Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer Soziale Frage – soziale Probleme – soziale Bewegung Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer I. Die Entstehung der Soziologie als „Krisen- und Reformwissenschaft“ a) Europa: Soziale Frage und soziale Bewegung b) Soziologie zwischen „Krisenwissenschaft“ und „reiner Theorie“ c) USA : Soziale Probleme und Sozialarbeit II. Soziologische Perspektiven auf „soziale Probleme“ a) Soziale Probleme als Pathologie b) Soziale Probleme als Desorganisation und Anomie c) Soziale Probleme als soziale Konstruktion Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer III. Was sind soziale Probleme ? a) b) c) Soziale Strukturen und soziale Probleme Die Herstellung sozialer Probleme Soziale Probleme und Politik IV. Fragestellungen einer Soziologie sozialer Probleme a) b) Thematisierung und Ätiologie sozialer Probleme Gesellschaftlicher Kontext und Claim-Making-Activities Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer V. Von der Sünde zum Risiko – Perspektiven und Diskurse über Kriminalität a) Bilder abweichenden Verhaltens und gesellschaftliche Reaktionen b) Sünde – Kriminalität – Krankheit – Deprivation – Risiko c) Kriminalitätsdiskurse und gesellschaftliche Entwicklung Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer I. Die Entstehung der Soziologie als „Krisen- und Reformwissenschaft“ a) Europa: Soziale Frage und soziale Bewegung • • • • b) Die Erfindung des Socialen Von der politischen zur socialen Reform Die Eigendynamik des Socialen als sociale Frage Soziologie, Sozialismus und Sociale Politik Soziologie zwischen Reformwissenschaft und „reiner Theorie“ Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer Die Entstehung der Soziologie als „Krisen- und Reformwissenschaft“ I. c) USA : Soziale Probleme und Sozialarbeit • • Chicago und die Entstehung der Soziologie Soziologischer Aktivismus – Pragmatismus und Individualismus Sozialer Probleme zwischen Gesellschaftstheorie und angewandter Soziologie Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer II. Soziologische Perspektiven auf „soziale Probleme“ a) Soziale Probleme als Pathologie • • • b) Soziologie als soziale Physik Eugenik und gesellschaftliche Evolution Soziale und individuelle Pathologie Soziale Probleme als Desorganisation und Anomie • • Gesellschaft als Wertegemeinschaft Gesellschaft als Funktionssystem Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer „Der erste und grundlegende Bestandteil eines sozialen Problems besteht in einer wesentlichen Diskrepanz zwischen sozial akzeptierten Standards und tatsächlich vorherrschenden Bedingungen.“ „Social disorganization refers to inadequacies or failures in a social system of interrelated statuses and roles, such that the collective purposes and individual objectives of its members are less fully realized than they could be in an alternative workable system. … When we say that a particular group or organization or community is disorganized in some degree, we mean that the structure of statuses and roles is not as effectively organized as it, than and there, might be. This type of statement, then, amounts to a technical judgement about the working of a social system. And each case requires the sociological judge to supply competent evidence that the actual organization of social life can, under attainable conditions, be technically improved. (Merton, Robert K., 1971: Social Problems and Sociological Theory. S. 793-845 in: Merton, R.K./Nisbet, R. (Hrsg.), Contemporary Social Problems. 3. Auflage, zuerst 1961. New York: S. 799, S. 820) Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer II. Soziologische Perspektiven auf „soziale Probleme“ c) Soziale Probleme als soziale Konstruktion • • Soziale Probleme als Interpretation Soziale Probleme als Konstruktion Soziale Probleme zwischen soziologischer Analyse und alltagsweltlicher Konstruktion Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer „Als soziale Probleme bezeichnen wir die Aktivitäten von Gruppen, die – ausgehend von unterstellten Gegebenheiten – Unzufriedenheit artikulieren und Ansprüche geltend machen.“ (Spector, Malcolm; Kitsuse, John I., 1973: Social Problems: A ReFormulation. Social Problems, Vol. 21, S. 145-159, S. 146. [deutsch 1982: Die „Naturgeschichte“ sozialer Probleme: Eine Neufassung. S. 23-31 in: Stallberg, F.W./Springer, W. (Hrsg), Soziale Probleme. Grundlegende Beiträge zu ihrer Theorie und Analyse. Neuwied]. „Ein soziales Problem ist .. alles, was von kollektiven Akteuren, der Öffentlichkeit oder dem Wohlfahrtsstaat als solches angesehen und bezeichnet wird.“ (Schetsche, Michael, 1996: Die Karriere sozialer Probleme. Soziologische Einführung. München, S. 2) Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer III. Was sind soziale Probleme ? a) Soziale Strukturen und soziale Probleme • Soziale Strukturen – kulturelle Strukturen • Mobilisierung und Betroffenheiten b) Die Herstellung sozialer Probleme • Kollektive Akteure und Claims-Making-Activities • Ressourcen-Mobilisierung • Framing und Mobilisierungsstrategien Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer III. Was sind soziale Probleme ? c) Soziale Probleme und Politik • • • Politische Gelegenheiten Selektivität politischer Issue-Bildung Symbolische Politik Dimensionen und Perspektiven der Entwicklung sozialer Probleme Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer Gesellschaftliche Entwicklungsdimension en soziale Differenzierung Rationalisierung Individualisierung Disziplinierung Wertideen moderner Gesellschaften Gleichwertigkeit Freiheit, Individualität, Autonomie Gerechtigkeit Aktivismus, Gestaltbarkeit Sicherheit Konstituierung kollektiver