Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Dr. med. Berthold R. L. Borst 26.10.2011 „Die Mitte des 20. Jahrhunderts kann als der Endpunkt einer der wichtigsten sozialen Revolutionen in der Geschichte angesehen werden: Die Infektionskrankheiten, bis dato ein bedeutendes Phänomen des menschlichen Zusammenlebens, waren nunmehr praktisch vollständig besiegt…“ Sir Frank Macfarlane Burnet, Immunologe Nobelpreisträger Medizin von 1960 zusammen mit Peter B. Medawar aus: „Natural history of infectious disease” (1962) Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Agenda Historischer Rückblick Fallbeispiele Fazit Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Historischer Rückblick 1928 Zufallsentdeckung Penicillinwirkung an Staphylokokkenkulturen (!) durch Alexander Fleming Bereits 1946: Phänomen der Penicillinzerstörung erwähnt („Penicillinasen“) Erste Hälfte der 1960er Jahre: punktuelle Isolate MRSA Ab 1985: weltweite Ausbreitung MRSA Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fallbeschreibung 1 77- jähriger Patient Grunderkrankungen: – Morbus Parkinson (akinetisch-rigider Typ) – Dementielles Syndrom bei Lewy-Body-Demenz Pertrochantäre Femurfraktur links 25.08.2008 – Schwere Gehbehinderung – Harninkontinenz – Ausgepr. Emphysem Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fall 1 - Komplikationen Wiederholt schwere Infektkomplikationen (hochfieberhafte Harnwegsinfekte, Aspirationspneumonie) Klinikbehandlungen vom Aug. bis Dez. 2008 (wechselnd zw. Akutklinik und Rehaklinik) Dez. 2008: Diagnose MRSA-Kolonisation Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fall 1 - Komplikationen Insgesamt 3x Eradikationsversuch ohne Erfolg! (Nachweis MRSA im Rachenund Rektalabstrich) Jährlich: rez. akinetische Krisen Schwere Dysphagien mit Aspirationsgefahr, zuletzt Anfang 10/11, jetzt in Klinik MRSA-Nachweis im Sputum Künftig PEG-Sonde? Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Problematik Compliance bei Sanierung? Unsicherheiten im Umgang mit Pat. (Angehörige, Physiotherapeut, Pflegedienst) Ambivalenzen im Umgang mit MRSA („Ansteckung Besucher“ Praxisbesuche) Abrechenbarkeit Labor MRSA problematisch (Regressgefahr! – SZ-Leistung?) Falls PEG-Sonde weiteres Infektions/Verbreitungsrisiko Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fallbeschreibung 2 2009, damals 77- jähriger Patient Grunderkrankungen: – Hirnorganisches Psychosyndrom nach SH-Trauma vor 40 J. – Posttraumat. Epilepsie – M. Parkinson – Pankreatektomie 1991 wg. Chron. Pankreatitis – Periodischer C2H5OH-Abusus – Insulinpflichtiger Diabetes mellitus, fehlende Compliance – Rez. Entgleisungen der Stoffwechsellage – Chron. Gastritis, Refluxösophagitis – Z. n. Subduralhämatom und Felsenbeinfraktur 2002 – Z. n. rez. Stürzen mit Frakturen WK, Os sacrum, Rippen – Osteoporose Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fall 2 - Komplikationen Stat. Aufnahme 8/2009 erfolgte am WE über ZNA wegen starker Oberbauchschmerzen MRSA-infizierter Wunde i. S. diabet. Fuß Isolierung während des ges. Klinikaufenthalts Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fall 2 - Komplikationen 4x Eradikationsversuche ohne Erfolg Positiver MRSAAbstrichbefund Leiste/ Genitalbereich Bei 3. Abstrichserie: positiver MRSA-Urinbefund Nach Rücksprache mit Klinikum: Sanierungsversuch systemisch + lokal gem. Antibiogramm Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Problemanalyse Sehr schwierige Gesamtsituation bei Schwerst-Multimorbidität Wechselnde Betreuung bez. Haushaltshilfen Umgebungskontamination? Fazit: In häuslicher Umgebung Sanierung wohl unmöglich Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fallbeschreibung 3 Damals 73- jährige Patientin Vorerkrankungen: – Rheumatoide