Ingo Rechenberg PowerPoint-Folien zur 6. Vorlesung „Bionik I“ Bionik auf dem mathematischen Prüfstand Optimallösungen als Ergebnis der Evolution Optimiert die biologische Evolution wirklich? Der kubisch paraboloide Baumstamm P Solarbetriebener CO2-Sammler Wind 2r Mast Höchster Baum in Deutschland: Douglasie 63,33m im Freiburger Stadtwald y Das Problem technisch dargestellt Höchster Baum in der Welt: Mammutbaum115,5m im Redwood Nationalpark in Kalifornien Form eines Kiefernstamms aus dem Tegeler Forst Nur Formvergleich möglich, da genaue Belastungsdaten fehlen. 15 10 Höhe / m 20 Materialminimierung: Theorie „Träger gleicher Festigkeit“ Kubische Parabel r ( y) 3 4 P y /( zul ) r ( y) k 3 y 5 0 0 Radius / cm 5 10 Das Dritte-Wurzel-Gesetz der Blutgefäße Arteriole Kleine Vene Das Blutgefäßsystem als hydraulisches Fördernetz Arterienzweig Kapillare Gewebe Vene Erfindung des Herz-Lungen-System in der Evolution Vermessung des Blutgefäßsystems eines 13 kg schweren Hundes Gefäßart Durchmesser D [mm] Anzahl Aorta Große Arterien 10 3 1 40 Arterienäste 1 600 Arterienzweige 0,6 1800 Arteriolen 0,02 40 000 000 Kapillaren 0,008 1 200 000 000 Aorta 10 D Große Arterien mm Arterienäste Arterienzweige 1 Genauigkeit ! 0.1 Di D0 3 1 / z + - 5% Arteriolen 0.01 Kapillaren 0 10 3 10 6 10 z 9 10 Gesetz der Verzweigung von Blutgefäßen Zwei Entwürfe für eine Rohrverzweigung a b Herzpumpe Gleicher Startdurchmesser Energiebilanz Gehirnzellen (20 %) Beinmuskeln Armmuskeln Mensch 10 000 kJ Herzantrieb 3 000 000 Blutkörperchen/s Blutneubildung a b Pumpleistung Herz [kJ] groß klein Neubildung Blut [kJ] klein groß Qualitätsfunktion: Energieverbrauch Energieverbrauch F Zeit Zeit Herzpumpe Blutneubil dung p Gesetz von Hagen-Poiseuille D p Q 128 l Q D4 Mengenstrom / m3/s Rohrquerschnitt FHerzpumpe Kraft Strömungspropfen Geschwindi gkeitStrömungspropfen p A v p Q FBlutneubil dung Rohrvolumen k VRohr k : N3m ms Blutbildungsarbeit Kubikmeter · Sekunde Fges n n p Q kV i i 0 i i i 1 D0 Fges F n Di n p Q kV i i i i 0 F p0Q0 i 0 n p Q i i kV0 i1 n kV i i 1 Minimierungsproblem: 128 l0Q0 F Q0 4 D0 n i 1 128 liQi Di4 n 2 2 Qi kl0 D0 k li Di Min i 1 128 l0Q0 F Q0 4 D0 n i 1 128 liQi Di4 n 2 2 Qi kl0 D0 k li Di Min i 1 Wir bilden nach den Regeln der Extremwertfindung einer Funktion: F 0 D0 F 0 Di i 1, 2, n Die Gleichungen lassen sich elementar nach D0 und Di auflösen D06 1024 Q02 k 2 Di6 1024 Qi2 k 2 Di / D0 3 Qi /Q0 i 1, 2, n Di / D0 3 Qi / Q0 Für vorgegebene Anfangswerte D0 und Q0 hängt der optimale Durchmesser Di eines jeden Rohrzweiges nur von seiner eigenen Durchflussmenge ab! Beispiel: D0 0 Q0 Q1 Q0 z D1 / D0 3 1 / z Aorta 10 D Große Arterien mm Arterienäste Arterienzweige 1 0.1 Di D0 3 1 / z + - 5% Arteriolen 0.01 Kapillaren 0 10 3 10 6 10 z 9 10 Bedingung für die Lösung: Es existieren z Blutgefäße gleichen Durchmessers, durch die der gesamte Blutstrom hindurchfließt. Hund arterielles System Mensch arterielles System Mensch venöses System 10 D mm 1 0.1 Di D0 3 1 / z 0.01 0 10 3 10 6 10 z 9 10 Optimale Blutgefäßverzweigung Hund - Mensch - Theorie Hydraulik des Hämatokrits Hämatokrit H = Blutzellenvolumen Gesamtvolumen v Zwei Lösungen für eine hydraulische Förderung von Blutkörperchen a v Ist die Lösung a besser als b oder ist b besser als a ? b HMann = 42 – 50% HFrau = 37 – 45% Hoptimal = 43,3% HSchaf = 32% (eine mathematische Lösung) Zeit Künstliche H-Werte HSchwein = 41% Zur Messung des Blutzellen-Volumenstroms HMann = 42 – 50% HFrau = 37 – 45% Blutzellenstrom 1,5 1,0 ? Optimaler Schwein 0,5 0 Blutzellenstrom HEvolution = 41% 1,0 Hämatokrit H 0 10 20 30 40 50 60 % Schaf HEvolution = 32% 0,5 Blutkörperchenstrom Die über 35 Jahre alten Messungen wurden noch nicht verifiziert. - Deshalb Vorsicht! 