Lektürekurs „Krieg und Frieden“ Wintersemester 11/12 Prof. Dr. Dr. h.c. Meyers WWU Münster Vom Wandel des Krieges Kristin Dunsche, Lukas Meier, Michelle Perske, Hannah Schimpl, Esther Weißnicht Agenda • Münklers Theorie der „Neuen Kriege“ • Problematik der „Neuen Kriege“ – nach Chojnacki – nach Sheehan • Terroristisch motivierte Kriege – Farc in Kolumbien – Piraterie vor Somalia • Diskussion: Pazifizierungskrieg – Afghanistan seit 2001 • Ressourcenkrieg – Organisierte Kriminalität in Mexiko Vom Wandel des Krieges 2 Münklers Theorie der „Neuen Kriege“ • Europäische Illusion vom Ende des klassischen Krieges durch Beendigung des Kalten Krieges • ABER: dies galt nicht mal für ganz Europa • Kriege an den Rand der Wohlstandszone • Neue unbekannte Grammatik des Krieges = Gestaltwandel des Krieges Vom Wandel des Krieges 3 Charakteristika: a) b) c) d) Mehr private Kriegsakteure Kriminelle Gewaltökonomie Veränderte Gewaltmotive Brutale Gewaltstrategien ABER: nur die Zusammensetzung ist neu Vom Wandel des Krieges 4 3 „neue“ Kriegstypen a) Terroristisch motivierte Verwüstungskriege Kriege, in denen terroristisch motivierte Gruppierungen aus Regionen schwacher Staatlichkeit häufig die labile psychische Infrastruktur (westlicher) Regierungen angreifen, um den politischen Willen zu ermatten. Vom Wandel des Krieges 5 b) Pazifizierungskriege: Kriege, in denen Wohlstandsnationen aus geostrategischen, wirtschaftlichen und humanitären Motivationen intervenieren, um z.B. die Abrüstung eines Kriegsakteurs oder die Verhinderung der Proliferation von Atomwaffen zu erreichen. Vom Wandel des Krieges 6 c) Ressourcenkriege: Kriege, in denen substaatliche Kriegsakteure gegeneinander um die militärische Kontrolle rohstoffreicher Gebiete und der darin lebenden Bevölkerung kämpfen durch Aufbau eines Schreckensregimes. Vom Wandel des Krieges 7 Problematik der „Neuen Kriege“ nach Chojnacki • Defizite der Kriegsforschung: 1. Fehlende Kriterien zur Erfassung von neuen Kriegsformen 2. Fehlende empirische Daten „Notwendigkeit einer typologischen empirischen Bestandsaufnahme“ (Correlates of War (COW), Uppsala Conflict Data Project (UCDP)) Vom Wandel des Krieges 8 Differenzierung in vier Typen kriegerischer Gewalt: 1. Zwischenstaatliche Kriege 2. Extrastaatliche Kriege 3. Innerstaatliche Kriege 4. Substaatliche Kriege („Der Grad der Differenzierung ist so hoch wie notwendig, um Gruppen militärischer Gewaltanwendung zu isolieren und für vergleichende Analysen nutzbar zu machen“) Vom Wandel des Krieges 9 Vom Wandel des Krieges 10 Problematik der „Neuen Kriege“ nach Sheehan • Sieht mögliche Gründe für die sinkende Zahl zwischenstaatlicher Kriege: - Veränderung in internationalen Beziehungen - Globalisierung Warum steigt die Zahl innerstaatlicher und substaatlicher Kriege? Vom Wandel des Krieges 11 • Entwicklungsschwachen Ländern leiden häufig unter wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten • Der Konflikt ist Mittel um Identität wiederzuerlangen und eigene Interessen durchzusetzen • Krieg ist ein Katalysator für Veränderungen der sozialen Strukturen Vom Wandel des Krieges 12 Asymmetrische Kriegsführung • Bezeichnet die Strategie der schwächeren Partei in einem Gewaltkonflikt. Die materiell überlegene Partei soll durch Angriffe auf die innerstaatliche politische Struktur und auf die militärischen Gegebenheiten besiegt werden. Vom Wandel des Krieges 13 Terroristisch motivierte Verwüstungskriege Vom Wandel des Krieges 14 Kriegsführung von Terroristen am Beispiel der FARC –Guerilla in Kolumbien Vom Wandel des Krieges 15 Gliederung Einführung Geschichtlicher Überblick Kriegsökonomie Legitimität der FARC Auswirkungen der terroristischen Kriegsführung Guerilla der Bauern? Aktuelle Situation Vom Wandel des Krieges 16 FARC – EP