Auf der Suche nach den kleinsten Dingen - Die Entdeckung der Elementarteilchen Öffentlicher Abendvortrag von Siegmund Brandt Fachbereich Physik der Universität Siegen 1 20. Juni 2000 Historische Vorbemerkungen Naturbeschreibung und Naturerkenntnis war und ist ein wichtiges Ziel der Menschen in allen Kulturen Objekte der Naturbeschreibung handgreifliche Größe: Menschen, Tiere, Pflanzen, Mineralien ... ganz große: Sternhimmel, d.h. Astronomie ganz kleine: Aufbau der Materie, d.h. Elementarteilchenphysik 2 Vorstellungen im klassischen Griechenland Astronomie (nach Anaximander) Die Planeten (zu denen auch Sonne und Mond gezählt wurden) und die Fixsterne sind auf Kugeln aus durchsichtiger Materie angebracht, in deren Mitte sich die Erde befindet. Die Durchmesser der Kugeln verhalten sich zueinander wie die Tonhöhen in musikalischen Harmonien, z.B. 1 : 2 : 3 : 4 : 8 : 9 : 27 (Platon) Materie (nach Demokrit) Es gibt nur wenige Grundsubstanzen (Elemente). Die Materieformen sind entweder die reinen Elemente oder Mischungen aus Elementen. Die Elemente sind Erde, Wasser, Feuer, Luft. Die Elemente bestehen aus Atomen, kleinsten unteilbaren Bausteinen. Die Atome der 4 Elemente haben die Formen der 4 einfachsten Körper der Geometrie: Kugel, Würfel, Tetraeder, Oktaeder. Sie sind durch Häkchen miteinander verbunden. Beiden Bildern (dem vom Sternhimmel und dem von der Materie) ist gemeinsam: Versuch der Beschreibung durch mathematische Symmetrien. Sie werden aber nicht aus der Beobachtung des Naturobjekts abgelesen, sondern aus anderen 3 Quellen (Musik, Geometrie) entnommen. Damit bleiben diese Vorstellungen reine Spekulationen. Beginn der modernen Naturwissenschaft im 16. Jahrhundert, ist gekennzeichnet durch sorgfältig geplante Experimente und Beobachtungen mathematische Beschreibung auf der Grundlage der Meßergebnisse Vorhersagekraft der gefundenen Beschreibungen für weitere Experimente Galilei (1564-1642) erforscht die Schwerkraft Kepler (1571-1630) findet präzise Gesetze zur Planetenbewegung Newton (1643-1727) formuliert die Gesetze der Mechanik. Er kann aus ihnen die Keplerschen Gesetze berechnen, wenn er als Kraft zwischen Sonne und Planeten die Schwerkraft annimmt. Planet Schwerkraft Sonne Bahn des Planeten 4 Atome - Ergebnisse chemischer Experimente Elemente und Verbindungen Nicht weiter zerlegbare Substanzen sind Elemente, z.B. Wasserstoff (H), Kohlenstoff (C), Stickstoff (N), Sauerstoff (O) Elemente bilden Verbindungen. Atomhypothese Elemente bestehen aus völlig gleichwertigen Atomen. Verbindungen bestehen aus Molekülen, die nach gleichem Bauplan aus Atomen aufgebaut sind, denn bei Bildung von Verbindungen binden sich die Elemente in festen Massenverhältnissen. Beispiel: In Wasser ist das Massenverhältnis von Wasserstoff zu Sauerstoff 2:16, in Wasserstoffsuperoxid 2:32 Atomare Massenzahl (früher: Atomgewicht) Aus diesen Massenverhältnissen läßt sich die Masse m jedes Atoms durch die Masse mH des Wasserstoffatoms ausdrücken: m = A mH Beispiele: AH = 1, AC = 12, AN = 14, AO = 16, ... 5 Periodisches System der Elemente Zuerst aufgestellt 1869 von Mendeléev, ordnet Elemente nach atomarer Massenzahl und chemischer Ähnlichkeit. 6 Atome - Ergebnisse physikalischer Experimente Experiment Ein Gas in einem Gefäß verhält sich, als ob es aus einer großen Zahl kleinster starrer Kugeln bestünde, die miteinander und mit den Gefäßwänden Stöße ausführen. Bei Wärmezufuhr wächst Volumen. (Deckel hebt sich) Bei stärkerem Rütteln (Energiezufuhr) steigt Volumen. Kinetische Gastheorie Die mittlere Energie der Atome (oder Moleküle) des Gases ist proportional zur (absoluten) Temperatur. Avogadrosche Zahl (oder Loschmidtsche Zahl, weil zuerst von Loschmidt bestimmt) In A Gramm eines Elements der atomaren Massenzahl A (z.B. 1 g Wasserstoff oder 12 g Kohlenstoff) befinden sich NA = 6,022 1023 Atome. 7 Damit hat das Wasserstoff-Atom die Masse mH = 1,673 10-27 kg Atome - Optische Spektren Spektralanalyse (Bunsen und Kirchhoff 1860) Wenn Elemente stark erhitzt werden (z.B. in der Bunsenflamme, senden sie Licht charakteristischer Farben (Wellenlängen) aus, die als Spektren gemessen werden können. Bei höherer Auflösung: zwei gelbe Linien Natrium Wasserstoff Helium Neon Rot: Wellenlänge groß Blau: Wellenlänge klein Da Licht eine Wellenerscheinung ist, müssen die Atome bei deren Aussendung irgendwie „schwingen“ (wie eine Gitarrensaite bei der Aussendung von Schallwellen). Atome können keine starren Kugeln sein. 8 Atome - elektrisch neutral und geladen Stromtransport in Flüssigkeiten, Elektrolyse (Faraday 1833) Beim elektrischen Strom in Flüssigkeiten tritt Ladungstransport