Vortrag Frank Rehmet Bürgerbegehren

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Bürgerbegehren und Bürgerentscheide
- Überblick über Regelungen und Praxis
Gliederung
1.
2.
3.
Grundlagen des Verfahrens und Überblick
Daten zur kommunalen Praxis
Die besondere Beteiligungsqualität von
Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden
Frank Rehmet, Mehr Demokratie e.V., www.mehr-demokratie.de
DGB-Seminar „Beteiligungsmöglichkeiten lokal“, HH-Sasel, 24./25.11.2006
1.
Grundlagen des Verfahrens
• Bürgerbegehren seit Beginn der 90er Jahre in allen
Bundesländern und Stadtstaaten eingeführt
• Drei Typen: Initiativbegehren, Korrekturbegehren (gegen
einen Ratsbeschluss) und „Ratsplebiszit“
• Hohe Akzeptanz der Ergebnisse und hohe Legitimation
Verfahren ist charakterisiert durch:
• Sachabstimmung an der Urne
• Entscheidungscharakter (Verbindlichkeit) des
Verfahrens
• Jederzeit „von unten“ durch Unterschriftensammlung
initiierbar
Das Verfahren im Überblick
(Landesebene, Beispiel Stadt Hamburg)
Antrag auf Volksbegehren
(20.000 Unterschriften, freie Sammlung)
Volksbegehren
(5 % = 61.000, 3 Wochen, Amtseintragung)
Beschluss Bürgerschaft
Zulässigkeit, Termin, Stellungnahme
Kein Volksentscheid
Volksentscheid
20 % Zustimmungsquorum (Gesetze)
50 % Zustimmungsquorum (Verf.)
Das Verfahren im Überblick - Problematik
Zustimmungsquorum
Hamburg/Schleswig-Holstein:
Zustimmungsquorum bei einfachen Gesetzen:
20 % (Hamburg), 25 % (Schleswig-Holstein)
HH: 1,2 Mio. Stimmberechtigte
Erforderliche Zahl an Ja-Stimmen: 240.000
Zustimmungsquorum bei Verfassungsänderungen:
50 % plus 2/3-Mehrheit der Abstimmenden
HH: 2/3-Mehrheit der Abstimmenden erforderlich, zusätzlich
erforderliche Zahl an Ja-Stimmen: 600.000
in der Praxis nahezu unüberwindbar, lädt zu Boykott ein!
In anderen Staaten mit vielen Abstimmungen (Schweiz,
Bundesstaaten der USA: Zustimmungsquoren unbekannt!
Das Verfahren (II) - Ablauf Kommunalebene
ThemenBürgerbegehren
ausschluss (2-3 % HH, 10 % S.-H., ggf. Frist)
Beschluss GV
Ratsplebiszit
oft 2/3 GV
nicht in HH
Zulässigkeit, Termin
Stellungnahme
Bürgerentscheid
Kein Bürgerentscheid
Zustimmungsquorum 20 % (S-H)
Kein Quorum (Hamburg)
Das Verfahren im Überblick - Restriktionen
Verfahrensrestriktionen, die eine rege Praxis verhindern
Themenausschluss
Hamburg: nahezu kein Themenausschluss
Schleswig-Holstein: Bauleitplanung verboten!
Andere Bundesländer: Z.T. noch mehr verboten!
Hürde
Begehren
Hamburg: 2-3 %
Schleswig-Holstein: 10 % (sehr hoch)
Andere Bundesländer: nur wenige noch höher
Hürde
Entscheid
Hamburg: kein Zustimmungsquorum
Schleswig-Holstein: 20 % (zu hoch)
Andere Bundesländer: einige noch höher
2.
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•
•
•
•
Daten zur kommunalen Praxis (Übersicht)
a) Gesamtzahl
b) Häufigkeit von Bürgerbegehren
c) Themen
d) Beispiele von Bürgerbegehren
e) Erfolge und Abstimmungsbeteiligung
2. Daten zur Praxis - a) Gesamtzahl
(Stand: Ende 2005)
Deutschland
• Gemeinden: 3.500 Bürgerbegehren, 1.700 Bürgerentscheide
• Bundesländer: 172 Anträge, 52 Volksbegehren
13 Volksentscheide
Hamburg
• Bezirke: 53 Bürgerbegehren, 6 Bürgerentscheide
• Stadt: 19 Anträge auf Volksbegehren, davon 7 Volksbegehren und
4 Volksentscheide (2 x Direkte Demokratie, Krankenhaus, Wahlrecht)
Schleswig-Holstein
• 240 Bürgerbegehren, 125 Bürgerentscheide (Schätzung)
• Land: 11 Anträge auf Volksbegehren, davon 3 Volksbegehren
und 2 Volksentscheide (Buß- und Bettag, Rechtschreibung)
2. Praxis - b) Häufigkeit
• Die Häufigkeit von Bürgerbegehren hängt von der
Regelung und Gemeindestruktur eines Bundeslandes
ab:
• In Bayern, Hamburg, Bremen, Hessen und NRW
rege Praxis (Bayern: ca. 1.800 Begehren in 10
Jahren)
(In Bayern und Hamburg entschied das Volk selbst über
die Regelung per landesweitem Volksentscheid!)