http://www.latinamericanstudies.org/colombia-guerrilla-maps-1.htm Vom Wandel des Krieges 17 Geschichte der FARC 1964: Gründung der FARC mit dem Ziel einer revolutionären Landreform 1984: Waffenstillstandsabkommen bis 1987 Großer Nationaler Dialog 1985/86 Gründung und Anerkennung der Partei Union Patriota ( U P) 2000 Tote durch rechtsradikale Paramilitärs http://www.elespectador.com/files/images/e74f6e2da20ac6e5a84e179b4ea86471.jpg Vom Wandel des Krieges 18 Blütezeit der FARC - EP : 90er Jahre Demobilisierung unter Präsident Andrès Pastrana 20.000 Mitglieder Einstieg ins Drogengeschäft -> quantitative Veränderung der Bewegung Starker Rückhalt in der Bevölkerung www.spiegel.de/images/image-133325-thumbflex-. Vom Wandel des Krieges 19 Präsident Pastrana während Friedensverhandlungen mit der FARC ; 1998 http://www.latinamericanstudies.org/farc/PastranaVom Wandel des Krieges FARC.jpg 20 FARC Führer Manuel Marulanda † März 2008 Alfonso Cano †4.Nov.2011 http://www.biografiasyvidas. http://www.spiegel.de/images/image -279920-panoV9free-qwip.jpg com/biografia/m/fotos/ marulanda,jpg Vom Wandel des Krieges Timoleon Jimenez Militärische Führung http://www.google.com/hostednews/afp/ media/ALeqM5iCOqqmBctwj8jiHqxTSgI OfLbXpA?docId=photo_1321842137416 1-0&size=s2 21 Kriegsökonomie Guerilla zahlt das Mehrfache des nationalen Mindestlohn → Lebenserwerb Berufsgruppen: Söldner ; Milizen; Sicarios → Fortsetzung der illegalen ökonomischen Aktivität → Sicherung eines regelmäßigen Einkommens → Konflikt - verschärfende und verlängerte Wirkung Ergebnis : Wandel → Krieg um Zugang der Ressourcen Vom Wandel des Krieges 22 Finanzierung der FARC - Guerilla Jahr :2003 Gesamt : 342 Mio.US$ Anderes, Viehdiebstahl 3% Drogen 28% Erpressungen 59% 10% Drogen Entführungen Erpressungen Anderes Entführungen Eigene Quellen Vom Wandel des Krieges 23 Beziehungen : Drogenhandel – FARC Guerilla Kolumbien : weltweiten Kokainmarkt zu 80 % kein traditionelles Koka Anbauland ambivalente Beziehung zu Drogenhändler http://www.colombiassh.org/site/IMG/png/CultivosCoca06.png Vom Wandel des Krieges 24 Finanzierung der FARC - Guerilla Jahr :2003 Gesamt : 342 Mio.US$ Anderes, Viehdiebstahl 3% Drogen 28% Erpressungen 59% 10% Drogen Entführungen Erpressungen Anderes Entführungen Eigene Quellen Vom Wandel des Krieges 25 Kolumbien – Gold für die Guerilla hoher Goldpreis → 8500 Minen neue Einkommensquelle Gold → 9. Mio. US$/Jahr rund 102 000 Euro an Schutzgeld http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=774352 43&aref=image047/2011/03/13/CO-SP-2011-011-00850085.PDF&thumb=false Vom Wandel des Krieges 26 Finanzierung der FARC - Guerilla Jahr :2003 Gesamt : 342 Mio.US$ Anderes, Viehdiebstahl 3% Drogen 28% Erpressungen 59% 10% Drogen Entführungen Erpressungen Anderes Entführungen Eigene Quellen Vom Wandel des Krieges 27 Ingrid Betancourt :/http/www.spiegel.de/thema/ingrid_betancourt/ Vom Wandel des Krieges 28 Merkmale für terroristisch geführten Krieg Drogenterroristen subversive Kriegsführung Zerfall von Staatlichkeit Ziel : ökonomischer Schaden Angriff der physischen Infrastruktur Vom Wandel des Krieges 29 Legitimität der FARC - Guerilla FARC- Guerilla als Staatsersatz Schutz und Unterstützung der Bauern Realisierung entwicklungspolitischer Maßnahmen 90er Jahre 98 % Ablehnung der Kolumbianer Herrschaft beruht auf Terror und Einschüchterung Staat hat politischen Raum gewonnen Heute Vom Wandel des Krieges 30 Auswirkungen der terroristischen Kriegsführung 2. Land mit den meisten Binnenflüchtlingen (In den letzten 25 Jahren: 3,5 Mio. Menschen) 3. größter Empfänger von US - Militärhilfe ( Plan Colombia) 4. betroffenstes Land der Welt bezüglich Landminen Kindersoldaten http://farm3.static.flickr.com/2228/ 2145826434_fa363b2df5.jpg Vom Wandel des Krieges 31 Guerilla der Bauern? „Auf dem Land haben wir Brücken und Strommasten gesprengt und dann die Firmen erpresst, die das wieder aufbauten. Das hat vor allem die Bauern getroffen und die Transportkosten für ihre Waren hoch getrieben. Da habe ich mich gefragt, ob wir wirklich auf Seiten des Volkes stehen. Heute ist der Krieg nur noch ein Geschäft für die Farc, es gibt keine Ideologie,es geht um Geld und Kokain.