Akteure Staatliche Organisationen soziale Bewegungen Interessenverbände „Moralische Unternehmer“ problematische gesellschaftliche Bedingungen soziale Ungleichheit, strukturelle Desorganisation Normerosion, Regulation Bindungslosigkeit, Entfremdung Orientierungsverlust Herrschaft, Kontrolle Einflussfaktoren Gruppenideologie Machtressourcen Orientierungen an Aktivismus Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer Konstruktion und Artikulation sozialer Probleme Mobilisierung Einflussnahme Ergebnis Erfolg oder Misserfolg bei der Erzeugung oder Verhinderung sozialer oder kultureller Veränderungen Einflußfaktoren Ausmaß der Aktivitäten Organisierungsgrad Ressourcen Einflussfaktoren Akteurskonstellation - Interessenkollisionen - Organisation - Ressourcen Ausmaß der angestrebten Veränderungen Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Gesellschaftliche Rahmenbedingungen Ursachen der Entstehung sozialer Bewegungen Bedingungen und Ursachen der Mobilisierung Structural Strain, Anomie, Collective Behavior Ressourcen Mobilization Aktionen, Strategien, Vermittlung, Kontrolle sozialer Wandel, gesellschaftliche und politische Entwicklung Rational Choice Political Opportunity Structure Bewegungsdynamik, Organisation, Mobilisierungsstrategien Zielentwicklung, Integration Axel Groenemeyer Strukturfunktionalismus Symbolischer Interaktionismus Collective Identity Framing Political Opportunity Structure Konstruktivismus Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer IV. Fragestellungen einer Soziologie sozialer Probleme a) Mainstream-Soziologie • Welche Verbreitung hat ein soziales Problem in der Gesellschaft und wie hat es sich über die Zeit entwickelt? Welche Gruppen sind hiervon besonders betroffen? Worin unterscheiden sich diejenigen, die von den sozialen Problemen betroffen sind von denjenigen, die nicht betroffen sind? Warum hat es diese Entwicklung gegeben und wodurch wurde und wird sie beeinflusst? Welches sind die Ursachen für die Betroffenheit von sozialen Problemen? Wie entwickeln sich individuelle Betroffenheiten von sozialen Problemen über die Zeit? Wie werden diese von den beteiligten Akteuren erlebt und interpretiert? Wie und mit welchen Konsequenzen wird auf sie reagiert? Welche Rolle spielen politische Interventionen und Maßnahmen sozialer Kontrolle für die Betroffenheit und für die Entwicklung des sozialen Problems? • • • • • • Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer b) Konstruktivistische Soziologie • Wie und warum sind bestimmte soziale Phänomene zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort als problematisch und veränderungsbedürftig konstruiert worden? Wie und warum waren bestimmte Akteure an diesem Prozess der Problematisierung beteiligt? Wie und warum wurden soziale Probleme gerade in dieser Form und nicht in einer anderen problematisiert? Wie und warum fanden diese Charakterisierungen des sozialen Problems allgemeine Verbreitung und Anerkennung oder Akzeptanz? Wie und warum sind mit diesen Charakterisierungen des sozialen Problems bestimmte Politiken verbunden? Welche Folgen hat die Formulierung und Institutionalisierung von Politiken für die Konstitution des sozialen Problems? • • • • • Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer V. a) Von der Sünde zum Risiko – Perspektiven und Diskurse über Kriminalität a) Bilder abweichenden Verhaltens und gesellschaftliche Reaktionen Sünde – Kriminalität – Krankheit – Deprivation – Risiko Sünde, moralisches Vergehen Läuterung /Buße Opfer / Vergeltung Kriminalität Sozialisationsdefizit Bestrafung Sozialarbeit Krankheit Armut / Deprivation Behandlung Sozialpolitik Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer Sünde, moralisches Vergehen Kriminalität Fehlsozialisation Armut / Deprivation nicht-schuldig bzw. bedingt verantwortlich individuell verantwortlich / schuldig moralische Solidarität, Empathie moralische Verurteilung, Verdammung Feind, Monstrum Krankheit Fremde “Sympathy for the devil” Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer Typen abweichenden Verhaltens und Politik sozialer Probleme Repräsentation von Devianz soziale Kontrolle Sünde, moralisches Vergehen Kriminalität Krankheit, Deprivation Risiko, Gefährlichkeit Rache / Vergeltung Disziplinierung und Vergeltung Disziplinierung und Inklusion Risikomanagement und Exklusion expressive Wiederherstellun g der moralischen Ordnung und der politischen Autorität Wiederherstellun g des Gesellschafts vertrages, Äquivalenzprinzi p, Nutzenprinzip individuelle Rehabilitation, Resozialisierung, Behandlung, Sozialpolitik, soziale Prävention Normalisierung, „incapacitation“, automatisierte Überwachung, situative Prävention Universität Bielefeld Einführung in die Soziologie Axel Groenemeyer Repräsentation von Devianz Sünde, moralisches Vergehen freie, rationale Entscheidung Krankheit, Deprivation Risiko, Gefährlichkeit soziale Kontrolle Rache/Vergeltung Disziplinierung und Vergeltung Disziplinierung und Inklusion Risikomanagement und Exklusion Gesellschaft Stände Klassen Schichten Risikogesellschaft Staat/Politik Absolutismus Liberalismus Wohlfahrtsstaat, Interventionsstaat Regulationsstaat soziale Ordnung kulturell-religiöse und politische Integration sozialpolitische und Marktintegration Marktintegration und kulturellsolidarische Integration liberal sozialdemokratisch neo-liberal ? neo-konservativ ? post-modern ? Klassizismus, rational choice, Positivismus, biologisch/ psychologisch, Anomie, Subkulturtheorie situative Ansätze, Routineaktivitäten, Karrierekriminelle, biologische Ansätze Selbstkontrolle politischer Diskurs wissenschaftliche Diskurse konservativ Religion, Werteverfall Marktintegration