SSB – Folie 1 Das Reizleitungs-System des Herzens Dr. med. Michael Feusier Überarbeitung Dr. med. Christian Trachsel © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 2 Lernziele Der Teilnehmer: ►…kann die Anatomie des Herz-Reizleitungssystems beschreiben ►…kann das Prinzip des Membranpotenzials darstellen ►…kann 4 notfallmässige Störungen des Erregungsleitungssystems definieren und unterscheiden © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 3 Inhalt • Auffrischung der Grundlagen der Anatomie und Physiologie des Herzens • Die elektrische Aktivität des Herzens - Das Erregungsleitungssystem - Die elektrische Aktivität der Zellen: Ursprung der automatischen Abläufe im Herzen - Klinische Nutzung: die Elektrokardiographie (EKG) - Pathophysiologie des Erregungsleitungssystems © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 4 Grundlagen der Anatomie und Physiologie des Herzens Repetition © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 5 Das Herz – Allgemeines • Gewicht: 250–350 g • Spezialisierte quergestreifte Muskulatur: Myokard • 1 innere Deckschicht: Endokard • 1 äussere Deckschicht: Epikard • Eingelagert in den Herzbeutel: Perikard © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 6 Das Herz – wichtige anatomische Eigenschaften • 4 Hohlräume – Rechtsherz und Linksherz • Wanddicke der Herzkammern (Ventrikel) links > rechts • Blutversorgung durch die Herzkranzgefässe (entspringen aus der Aorta) © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 7 Das Herz und seine Lage © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 8 Anatomie des Herzens © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 9 Die Herzkranzgefässe (Koronararterien) • Links (LCA): - Hauptstamm - Ramus interventricularis anterior (RIVA) - Ramus circumflexus (RCX) • Rechts (RCA): - Ramus interventricularis posterior (RIVPo) - Posterolateralast (PLA/RCA) © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 10 Der Herzzyklus • Automatische regelmässige Kontraktion • Dauer unter 1 Sekunde • Elektrische Aktivität erst in den Vorhöfen, dann in den Kammern • Blutstrom nur in eine Richtung (Herzklappen) • Systole: Kontraktion = Zusammenziehen des Myokards • Diastole: Entspannung des Myokards © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 11 Der Blutfluss im Herzen © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 12 Der Blutkreislauf © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 13 Die elektrische Aktivität des Herzens © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 14 Elektrische Erregungsleitung im Herzen – Allgemeines • Das Herz arbeitet mechanisch und wird durch elektrische Reize gesteuert • Automatischer Herzrhythmus - Spezialisierte Hezmuskelzellen erzeugen autonom rhythmische, elektrische Impulse • Übertragung an die benachbarten Zellen (von Zelle zu Zelle) • einige Zellen spezialisiert auf rasche Erregungsleitung • Gesamtheit dieser Zellen = Erregungsleitungssystem (oft auch „Reiz“-Leitungssystem genannt) © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 15 Das Herz-Reizleitungs-System Sinusknoten: schnellster Taktgeber - Erregungsleitung via Vorhofsmyokard AV-Knoten (Atrioventrikularknoten) - Verzögerung und Bündelung His-Bündel - Teilt sich in 2 Schenkel auf rechter Schenkel linker Schenkel Purkinje-Fasern © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 16 • Ursprung der myokardialen Erregung ist der Sinusknoten • Sinusknoten = primärer Schrittmacher - gibt den Rhythmus für das gesamte Herz vor Sinusrhythmus • Ausbreitung auf die Vorhöfe; diese kontrahieren • Weiterleitung und zeitliche Verzögerung über den AV-Knoten • rasche Erregungsausbreitung entlang beider Schenkel und Erregung der gesamten Herz-Kammermuskulatur über Purkinje-Fasern • rasche Erregungsaubreitung nötig für synchrone Kontraktion © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 17 Histologie – Herzmuskel unterm Mikroskop • Verzweigte Zellen quergestreifter Muskulatur • Zellen sind untereinander durch Brücken verbunden • Das ermöglicht die Reizweiterleitung © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 19 Die Zelle: Elektrizitäts-Werk und Taktgeber © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 20 Allgemeines • Natürliche Tendenz zum Gleichgewichtszustand - elektrisch geladene Teilchen innerhalb und ausserhalb der Zelle • Ungleichgewicht ist lebenswichtig Wie geht das? © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 21 Die