“ http://thomasfortenberry.net/wpcontent/uploads/2008/03/farc_p.jpg Vom Wandel des Krieges 32 Zitate über die aktuelle Situation „Die Guerilla ist auf dem Rückzug“ Präsident Juan Manuel Santos über Kolumbiens Kampfgegen die Rebellen und die Naivität der Europäer; Spiegel ; 14 / 2011 Der Anfang vom Ende der FARC? Konrad – Adenauer Stiftung ; Länderbericht Juni 2008 "Die Guerilla ist so schwach wie nie, aber nicht besiegt", betont Victor Ricardo, der frühere Entwaffnungsbeauftragte der Regierung http://latina-press.com/media/2010/09/zeitung-repro1.jpg Vom Wandel des Krieges 33 FARC im 21. Jahrhundert Noch ca. 8000 Rebellen Zahl versprengter Fronten → dezentralisiert Der militärische Niedergang begann 1999 mit der Unterzeichnung des "Plan Colombia" zwischen Kolumbien und den USA Erwartungen : interne Spannungen Zerwürfnisse und Kriegsmüdigkeit: Desertationen Herausforderung an die Regierung → Integration Vom Wandel des Krieges 34 http://lh5.ggpht.com/aleman.en.argentina/R6iJ6Z9vhvI/AAAAAAAABhE/zvCGROShLpQ/s288/farce monstration2_v-gross4x3.jpg Vom Wandel des Krieges 35 Somalia und die Piraterie vor der Küste Somalias Gliederung • • • • • • • • Allgemeine Informationen zu Somalia Definition von Piraterie Entstehungsgeschichte Die Ursachen der Piraterie vor Somalia Die Bekämpfung der Piraterie vor Somalia Wer sind die Piraten und wie gehen sie vor? Mögliche Konfliktszenarien Lösungsansätze Vom Wandel des Krieges 37 Allgemeine Informationen zu Somalia Geostrategische Lage Somalias • Am Golf von Aden liegt auf der wichtigsten Seefahrts- und Handelsroute zwischen Asien und Europa • 90% der globalen Güter werden auf dem Seeweg transportiert immense Schäden für den gesamten Welthandel Vom Wandel des Krieges 38 Allgemeine Informationen zu Somalia Innerstaatliche Konfliktsituation • Somalia „failed state“ • International anerkannte Übergangsregierung TFG (Transitional Federal Government) keine Kontrolle • Kontrahenten: Clans und Warlords • Sowie: die islamistischen Gruppierungen • Al Shabaab (+ Hizbul Islam) • da Piraterie gegen den muslimischen Glauben + islamisches Recht verstößt, sind die Piraten und die islamistischen Gruppierungen nicht unbedingt verbündete Vom Wandel des Krieges 40 Definition von Piraterie Begriffsunterscheidungen • Piraterie – Motivation: ökonomisch = persönliche Bereicherung – Akteure: Kriminelle, Organisiertes Verbrechen • „Politische“ Piraterie – Motivation: ökonomisch = Finanzierung des politischen Kampfes – Akteure: Guerillas/Rebellen, Terrororganisationen • Maritimer Terrorismus – Motivation: politisch = politisch-ideologische Ziele – Akteure: Guerillas/Rebellen, Terrororganisationen Vom Wandel des Krieges 41 Definition von Piraterie • auf Übergriffe beschränkt, die in internationalen Gewässern statt finden • „Zwei-Schiff-Prinzip“ • Überfälle auf Schiffe, die in staatlichen Hoheits- oder Küstengewässern erfolgen, sind nicht erfasst (fällt unter bewaffneten Raubüberfall) • großes Problem • Denn: rund 80 % aller weltweit gemeldeten Zwischenfälle ereignen sich in staatlich beanspruchten Gebieten Vom Wandel des Krieges 42 Definition des UNSeerechtübereinkommens (SRÜ) • „Seeräuberei ist jede rechtswidrige Gewalttat oder Freiheitsberaubung oder jede Plünderung, welche die Besatzung oder die Fahrgäste eines privaten Schiffes oder Luftfahrzeugs zu privaten Zwecken