und Materietransport auf: Die Atome oder Moleküle sind elektrisch geladen. Die kleinste Ladungsmenge ist die Elementarladung: e = 1,602 10-19 Coulomb Geladene Atome heißen Ionen. Sie tragen eine oder mehrere (positive oder negative) Elementarladungen. An den Elektroden (den Metallplatten in der Flüssigkeit, die mit der Spannungsquelle verbunden sind) treten die Atome oder Moleküle ungeladen auf, 9 z.B. als metallisches Kupfer. Experiment zu Gasentladung Zur Pumpe Bei Normaldruck fließt kein Strom. Bei Druckerniedrigung setzt Stromfluß und Leuchterscheinung zwischen den Elektroden ein. Bei weiterer Druckminderung geht das Leuchten zurück. Durch Löcher in den Elektroden treten Kathodenstrahlen und Kanalstrahlen in die äußeren Teilräume ein. Sie bringen das Gas auf ihrem Weg zum Leuchten. Kathodenstrahlen: Elektrisch negativ geladen. Magnetisch leicht ablenkbar. Erzeugen Leuchtfleck auf Glas, von dem auch Röntgenstrahlung ausgeht. (Wurde in ähnlichem Experiment 1896 von Röntgen entdeckt. Kanalstrahlen: Positiv geladen. Nur durch starkes Magnetfeld ablenkbar. 10 Geladene Teilchen in Feldern Kraft Kraft Fe auf Teilchen der Ladung Q im elektrischen Feld E (Kraft in Richtung des Feldes) Fe QE Fm auf Teilchen mit Geschwindigkeit v im magnetischen Feld B Fm Qv B (Kraft senkrecht zur Geschwindigkeit und senkrecht zum Feld) Energiegewinn im elektrischen Feld Wegen der Richtung der Kraft geschieht Übertragung von Energie auf Teilchen nur im elektrischen Feld. Bei Durchlaufen der elektrischen Spannung U gewinnt ein Teilchen mit der Ladung Q die Energie E=QU Beispiel: Für Q = e, U = 1V ist E = 1 eV = 1 Elektronenvolt = 1,602 10-19 Ws 1 MeV = 1 Million Elektronenvolt, 1 GeV = 1 Milliarde Elektronenvolt 11 Entdeckung des Elektrons 1897 stellten Wiechert, Kaufmann und J.J. Thomson unabhängig voneinander durch Vermessung des Einflusses von elektrischen und magnetischen Feldern auf Kathodenstrahlen fest: Kathodenstrahlen bestehen aus Teilchen der Masse 1 me mH , 2000 wenn man annimmt, daß sie die Ladung -e besitzen. Diese Teilchen erhielten den Namen Elektronen. Ergebnis: Das Atom kann zerlegt werden. Eines seiner Bausteine ist das Elektron. Seine Masse ist nur etwa 1/2000 der Masse des leichtesten Atoms. Kanalstrahlen sind positiv geladene Ionen, d.h. Atome oder Moleküle, denen ein oder mehrere Elektronen fehlen. 12 Thomsons Apparatur m v R |e| B Joseph J. Thomson (1856 - 1940) Nobelpreis 1906 Fadenstrahlrohr Elektronenleitung im Metall. Glühemission Freies Elektronengas Kristalle sind ein räumliches Netzwerk (Gitter) aus regelmäßig angeordneten Atomen. In Metallkristallen gibt es Elektronen, die sich wie ein Gas durch das ganze Gitter bewegen können. Sie bewirken den Ladungstransport (elektrischen Strom), scheinbar ohne Transport von Materie. Glühemission Durch Heizung eines Metalldrahtes erhalten Elektronen so viel Energie, daß sie den Draht verlassen können. Man kann sie dann beschleunigen, ablenken usw. Beispiel: Fernsehröhre 14 Ionisation und Anregung von Atomen durch geladene Teilchen sind Grundlage für den Bau von Nachweisgeräten (Teilchendetektoren) Elektronen oder Ionen zerlegen beim Durchlaufen von Materie die Atome in Elektronen und Ionen (Ionisation) oder regen sie zum Leuchten an (Anregung). Das ausgestrahlte Licht kann entweder direkt beobachtet werden (z.B. Leuchtschirm der Fernsehröhre), photographisch registriert oder elektrisch verstärkt und registriert werden. Prinzip eines Zählrohres: Teilchen ionisiert Gas im Zählrohr. Elektronen laufen zum zentralen Draht. In dessen Nähe ist Feld so hoch, daß eine Ionisationslawine einsetzt. Damit bewirkt der Durchgang eines Teilchens, daß sehr viele Elektronen auf den Draht gelangen und dort einen elektrischen Impuls auslösen. 15 Plancksches Wirkungsquantum. Photon 1900 Planck führt (zur Beschreibung der Strahlung des „schwarzen Körpers“ eine neue Naturkonstante ein, das Plancksche Wirkungsquantum h = 6,626 · 10-34 Js Max Planck (1858 - 1947) Nobelpreis 1918 1905 Einstein stellt die Lichtquantenhypothese auf: Albert Einstein (1879 - 1955) Nobelpreis 1921 Licht der Wellenlänge besteht aus Quanten (Photonen) der Ruhmasse m=0 und der Energie E=h. Dabei ist = c / die Frequenz des Lichtes und c = 3 · 108 m/s die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. 16 Lichtelektrischer Effekt 1916 Millikan bestätigt die Lichtquantenhypothese experimentell durch Präzisionsmessungen zum lichtelektrischen Effekt. Robert A. Millikan (1868 - 1953) Nobelpreis 1923 Bei Bestrahlung einer Metalloberfläche mit Licht der Wellenlänge , d.h der Frequenz c / , werden aus dem Metall Elektronen der Energie E h ausgelöst. Sie bewirken einen Strom, es sei denn es wird eine Gegenspannung angelegt, die größer als Us W h W h 0 e e ist. Dabei ist W eine für das Metall charakteristische Konstante. 