0 Hämatokrit H 0 10 20 30 40 50 60 % Geometrie der Bienenwaben Dumme Gärtner Schlaue Gärtner b b Eingesparte Strecke Hinzugefügte Strecke g 2 g 2 v max v g ( 2 g 2 v) f ( ) v Vom Angrenzungsproblem in 2 Dimensionen zum Angrenzungsproblem in 3 Dimensionen für opt 120 2g 2v b 0,134 Das Angrenzungsproblem in 3 Dimensionen Am Boden der sechseckigen Zellen der Bienenwabe sieht man die versetzt angeordneten Zellwände der Gegenseite durchscheinen. Gartenzaun Bienenwabe Das Angrenzungsproblem 9 Kanten ! 14 Kanten ! Bienenwabe Zelle von Fejes Tóth Gewinn = 0,035% gegenüber der Lösung der Evolution László Fejes Tóth (1915 – 2005) Nach Thomas Speck: Umformung der zunächst runden (noch etwas flüssigen) Waben nach dem Prinzip der Seifenblasen. Und so könnte es auch mit den Böden geschehen. Über Größe und Leistung ? Shakespeare stellt Richard den Dritten als zu kurz geraten und von klumpiger Missgestalt hin. Hatte König Richard dadurch, dass er klein war, beim Kampf in voller Ritterrüstung Vorteile ? Vorteil der Kleinheit: Die an die Körperoberfläche angepasste Ritterrüstung ist leichter ? Vorteil der Größe: Das Gewicht der an die Körperoberfläche angepassten Ritterrüstung wächst proportional zum Quadrat der Größe, die Muskelkraft aber proportional zur dritten Potenz (Volumen) der Größe des Ritters ? Die Rüstung Richard des Dritten Gleiche Vor- und Nachteile: Das Gewicht der an die Körperoberfläche angepassten Ritterrüstung wächst proportional zur Oberfläche, die Muskelkraft wächst auch nur proportional zu seiner Querschnittsfläche und nicht zum Volumen ? Der große Ritter stirbt an einem Hitzschlag ! Eine Science-Fiction-Geschichte Gliese 581g Planet der metallenen Halslinge Gliese 581 (in Sternbild Waage) Text Osmium Magnesium Evolution auf dem extrasolaren Planeten 2212 Erdlinge Vermessung der extraterrestrischen Halslinge Riesen-Halsling Halslänge = 60,0 m Halsgewicht = 4522000 kg Kopfgewicht = 20340000 kg Halslänge = 12,0 m Halsgewicht = 16180 kg Kopfgewicht = 162700 kg Halslänge = 5,0 m Halsgewicht = 755,3 kg Kopfgewicht = 11770 kg Halslänge = 1,0 m Halsgewicht = 2,702 kg Kopfgewicht = 94,17 kg Halslänge = 0,30 m Halsgewicht = 0,040 kg Kopfgewicht = 2,542 kg plump Großer Halsling Gemeiner Halsling Kleiner Halsling grazil Zwerg-Halsling Der Kopfdurchmesser ist proportional zur Halslänge ! 10 7 Riesen-Halsling Halsgewicht kg 10 4 10 2 Großer Halsling Anstieg = 7/6 Allometriegesetz der extraterrestrischen Halslinge Gemeiner Halsling Es gilt ein 7/6-Potenzgesetz 10 0 -2 10 100 Kleiner Halsling Zwerg-Halsling 10 2 8 104 106 kg 10 Kopfgewicht ! 10 4 Skelettgewicht S kg 10 Elefant 2 Mensch Hund Allometriegesetz der terrestrischen Wirbeltiere Anstieg = 7/6 10 0 Es gilt ein 7/6-Potenzgesetz Kaninchen Katze Ratte -2 10 S L7/6 Maus -2 10 100 ! 102 kg 104 Lastgewicht L Katze grazil Elefant plump Skelett von Katze und Elefant auf die gleiche Größe gebracht 10 7 60 m Trägergewicht G kg 12 m 10 4 10 2 10 5m Theorie für minimales Trägergewicht bei gleicher relativer Durchbiegung (Steifigkeit) 1m 0 100 rKugel lBalken Anstieg = 7/6 G L7/6 0,3 m -2 10 Das technische Problem: Links eingespannter Balken mit Kugelgewicht 10 2 104 8 106 kg 10 Kugellast L Auf dem Planeten Gliese 581g existieren auch die Hüpflinge Riesenhüpfling Gemeiner Hüpfling Zwerghüpfling Osmium r P Magnesium Euler Knickung l Optimale Auslegung der Hüpflingsarten auf dem extrasolaren Planeten d r l l variabel Hüpfling 3Ed4 Aus PEuler 64 l2 & PEuler PKopf g Kopf VKopf