begehen und die gerichtet ist • a) auf Hoher See gegen ein anderes Schiff oder Luftfahrzeug oder gegen Personen oder Vermögenswerte an Bord dieses Schiffes oder Luftfahrzeugs • b) an einem Ort, der keiner staatlichen Hoheitsgewalt untersteht, gegen ein Schiff, ein Luftfahrzeug, Personen oder Vermögenswerte Vom Wandel des Krieges 43 Definition des IMB (International Maritime Bureau) • „Das Betreten eines Schiffes in der Absicht, Diebstahl oder ein anderes Verbrechen zu begehen, wobei die Absicht oder Fähigkeit besteht, zur Durchsetzung dieser Handlung Gewalt anzuwenden.“ • hier: keine Unterscheidung zwischen nationalen Gewässern und Hoher See • Diese Definition ist rechtlich allerdings nicht bindend und folgt primär statistischen Zielen Vom Wandel des Krieges 44 Entstehungsgeschichte der Piraterie • Piraterie ist so alt wie der Seehandel • früher viel im östlichen Mittelmeer • „goldene Zeitalter“ der Piraterie zur Kolonialzeit • Zentren: Karibik, Golf von Guinea, Indischer Ozean • Zeit der Kaperbriefe (Piraten unterstützen Großmächte in Seekriegen) • Bis der sichere Seehandel wichtiger wurde England erließ „Das Gesetz zur wirksamen Bekämpfung der Piraterie“ (Todesstrafe für Piraten in den Kolonien selbst) Vom Wandel des Krieges 45 Die Ursachen der Piraterie vor Somalia Die Gründe- liegen an Land • 1) Seit dem Sturz des Diktators Siyad Barre (1991) Bürgerkrieg • Fehlende staatliche Institutionen („failed state“) • verschiedene Clans und Milizen ringen um Macht • Keine Küstenwache • Keine richtige Strafverfolgung Somalia kann seine Kontroll-, Ordnungs- und Sicherheitsfunktionen nicht erfüllen Vom Wandel des Krieges 46 Die Ursachen der Piraterie vor Somalia Der Beitrag bzw. die Fehler der internationalen Staatengemeinschaft • 2) Raubfischerei und Giftmüllentsorgung in somalischen Hoheitsgewässern • Europäische (v.a. spanische) und asiatische Schiffe fischten den Somali den Thunfisch und damit ihre Lebensgrundlage weg • Verstoß gegen das Fischereirecht Vom Wandel des Krieges 47 Die Ursachen der Piraterie vor Somalia Der Beitrag bzw. die Fehler der internationalen Staatengemeinschaft • Giftmüllentsorgung bspw. durch Italien und die Schweiz • aufgedeckt durch den Tsunami 2004 • für 3 $ pro Tonne (in Europa deutlich höhere Preise) • Folge: Somali sehen Piraterie als Akt der Notwehr und des Selbstschutzes an • generelles Misstrauen der Bevölkerung gegenüber externen Akteuren Vom Wandel des Krieges 48 Die Ursachen der Piraterie vor Somalia Die katastrophale Wirtschaftssituation im Land • 3) Fehlende Lebensgrundlage • trieb viele ehemalige Fischer in die Piraterie • Humanitäre Not (Hunger und Dürren) und Armut • Piraterie als Dienstleistungsindustrie • Angreiferteams, Wachen, Köche etc. • Durch Piraterie ein guter Verdienst: Villen und Geländewagen Vom Wandel des Krieges 49 Die Ursachen der Piraterie vor Somalia Die Fokussierung auf die Terrorismus- und nicht die Pirateriebekämpfung • Der Süden Somalias wird verdächtigt ein Rückzugsort von AlQaida Operateuren zu sein • sollen hinter den Anschlägen auf US-amerikanische Botschaften in Kenia und Tansania 1998 stecken • USA entsandte die Operation Enduring Freedom (OEF) zur Schwächung der Logistik des Terrorismus und zur Abschreckung Vom Wandel des Krieges 50 Die Ursachen der Piraterie vor Somalia • Im Oktober 2002: Anschlag auf den frz. Öltanker MV Limburg von einem mit Sprengstoff beladenen Schnellbot (Selbstmordkommando der Al-Qaida) Vom Wandel des Krieges 51 Die Bekämpfung der Piraterie vor Somalia Auf den Punkt gebracht • Es wurde zu lange Nichts unternommen um die problematische Situation im Land zu verbessern und um die Piraterie zurück zu drängen • Die Hilfsmission an Land Anfang der 1990er Jahre scheiterte (zur Linderung der humanitären Not) • Die