17 Radioaktivität 1896 Becquerel entdeckt die Radioaktivität: Uran-Verbindungen schwärzen die Photoplatte und ionisieren die Luft Antoine H. Becquerel (1852 - 1908) Nobelpreis 1903 Dabei treten drei Arten von Teilchen („Strahlung“) auf: - Teilchen : Helium-Ionen der Ladung 2e - Teilchen : Elektronen (Ladung -e) - Teilchen : energiereiche Photonen (ungeladen) 18 Nebelkammer 1911 Wilson entwickelt die Nebelkammer. In überhitztem Dampf hinterlassen geladene Teilchen Spuren aus Tröpfchen. C.T.R. Wilson (1869 - 1959) Nobelpreis 1927 Nebelkammerbild der Spuren von -Teilchen 19 Spezielle Relativitätstheorie 1905 Ausgehend von dem Befund, daß die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum in jedem Bezugssystem den gleichen Wert c = 2,998 · 108 ms-1 hat, gibt Einstein die Beziehung E2 = p2 c2 + m2 c4 an. Dabei sind E Energie p Impuls m Ruhmasse eines Teilchens. Für ein ruhendes Teilchen (p = 0) gilt E = m c2 bzw. m = E / c2 Weitere Einheit der Masse: 1 eV / c2 . Masse des Elektrons 0,5 MeV / c2 20 Energiequelle der Radioaktivität Einstein vermutet, daß diese Energie-Massen-Beziehung das Auftreten energiereicher Teilchen in der Radioaktivität erklärt: Beim Zerfall eines ruhenden Teilchens der Masse M in zwei Teilchen der Massen m1 und m2 wird die Massendifferenz M = M - (m1 + m2) in Bewegungsenergie M E = M c2 der Zerfallsteilchen umgewandelt. m1 m2 -Teilchen besitzen Energien von ca. 5 MeV (Millionen Elektronenvolt). 21 Atomkern Elektronen tragen negative Ladung und nur ca. 1/2000 der Atommasse. Es lag nahe, anzunehmen, daß Masse und positive Ladung gleichmäßig über das Atom (Durchmesser ca. 10-10 m) verteilt sind. 1911 Rutherford erklärt die Ernest Rutherford (1871 - 1937) Nobelpreis 1908 in seiner Gruppe beobachtete sehr starke Ablenkung von -Teilchen beim Durchgang durch Goldfolie dadurch, daß die positive Ladung und die Masse in einem sehr kleinen Atomkern konzentriert sind. Bahnen von -Teilchen bei punktförmigem Kern Bahnen bei ausgedehntem Atomkern22 Schema eines Streu-Experiments Teilchennachweis energiereiche Teilchen Detektor Target (Materie) Teilchenquellen Teilchendetektoren Radioaktivität Höhenstrahlung Teilchenbeschleuniger Leuchtschirm, Szintillator Zählrohr Nebelkammer, Blasenkammer Photo-Emulsion elektronische Spurenkammer 23 Atom-Modell von Bohr und Sommerfeld 1913 Bohr erklärt das Spektrum des Wasserstoff-Atoms: Niels Bohr (1885 - 1962) Nobelpreis 1922 Das Atom hat einen Kern der Ladung +e. Um ihn kreist ein Elektron der Ladung -e. Es sind nur bestimmte Kreisbahnen „erlaubt“. Sie unterscheiden sich in der Hauptquantenzahl n = 1,2,3,... . Je kleiner n , desto niedriger die Energie. Beim Übergang zwischen zwei Bahnen wird ein Lichtquant mit der Differenzenergie emittiert oder absorbiert. 1916 Sommerfeld erweitert das Modell. Er „erlaubt“ auch verschiedene Ellipsenbahnen, die sich (bei gleichem n) durch die Drehimpuls-Quantenzahlen und m unterscheiden. Der Bahndrehimpuls des Elektrons hat den Betrag L , 1,2,, n. h / 2 ist die kleinste Einheit des Drehimpulses. Die Quantenzahl m ( , 1, , ) gibt die Orientierung der Bahn im Raum an. Ellipsenbahnen aus Sommerfelds Lehrbuch Atombau und Spektrallinien 24 Spin 1925 Goudsmit und Uhlenbeck erklären die „Feinstruktur“ der Spektren (z. B. die Aufspaltung der gelben Natriumlinie) dadurch, daß sie dem Elektron nicht nur einen Bahndrehimpuls, sondern auch einen Eigendrehimpuls oder Spin zuordnen. (Die Erde dreht sich auf ihrer Bahn um die Sonne. Zusätzlich dreht sie sich um sich selbst.) Der Betrag des Elektronenspins ist S 1 2 Er kann zwei Orientierungen haben, die durch ms 1 2 gekennzeichnet werden. 25 Erklärung des Periodensystems. Pauli-Prinzip 1913 Bohr: Die Ordnungszahl Z eines Elements (ZH = 1, ZHe = 2, ZLi = 3, ZBe = 4, ...) ist gleich der Zahl der Elektronen und gleich der Zahl der positiven Elementarladungen im Kern. 1925 Pauli: Es darf im Atom nicht zwei Elektronen geben, die in allen 4 Quantenzahlen n, l, m, ms übereinstimmen. Wolfgang Pauli (1900 - 1958) Nobelpreis 1945 Schale niedrigster Energie n 1, 0, m 0. kann maximal 2 Elektronen ms 12 , ms 12 aufnehmen. H hat 1 Elektron. He hat 2. Nach He beginnt neue Zeile des Periodensystems mit Li. Schale mit n = 2 kann maximal 8 Elektronen aufnehmen. Zweite Zeile hat 8 Elemente usw. 26 Isotope um 1920 J.J. Thomson und insbesondere sein Schüler Aston bestimmen die Massen von Kanalstrahlen (also positiven Ionen) und damit