Protokoll 20. Neon-Plenum 05. März 2009 Globalpark AG Kalscheurener Str. 19a 50354 Hürth 1. Tagesordnungspunkt: Thomas Knauer, nurago GmbH: Longitudinale Online-Forschung mit Software-basierter Messung in Online-Panels. Vorstellung verschiedener Anwendungsbeispiele (u.a. GfK Web Efficiency Panel): Nurago bietet mit LEOtrace eine Möglichkeit, quantitative (z.B. Web-Analytics) und qualitative (z.B. Nutzer-Feedback) Beobachtungs- und Befragungsdaten miteinander zu verknüpfen. Dazu wird das LEOtrace Browser-Add-on beim Nutzer nach dessen Einwilligung installiert und erlaubt so eine Erhebung von reaktiven und non-reaktiven Daten zu task-basierten Studien oder eine permanente Messung zu unterschiedlichen Anwendungsfeldern: - User Experience: Optimierung der User-Experience von Web-Angeboten Werbewirkung: Wirkungsmessung von Werbekontakten (Pre- und Post-Test) Usage-Monitoring: Kontinuierliches Monitoring des Nutzungsverhalten Auch Benchmarking im Wettbewerb oder die Erhebung auf „unzugänglichen“ Websites ist möglich. Entscheidend für eine valide Aussage ist jedoch eine ausreichende Inzidenz sowie bei Rekrutierung im Panel eine gute Panel-Repräsentativität. In der Diskussion wurde insbesondere das bei der Messung anfallende sehr hohe Datenvolumen angesprochen. Die Menge an gesammelten Daten und Screenshots vollständig zu sichten sei kaum leistbar, eine Verdichtung der Daten sei daher notwendig. Dies kann z.B. dadurch erfolgen, indem man bei User-Experience Aufgabenstellungen nach dem Grad der Beeinträchtigung priorisiert. Bedenken wurden auch gegenüber dem Ausspähen sensibler Daten sowie einer Beeinträchtigung der Ladezeit geäußert. Sensible Daten werden jedoch nicht getrackt, eine Verlangsamung der Ladezeit beim Nutzer sei nur in Einzelfällen zu beobachten. Weitere Informationen siehe Pdf-Download. Kontakt: [email protected] 2. Tagesordnungspunkt: Lasse Wolfarth, EARSandEYES GmbH: Der Einfluss von Multimedia-Anwendungen auf die Ergebnisse von OnlineUmfragen: Die Studie untersucht , ob und inwiefern die multimediale Gestaltung eines Fragebogens Auswirkungen auf das Antwortverhalten haben kann. Ziel ist, eine empfehlenswerte Gestaltungsart zu identifizieren sowie durch die Fragebogengestaltung unerwünschte Effekte zu vermeiden. Im Ergebnis lassen sich Einflüsse von Multimedia-Elementen auf die Beurteilung von Konzepten feststellen: - Einfluss verschiedener Skalen auf Key Questions Während Radiobuttons und Smileys keine signifikanten Unterschiede aufweisen kommt es bei der Gestaltung des Schiebereglers zu Unterschieden. Der Schieberegler mit neutraler Ausgangsposition (Mitte) führt zu stärkerer Polarisierung, da dieser häufiger von der neutralen Position weg aber nicht wieder zurück bewegt wird. Wird der Regler in eine negative oder positive Ausgangsstellung gebracht, sind die erzielten Ergebnisse (Likability, Relevanz, Uniqueness usw.) der Top2 Boxes tendenziell schlechter als bei Radiobuttons. - Einfluss verschiedener Techniken auf ein Ranking Die Reihenfolge der Wichtigkeit der Attribute bleibt gleich, unabhängig davon ab sie der Reihe nach angeklickt, per Drag & Drop in eine Rangfolge gebracht oder nummeriert werden. - Einfluss von Farben, Hintergrund, Musik auf das Antwortverhalten Je intensiver von Multimedia-Elementen Gebrauch gemacht wird, desto höher ist die Kaufwahrscheinlichkeit. In der Diskussion wurde dies aber auch auf das untersuchte Objekt (Sonnencreme) und die gewählten Motive (Strand) zurückgeführt, da so eine unmittelbare Relevanz aufgezeigt werde. Weitere Informationen siehe Pdf-Download. Kontakt: [email protected] 3. Tagesordnungspunkt: Dr. Lorenz Gräf, Globalpark AG: Umfragen im Twitter-Kontext: Twitter (gegründet 2007) ist im Web 2.0 Umfeld ein neuer Dienst, der zwischen sozialem Netzwerk und Mikro-Blogging-Dienst eingeordnet werden kann. Angemeldete Benutzer können Textnachrichten (sog. „updates“ oder „tweets“) mit maximal 140 Zeichen