USA und die UN zogen 1994 wieder ab • Erst 2008 reagierte der UN-Sicherheitsrat • verschiedene Resolutionen regeln den Einsatz von internationalen Seestreitkräften in den somalischen Hoheitsgewässern Vom Wandel des Krieges 52 Die Bekämpfung der Piraterie vor Somalia Beteiligung der internationalen Staatengemeinsch aft • Zahlreiche Staaten sind mit Marineeinheiten vertreten • Die EU beteiligt sich mit der Operation Atalanta • Die NATO mit der Operation Ocean Shield Vom Wandel des Krieges 53 Die Bekämpfung der Piraterie vor Somalia Probleme der Bekämpfung • Die Größe des Seegebietes (15Mal größer als Deutschland) • Fehlende Mittel Vom Wandel des Krieges 54 Wer sind die Piraten und wie gehen sie vor? Aufsehenerregende Übergriffe • 2005: wochenlange Festhaltung eines Frachters des World Food Programme (WFP) • Das Kreuzfahrtschiff Seabourne Spirit geriet unter Beschuss • 2008: Zuspitzung der Situation • Verschleppung des Panzerfrachters Faina und Entführung des saudiarabischen Öltankers Sirius Star Vom Wandel des Krieges 55 Wer sind die Piraten und wie gehen sie vor? Eine der größten Entführungen der Geschichte • im Jahr 2008 • Supertanker Sirus Star • hatte rund zwei Millionen Barrel Rohöl im Wert von rund 100 Millionen Dollar geladen • http://gcaptain.com/wp-content/uploads/2008/12/piracy-sirius-star.jpg Vom Wandel des Krieges 56 Wer sind die Piraten? • viele ehemalige Fischer • z.T. bandenmäßig organisierte Dörfer und Küstenregionen • die Waffenbeschaffung ist kein Problem mehr • Finanzierung der Ausrüstung über Hintermänner (Geschäftsmänner und Warlords) oder aus den Lösegeldern • organisiertes Verbrechen Vom Wandel des Krieges 57 Wer sind die Piraten und wie gehen sie vor? Die Angriffstaktik der Piraten • Angriffsobjekte: Luxusyachten, Massengutfrachter, Containerschiffe, Kreuzfahrtschiffe und Öl- und Gastanker • auch UN-Hilfsschiffe, die Nahrungsmittel für hungernde Flüchtlinge nach Somalia liefern • Piraten sind technisch gut ausgestattet und wissen über die Operationsgebiete der Streitkräfte Bescheid • Sind mit einem Mutterschiff und kleineren Schnellboten unterwegs (das ermöglicht auch eine Erweiterung des Aktionsradius) Vom Wandel des Krieges 58 Wer sind die Piraten und wie gehen sie vor? Ausrüstung und Ziele • Durch Satellitennavigation/ AIS-Systeme (Automatic Identification System) können sie Zielschiffe orten • Mit Maschinengewähren und Panzerfäusten bewaffnet • Entführung von Schiffen samt Mannschaften um hohe Lösegeldforderungen an die Staaten zu stellen ( früher ging es ums Ausrauben) • Nicht selten Forderungen von sechsstelligen Lösegeldsummen (zwischen 5 und 6 Mio. Dollar) Vom Wandel des Krieges 59 Mögliche Konfliktszenarien • Islamistische Gruppierungen und Piraten könnten sich verbünden • ihre Verbindung: der gemeinsame Feind • Entstehung einer „maritimen Guerilla“ als politischer Widerstand gegen ausländische Interventionskräfte • Folgen für den Seehandel aus Entführungen und Lösegeldforderungen könnten geplante Zerstörungsakte werden Ölplattformen und Schiffe könnten zu Waffen und Umweltgefahren werden Vom Wandel des Krieges 60 Mögliche Konfliktszenarien • Mögliche Verschärfung des Konfliktes Härteres Vorgehen auf See und an Land • Bei der Befreiung des Kapitäns des US-Frachters Maersk Alabama 2009 wurden Scharfschützen eingesetzt • Gefahr, dass sich die Konfliktparteien gegenseitig hochschaukeln • Überlegung: Angriff der „Piratennester“ an Land (die hinzugefügte UN-Resolution 1851 erlaubt den USA aus eigener Sicht die Bekämpfung der Piraten an Land) • mögliche Verschärfung des innerstaatlichen Konfliktes Vom Wandel des Krieges 61 Lösungsansätze • Erweiterung der Definition von Piraterie auf alle modernen Erscheinungsformen • Verbesserungen der Strafverfolgung: Schaffung