praktisch die Massen von Atomkernen durch deren Ablenkung im elektrischen und magnetischen Feld. F. W. Aston (1877 - 1945) Nobelpreis 1922 Ergebnis: Alle Kerne eines Elements haben zwar die gleiche Kernladungszahl Z. Dabei gibt es gibt Kerne zu gleichem Z aber verschiedener atomarer Massenzahl A (Isotope). Beispiele: Uran (Z = 92): Isotope (neben anderen) mit A = 235, 238 Wasserstoff (Z = 1): A = 1 (leichter, gewöhnlicher) Wasserstoff A = 2 schwerer Wasserstoff (Deuterium) A = 3 Tritium Annahme: Kern besteht aus A Protonen (Kerne des gewöhnlichen Wasserstoffs, Masse mH, Ladung +e) und A - Z Elektronen, hat dann Ladung Q = Ae + (A - Z)(-e) =27Ze. Zwischenbilanz 1925 Es gibt drei Teilchen e Elektron p Proton Photon (Lichtquant) Es gibt zwei Kräfte Schwerkraft Elektromagnetische Kraft (hält Atome zusammen, verantwortlich für alle Erscheinungen der Chemie) Offene Fragen: Es gibt keine befriedigende Theorie („Quantenregeln“ über „erlaubte“ Bahnen sind nur Notlösung.) Antwort (noch 1925) : Quantentmechanik Welche Kräfte wirken im Atomkern? (Elektrische Kräfte allein würden ihn platzen lassen.) Antwort (später) : Es gibt zwei weitere Kräfte. 28 Quantenmechanik ersetzt Newtonsche Mechanik im atomaren Bereich Matrizenmechanik Werner Heisenberg (1901 - 1976) Nobelpreis 1932 Wellenmechanik 1925 1926 Heisenberg kann die Newtonsche Gleichung formal beibehalten, wenn er die in ihr vorkommenden Größen Ort und Impuls „umdeutet“. (Sie werden Matrizen.) Schrödinger ersetzt Newtonsche Gleichung durch eine Wellengleichung (SchrödingerGleichung). Erwin Schrödinger (1887 - 1961) Nobelpreis 1933 Die beiden Theorien erscheinen als ganz verschieden, sind aber mathematisch völlig gleichwertig. Sie kommen ohne künstliche Quantenbedingungen aus. In beiden tritt als zentrale Größe das Plancksche Wirkungsquantum h auf. Die herkömmliche Vorstellung von Ort und Impuls muß erweitert werden (Heisenbergsche Unschärfebeziehung). 29 Relativistische Quantenmechanik 1928 Dirac verknüpft Quantenmechanik mit Relativitätstheorie. Wegen E 2 p 2c 2 m2c 4 muß es Teilchen mit positiver und negativer Energie geben: E p 2c 2 m 2c 4 . Paul A.M. Dirac (1902 - 1984) Nobelpreis 1933 1931 Dirac: Elektron (Ladung -e ) mit negativer Energie verhält sich wie Teilchen mit der Masse des Elektron, das positive Energie besitzt, aber die Ladung +e trägt, das Antiteilchen des Elektrons Er sagt die Existenz eines solchen Teilchens, des Positrons vorher. 30 Positron 1931 Anderson entdeckt das Positron in einer Nebelkammer . Carl D. Anderson (1905 - 1991) Nobelpreis 1936 Ein Teilchen mit den Eigenschaften eines Elektrons (geringe Tröpfchendichte der Spur) durchläuft die Nebelkammer von unten nach oben (Flugrichtung aus Energieverlust und damit Zunahme der Bahnkrümmung bei Durchquerung des Materials erschlossen). Aus Flugrichtung und Richtung der Bahnkrümmung im Magnetfeld folgt: positive Ladung . 31 Quantenelektrodynamik (QED) ca. 1940-1950 Feynman, Schwinger, Tomonaga u.a. entwickeln eine Theorie der Richard Feynman Wechselwirkung von Ladungen und Photonen (elektromagnetische Wechselwirkung). Die (komplizierten) Formeln der Theorie lassen sich aus (einfachen) Feynman-Diagrammen ablesen, die die Bewegung der Teilchen im Raum (x) und Zeit (t) symbolisieren. (1918 - 1988) Nobelpreis 1965 Bremsstrahlung e- e- + Kraft zwischen geladenen Teilchen entspricht Austausch eines Photons Paarbildung e- e+ Positron verhält sich wie ein rückwärts in der Zeit laufendes Elektron 32 Neutron 1932 Chadwick beobachtet ein neutrales Teilchen, das Neutron n , das beim Beschuß von Beryllium mit -Teilchen gebildet wird, (A=4, Z=2) + Be (A=9, Z=4) = C (A=6, Z=6) + n James Chadwick (1891 - 1974) Nobelpreis 1935 Nachweis: Vor Stoß: Proton ruht n + p Nach Stoß: Neutron ruht (beinahe) p + n Die unbekannten Teilchen werden in einem gasgefüllten Zählrohr untersucht. Enthält es Wasserstoff, so entstehen hohe Signale. Die neutralen Teilchen haben offenbar etwa die Masse der WasserstoffKerne (Protonen), stoßen sie an und diese ionisieren das Gas und lösen ein Signal im Zählrohr aus. Bei zentralem Stoß kann ein Neutron fast seine ganze Energie auf ein Proton übertragen, weil beide Teilchen fast die gleiche Masse haben. 