Justus von Liebig (1803-1873) Bild: Liebig Museum Gießen Regeln zur Ermittlung der Oxidationszahl Ein Atom in einem Element hat die Oxidationszahl Null. Im Falle einer Bindung zwischen zwei Atomen des gleichen Elements werden die Bindungselektronen zu gleichen Teilen zwischen den Atomen aufgeteilt. Die Oxidationszahl eines einatomigen Ions ist identisch mit seiner Ionenladung. Die Oxidationszahlen von kovalent gebundenen Atomen in einem Molekül erhält man, in dem man die Bindungselektronen jeder Bindung jeweils dem elektronegativeren der beiden miteinander gebundenen Atome zuweist. Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome eine mehratomigen Ions ist gleich der Ladung dieses Ions. Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome eines Moleküls ist Null. Allgemeines über Oxidation und Reduktion Die meisten Redoxvorgänge verlaufen umkehrbar d.h. es stellt sich chemisches Gleichgewicht zwischen Ausgangsstoffen und Reaktionsprodukten ein. An einer Redoxreaktion sind zwei Redoxpaare beteiligt: Re d (1) Ox (2) Ox (1) Re d (2) Redox-Halbreaktionen Re d (1) Ox (1) n e Ox (2) n e Re d (2) ____________________ Re d (1) Ox (2) Ox (1) Re d (2) • Die Redox-Reaktion setzt sich immer aus zwei RedoxHalbreaktionen zusammen. • die beiden Redox-Halbreaktionen kann man formal als über die e- Konzentration gekoppelte Gleichgewichte betrachten. (Unter normalen chemischen Bedingungen existieren allerdings keine messbaren Konzentrationen freier Elektronen in der Lösung.) Reaktionsgleichungen Die Zahl der bei der Oxidation abgegebenen Elektronen ist gleich der Differenz der Oxidationszahlen von reduziertem und oxidiertem Atom. Die Zahl der bei der Reduktion aufgenommenen Elektronen ist gleich der Differenz der Oxidationszahlen von oxidiertem und reduziertem Atom. Werden bei einer Oxidation O2Ionen in Komplex-Ionen eingebaut, so stammen diese in saurer Lösung aus H2O Molekülen, in alkalischer Lösung aus OH- Ionen. Die Gleichung für den gesamten Redoxvorgang erhält man durch Kombination der beiden Halbreaktionen, wobei alle vom einen Partner abgegebenen Elektronen vom anderen Partner aufgenommen werden müssen. In den Fällen, wo an RedoxGleichgewichten H+ Ionen beteiligt sind, hängt die Oxidationskraft bzw. Reduktionskraft vom pH-Wert ab. Die Oxidationskraft des Dichromations steigt mit sinkendem pH, die Reduktionskraft des Chloridions hängt nicht vom pH-Wert ab Die Reduktionskraft des S22Ions sinkt mit sinkendem pH, die Oxidationskraft des O2 steigt mit sinkendem pH Disproportionierung • Ist eine Redoxreaktion, bei der ein gleichzeitiger Übergang einer mittleren Oxidationsstufe in eine höhere und eine tiefere desselben Elements erfolgt, z.B.: Br2 2 e 2 Br 5 Br2 12 OH 2 BrO3 6 H 2O 10 e ____________________________________ 3 Br2 6 OH 5 Br BrO3 3 H 2O Komproportionierung • Aus einer höheren und einer niedrigeren Oxidationsstufe zweier Atome desselben Elements wird eine mittlere Oxidationsstufe gebildet, z.B: Mn 2 4 OH MnO2 2 H 2O 2 e MnO4 3 e 2 H 2O MnO2 4 OH 3 2 _________________________________________ 3 Mn 2 4 OH 2 MnO4 5 MnO2 2 H 2O Redox-Amphoterie • • • • Als redox – amphotere Stoffe bezeichnet man Stoffe , die sowohl Elektronen abgeben als auch aufnehmen können . In Abhängigkeit von Reaktionspartnern können diese also entweder als Oxidations – oder als Reduktionsmittel dienen, z.B. H2O Starke Reduktionsmittel (z.B. Natrium) reagieren mit Wasser unter Wasserstoffentwicklung; Starke Oxidationsmittel (z.B. Fluor) reagieren mit Wasser unter Sauerstoffentwicklung. 2 H 2O 2 e 2 OH H 2 2 H 2O 4 e 4 H O2 Elektrochemie: Galvanische Zellen Entstehung einer Potentialdifferenz zwischen Elektrode und Elektrolyt infolge Ausbildung einer elektrolytischen Doppelschicht an der Phasengrenze Metall/Elektrolyt Galvanisches Element In den Halbzellen stellt sich jeweils für die beiden Redox-Halbreaktionen Gleichgewicht ein, jedoch stehen die beiden Halbzellen nicht miteinander im Gleichgewicht, die gemessene elektrische Spannung E (in Volt) ist ein Maß für den Abstand des GesamtSystems vom Gleichgewicht. Die Entladung eines galvanischen Elements entspricht dem Ablauf einer chemischen Reaktion. Misst man schließlich E=0 so ist Gleichgewicht erreicht und erst dann gilt: Re d (1) Ox (2) Ox (1) Re d (2) Elektrochemische Spannungsreihe der Elemente Das elektrische Potential einer Galvanischen Zelle nennt man Elektromotorische Kraft (EMK), wird in Volt angegeben. Gemessen wird der maximale Wert im stromlosen Zustand. Die Standard-EMK ΔE0 misst man unter Standard-Bedingungen bei 25°C (Standardzustand eines Feststoffs ist der reine Feststoff, Standardzustand eines gelösten Stoffes ist ein definierter Zustand mit der Aktivität a=1) Das Normalpotential eines Redoxpaares misst man gegen die Normalwasserstoffelektrode. Aus den Standardpotentialen kann man ableiten, ob eine Redoxreaktion ablaufen kann oder nicht: Schreibt man die Halbgleichung als Reduktion, so bleibt der E0 Wert wie tabelliert. Schreibt man die Halbgleichung als Oxidation, so kehrt sich das Vorzeichen von E0 um. Multiplikation einer Halbgleichung mit einer Zahl ändert nichts am E0 Wert. (Die Spannung eines Galvanischen Elements ist unabhängig von der Masse). Für die Gesamtgleichung werden die E0 Werte der Halbgleichungen addiert . Nur bei positivem E0 findet die Reaktion spontan von links nach rechts statt. Zn2+ + 2 e- Zn E0 = - 0,763 V Cu2+ + 2 e- Cu E0 = 0,340 V Zn + Cu2+ Cu + Zn2+ Vorzeichen wechseln: Reaktion kehrt sich um E0 = 0,763 + 0,340 = 1,10 V wenn [Zn2+]=[Cu2+]=1 mol L-1 messen wir 1,1 Volt Die Spannung einer galvanischen Zelle (=elektromotorische Kraft EMK) und die maximale Nutzarbeit der die Spannung verursachenden chemischen Reaktion: Cu2+ + Zn Zn2+ + Cu ΔH<0 Ein Teil der Reaktionsenthalpie, die im hier gezeigten Versuch zur Gänze als Wärme frei wird, kann auch in Form elektrischer Energie gewonnen werden, entsprechend der GibbsHelmholtz-Gleichung. Dieser Versuch wurde irreversibel geführt. Für eine ideal reversible Führung des Versuchs gilt die GibbsHelmholtz-Gleichung: H G T