Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie Eine Einführung Dr. med. Karin Rau Klinik Sonnenhalde, Riehen www.seminare-ps.net Übersicht • • • • Einleitung Grundlagen des traumatischen Stresses Grundlagen der imaginativen Arbeit Drei- Phasen- Modell der Traumatherapie 1. Stabilisierungsphase 2. Traumakonfrontationsphase 3. Integrationsphase • Psychohygiene Einleitung: Allgemeine Überlegungen • PITT wurde von Dr. Luise Reddemann zur Behandlung komplex traumatisierter Patientinnen mit komplexen Traumafolgen entwickelt (wichtigste Indikation) • Grundlage: Psychoanalytische Konzepte, Prinzipien der psychodynamischen Psychotherapie • Beeinflusst von anderen Verfahren, deshalb auch integrativ Einleitung: Allgemeine Überlegungen • Heilung heisst in der Traumatherapie nicht „restitutio ad integrum“, jedoch Heilung mit Narben, die nicht mehr schmerzen • Die Bearbeitung traumatischer Erfahrungen ist kein Therapieziel! • Das Formulieren von konkreten und handlungsbezogenen Zielen bzw. Teilzielen kann hilfreich sein Grundlagen des traumatischen Stresses Zeichen von traumatischem Stress: (Beobachtung mit unseren 5 Sinnen) • • • • • Vegetative Übererregbarkeit Kontrollbedürfnis Vorsicht in der Kontaktaufnahme Übervorsicht bei Therapeut/Therapeutin Vermeidungssymptome Grundlagen des traumatischen Stresses Symptome der „Disorder of Extreme Stress, Not Otherwise Specified“ (APA 1996): 1. Gestörte Affektregulierung 2. Selbstdestruktives und suizidales Verhalten 3. Schwierigkeiten im Bereich der Hingabe fähigkeit Grundlagen des traumatischen Stresses 4. Störungen der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins, insbesondere dissoziatives Verhalten 5. Persönlichkeitsveränderungen 6. Veränderungen der Bedeutungssysteme Grundlagen des traumatischen Stresses Anatomische und physiologische Auswirkungen: • Verkleinerung des Hippocampus • Veränderungen der Neurotransmitter • Veränderungen auf der HypophysenNebennieren- Achse Grundlagen der imaginativen Arbeit • Alltagserfahrung: wir sind in der Lage, uns Dinge vorzustellen • Hirnforschung: Vorstellungen beeinflussen unser Gehirn fast genauso wie echte Erfahrungen • Jeder Mensch verfügt über Vorstellungskraft • Bildhaftes Denken ist sicherer als Imaginieren im traditionellen Sinn Drei- Phasen- Modell der Traumatherapie 1. Stabilisierungsphase 2. Traumakonfrontationsphase 3. Integrationsphase Stabilisierungsphase Grundsatz in der Behandlung: Die Teile der Behandlung, die sich auf Stabilisierung und Restabilisierung beziehen, nehmen in der Behandlung viel mehr Raum ein als diejenigen, bei denen es um Konfrontation geht. Stabilisierung sollte deshalb als Prinzip immer präsent sein. Stabilisierungsphase Gestaltung der therapeutischen Beziehung • Bedeutung der ersten Kontaktaufnahme • Bereits von Anfang an ressourcenorientiert arbeiten • Kompetenter Umgang mit Übertragung und Gegenübertragung Stabilisierungsphase Gestaltung der therapeutischen Beziehung • Die Arbeitsbeziehung bereits zu Beginn betonen • Das Kontrollbedürfnis traumatisierter Patientinnen berücksichtigen • Interventionen einsetzen, die traumatischen Stress reduzieren Stabilisierungsphase Ego- State- Therapie • Basiert auf Konzepten von Paul Federn (1952) und wurde von seinem Schüler Watkins weiterentwickelt • Ausgangspunkt: Das Ich besteht aus verschiedenen Ich- Zuständen, die oft wenig miteinander zu tun haben • PITT setzt Ego- State- Elemente insbesondere in der Arbeit mit dem inneren Kind und im Umgang mit malignen Introjekten und bösartigen inneren Objekten ein Stabilisierungsphase • Äussere Sicherheit • Psychoedukation über Trauma, Traumacoping und Traumafolgen • Kreativer Einsatz von Imaginationsübungen • Arbeit mit dem „inneren Kind“ • Arbeit mit Täterintrojekten Traumakonfrontationsphase Voraussetzungen: • Äussere Sicherheit • Beziehungssicherheit • Innere Stabilität und daraus resultierende Sicherheit • Arbeitsbündnis klären – informed consent • Traumabearbeitung so schonend wie möglich • Integrative Therapie von Traumafolgestörungen Traumakonfrontationsphase Kontraindikationen: • Täterkontakt • Psychose • Suizidalität • Schwere körperliche Erkrankungen • Instabile psychosoziale Situation • Mangelnde psychische Stabilität Traumakonfrontationsphase Das BASK- Modell: 1. Das Verhalten 2. Die Gefühle 3. Das Körpererleben 4. Die Gedanken B (ehavior) A (ffect) S (ensation) K (ognition) Traumakonfrontationsphase Beobachtertechnik Vorbereitende Schritte: • Für Begleitung und Entlastung nach der Traumakonfrontation sorgen • Die beobachtende Fähigkeit ist vorhanden • Der sichere Ort ist verfügbar, hilfreiche Wesen sind dort vorhanden • Belastendes Material muss in den Tresor gepackt werden können Traumakonfrontationsphase Beobachtertechnik Vorgehen: • Die traumatische Situation benennen, Anfang und Ende erarbeiten • Belastungsgrad der traumatischen Situation einschätzen • Negative Kognition das Trauma betreffend nennen • Positive Kognition erarbeiten Traumakonfrontationsphase Beobachtertechnik • Klären, ob andere jüngere oder ältere Ichs von der Szene betroffen sein könnten • „Body- check“: wo im Körper ist die Belastung zu spüren? • Alle erlebenden Teile, auch das erlebende Ich von heute, werden an den sicheren Ort gebracht • Der beobachtende Teil arbeitet mit dem relativ neutralen Ich von heute zusammen und berichtet ihm, was er beobachtet Traumakonfrontationsphase Beobachtertechnik • Die TherapeutIn achtet darauf, dass alle erlebenden Teile in Sicherheit bleiben • Klären, ob das traumatische Ereignis aus Sicht der Patientin zu Ende gebracht ist • Klären, was das traumatisierte Ich damals gebraucht hätte, was es bis heute immer noch braucht • Aktuellen Belastungsgrad einschätzen Traumakonfrontationsphase Beobachtertechnik • Auf Möglichkeit weiterer Verarbeitung in den nächsten Tagen hinweisen • Den Wahrheitsgehalt der positiven Kognition einschätzen • Erneuter Body- check • Zur Fürsorge für das erwachsene Ich von heute auffordern • Möglichkeit zum telefonischen Kontakt anbieten Traumakonfrontationsphase Bildschirmtechnik • Vorbereitung wie bei der Beobachtertechnik • Vorstellung eines imaginären Bildschirmes und einer Fernbedienung Imaginäre Handhabung der Fernbedienung einüben Die Geschichte wird wie ein Film angesehen und in der Gegenwart erzählt • • Traumakonfrontationsphase Bildschirmtechnik • Die Patientin berichtet darüber, als sähe sie die Geschichte einer anderen Person • Auch hier Anwendung des BASK- Modells • Zum Schluss im direkten Kontakt (nicht mehr auf dem Bildschirm) inneren Trost anregen • Besprechen, wie der Tag weitergeht unter Berücksichtigung der Schutzbedürftigkeit des jüngeren Ichs Traumakonfrontationsphase Bildschirmtechnik Einschränkungen in der Anwendung: • Kein weitgehend zugänglicher innerer Film vorhanden • Es sind nur Körpererinnerungen vorhanden • Es sind überwältigende Gefühle vorhanden Andere Anwendungsmöglichkeiten: • Selbstberuhigung bei Flash-backs • Erhebung der Lebensgeschichte Traumakonfrontationsphase Häufigkeit der Traumakonfrontation: • Bei Traumata, die sich gleichen, Bearbeitung des ersten, des schlimmsten und des letzten Trauma • Bei Traumatisierungen verschiedener Art kann mehr konfrontierende Arbeit notwendig sein • Nach jeder Sitzung ausreichend Zeit zur Restabilisierung lassen Integrationsphase • Ein Stück Trauern und Integration kann von Beginn der Behandlung stattfinden • Eine lange Phase des Trauerns, der Integration und des Neubeginns kommt in der Regel erst nach dem Durcharbeiten traumatischer Erfahrungen • Wichtige Themen sind Konfliktbewältigung, Trauerarbeit, Selbstwert und Selbstakzeptanz Integrationsphase • Patientin einladen, Visionen zu entwickeln • Klären, was sie daran hindert, diese Vision zu leben • Die Patientin an ihre „Schätze“ erinnern und sie ermutigen, diese zur Alltagsbewältigung einzusetzen • Der Patientin helfen, Wut, Zorn und andere so genannte negative Gefühle konstruktiv zu nutzen • Die Patientin einladen, ihren Körper und seine Bedürfnisse immer genauer wahrzunehmen Integrationsphase • Konkrete Situationen und Verhaltensmöglichkeiten besprechen • Das Wahrnehmen von Freude unterstützen • Darauf achten, ob die Klärung von Sinnfragen und spirituelle Begleitung wichtig sind • Psychotherapie sollte zur Versöhnung mit sich selbst beitragen, jedoch niemanden zwingen, sich mit anderen zu versöhnen Psychohygiene • Visionen für das eigene persönliche und berufliche Leben erlauben • Das Konzept des inneren Beobachters verwenden und sich daran erinnern, dass Mitgefühl etwas anderes ist als Mitleid • Wenn wir uns ängstlich, unsicher oder verstimmt fühlen, überprüfen, ob dies mit unserem inneren Kind zusammenhängt und damit arbeiten Psychohygiene • Achtsamkeit üben • An eigenen Konflikten mit Hilfe des Ego- StateKonzeptes und der Imagination des inneren Teams arbeiten • Ein Freudetagebuch führen • Zum eigenen Körper freundlich sein • Für ausreichend Bewegung sorgen • Viel in die Natur gehen Psychohygiene • Sich mit schönen Dingen umgeben • Viel Musik hören • Dinge akzeptieren, die wir nicht ändern können, Dinge verändern, die wir verändern wollen und können • Mit Menschen zusammen sein, die uns inspirieren • Belastungen, die sich durch Beschäftigung mit Informationsmedien ergeben, begrenzen The End