33 Starke Wechselwirkung Die Kraft, die beim Stoß Neutron-Proton wirkt, kann keine elektrische Ursache haben, denn das Neutron ist ungeladen. Man vermutet, daß diese neue Kraft der starken Wechselwirkung den Zusammenhalt des Atomkerns bewirkt. Neues Bild vom Atomkern: Kern der Ordnungszahl Z und Massenzahl A enthält Z Protonen, N = A - Z Neutronen . Obwohl die positiv geladenen Protonen sich abstoßen, hält die starke Wechselwirkung alle Nukleonen (gemeinsamer Name für Protonen und Neutronen) zusammen. Spin der Nukleonen: Nukleonen haben wie Elektronen den Spin 1 2 . Isospin: von Heisenberg eingeführt: Proton und Neutron sind zwei Zustände des gleichen Teilchens. Es kann zwei verschiedene Ladungen haben, so wie das Elektron zwei Orientierungen des Spins haben kann. Isospin Ausrichtung I 1 2 I 3 12 Spin S 12 Ausrichtung ms 12 analog zu 34 Mesonen 1934 Yukawa versucht, die starke Wechselwirkung durch Austausch eines Teilchens zwischen Nukleonen zu erklären. Wegen der kurzen Reichweite der starken Wechselwirkung muß dieses Teilchen eine Masse haben, die zwischen der Elektronen- und der Nukleonenmasse liegt. Es wird Meson genannt. H. Yukawa (1907 - 1981) Nobelpreis 1949 1936 Anderson entdeckt in der kosmischen Strahlung ein geladenes Teilchen in diesem Massenbereich. Es zeigt keine starke Wechselwirkung. Wird später Müon genannt. 1947 Powell und Ochialini entdecken in C.F. Powell (1903 - 1969) Nobelpreis 1950 photographischer Emulsion die Spuren von stark wechselwirkenden, geladenen Mesonen (Mesonen oder Pionen). Erste Beobachtung eines Pion-Zerfalls in Emulsion. Beim Zerfall 35 entsteht ein Müon. Neutrino - Schwache Wechselwirkung Beim -Zerfall von Atomkernen geht scheinbar Energie verloren. Die nachgewiesenen Zerfallsprodukte haben weniger Energie als der Ausgangskern. 1930 Pauli postuliert als Ausweg die Existenz eines zusätzlichen neutralen Teilchens , das später (Anti-)Neutrino genannt wurde. Es zeigt weder elektromagnetische noch starke, sondern nur schwache Wechselwirkung. Diese ist für den -Zerfall typisch. Das Neutrino hat keine (oder nur sehr kleine Masse) und den Drehimpuls 12 . 1933 Fermi stellt eine erste Theorie der schwachen Wechselwirkung auf. Enrico Fermi (1901 - 1954) Nobelpreis 1938 Dabei treten Elektron und Neutrino paarweise auf. Beispiel: Zerfall des Neutrons n p e e- n p 4-Fermion-Wechselwirkung 36 Zwischenbilanz 1950 Kraft 4 Kräfte: elektromagnetische starke schwache (Schwerkraft) Name 3 Teilchenarten: Hadronen (Name erst 1962) Leptonen Photon Austauschteilchen Meson ? ? Theorie QED Yukawa (vorläufig) Fermi (vorläufig) Einstein (vorläufig) Eigenschaften Teilchen mit starker Wechselwirkung (und weiteren Wechselwirkungen): Nukleonen, Mesonen und Antiteilchen. Teilchen ohne starke aber mit schwacher Wechselwirkung (und ggf. elektromagnetischer Wechselwirkung: e , , und Antiteilchen hat nur elektromagnetische Wechselwirkung Offene Fragen: Theorien von Qualität der QED für andere Wechselwirkungen?_ Warum gibt es mehr Hadronen als Leptonen? Was ist das Müon? (Verhält sich wie schweres Elektron) 37 Teilchenbeschleuniger Prinzip: Geladene Teilchen (Elektronen aus Glühkathode oder Ionen, z.B. Protonen aus Gasentladung), werden durch elektrisches Feld beschleunigt. Heute werden Energien bis ca. 1 TeV = 1012 eV erreicht. Linearbeschleuniger: Energie wird in Teilschritten von vielen Beschleunigerstrecken, die hintereinander liegen, zugeführt. Ablenkmagnete Kreisbeschleuniger: Magnetfelder führen Teilchen auf Ringbahn. Beschleunigungsstrecken werden oft durchlaufen. 38 Blasenkammer 1953 Glaser entwickelt die Blasenkammer: In einer überhitzten Flüssigkeit hinterläßt ein geladenes Teilchen eine Spur aus kleinen Blasen, die genau vermessen werden kann. Donald Glaser (1926- ) Nobelpreis 1960 Beim Stoß eines Photons hinreichend hoher Energie mit einem Atomkern können ein Elektron und ein Positron entstehen. In diesem Blasenkammerbild kommt das Photon von rechts. Die Kammer befindet sich in einem Magnetfeld. Elektron und Positron hinterlassen Spuren mit verschiedenen Krümmungsvorzeichen. 39 V-Teilchen 1947 Rochester und Butler entdecken neutrale und geladene Teilchen, die nach dem Erscheinungsbild, das ihr Zerfall in der Nebelkammer hinterläßt, „V“-Teilchen genannt werden. Heißen heute K0, K+ . In der Folge werden weitere V-Teilchen entdeckt: K - , 0 , + , - , 0 . Ein neutrales Teilchen (K0) (das keine Spur hinterläßt) zerfällt in zwei geladene Teilchen (+ , - ), deren Spuren in der Nebelkammer vom Zerfallspunkt ausgehen und ein „V“ bilden. 40 Neue Hadronen Ab ca. 1950 werden viele weitere Hadronen entdeckt: Blasenkammeraufnahme Antinukleonen Resonanz-Teilchen, die nach sehr kurzer Zeit (ca. 10-23 sec) stark in andere Hadronen zerfallen, z.B. 0 , 0 p „seltsame“ Teilchen, die nach sehr viel längerer Zeit (ca. 10-10 sec) schwach in andere Hadronen zerfallen; dazu gehören auch die V-Teilchen, K 0 , 0 p Man findet, daß sie in Paaren erzeugt werden, z.B. p K 0 0 . 