eines Rechtssystems in Somalia zur effektiveren Strafverfolgung der Piraten (diese fällt nämlich unter staatliche Hoheitsbefugnisse) Vom Wandel des Krieges 62 Lösungsansätze • Die Lösung des Problems ist im Land zu suchen die Stärkung und Stabilisierung des Somalischen Staates der Aufbau von Sicherheitsinstitutionen (ganz wichtig: eine nationale Küstenwache!) • Wichtig: das Vertrauen der somalischen Bevölkerung gewinnen • Humanitäre Not und Armut im Land bekämpfen (entwicklungspolitisch tätig werden) • Schaffung wirtschaftliche Alternativangebote zur Piraterie Vom Wandel des Krieges 63 Lösungsansätze Falsche Fokussierung • Piraterie wird hauptsächlich als Gefahr für den globalen Handel gesehen Die Maßnahmen der Pirateriebekämpfung konzentrieren sich zu sehr auf die Seebekämpfung Vom Wandel des Krieges 64 Lösungsansätze Getroffene Sicherheitsmaßnahmen • Internationaler Transidkorridor Militärschiffe begleiten und beschützen vor allem langsame Schiffe • Verbesserte Abwehrmaßnahmen auf Schiffen: Wasserwerfer, Drahtzäune, Sicherheitsräume, private Sicherheitsdienste (die unglaublich teuer sind) • Ebenso teuer: die Versicherungsprämien für die Reedereien Vom Wandel des Krieges 65 Diskussion Pazifizierungskrieg Vom Wandel des Krieges 66 Vom Wandel des Krieges 67 Afghanistankrieg seit 2001 • Wer gegen Wen? USA (mit Unterstützung der Nationalen Islamischen Vereinigte Front zur Rettung Afghanistans und der NATO) gegen Taliban/AlQaida Asymmetrischer Krieg • Wieso? Verantwortlichkeit Al-Qaidas für die Terroranschläge des 11. September 2001 Vom Wandel des Krieges 68 ISAF Mandat ISAF: International Security Assistance Force Sicherheits- und Aufbaumission unter NATOFührung in Afghanistan seit 2001 • keine Friedenssicherung sondern ein friedenserzwingender Einsatz • 2003: Ausweitung des Mandats über Kabul hinaus • 47 Länder sind an der ISAF beteiligt (Stand: 6.8.2010) Vom Wandel des Krieges 69 • Der Auftrag besteht darin, die vorläufigen Staatsorgane Afghanistans und ihre Nachfolgeinstitutionen bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit in Afghanistan so zu unterstützen, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch das Personal der Vereinten Nationen und anderes internationales Zivilpersonal, insbesondere solches, das dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben nachgeht, in einem sicheren Umfeld arbeiten können, und Sicherheitsunterstützung bei der Wahrnehmung anderer Aufgaben in Unterstützung der „Bonner Vereinbarung“ zu gewähren. • --> Antrag der Bundesregierung auf Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, Bundestagsdrucksache 15/3710 Vom Wandel des Krieges 70 Ressourcenkrieg Vom Wandel des Krieges 71 „Drogenkrieg“ in Mexiko Organisierte Kriminalität zwischen Wirtschaft und Gewalt Gliederung „Drogenkrieg“ in Mexiko Organisierte Kriminalität zwischen Wirtschaft und Gewalt • Ausrichtung der Kartelle • Merkmale Ziele Wirtschaftlichkeit Gesellschaftliche Relevanz • Politik Sicherheitskräfte Wirtschaft Zivilgesellschaft Krieg Ausmaß der Gewalt Warum Gewalt / Eskalation Kriegsparteien Klassifizierung Vom Wandel des Krieges 73 November 2011 Vom Wandel des Krieges 74 Merkmale der mexikanischen Kartelle • International agierende Organisierte Kriminalität • Bekannt durch Drogentransit in die USA • Verwoben mit legaler Wirtschaft, Politik, Sicherheitskräften • Machtverschiebung von Kolumbien nach Mexiko Vom Wandel des Krieges 75 Ziele • Gewinn – Rein Wirtschaftlich orientiert (keine Ideologie) • Nachhaltige Schwächung der Institutionen – Um Geschäft ungestört ausführen zu können (nicht Staatsübernahme) Vom Wandel des Krieges 76 Global Player • Beispiel Sinola-Kartell – In 35 Ländern auf 3 Kontinenten aktiv • z.B. In USA, Bulgarien – Für 46% des Drogenexports in USA