten behindert. Unklar sind zunächst Ausgestaltung und Konkretisierungsgrad der Zweckbestimmung. Fraglich ist etwa, ob ein denkbarer Zweck der „Durchführung des (Versicherungs-)Vertragsverhältnisses“ beispielsweise auch eine nach § 28 Abs. 3 BDSG zulässige Werbedatenverarbeitung erfasst oder ob diese – unabhängig von der Regelung in § 44 Abs. 3 Nr. 2a) BMG-E – möglicherweise ausgeschlossen ist, wenn eine Einwilligung vorliegt, dieser Zweck im Auskunftsverlangen aber nicht angegeben wurde. Auch die unter den Voraussetzungen des § 28a BDSG zulässige Übermittlung personenbezogener Daten über eine Forderung an Auskunfteien, für die über eine einfache Melderegisterauskunft aktualisierte Adressdaten verwendet werden, könnte als nicht unter die Durchführung des Vertragsverhältnisses fallender Zweck angesehen werden. In der Konsequenz müssten bei Abfragen einfacher Melderegisterauskünfte sämtliche auch künftig in Betracht kommende Zwecke angegeben werden. Dies wäre nicht praktikabel, insbesondere wenn weitere, an sich zulässige Verwendungszwecke zum Zeitpunkt der Abfrage noch gar nicht bestimmbar sind. So ist beispielsweise bei Abfrage nicht absehbar, ob Inkassomaßnahmen, sollten diese nicht unter den Zweck der „Durchführung des Vertragsverhältnisses“ fallen, zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich werden. Eine weitreichende Zweckangabe bei der Abfrage mit dem Ziel, sich für jedwe- Seite 3 / 4 de denkbare Datenverwendung die Verwendung der einfachen Melderegisterauskunft offen zu halten, kann schließlich auch nicht im Sinn des Gesetzgebers sein. Für die Adressaten des Gesetzes kommt erschwerend hinzu, dass eine Verletzung des Zweckbindungsgrundsatzes nach § 54 Abs. 2 Nr. 12 i. V. m. Abs. 3 BMG-E mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro bewehrt ist. Aus diesen Gründen schlägt die Versicherungswirtschaft vor, § 44 Abs. 1 Satz 2 BMG-E sowie die Worte „Bei Melderegisterauskünften nach § 44 zu gewerblichen Zwecken und“ in § 47 BMG-E zu streichen. Der oben zitierten gesetzgeberischen Intention wird bereits durch die Regelung in § 44 Abs. 3 Nr. 2 BMG-E Rechnung getragen, die – bei Übernahme der unter 1. vorgeschlagenen Ergänzungen – eine Verwendung einfacher Melderegisterauskünfte ausdrücklich auf datenschutzrechtlich zulässige Datenverwendungen begrenzt. Berlin, den 19.09.2011 Seite 4 / 4