41 Neue Quantenzahlen für Hadronen Seltsamkeit (strangeness): S(K0) = +1, S(0 ) = -1, [S() = 0, S(p) = 0] Summe der Seltsamkeit ändert sich nicht bei starker Wechselwirkung (Erzeugung von K0 und 0 ), wohl aber bei schwacher Wechselwirkung (Zerfall von K0 oder 0 ) Baryonenzahl: B = +1 für Proton und alle Hadronen, bei deren Zerfall ein Proton übrigbleibt. Solche Teilchen heißen Baryonen. B = -1 für Antiproton und Hadronen, bei deren Zerfall ein Antiproton übrigbleibt (Antibaryonen). B = 0 für alle anderen Hadronen (Mesonen). Außerdem: Spin, Isospin, Parität, ..... I3-S-Diagramme: Diagramme, in denen die Seltsamkeit S gegen die Isospinzahl I3 (bei sonst gleichen Quantenzahlen) aufgetragen sind, zeigen große Regelmäßigkeit. Sie sind 42 das Periodensystem der Hadronen. I3-S-Diagramme für Quarks und Mesonen 43 I3-S-Diagramme für Baryonen 44 Quark-Hypothese 1964 Gell-Mann und Zweig vermuten: Hadronen bestehen aus Bausteinen, denen Gell-Mann den Namen Quarks gab. Name M. Gell-Mann (1929- ) Nobelpreis 1969 Zeichen up-Quark down-Quark strange-Quarks u d s B Q 1/3 1/3 1/3 2/3 e -1/3 e -1/3 e I3 S 1/2 -1/2 0 0 0 -1 + Antiquarks Alle Quarks haben Spin 1 / 2 Baryonen bestehen aus 3 Quarks, qqq, B 1 Antibaryonen bestehen aus 3 Antiquarks, q q q , B 1 Mesonen bestehen aus 1 Quark und 1 Antiquark, qq , B 0 Das Schema sagt die Existenz weiterer Hadronen voraus, die auch gefunden werden. 45 Zwei verschiedene Neutrinos Sind Neutrinos, die gemeinsam mit Elektron bzw. Müon erzeugt werden, identisch oder verschieden, also e oder e e Durch Reaktion eines Neutrinos mit einem Atomkern könnte in der Blasenkammer ein Müon erzeugt werden (oberes Bild) oder ein Elektron, das zu einer „Kaskade“ von ElektronPositron-Paaren führt (unten). Gibt es nur eine Neutrino-Art, so können Neutrinos aus dem -Zerfall sowohl Elektronen als auch Müonen erzeugen, anderenfalls nur Müonen. 46 Strahl von Müonen aus -Zerfall Protonen werden aus dem Synchrotron ausgelenkt und erzeugen beim Aufprall auf Wolfram Pionen, aus deren Zerfallsprodukten durch die Strahlabschirmung der reine Neutrino-Strahl herausgefiltert wird zum Eintritt in die Blasenkammer. 47 Entdeckung des Müon-Neutrinos Ergebnis: Neutrinos aus dem Zerfall erzeugen nur Müonen, keine Elektronen. Es gibt zwei verschiedene Neutrinoarten. Leon M. Lederman Melvin Schwartz Jack Steinberger (1922 - ) Nobelpreis 1988 (1932 - ) Nobelpreis 1988 (1921 - ) Nobelpreis 1988 Das Ergebnis wurde 1962 von Lederman, Schwartz und Steinberger mit Funkenkammern und wenig später am CERN in Genf mit einer Blasenkammer gefunden. Ein Neutrino aus dem Pi-Zerfall tritt von links in die Blasenkammer und erzeugt ein Müon (lange Spur nach rechts). Der Rückstoßkern liefert eine kurze Spur nach unten. (Die von oben nach unten durchgehende Spur hängt 48 nicht mit dem Neutrino zusammen.) Neue Quantenzahlen für Leptonen Leptonen sind Teilchen (bzw. Antiteilchen), die schwache und elektromagnetische, aber keine starke Wechselwirkung zeigen. Sie treten geladen und ungeladen auf. Es gibt zwei Generationen (Elektron- und Müon-Generation). Die Massen von Elektron und Müon sind sehr verschiedenen. Die Neutrinos sind masselos oder haben sehr kleine Massen. Teilchen Q Le 1 1 0 1 L 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 e e 1 0 e e Antiteilchen Q Ladung (in Einheiten der Elementarladung) Le Elektron-Leptonenzahl L Müon-Leptonenzahl Le , L sind ladungsähnliche Quantenzahlen, die in allen Reaktionen streng erhalten sind, z.B. Le 0 L 1 e e 1 1 0 0 0 1 49 Theorie der schwachen Wechselwirkung schwere Bosonen Auch die schwache Wechselwirkung wird durch Austauschteilchen vermittelt, die schweren Eichbosonen W+, W- +, Z0 . Einige Diagramme mit diesen Bosonen: Bosonen vermitteln zwischen Quarks und Leptonen, die geladenen Bosonen auch zwischen verschiedenen Quarks und verschiedenen Leptonen. Beispiel: Zerfall des Neutrons n p e e 50 Vereinheitlichte Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung 1967 Sheldon Glashow (1932- ) Nobelpreis 1979 Elektromagnetische und schwache Wechselwirkung haben die gleiche Ursache. Es gibt 4 elektroschwache Eichbosonen, die beiden geladenen W ,W und zwei neutrale , Z0 , von denen eines das Photon ist. Abdus Salam (1926-1996 ) Nobelpreis 1979 1973 Ein starker, wenn auch indirekter Hinweis auf die Existenz des schweren neutralen Bosons Z0 wird gefunden, die Streuung von ElektronNeutrinos an Elektronen e e Z0 Steven Weinberg (1933- ) Nobelpreis 1979 e- e- 51 Vorhersage und Entdeckung des Charm-Quarks 1964, 1970 Neben u, d, s soll es ein viertes Quark c (Charm) geben. Damit wird eine Symmetrie zwischen den 4 Leptonen e , e Samuel Ting (1936 - ) Nobelpreis 1976 erreicht und es können einige sonst unerklärbare Befunde verstanden werden. Ein neues Quark bedeutet, daß viele weitere Hadronen existieren. 