und Europa verantwortlich – Sinola-Boss Guzmán 41. mächtigster 701. reichster Mann der Welt (Forbes 2009) Vom Wandel des Krieges Quelle: ZEIT Online 77 Geschäftsbereiche Einnahmen • Drogenhandel (Kokaine, Marihuana) • Schmuggel • Raubkopien • Schleusung von Migranten über die US-Grenze • Lösegelderpressung • Entführungen • Fälschung von Kreditkarten • Legale Unternehmen (z.B. Bau, Pharmazie) Ausgaben • Bestechung • Personal • Wahlkampf • Investitionen – – – – Vom Wandel des Krieges Ausländische Unternehmen Legale Unternehmen Warenkauf Waffen 78 Weltweite Kokainflüsse (2008) Quelle: WDR (2010) Vom Wandel des Krieges 79 Der Handel lohnt sich Quelle: WDR (2010) Vom Wandel des Krieges 80 Gesellschaftliche Relevanz • Wirtschaft – Umsatz der Kartelle = 10-15% des BIP ( >100 Mrd.) – 500 000 Mexikaner im Drogengeschäft – In 78% der Wirtschaftsektoren sind Kartellgelder • Kartelle benutzen legale Unternehmen – An der Grenze zahlen bis 50 % der Geschäfte Schutzgeld – Investition in Infrastruktur in Armutsvierteln Vom Wandel des Krieges 81 Gesellschaftliche Relevanz • Politik – In allen Ebenen haben Kartelle Verbindungen • 55-75% der Wahlkampfgelder von Organisierter Kriminalität aufgebracht • 80 Kommunen real von Kartellen kontrolliert • 70 % der Gemeinden Stadtverwaltungen von Mafia zumindest Teilweise beeinflusst – Calderóns „Drogenkrieg“ Vom Wandel des Krieges 82 Quelle: SZ Online Vom Wandel des Krieges 83 Gesellschaftliche Relevanz • Sicherheitskräfte – Polizei + Militär weitgehen bestechlich • Niedrige Löhne • Gefahr – Staat verliert Machtmonopol – IM a.D.(!) „Wir können keine Sicherheit garantieren, das organisierte Verbrechen hat die Polizei unterwandert“ Vom Wandel des Krieges 84 Quelle: SZ Online Vom Wandel des Krieges 85 Gesellschaftliche Relevanz • Zivilgesellschaft – Inoffizielle Zensur der Medien – In Slums oft Sympathie bzw. Duldung der Kartelle – Rekrutierung von Arbeitskräften • Hohe Jugendarbeitslosigkeit – Steigende Abhängigkeitsraten – Gewalt größtes innenpolitische Thema – Angst Vom Wandel des Krieges 86 Stellungnahmen • „Mexiko ist eine Mafiakratie“ (Korruptionsexperte Edgardo Buscaglia) • „Eine demokratische Struktur gibt es nicht mehr“ (José Reveles Mex. Journalist am 9.11. in Münster) Vom Wandel des Krieges 87 Staatliche Maßnahmen (2006-) Calderóns „Drogenkrieg“ Kritik • Bekämpfung des Organisierten Verbrechens durch Festnahme der Bosse • Militarisierung • Festnahme der Bosse heizt Kampf unter den Kartellen an • Kontraproduktiv – ca. 50 000 Soldaten im Inneren Einsatz – Militär übernimmt zunehmend polizeiliche Aufgaben • Vermehrte Menschenrechtsverletzungen • „Nur Show und Gewalt vermehrt: nichts bewirkt!“ • Andere Maßnahmen • • • Vom Wandel des Krieges Kartelle müssen reagieren Gewalt, Korruption Vermögensbeschlagnahmung Netz von legalen Helfern zerschlagen 88 Kriegsparteien • Allianzen der Kartelle: 2 Fraktionen • 100 000 (2008) „Soldaten“ der Kartelle – Perspektivlose Jugendliche – Übergelaufene Militärs • 50 000 Streitkräfte im Innerstaatlichen Einsatz • Vermehrt Paramilitärs von Unternehmen, Kommunen angeheuert Vom Wandel des Krieges 89 Quelle:http://www.stratfor.com/memberships/162432/analysis/20100514_mexican_drug_cartels_update Vom Wandel des Krieges 90 Ausmaß der Gewalt 18000 • 2007-heute wohl mehr als 50 000 Tote 16000 14000 12000 Tote im "Drogenkrie… • Meisten Toten als Drogenhändler eines Kartells klassifiziert ohne Nachweis • Vermehrt sind auch Zivilpersonen und Journalisten Opfer. 