senden und die Nachrichten anderer Benutzer empfangen. Das soziale Netzwerk beruht darauf, dass man anderen Benutzern folgt, d.h. die Updates anderer Benutzer abonniert (sog. „Follower“). Die Updates können auf verschiedenen Kanälen eingegeben und abgerufen werden (z.B. auch als SMS oder über das internet-fähige Handy). So können Statusmeldungen (was mache ich gerade), Kommentare und News schnell an weitere Personen kommuniziert werden. Insbesondere in den USA ist Twitter populär, im amerikanischen Wahlkampf 2008 wurde Twitter von Barack Obama als gezieltes Wahlkampfmedium eingesetzt. In Deutschland ist Twitter noch nicht so populär, was auch dem geringeren Anteil der Web-Partizipation liegen kann. Der Vortrag geht unter anderem darauf ein, welche Relevanz Twitter in der Social-Media besitzt und wie es für Marketing und Marktforschung genutzt werden kann. In der Diskussion wurde Twitter eine Bedeutung für individuelles Marketing zugestanden, für Zwecke der Marktforschung im Sinne einer quantitativen, repräsentativen Erhebung ist der Dienst jedoch noch zu speziell: Die Anzahl der Nutzer ist vergleichsweise gering, der Anteil an Personen aus IT, Medien und internet-affinen Early-Adopters vermutlich überdurchschnittlich hoch. Jedoch ließe sich Twitter für Forschungsansätze der Soziologie (wie verbreiten sich Nachrichten? Wie vernetzten sich Personen?) verwenden oder auch als schnelles Stimmungsbarometer ohne repräsentativen Anspruch. Weitere Informationen siehe Pdf-Download. Kontakt: [email protected] 4. Tagesordnungspunkt: Dr. Frank Knapp, Psyma Research+Consulting GmbH: Aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen für die Marktforschung (u.a. UWG, BDSG): Die Novelle des UWG und BDSG haben einen unmittelbaren Einfluss auf die Marktforschung. Neben sinkender Teilnahmebereitschaft, steigender Sensibilität gegenüber für Datenschutzaspekte und undifferenzierter Wahrnehmung von Marktforschung und Werbung in Gesetzgebung, Presse und Öffentlichkeit verschärft sich nun die Rekrutierung von potenziellen Befragten durch die sich ändernde Gesetzgebung: - Erforderliche Einwilligung & Störung gemäß BGB Bislang war für den Zweck der Marktforschung keine Einwilligung für eine Kontaktaufnahme erforderlich. Aktuell ist die Rechtslage unklar: In Urteilen werden telefonische Bevölkerungsumfragen als Verletzung des Persönlichkeitsrechts eingestuft, persönlicher (z.B. Haustür, POS) und elektronischer Kontakt (E-Mail) noch nicht beanstandet. - UWG-Novelle Das UWG umfasst nur „geschäftliche Handlungen“. Marktforschung wird nicht im Gesetzestext explizit ausgenommen, allerdings in Gesetzbegründung. Ebenso stimmen Justizministerium und Rechtsausschuß überein, dass Umfragen, die nicht direkt dem Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen dienen, auch künftig nicht in den Anwendungsfall des Gesetzes fallen. - BDSG-Novelle Ziel der Novelle ist, den Adresshandel nur noch mit Einwilligung der Befragten zu erlauben (Abschaffung des Listenprivilegs). Liegt die Einwilligung nicht vor, können Adressen nur noch unter bestimmten Bedingungen verwendet werden: (a) Listendaten, allerdings nur postalische Adresse (b) Markt- und Sozialforschung nur für eigene Zwecke (c) Befragung von freiberuflich / gewerblich Tätigen. Die Marktforschungsverbände setzen sich dafür ein, den Gesetzestext anzupassen, so dass eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten in der Markt- und Sozialforschung, welche die Forschungsergebnisse anonymisiert, erlaubt ist. Ebenso sollte die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten erlaubt sein wenn sie ausschließlich der Stichprobenbildung für Zwecke der Markt – und Sozialforschung dienen. Auch der Bundesrat setzt sich für die Belange der Markt- und Sozialforschung ein, indem eine stärkere Trennung zu anderen Tätigkeiten (Werbung, Adresshandel) angestrebt wird. Weitere Informationen siehe Pdf-Download. Kontakt: [email protected]