The monetary crisis of the British Pound Makroökonomie II Sommersemester 2004 Professor Dr. Paul Bernd Spahn Dipl.-Volkswirt Jan Werner Case Study von Kerstin Lemmich, Steffen Große, Markus Kolb, Martin Ockler und Peter Schüz Agenda 1. Entstehung des Europäischen Währungssystems 2. Pfundkrise und Spekulationen 3. Auswirkungen der Krise 4. Theoretischer Hintergrund 5. Lehren und Konsequenzen 2 Hier wird Wissen Wirklichkeit 1. Entstehung des Europäischen Währungssystems Europäische Währungsordnung nach 1972 • 1972: Schaffung des Europäischen Wechselkursverbundes - Schwankungen der Währungen bis max. +/- 2,25 % - EWG bestand neben Bretton Woods („Schlange im Tunnel“) • 1973: Zusammenbruch des Systems von Bretton Woods - Dollar- und Goldparität („Gold-Dollar-Standard“) - Suspendierung der Goldeinlösungspflicht für den US-$ - Leistungsbilanzdefizit der USA und Spekulation gegen US-$ • 1979: Gründung des Europäischen Währungssystems (EWS) - Ziele: Stabile Wechselkurse u. gemeinsame Wirtschaftspolitik - Großbritannien aufgrund geldpolitischer Zielsetzung nicht beteiligt 3 Hier wird Wissen Wirklichkeit 1. Entstehung des Europäischen Währungssystems Paritäten-Währungsgitter-Standard • bilaterale Kurse A zwischen den Währungen F • ECU als Recheneinheit B (Leitkursermittlung) E • Interventionen an den BandbreitenC grenzen D 4 • Leitkursänderung (Realignment) nur im gegenseitigen Einvernehmen Hier wird Wissen Wirklichkeit 2. Pfundkrise und Spekulationen Die weitere Entwicklung des EWS • Bis 1987 kam es zu häufigen Realignments (17) • Bis 1992 trotz Anpassungsbedarfs keine weiteren Realignments, um Vertrauen in die Stabilität der Wechselkurse zu gewinnen • 1990 Liberalisierung des Kapitalverkehrs • 1991 Unterzeichnung des Maastrichter Vertrages (Ziel: Wirtschafts- und Währungsunion [EWWU]) 5 Hier wird Wissen Wirklichkeit 2. Pfundkrise und Spekulationen Beitritt des Pfundes zum EWS • Juni 1989 politische Festsetzung der Teilnahme des Pfundes am EWS, jedoch Beitritt Großbritanniens zum EWS wirtschaftlich verfrüht • Oktober 1990 Teilnahme des Pfundes am EWS mit erweiterter Bandbreite von 6 % statt 2,25 % (Pfundkurs bis 1992 sogar in der Nähe dieses engeren Bandes) • Zinserhöhungen in Deutschland (Wiedervereinigung) Zinssenkungen in Großbritannien (Rezession) 6 Hier wird Wissen Wirklichkeit 2. Pfundkrise und Spekulationen Wirtschaftsaktivität im Vergleich alle Angaben in % BIP-Jahresveränderung Arbeitslosenquote Inflationsrate langfr. Rendite öffentl. Anleihen Netto-Neuverschuldung (zum BIP) Bruttoschuldenstand (zum BIP) Leistungsbilanzsaldo (zum BIP) Deutschland 1987-1992 3,2 5,8 2,4 7,5 -2,0 43,6 2,3 Großbritannien 1992 1987-1992 1992 2,0 1,4 -0,6 7,5 8,8 10,8 4,0 6,0 3,7 7,9 10,1 9,1 -2,8 -1,6 -6,1 44,9 45,9 45,9 -1,3 -3,4 -2,1 Quelle: Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank 1992 7 Hier wird Wissen Wirklichkeit 2. Pfundkrise und Spekulationen Pfund Sterling/Deutsche Mark-Wechselkurs Leitkurs 3,0000 2,9000 2,8000 untere Bandbreite 2,7000 2,6000 2,5000 2,4000 2,3000 02.01.92 8 02.04.92 02.07.92 02.10.92 02.01.93 02.04.93 02.07.93 02.10.93 Hier wird Wissen Wirklichkeit 2. Pfundkrise und Spekulationen • 02. Juni: Dänen lehnen Maastrichter Vertrag ab • Juli: Konzertierten Aktionen gelingt es nicht, internationale Währungen zu stabilisieren • 22. Aug.: Beginn von Spannungen im EWS • 26. Aug.: Devisenmarktinterventionen der Bank of England festigen das Pfund • Sept.: politische Ablehnung von Leitkursänderungen • 15. Sept.: Pfund fällt auf unteren Interventionspunkt (2,78) 9 Hier wird Wissen Wirklichkeit 2. Pfundkrise und Spekulationen 16. Sept.: „Schwarzer Mittwoch“ • Spekulation um die Rede des BBK-Präsidenten lösen heftige