10000 8000 6000 4000 2000 0 2007 2008 Quelle: Eigene Darstellung 2009 2010 Vom Wandel des Krieges 91 Warum sind die Kartelle (zunehmend) gewalttätig? • • • • • • „Erwerbstätigkeit“ (Entführungen usw.) Verteidigung vor Polizei / Militär „Nachfolgeverwirrungen“ Wettbewerb der Korruption Konkurrenz um Lieferwege / Gebiete Einschüchterung Vom Wandel des Krieges 92 Quelle: SZ Online Vom Wandel des Krieges 93 Krieg nach Chojnacki? • 1000 Tote Grenze weit überschritten • Klassifizierung – Substaatlich (zwischen nichtstaatlichen Gewaltakteuren innerhalb oder jenseits formaler Staatsgrenzen) – mit Innerstaatlicher „Würze“ (zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren innerhalb bestehender Grenzen) Vom Wandel des Krieges 94 Aysmetrisch nach Sheehan? • Bezeichnet die Strategie der schwächeren Partei in einem Gewaltkonflikt. Die materiell überlegene Partei soll durch Angriffe auf die innerstaatliche politische Struktur und auf die militärischen Gegebenheiten besiegt werden. Vom Wandel des Krieges 95 Terrorkrieg nach Münkler? • Kriege, in denen terroristisch motivierte Gruppierungen aus Regionen schwacher Staatlichkeit häufig die labile psychische Infrastruktur (westlicher) Regierungen angreifen, um den politischen Willen zu ermatten. Vom Wandel des Krieges 96 Pazifizierungskrieg nach Münkler? • Kriege, in denen Wohlstandsnationen aus geostrategischen, wirtschaftlichen und humanitären Motivationen intervenieren, um z.B. die Abrüstung eines Kriegsakteurs oder die Verhinderung der Proliferation von Atomwaffen zu erreichen. Vom Wandel des Krieges 97 Ressourcenkrieg nach Münkler? • Kriege, in denen substaatliche Kriegsakteure gegeneinander um die militärische Kontrolle rohstoffreicher Gebiete und der darin lebenden Bevölkerung kämpfen durch Aufbau eines Schreckensregimes. Vom Wandel des Krieges 98 Vielen Dank für eure Geduld und Aufmerksamkeit!! Quellen • • • • • Chojnacki, S. Kriege im Wandel Eine typologische und empirische Bestandsaufnahme, in Geis A. Den Krieg überdenken. Kriegsbegriffe und Kriegstheorien in der Kontroverse, Nomos, Baden-Baden 2005 Kornelius, S. Süddeutsche Zeitung Zehn Jahre Krieg in Afghanistan Welche Fehler die USA gemacht haben (http://www.sueddeutsche.de/app/flash/zeitleiste/?appID=afghanistan), 07.10.2011, 17:21 Münkler, H. Die neuen Kriege, Der Bürger im Staat, Heft 4, Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg 2004 Nohlen, D., R. Schultze Lexikon der Politikwissenschaft Bd. 1: A-M: Theorien, Methoden, Begriffe, Band 1, 4. Auflage, Verlag C.H. Beck, München 2010 Sheehan, M. The changing character of war, 2007 Vom Wandel des Krieges 100 Quellen • http://www.polsoz.fuberlin.de/polwiss/forschung/international/frieden/forschung/projekte/l aufende_Projekte/colow/index.html 29.11.2011, 21:04 (Chojnacki) • http://books.google.de/books?id=eU8hYoeQQsC&pg=PA186&lpg=PA186&dq=beispiel+extras taatlicher+krieg&source=bl&ots=tALgWMZYZd&sig=yveukpT_QaqWWxMvfBykYVWpMaY&hl =de&ei=4znVTs2hA5HsOePb3W4&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CDQQ 6AEwAg#v=onepage&q=beispiel%20extrastaatlicher%20krieg&f=false 29.11.2011, 21:06 (Münkler) • http://www.sfbgovernance.de/teilprojekte/projekte_phase_1/projektbereich_c/c4/SFB700_ c4.pdf?1277899966 29.11.2011, 21:16 (Chojnacki) • Hörstel, Ch. R., Afghanistan- Pakistan: NATO am Wendepunkt, Kai Homilius Verlag-Compact, Berlin 2010 Vom Wandel des Krieges 101 Quellen • • • • • ZEILIK,R. ( 2009): Die kolumbianischen Paramilitärs, Regieren ohne Staat? Oder terroristische Formen der Inneren Sicherheit.Münster T.JÄGER, A.DAUN, D. LAMBACH, C. LOPERA, B. MAASS U. B. MARGRAF ( 2007): Die Tragödie Kolumbiens. Staatszerfall, Gewaltmärkte und Drogenökonomie.Wiesbaden L. HELFRICH U. S. KURTENBACH ( 2006) : Kolumbien – Wege aus der Gewalt: Zur Frage der Transformation lang anhaltender Konflikte. Osnabrück BURGHARDT,P.( 2011): Das Ende des Terror – Philosophen. Mit der Tötung von Alfonso Cano gelingt Kolumbiens Armee ein entscheidender Schlag gegen die Farc – Rebellen. 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