1974 Burton Richter (1931 - ) Nobelpreis 1976 In zwei ganz verschiedenen Experimenten finden zwei Gruppen unter der Leitung von Ting bzw. Richter ein schweres Meson J/, das als ( cc )-Zustand interpretiert wird. 52 Theorie der starken Wechselwirkung (QCD) Ab ca. 1965 wurde die starke Wechselwirkung als Wechselwirkung zwischen den Quarks verstanden: Jedes der Quarks (u,d,s) existiert in 3 Arten, die sich in einer Eigenschaft, der „Farbe“ unterscheiden. Quarks tragen Farbe (rot, grün, blau), Antiquarks tragen Komplementärfarbe oder „Antifarbe“ (antirot, antigrün,antiblau) Kräfte der starken Wechselwirkung zwischen Quarks werden durch Austausch eines Feldquants, des Gluons, bewirkt. Das Gluon trägt selbst Farbe. (Das Photon der QED trägt keine elektrische Ladung) Hadronen sind gebundene Zustande aus Quarks, die selbst farbneutral (weiß) sind: In Analogie zur Quantenelektrodynamik (QED) wurde eine Theorie der starken Wechselwirkung entwickelt. Wegen des Ausdrucks „Farbe“ heißt sie Quantenchromodynamik (QCD). 53 Gluonen tragen Farbe Farbfluß im QCD-Prozeß QED rot QCD blau Das ausgetauschete Gluon hat die Farbe rot-antiblau r Dieser Vertex macht die Theorie wesentlich verschieden von der QED: Die elektromagnetische Kraft nimmt mit wachsendem Abstand der elektrischen Ladungen ab. Die Farbkraft nimmt mit wachsendem Abstand der Farbladungen zu. g b Neben qqg-Vertex existiert auch ggg-Vertex 54 Zwischenbilanz 1975 Es gibt 3 Kräfte Kraft Austauschteilchen (Eichbosonen) elektroschwach stark (Schwerkraft) , Z0, W+, Wg Graviton? 4 Leptonen (in zwei Generationen) e , e + Antiteilchen 4 Quarks (in zwei Generationen) u , d c s + Antiteilchen Offene Fragen: Existieren die Quarks wirklich? (Oder sind sie nur Hilfsmittel zur Ordnung der Fülle von Hadronen?) Existiert das Gluon? Existieren die schweren Bosonen W+, W-, Z0 ? Existieren weitere Generationen von Leptonen und Quarks? 55 Speicherringe In einem Speicherring werden positive und negative Teilchen in entgegengesetzter Umlaufrichtung beschleunigt und an einigen Punkten im Ring zur Kollision gebracht. Diese Punkte werden mit Teilchendetektoren umgeben, deren Daten in Computer ausgelesen werden. Vorteile: Höhere nutzbare Energie Sehr „saubere“ Reaktionen (keine störende Materie des Targets) Name Ort DORIS Hamburg PETRA Hamburg S pp S Genf LEP Genf HERA Hamburg Schema eines Speicherrings Teilchen Gesamtenergie ee ee pp ee ep 10 GeV 46 GeV 450 GeV 200 GeV ca. 300 GeV Schema eines Experiments am Speicherring Große Speicherringe in Europa 56 Die 3. Generation von Leptonen und Quarks 1975 M. Perl und Mitarbeiter entdecken ein drittes geladenes Lepton, das (Tau-Lepton) mit der Masse 1780 MeV/c2 in einem Experiment an einem e+e- - Speicherring in Stanford, Kalifornien. e e , e e , Da m m , können beim Zerfall dieses Leptons im Endzustand auch Mesonen auftreten, z.B. Martin L. Perl (1927 - ) Nobelpreis 1995 , . 1977 Lederman und Mitarbeiter entdecken am Fermi-Labor bei Chicago das - Meson, einen (bb ) - Zustand. Das BottomQuark b ist eines der beiden Quarks der 3. Generation und hat die Masse mb 4,5 GeV/c. 1997 Das Top-Quark t wird an einem pp-Speicherring höchster Energie (2000 GeV) ebenfalls am Fermi-Labor gefunden. Es hat die ungewöhnlich hohe Masse mt 175 GeV/c. 57 Nachweis von Quarks über die Beobachtung und Analyse von 2-Jet-Ereignissen Theorie (QED): Folgende 2 Prozesse sind ähnlich. Feynman-Diagramm im Labor Winkelverteilung ee ee qq Experiment: Man beobachtet die vorhergesagte Winkelverteilung, allerdings für Jets (Bündel von Hadronen). Freie Quarks (Teilchen mit Ladungen e/3, 2e/3) werden nicht beobachtet. 58 Modell zur Entstehung von Quark-Jets Die in einer Elektron-Positron-Vernichtung erzeugten Quarks fliegen voneinander weg. Dabei wird zwischen ihnen ein „Farbfeld“ (auch Farbschlauch genannt) aufgebaut, dessen Feldenergie der Bewegungsenergie entnommen wird. Die Energie im Farbfeld kann zur Erzeugung weiterer Quark-Antiquark-Paare ausreichen. Aus den ursprünglichen und den aus der Feldenergie erzeugten Quarks und Antiquarks werden farbneutrale Hadronen gebildet. 59 Der PLUTO-Detektor 1979 am Speicherring PETRA 60 PLUTO 61 PLUTO-Ereignis Elektron +Positron --> Quark + Antiquark --> 2 Jets 62 Nachweis des Gluons über die Beobachtung und Analyse von 3-Jet-Ereignissen Beim Aufbau des Farbfeldes werden Quark und Antiquark abgebremst, d.h. sie erfahren eine (negative) Beschleunigung. So wie eine beschleunigte elektrische Ladung Photonen abstrahlt, strahlt eine beschleunigte Farbladung Gluonen ab. Der Prozeß kann für hohe qg-Relativimpulse nach der QCD berechnet werden. Ereignisse mit hohen qg-Relativimpulsen haben neben den beiden Quark-Jets einen getrennten Gluon-Jet. Mit der Beobachtung von 3-Jet-Ereignissen am PETRA-Speicherring in Hamburg durch die Experimente JADE, MARKJ, PLUTO und TASSO im Jahre 1979 wurde das Gluon experimentell entdeckt. 