• In anderen Ländern kaum Praxis (z. B. Thüringen)
aufgrund von Themenausschluss und Quoren
• Schleswig-Holstein liegt im Mittelfeld, von einer regen
Praxis kann aber keine Rede sein (16 Begehren pro
Jahr im ganzen Land)
2. Praxis - c) Themenstruktur
Themenstruktur von Bürgerbegehren (am
Beispiel Schleswig-Holsteins)
• Öffentliche Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen
(Schulen, Rathäuser, Stadtwerke,...):
48 %
• Verkehrsprojekte (Straßen,...):
22 %
• Wirtschaftsprojekte (Einkaufszentren,...)
9%
• Entsorgung (Abfall,...)
6 % Themen• Wohngebietsprojekte (Neubaugebiete,...)
3 % ausschluss
• Sonstige (Baumschutzsatzung,...)
12 %
2. Praxis - d) Beispiele
Hamburg
• HH-Harburg: gegen die Bebauung der Elfenwiese (Marmstorfer Neubaugebiet)
• HH-Wandsbek: Für Erhalt der Bücherhalle Sasel / gegen Zusammenlegung mit
Bücherhalle Poppenbüttel (Begehren erfolgreich ohne Bürgerentscheid =
Bezirksvertretung lenkte ein, 9.000 Unterschriften wurden gesammelt)
• HH-Altona: gegen die Schließung des Bismarckbades
• HH- Bergedorf: Statt einer Rathauserweiterung eine zentrale Außenstelle der
Behörden am Bergedorfer ZOB (Ergebnis unbekannt)
Schleswig-Holstein
• Bad Segeberg: Erhalt des Stadtbusses (Ergebnis: Kompromiss)
• Ratzeburg: Gegen Umbau des Marktplatzes (Ergebnis: Gescheitert, da zu
wenig Unterschriften, nur 9 statt 10 %)
• Travenbrück: Wasserversorgung (zentral/dezentral, Bürgerentscheid im Sinne
des Begehrens - für dezentrale Wasserversorgung)
Datenbank von Mehr Demokratie und Uni Marburg:
www.forschungsstelle-direkte-demokratie.de
2. Praxis - e) Erfolge
Indirekte Erfolge
• Direkte Erfolgsquote (HH & S.-H.):
nicht unterschätzen!
ca. 33 % (andere Länder 40 %)
• Erfolgsquote im Bürgerentscheid: ca. 50 %
• Erfolge in HH durch spezielle Bedingungen (Senat kann
Entscheidungen an sich ziehen) deutlich erschwert!
• Abstimmungsbeteiligung beträgt durchschnittlich ca.
40-50 %, sinkt mit zunehmender Gemeindegröße
• Neue Akteure (Bürgerinitiativen) betreten die Bühne,
dabei fungieren Bürgerinitiativen oft als Initiatoren,
Verbände und Parteien als Unterstützer
3. Die besondere Beteiligungsqualität
von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden (I)
• Bürgerbegehren erhöhen die Partizipation erheblich
• Bürgerentscheid haben eine sehr hohe Akzeptanz
• Durch Bürgerbegehren werden neue Themen und
Alternativen zu bestehenden Planungen ernsthaft
diskutiert. Die Bürger können mehr als bei anderen
Verfahren die politische Tagesordnung gestalten.
• Bürgerbegehren bewirken intensivere Diskussionen als
andere Verfahren
- zwischen Personen
- in den Medien (Berichterstattung, Leserbriefe,...)
- zwischen und innerhalb der Parteien/Verbände
3. Die besondere Beteiligungsqualität (II)
• Kurzfristig kommt es zu Konfrontationen, mittel- und
langfristig werden oft Kooperationen beobachtet (z.B.
Foren, Runde Tische nach einem Bürgerentscheid)
• Direkte Demokratie setzt die gewählten Volksvertreter
auch zwischen den Wahlen verstärkt unter
Begründungs- und Rechtfertigungsdruck und verbessert
damit die Machtkontrolle durch die Bürger.
• Ferner kommt es auf vielen Seiten zu Lerneffekten.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Wichtige Links:
• www.mehr.demokratie.de
(mit Bürgerentscheidsberatung)
• www.forschungsstelle-direkte-demokratie.de
• www.buergerbegehren.de
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