Zelle Die Zelle braucht Nährstoffe und Sauerstoff, um zu überleben Um sich zu versorgen, muss die Zelle das Ungleichgewicht aufrechterhalten Das Ungleichgewicht aufrechtzuerhalten kostet Energie © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 22 Ionen-Ungleichgewicht Zellinneres - + Aussen Ionen Ionen +++ +++++++ K+ Na+ Ca2+ Differenz der geladenen Teilchen (Ionen) im Zellinneren und aussen = elektrisches Membranpotenzial © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 25 Auslösung des Aktionsreizes • Wenn ein bestimmter Schwellenwert erreicht ist, öffnen sich die Ventile, und Energie wird freigesetzt © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 27 Das Aktionspotenzial • Membranpotenzial: - Ruhepotenzial: Zelle im Ruhezustand - Aktionspotenzial: Zelle „in Aktion“ (Neuron, Muskelzelle) - Wichtige Funktion für erregbare Zellen • Wird bei einem bestimmten Schwellenwert ausgelöst • Ionen strömen in die Zelle • Die Zelle reagiert (Nervenimpuls, Kontraktion) © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 28 Bei der Herzmuskelzelle • Kalzium spielt eine entscheidende Rolle für die Kontraktion • Refraktärphase (Spülkasten leer) - folgt auf das Aktionspotenzial - wird gefolgt von der Rückkehr zum Ruhepotenzial - benötigter Zeitraum, um das ursprüngliche Ungleichgewicht wiederzufinden - Zelle spricht auf keine Stimuli an • Ziel der Defibrillation - Alle Zellen in die Refraktärphase versetzen - Zellen können so gemeinsam „neu starten“ - Taktgeber kann so wieder Régime übernehmen © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 30 Elektrokardiogramm (EKG) © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 31 EKG • Definition: Direkte Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 32 Jede Herzmuskelzelle verändert bei der Erregung ihre elektrische Spannung (Potential), die Summe aller Einzelpotenziale ergibt messbare Spannung an Körperoberfläche Jeder Phase des Herzzyklus entspricht ein bestimmter Kurvenabschnitt © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 34 Rhythmusstörungen = Arrhythmien lebensbedrohliche Rhythmusstörungen absolute Notfälle © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 35 Asystolie • keinerlei elektrische Aktivität vorhanden • Anzeichen ausgeprägter Myokardstörungen und eines lang andauernden Herz-Kreislauf-Stillstands • EKG: flach (Null-Linie) • Defibrillation erforderlich? © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 36 Kammerflimmern (VF) • Schnelle, unkoordinierte und unwirksame Kontraktionen der Herzkammern • Führt zu Kreislaufstillstand und plötzlichem Tod • EKG: schnelle, unregelmässige Aktivität (Herzkammer) • Ursachen: Herzinfarkt, Lungenembolie, Stromschlag, Schockzustand • Defibrillation erforderlich? © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 37 Kammertachykardie (VT) • Unkontrollierte Aktivierung der Herzkammern • Plötzliches Einsetzen, meist mit Symptomen verbunden (Schock, Herzversagen, Ohnmacht) • Unbehandelt Fortschreiten zu VF • Bei symptomatischer Kammertachykardie greifen dieselben Mechanismen wie bei Kammerflimmern • Defibrillation erforderlich? © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 38 Pulslose elektrische Aktivität elektromechanische Entkoppelung • elektrische Aktivität OK • aber kein Blutkreislauf • Häufig mechanische Ursachen: Herzbeuteltamponade, Pneumothorax, Lungenembolie • Defibrillation erforderlich? © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 39 Rhythmusstörungen = Arrhythmien Relative Notfälle © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 40 Rhythmusstörungen • Blockierungen oder Überaktivität an beliebiger Stelle im Erregungsleitungssystem • Beispiele: - Vorhofflimmern (AF) - AV-Block - Schenkelblock • Folgen: Herzklopfen, Herzversagen, Herzstillstand © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 41 Therapie • medikamentös: Antiarrhythmika • operativ: Herzschrittmacher bei zu langsamer Frequenz © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 42 Kernaussagen • Das Erregungsleitungssystem ermöglicht die autonome Funktion des Herzens • Arrhythmie = Störung der normalen Erregungsausbreitung im Herz • Defibrillation: Synchronisation aller Herzzellen auf Refraktärphase und anschliessenden „Neustart“ • Herzschrittmacher übernimmt Funktion versagenden Sinusknotens bzw. springt bei AV-Block ein © Schweizerischer Samariterbund SSB – Folie 43 Vielen Dank! 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