Methoden der Biologischen Psychologie Vorlesung Christian Kaernbach Mikroskopische Methoden • Lichtmikroskopie – Fixierung in Formaldehyd, Einbettung in Parafin, Schnitte von 100-300 µm – Färbung • Golgi (Silbersalze): Soma, Axon, Dendriten werden schwarz. Nur wenige Zellen pro Schnitt färben sich an. • Nissl (Toluidinblau): RNA/DNA = Nuclei/Ribosomen = Soma. Zellzählungen. • Fluoreszenz-Farbstoffe binden an bestimmte Moleküle, z.B. Transmitter. Verschiedene Farben im selben Bild für verschiedene Zelltypen/Bestandteile. – Auflösungen bis 0,25 µm • Elektronenmikroskopie – Bedampfen des Präparats mit Metallen – Auflösung 0,1 – 10 nm • Tracer (Rückwärtsverfolgung axonaler Verbindungen) – Meerrettichperoxidase (horseradish peroxidase, HRP) wird vom präsynaptischen Axonende aufgenommen, wandert innerhalb eines Tages Richtung Soma. EEG • Dipol – Orientierung je nach Eingang in die kortikale Schicht • II: kortiko-kortikal • IV: thalamokortikal – und nach Erregungsart (exzitatorisch/inhibitorisch) • Standardschema der Elektrodenpositionen – 10-20-System • 100% = – Distanz Nasion – Inion – Distanz zwischen präaurikulären Punkten • jeweils unterteilt in 10-20-20-20-20-10. – Elektrodennamen: • Fp = frontopolar, F = frontal, C = zentral, P = parietal, T = temporal, O = okzipital • Ungerade Elektroden links, gerade Elektroden rechts, z = zentral Spontanaktivität • Frequenzbänder – – – – – Delta: Theta: Alpha: Beta: Gamma: 0,5-4 Hz 5-7 Hz 8-13 Hz 14-30 Hz 30-100 Hz 20-200 µV 5-100 µV 5-100 µV 2-20 µV 2-10 µV Tiefschlaf Übergang zum Einschlafen entspannter Wachzustand Aktivität, Belastung Wahrnehmungsvorgänge Ereigniskorrelierte/Evozierte Potentiale (EKP) • Voraussetzung: Ein Ereignis evoziert zuverlässig eine Synchronisation größerer Zellverbände (>1000). • Durch Mittelung wird neuronales Rauschen eliminiert. – Kortex: >100 Stimuli, Hirnstamm: >1000 Stimuli • Negative (N) und positive (P) Komponenten – Exzitatorische kortiko-kortikale radiale Aktivität: • N = Vorderpol, P = Hinterpol – Numerierung durchlaufend (N1, N2...) oder nach Zeit (N100, P300) • frühe Komponenten „exogen“ – < 200 ms: stimulusgetrieben • späte Komponenten (z.B. P300) „endogen“ – Bedeutung des Reizes – Zeitzusammenhang unschärfer => Komponenten breiter • Differenzbildung zur Isolation bedingungsabhängiger Aktivierungen negativ positiv Quellenlokalisation von EKP im EEG • Voraussetzung – Hohe Elektrodenzahl, 64 oder 128 Elektroden – genaue Kenntnis der Elektrodenposition (vermessen) • Problem – „Vorwärtsproblem“ eindeutig lösbar • gegeben die Quellen, wie sieht die Potentialverteilung am Skalp aus? – inverses Problem nicht eindeutig lösbar • gegeben die Potentialverteilung am Skalp, wie viele Dipol-Quellen waren wo wie stark aktiviert? • gesucht: Lösung mit geringster Zahl von Quellen (aber oft: symmetrische Quellen unterstellt) – Software zur Lösung des inversen Problems • z. B. BESA (Brain Electrical Source Analysis) MEG • Registrierung magnetischer Dipole am Skalp – äußerst schwaches Signal • • • • • MRT: 3 Tesla [T] Hufeisenmagnet 4 mT Erdmagnetfeld 40 µT Weltraum 0.1 - 10 nT Gehirn ~1 fT = 0.000001 nT – empfindliche Sensoren: SQUID (Supraleitung) – aufwendige Abschirmung • Hohe Zeit- und Ortsauflösung, auch bis in den Hirnstamm • 3D Quellenlokalisation einfacher • Keine radialen Quellen abbildbar Gammaband (EEG/MEG) • Bedeutung für Wahrnehmungsprozesse – Einzelzellableitungen im visuellen Kortex der Katze • Synchrone 40-Hz Oszillationen kodieren Objektzugehörigkeit – Gammaband erhöht bei bekannten Objekten / Gesichtern • Evozierte Aktivität – Zeitnah zum Stimulus, exogen, Phase/Latenz stabil – Zeigt sich in gemittelten Daten • Induzierte Aktivität – Oft endogen, Phase/Latenz variabel – Zeigt sich in der Mittelung von Spektren MRT • Protonenspins richten sich an starkem Magnetfeld aus. • Solange eine Hochfrequenz (UKW-Bereich) in der korrekten Resonanzfrequenz eingeschaltet ist, erfolgt Drehung des Spins um die Feldrichtung (Präzession). • Zusätzliche Gradientenfelder beschränken die Gültigkeit der Resonanzfrequenz auf räumlich eingeschränkte Areale (Voxel). • Beim Abschalten erfolgt Relaxation (Ausrichtung am Feld), unter Abstrahlung von Energie. • Aus der Dynamik der Relaxation (in zwei Richtungen: longitudinal und transversal) kann auf den Gewebetyp geschlossen werden. • Strukturaufnahmen des menschlichen Gehirns, Auflösung ca. 1 mm fMRT • funktionelle MRT – Messung des Sauerstoffgehalts • Blood-Oxygen-Level-Dependency (BOLD-Signal) – Ortsauflösung wie MRT (1mm) – Zeitauflösung im Sekundenbereich • technisch bedingt • BOLD ist nicht schneller – Voraussetzung: Proband bewegt sich nicht – laut (schlecht geeignet für auditive Untersuchungen) Positronenemissionstomographie (PET) • Einsatz von Radionukliden – Zyklotron zur Erzeugung der Radionuklide muß in der Nähe sein • Hirndurchblutung: 15O[H2O], 15O[O2] (Halbwertszeit 2 Minuten) • Stoffwechsel: 18F-Desoxyglukose (Halbwertszeit 110 Minuten) – Zerfall unter Aussendung eines Positrons (-Strahlung) – Positron trifft Elektron Annihilation • es entstehen zwei Photonen mit entgegengesetzter Richtung • Orts/Zeitauflösung vergleichbar fMRT • leise • Ethik Transkranielle Magnetstimulation (TMS) • starke außen angelegte Magnetfelder setzen eine temporäre Läsion – „Chaotische“ Stimulation = Störung • visueller Kortex: Phosphene • motorischer Kortex: Zuckungen – Rundspulen und Doppelspulen – Geringe Eindringtiefe (nicht in Sulci), Zielgebiet 1 cm². – Es werden nur Kortexareale der korrekten Orientierung gestört. – kombiniert mit MRT-Bildern und stereotaktischer Positionierung – Einzelpulse oder repetitive TMS (rTMS) • Funktionsuntersuchung von kortikalen Arealen Zentrale / periphere Maße • Emotion ist die Kognition des Körpers Herz-Kreislauf • Herzfrequenz – Innervation: Sympathikus und Parasympathikus • steigt bei Schmerz, Angst, ... • sinkt bei Entspannung, Orientierungsreaktion, Aufmerksamkeit – Messung: Blutvolumenpuls (BVP), Elektrokardiogramm (EKG), ... • Herzratenvariabilität – Anpassung an Anforderungen – wichtigster Beitrag: Respiratorische Sinusarrhythmie (Atemgurt!) • Beschleunigung beim Einatmen, Verlangsamung beim Ausatmen • RSA wichtiger Indikator parasympathischer Einflüsse auf das Herz – sinkt bei Streß (Dauerhoch) • PEP (pre-ejection period): Zeit R-Zacke (EKG) bis Blutdruckanstieg (BVP) – Maß für Sympathikuseinfluß • T-Wellen-Amplitude – Maß für Sympathikuseinfluß Elektromyografie (EMG) • Neurologie: konzentrische Nadelelektroden – Funktionsweise einzelner motorischer Einheiten • Myopathien, Neuropathien • Psychologie: Oberflächenelektroden – Aktivität ganzer Muskeln – Entspannung – Gesichtsmuskulatur • Musculus corrugator supercilii: Stirn runzeln • • • • Musculus orbicularis oculi: Anspannung der Augenmuskulatur Musculus levator palpebrae: Augen aufreißen Musculus zygomaticus major: Lächeln ... Hautleitwert • Erregungsmaß, Aktivität palmarer / plantarer Schweißdrüsen (und jetzt wird wieder in die Hände gespuckt) – Schweißdrüsen sympathisch innerviert • 2. sympathisches Neuron cholinerg (Ausnahme) – skin conductance level (SCL): überlagerte SCRs – skin conductance response (SCR): isolierte Einzelereignisse mit variabler Latenz • Mittelungsverfahren problematisch – SCR-Form: Bateman-Funktion (biexponentiell) plus (gelegentlich) Overshoot (poral valve, Edelberg 1993) – Analyse: • klassisch: Minimum – Maximum • Kiel: Zerlegung (decomposition) Gänsehaut und Schauer • Erregungsmaß – bei besonders tiefen Erregungen (Ehrfurcht, Horror, ...) – Gänsehaut = Piloarrektion: Musculus arrector pili • Innervation: Sympathikus – subjektive Rückmeldung unzuverlässig • „Gänsehautgefühl“ ohne Gänsehaut: Schauer • Differenzierung? – Kiel: objektive Messung • GooseCam Webcam/Digicam, stabile Kameraposition, Schräglicht, Marker • GooseLab Raumfrequenzanalyse mittels zweidimensionaler Fouriertransformation Pupillenweite • Registrierung mit Videokamera • Anzeichen sympathischer Aktivierung