S ΔG (die Gibbs‘sche freie Enthalpie) ist derjenige Anteil der Reaktionsenthalpie, der als Arbeit gewinnbar ist. Wird daher „freie Enthalpie“ (= nutzbarer Anteil der Reaktionsenthalpie) genannt. G z E F E = Potential (=elektr. Spannung in V) des Galvanischen Elements z = Zahl der bei der Reaktion übertragenen Elektronen F = Faraday-Konstante (96 485 C/mol) Für eine vollkommen irreversible Führung des Versuchs gilt: H Wärme d.h. die gesamte Reaktionsenthalpie erscheint als Wärme. Nernst‘sche Gleichung R T EE ln Q zF 0 z.B. Daniell Element : 8,3144 298 Zn 2 E 1,10 ln 2 96485 Cu 2 E = Potential (=elektr. Spannung in V) E° = Standard-Potential (25°C, 1-molare Lösungen) R = Gaskonstante 8,3144 J/(K∙mol) T = Temperatur in K z = Zahl der bei einem Formelumsatz übertragenen Elektronen F = Faraday-Konstante (96 485 C/mol) Im chemischen Gleichgewicht gilt: E0 QK R T 0E ln K zF 0 K e zFE0 RT Man kann also mit Hilfe von EMK Messungen die Gleichgewichtskonstante K der Reaktion bestimmen. Komplexbildner verschieben die Redoxpotentiale • • • Metallisches Silber löst sich in wässriger Lösung von KOH nicht, auch wenn Luftsauerstoff vorhanden ist. In einer basischen Kaliumcyanidlösung löst sich Silber in Gegenwart von Luftsauerstoff (Cyanidlaugerei zur Gewinnung von Silber aus seinen Erzen). Zur Berechnung sind die Normalpotentiale für basische Lösungen zu verwenden. (Aus einer sauren Lösung würde HCN entweichen) Ag 2O H 2O 2 e 2 Ag 2 OH E 0 0.342 V Potentialverschiebun g durch Cyanid : Ag (CN ) 2 e Ag 2 CN E 0 0.31 V Cyanidlaug erei : O2 4 e 2 H 2O 4 OH E 0 0.401 V 4 Ag 8 CN 4 Ag (CN ) 2 4 e E 0 0.31 V _____________________________________________________________ O2 2 H 2O 4 Ag 8 CN 4 Ag (CN ) 2 4 OH E 0 0.711 V Die Ausfällung des Silbermetalls aus der Cyanidlaugerei erfolgt mit Zinkstaub • Normalpotentiale für basische Lösungen verwenden Ag (CN ) 2 e Ag 2 CN Zn 4 OH Zn(OH ) 24 2 e E 0 0.31 V E 0 1.285 V ________________________________________________________________ 2 Ag (CN ) 2 Zn 4 OH 2 Ag Zn(OH ) 24 4 CN Frage: wird das Silber quantitativ gewonnen oder bleibt ein Rest in der Lösung zurück? E 0 0.975 V Aus dem E0 Wert der Gesamtreaktion kann man die Gleichgewichtskonstante berechnen: E0 RT ln K zF 8.3144 273.15 25 0.975 ln K 2 96485 ln K 75.8977 K 9.16 1032 Die Re aktionläuft läuft praktisch vollständi Die Reaktion praktisch vollständig ab.g ab. Beispiel: Elektrolyse von Wasser Elektrizitätsmenge=elektrische Ladung, die insgesamt durch den Leiter geflossen ist. Elektrische Ladung= Stromstärke · Zeit Coulomb = Ampere ∙ Sekunden Messwert : x Coulomb x/96485= Anzahl der mol Elektronen x/(2·96485)= n (H2) x/(4∙96485)= n (O2) Molvolumen ideales Gas bei 0°C und 101325 Pa = 22,4236 L z.B.:300 sec; 0,5 A x=150 C 150/(2∙96485) = 7,77∙10-4 mol H2 Volumen (O2)= 8,7 ml Volumen (H2) = 17,4 ml Durch das genaue Messen der Stromstärke, der Zeit und der entstandenen Gasmenge kann man die Faraday-Konstanten bestimmen. F=96485 C = Ladung von 1 mol Elektronen = Loschmidt‘sche Zahl ∙ Elementarladung