Kritische Last Es kommen die Gleichungen hinzu: VBein 8 3 4 2/ 3 g Kopf 4 E VKopf 1/ 2 4 3 r 3 7/6 VKopf VKopf VBein 3 E d 4 64 l 2 g Kopf 2 d l 4 VBein VKopf r l 7/ 6 Bemessungsoptimierung Was ist Beltistometrie ? Isometrie ( gleich) Mit gleichem Maß Allometrie ( anders) Mit anderem Maß Beltistometrie Mit bestem Maß ( bester) Beltistometrie (mit bestem Maß) Definition: Die Eigenschaft eines Objekts (Leistung, Stoffumsatz, Geschwindigkeit, Materialstärke usw.), die optimiert wurde, wird über der Größe des Objekts aufgetragen. Ist der Zusammenhang nicht trivial (z. B. isometrisch bzw. proportional), wird die sich ergebende Gesetzmäßigkeit Beltistometrie genannt. Oder: Ein beltistometrisches Diagramm zeigt (quantitativ) die optimierte Eigenschaft eines Konstrukts, wenn dieses seine Größe ändert. 10 3 10 Elen-Antilope Wasserbock Weißschwanzgnu 2 Von der Zwergmaus zur Elenantilope Löwenjunges 10 1 10 0 Suniböckchen Gazelle Springhase Antilope Rattenkänguruh Ginsterkatze Zebramungo Allometrie Beltistometrie Zwergmungo Eichhörnchen 10 Denn alle Motoren sind das Ergebnis der Entwicklungsarbeit von Ingenieuren Anstieg = 4/5 -1 Zwergmaus 10 10 -2 10 -3 10 -2 -1 10 10 0 1 2 10 10 Körpergewicht kg 10 Das Gewicht ist ein Maß für die Größe Vom Modellflugmotor zum Schiffsdiesel 3 Sulzer RD-90 Cooper Bessemer V-250 4 Daimler-Benz 609 l/s Luftdurchsatz Sauerstoffverbrauch ml/s 10 Nordberg Allison V-1710 3 Chrysler 340 10 2 10 1 10 0 Continental C115 Honda 450 Lycoming GO-290A Anstieg = 4/5 McCulloch M2-10 Enya 60-4C Webra Speedy 10 -1 10 0 1 10 10 2 3 4 10 10 Motorgewicht kg 10 5 MAN-Schiffsdiesel mit 22 000 kW Leistung Modellflugdiesel mit 0,31 kW Leistung Vergleich von Leistung und Gewicht: Großdiesel für Kreuzfahrtschiff: Gewicht: 250 Tonnen Leistung: 22 000 kW Kleinstdiesel für Flugmodell: Gewicht: 237,5 g Leistung: 0,99 kW 1000 000 Modellflugdiesel wiegen so viel wie ein Schiffsdiesel. Sie leisten zusammen 1000 000 kW. Das ist 45-mal mehr als der Großdiesel ! Blattschneiderameise Eine Weberameise kann das 40-fache ihres Eigengewichts tragen. Ein Mensch mit 80 kg Körpergewicht müsste dann 3,2 Tonnen schultern. Weberameise Aber: Der beltistometrische Zusammenhang sieht anders aus! Emil Rechsteiner Eine 6 mm große Schaumzikade kann 70 cm hochschnellen. Ein 1,80 m großer Mensch sollte dann 210 m hoch springen können. Schaumzikade Die Schaumzikade hält den Weltrekord im Insekten-Hochsprung. Sie beschleunigt beim Absprung mit 400 g. Aber: Der beltistometrische Zusammenhang sieht anders aus! Aus dem Guinness Buch der Tierrekorde: Die schnellste Spinne der Welt Die Hausspinne (Tegenaria atrica) erreichte bei einer Reihe von Experimenten, die 1970 in Großbritannien durchgeführt wurden, über kurze Distanzen eine Geschwindigkeit von 1,9 km/h (0.53 m/s). Dies ist außerordentlich schnell, wenn man bedenkt, dass die Spinne in nur 10 Sekunden eine Strecke zurücklegte, die dem 330fachen ihrer Körperlänge entsprach. Dann müsste ein 2 Meter großer Mensch in 10 Sekunden … Ende www.bionik.tu-berlin.de Gliese 581 g ist ein Exoplanet, der den roten Zwerg Gliese 581 umkreist. Der Planet liegt im Sternbild Waage, etwa 20,4 Lichtjahre (etwa 193 Billionen Kilometer) entfernt von der Erde. Gliese 581 g besitzt etwa einen 1,2- bis 1,4-fachen Erddurchmesser und die 3- bis 4-fache Erdmasse, seine Umlaufzeit beträgt etwa 36,6 Tage. Gliese 581 g besteht möglicherweise aus Stein und hat genug Masse, um eine Atmosphäre zu halten. Er liegt in der habitalen Zone, verfügt also potentiell über flüssiges Wasser. Die Durchschnittstemperatur wird auf etwa −30 bis −12 °C geschätzt.