63 3-Jet-Ereignis 64 Proton-Antiproton-Speicherring aus Messungen am Elektron-Positron-Speicherring, PETRA, zeichnete sich ab, daß die Massen der schweren Bosonen W+, W-, Z0 bei etwa 100 GeV lagen. Van der Meer entwickelte eine Technik, die es ermöglicht, Antiprotonen in einem Ring zu speichern. Der 300 GeV Proton-Beschleuniger des CERN wurde zu einem Proton-Antiproton-Speicherring umgebaut, mit dem die Bosonen erzeugt werden konnnten. Simon van der Meer (1925 - ) Nobelpreis 1986 65 Erzeugung und Nachweis des Z0-Bosons Beim Stoß eines Protons und eines Antiprotons können ein Quark und ein Antiquark miteinander reagieren und ein Z0 bilden, das z.B. in ein ElektronPositron-Paar zerfällt. Feynman-Diagramm im Labor Man erwartet das Auftreten eines Elektrons und eines Positrons mit charakteristischen Energien und Impulsen. (Zusätzlich treten Jets auf, die von den übrigen Quarks verursacht werden.) Carlo Rubbia (1934 - ) Nobelpreis 1986 1983 Den Gruppen UA1 (unter Leitung von Rubbia) und UA2 gelingt auf diese Weise der Nachweis des Z0 . 66 Z0 e+e- im UA1-Detektor 67 Erzeugung und Nachweis von W-Bosonen Feynman-Diagramm im Labor Man erwartet im Detektor ein einzelnes Elektron hoher Energie. Das Neutrino hinterläßt keine Spur. Seine Anwesenheit macht sich dadurch aber bemerkbar, weil nicht die ganze Rekationsenergie nachgewiesen wird: Es „fehlt“ Energie. Erzeugung eines W- (UA1-Ereignis).Die Spur des Elektrons ist gekennzeichnet. 68 Der LEP-Speicherring Die W- und Z-Bosonen bilden mit dem Lichtquant eine Teilchenfamilie. Die Präzisionsmessung ihrer Eigenschaften hat deshalb große Bedeutung für die Physik. Um sie möglichst sauber (ohne störende andere Teilchen) und in großer Zahl erzeugen zu können, wurde ein großer Elektron-Positron-Speicherring, LEP, am Europäischen Forschungszentrum CERN bei Genf gebaut. In großen internationalen Kollaborationen werden dort seit 1989 vier Experimente betrieben. Eines ist das ALEPH-Experiment, an dem auch die Universität Siegen beteiligt ist. 69 Satellitenbild von Genf und Umgebung 70 71 Blick in den LEP-Tunnel 72 73 74 75 Z-Boson als Resonanz 76 Breite der Z-Resonanz Hängt von Anzahl und Stärke der möglichen Zerfallskanäle ab: für alle q mit M(q) < M(Z)/2, d.h. q = u,d,s,c,b für alle l mit M(l) < M(Z)/2, d.h. l e, , für alle Neutrinos mit Massen < M(Z)/2 d.h. l e , , , 77 Z --> 2 Müonen 78 Z --> Elektron + Positron 79 Z --> 2 Tau-Leptonen 80 Z --> Quark + Antiquark --> 2 Jets 81 Wie viele Generationen von Fermionen gibt es? u c t Quarks ... ? d s b e ... ? Leptonen e M(u)~M(d)~0.01GeV M(s)~0.3GeV M(c)~1.4GeV M(b)~4.3GeV M(t)~175 GeV M (e) ~ 0.0005GeV M ~ 0.16GeV M ~ 1.7GeV M e 0.00000001GeV M 0.00017GeV M 0.024GeV •Während geladene Leptonen schwer sein können, sind die zugehörigen Neutrinos sehr leicht (möglicherweise masselos) •Noch unentdeckte geladene Leptonen L mit M(L) > M(Z)/2 ~ 45GeV hätten wohl Neutrinos mit Massen < M(Z)/2 als Partner. Sie könnten paarweise erzeugt werden und trügen dann zur Breite der Z-Resonanz bei. •Ein solcher Beitrag wurde nicht beobachtet •Erklärung: Es gibt nur die drei bekannten Generationen 82 Experimenteller Befund: Es gibt genau drei FermionGenerationen 83 Paarerzeugung freier W-Bosonen • Durch Energieerhöhung ist seit Sommer 1997 bei LEP die Erzeugung von Paaren schwerer Bosonen möglich • Damit können erstmals bei LEP freie W-Bosonen erzeugt werden Mögliche Zerfälle des W: 84 WW --> 4Jets 85 WW --> 2 Jets + Tau + Neutrino, Tau --> Rho + Neutrino 86 WW --> 2(Müon + Neutrino) 87 Bilanz 2000 Es gibt 3 Kräfte Kraft Austauschteilchen (Eichbosonen) elektroschwach stark (Schwerkraft) , Z0, W+, Wg Graviton? 6 Leptonen (in drei Generationen) e , e , + Antiteilchen 6 Quarks (in drei Generationen) u , d c , s t + Antiteilchen b Offene Fragen: Warum 3 Generationen (Substruktur, Strings)? Wie erklären sich die Massen der Teilchen? (Higgs?) Haben die Neutrinos Masse? Gibt es eine Quantentheorie der Schwerkraft? Gibt es eine einheitliche Theorie aller Kräfte? Es gibt noch viel zu tun! 88 Internet-Links zum Vortrag • Universität Siegen http://www.uni-siegen.de • Fachbereich Physik http://www.physik.uni-siegen.de • Nobelpreisträger http://www.nobel.se • CERN http://www.cern.ch/ • ALEPH http://alephwww.cern.ch/ 89