Arthritis ED 1980 – 1981 4 Monate Klinikaufenthalt – 1990 neurochirurgische Op. wg. intraduralem Tumor BWS-Bereich – 1985 Salmonellenenteritis, mehrw. AB-Gabe – 2000 wg. Bronchpneumonie Antibiose mit Roxithromycin – Urospasmon-Allergie (Urospasmon = Nitrofurantoin + Sulfadiazin + Phenazopyridin) Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fall 3 - Komplikationen 2011: wg. persist. Mikrohämaturie urolog. Vorstellung – Fokussuche ohne patholog. Befund der Harnwege Urologe: „wohl Z. nach Harnwegsinfekt“ – 2 Wochen später: typische Harnwegsinfektsymptomatik zunächst Therapie mit Ciprofloxacin erfolglos Uricult: ESBL-Keim Therapie nach Leitlinie mit Fosfomycin Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fallbeschreibung 4 23 jähriger Patient Während Tauchurlaub Dom. Rep.: „Schwimmbadotitis“ Behandlung ambulant vor Ort Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Fallbeschreibung 4 Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis „In Dubai sind Apotheken zahlreich und vor allem auch in den großen Shopping Malls vertreten. Medikamente sind i. d. R. günstiger als in Deutschland. Zudem bekommt man viele pharmazeutische Produkte, wie z.B. Antibiotika, ohne Rezept." Aus: Internetauftritt des Reiseveranstalters Öger Tours http://www.oeger.de/reiseziele/va-emirate.html Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Dr. med. Berthold R. L. Borst Quelle: ECDC Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Strategien zur Bekämpfung der Ausbreitung MRE Erkennen von Patienten mit Risikofaktoren (MRETräger) Teilnahme an regionalen MRE-Netzwerken Breite Aufklärung der Bevölkerung (unter Einbindung aller Beteiligten im Gesundheitswesen) Antibiotikaverordnung: restriktiv, umsichtig, leitliniengerecht – Projekte: DART; WIdO – ECDC: EARSS, ESAC – Leitlinien AWMF, Fachgesellschaften Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Strategien zur Bekämpfung der Ausbreitung MRE ECDC European Center of Disease Control EARS-net European Antimicrobial Resistance Surveillance Network ESAC-net European Surveillance of Antimicrobial Consumption Network Initiative: – EAAD European Antibiotic Awareness Day – Antibiotikatag (18. November) – http://ecdc.europa.eu/de/EAAD Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Quelle: ECDC Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis vz Dr. med. Berthold R. L. Borst Quelle: ECDC Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis Quelle: ECDC Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis M R S A Miteinander reagieren schützt alle (Quelle: Barbara Schöbi, leitende Beraterin Spitalhygiene St. Gallen, CH) Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis 65 Jahre Einsatz Antibiotika - Quo vadis? Quelle: Werbeplakat der alliierten Streitkräfte Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis 65 Jahre Einsatz Antibiotika - Quo vadis? Dr. med. Berthold R. L. Borst Quelle: University of Pennsylvania HSS, 2002, History and sociology of science Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis 65 Jahre Einsatz Antibiotika - Quo vadis? Quelle: Bundesarchiv, Foto: Krueger, 25. März 1954 Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis 65 Jahre Einsatz Antibiotika - Quo vadis? Quelle: SPIEGEL Online, 15.10.2011 Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis „Mit den Erfolgen der modernen Medizin kann der Mensch nur Schlachten gewinnen – der Krieg aber geht weiter“ Joshua Lederberg, 1925 – 2008, Nobelpreis 1968 für Entdeckung der genet. Neukombination bei Bakterien Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis 65 Jahre Einsatz Antibiotika - Quo vadis? Quelle: Honoré Daumier Dr. med. Berthold R. L. Borst Erfahrungen im Umgang mit MRE-Patienten in der Praxis