Pfundverkäufe aus (Soros) • Notenbanken intervenieren weiter massiv (260 Mrd. DM) • Britische Notenbank erhöht Leitzins von 10 % auf 15 % • Herauslösung des Pfundes aus dem WKM • Pfundkursfreigabe führt zu zehnprozentiger Abwertung • Zinserhöhung wird am Folgetag zurückgenommen • Italienische Lira wird ebenfalls freigegeben 10 Hier wird Wissen Wirklichkeit 2. Pfundkrise und Spekulationen DM/Pfund-Tagesgeldsätze in Prozent 13,0 12,0 11,0 10,0 9,0 8,0 7,0 6,0 5,0 4,0 02.01.92 11 02.04.92 02.07.92 02.10.92 02.01.93 02.04.93 02.07.93 02.10.93 Hier wird Wissen Wirklichkeit 2. Pfundkrise und Spekulationen • In der Folgezeit weitere Spekulationen um Spanische Peseta, Französischen Franc und Irisches Pfund • Temporäre Wiedereinführung von Kapitalkontrollen • Weitere Leitzinssenkungen in D. mit verbundenen Zinserhöhungen in anderen EWS-Mitgliedsländern • Passive EWS-Mitglieder (NOR, SWE, FIN) lösen ECUBindung 12 Hier wird Wissen Wirklichkeit 3. Auswirkungen der Krise 13 Hier wird Wissen Wirklichkeit 3. Auswirkungen der Krise In Großbritannien • Seit Austritt keine weitere Bindung des Pfund Sterlings an andere Leitkurse (völlig flexibler Wechselkurs) • Unabhängigkeitsprozess der Bank of England • Wandel in der britischen Geldpolitik von Wechselkursausrichtung zur Beobachtung von bestimmten Wirtschaftsindikatoren • Bis heute breite Ablehnung einer Euroeinführung 14 Hier wird Wissen Wirklichkeit 3. Auswirkungen der Krise Im EWS • Erhöhung der Bandbreiten auf +/- 15 % (dadurch Wechselkursspekulationen risikoreicher) • Erkenntnis über die Herausbildung einer EWWU der (mindestens) zwei Geschwindigkeiten • Mit Start der 3. Stufe der EWWU Ablösung des EWS durch Wechselkursmechanismus II (Ankerwährung Euro; Standardschwankungsbreite +/- 15 %, freiwillig auch +/2,25 % [z. B. Dänemark]) 15 Hier wird Wissen Wirklichkeit 4. Theoretischer Hintergrund Das inkompatible Dreieck Finanzmarkt-Autonomie (strikte Kapitalverkehrskontrollen) Völlig feste Wechselkurse Geldpolitische Autonomie Nationaler Autonomieverzicht Absolute Kapitalmobilität 16 Völlig flexible Wechselkurse Hier wird Wissen Wirklichkeit 4. Theoretischer Hintergrund Argumente gegen feste Wechselkurse • Kein Fixkurssystem war bisher dauerhaft überlebensfähig • Gefahr von importierter Inflation, sofern in einem Land keine Stabilitätspolitik betrieben wird • Autonomieverlust der Geldpolitik ist aus nationaler Sicht prinzipiell zu kritisieren • Es bleibt immer ein Rest von Wechselkursunsicherheit 17 Hier wird Wissen Wirklichkeit 5. Lehren und Konsequenzen • Realignments rechtzeitig und in kleineren Schritten • Größere Bandbreiten oder „soft buffers“ (angedacht: kurzfristiges Verlassens des Bandes möglich) • Kein Trade-Off zwischen Flexibilität und Disziplin • Frühzeitige und geordnete Abstimmung in der Finanzund Währungspolitik (Konvergenz) • Stabilisierung der Erwartungen über künftige monetäre Entwicklung in den Mitgliedsstaaten 18 Hier wird Wissen Wirklichkeit 5. Lehren und Konsequenzen • Freie Devisenmärkten mit hohen Volumina erschweren Interventionsmöglichkeiten der Zentralbanken (begrenzte Währungsreserven) • Rechtzeitige zinspolitische Maßnahmen • Verstärkte Glaubwürdigkeit einer stabilitätsorientierten Geldpolitik durch eine unabhängige Zentralbank • Gemeinsame Währungspolitik ist mehr als nur eine wirtschaftstechnische Aufgabe (Beachtung der Marktpsychologie) 19 Hier wird Wissen Wirklichkeit Diskussionsvorschlag Kann durch eine bilaterale Wechselkursfixierung eine wirtschaftliche Konvergenz erreicht werden? Oder sollte zunächst eine wirtschaftliche Konvergenz zwischen den beteiligten Ländern bestehen bevor man die „richtigen“ Wechselkurse festlegt? 20 Hier wird Wissen Wirklichkeit