folien 04.06.08

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Malta
Sehr kleines Land (316km2, 369.000 Ew.), früher von strategischer
Bedeutung (Malteserritterorden, napoleonische Herrschaft - ab 1814
britische Kronkolonie und vor allem Marinestützpunkt)
1956 Volksabstimmung 90% pro Integration in UK unter ähnlichem Statut
wie Nordirland (Boykott des Referendums durch etwa 50% der
WählerInnen), alle maltesischen Parteien wollten Unabhängigkeit
1964 unabhängig im Rahmen des Commonwealth, Aufnahme in UNO
Seit 1974 unabhängige demokratische Republik
Seit 1987 blockfrei und militärisch neutral; Selbstbild als „Brücke über das
Mittelmeer“ zw. S-EU und N-Afrika
Britisch geprägt aber, aufgrund völlig anderer politischer Kultur und Praxis
andere Entwicklung des politischen Systems
Privilegierte Kirche, Staatsreligion römisch-katholisch (98%), prinzipiell gilt
kanonisches Familienrecht, 1993 Reform
Nationalsprache Maltesisch/ Malti (aus arabischem Dialekt entwickelte
Sprache, italienische und englische Einflüsse), komplementär Englisch,
bilingual/multilingual
Malta
Systemtyp: Parlamentarisches System
Verfassung: 1964, es gilt die Fassung von 1974 mit Ergänzungen von 1987
Detaillierter Grundrechtskatalog, dennoch Menschenrechtsverletzungen
und Verstöße gegen Pressefreiheit bis in die 1980er Jahre
Verfassungsgericht formal wichtig, real werden Richter aber von
Justizminister eingesetzt
Parlament: Einkammernsystem, 5 Jahre, besteht aus Staatspräsident,
Speaker (Wahl in erster Sitzung) und Repräsentantenhaus (normalerweise
65MPs), beschlussfähig bei Quorum von 15
Auflösung durch Präsident möglich. wenn Regierung mit Mehrheit
Vertrauen entzogen wird und Premier nicht innerhalb 3 Tagen zurücktritt
auch Regierung kann Initiative dazu setzen (z.B. wenn Abgeordnete das
Lager wechseln, oder wenn Speaker bei Pattsituation seine casting vote
benutzt)
Auflösung kann vermieden werden, wenn neuer Premier Vertrauen erhält
Premier und Präsident müssen sich über Prozedere jeweils beraten
Malta
Starker Fraktionszwang, quasi Anwesenheitspflicht, da oft sehr knappe
Mehrheitsverhältnisse
„Feierabendpolitiker“ (meist berufstätig), keine parlamentarischen
MitarbeiterInnen, nur geringe Aufwandsentschädigung, aber Privilegien;
Ausschüsse nur selten einberufen
Wenig Möglichkeiten für Opposition (kann Zustimmung zu Gesetzen
verweigern und Anfragen stellen)
Seit 1995 unabhängiger Ombudsmann
Sehr geringe Repräsentanz von Frauen (unter 10%) (traditionelle Muster)
Seit den 1970er Jahren nur zwei Fraktionen MLP und PN
Wahlsystem:
Hohe Wahlbeteiligung (meist über 90%), sehr stabiles Wahlverhalten
(familiäre Traditionen, NW/SO-Differenz), kompliziertes Wahlsystem
Mehrheitswahlrecht in 65 Wahlkreisen, aber seit Verfassungsänderung
1987 gewährleistet, dass landesweit stimmenstärkste Partei Mehrheit der
Sitze im Parlament hat („Bonus-Sitze“), 1996 modifiziert (Sitzmehrheit auch
bei relativer Mehrheit)
Malta
Regierung:
Kabinett politische Schaltzentrale
Staatspräsident ernennt Parteivorsitzenden der stimmenstärksten Partei zum
Premier, dieser bestimmt Kabinett, steht meist schon vorher fest, jeweilige
Oppositionspartei verfügt über „Schattenkabinett“
Auch Oppositionsführer wird vom Präsidenten ernannt
Regierungsmitglieder müssen MPs sein
Seit 1955 Mehrheitsregierungen zuvor auch Koalitions- und
Minderheitsregierungen
Misstrauensvoten und Vertrauensfrage in den letzten Jahrzehnten selten, Minister
können auch einzelnen abberufen werden
Premier: Lawrence Gonzi (NP)
2003: Nationalist Party: 51,7% (35 Sitze), Malta Labour Party: 47,6% (30 Sitze), 96%
Wahlbeteiligung, vorgezogene Wahlen wegen knappen Ausgangs des EUReferendums
2008: Nationalist Party: 49,3% (35 Sitze), Malta Labour Party: 48,8% (34 Sitze),
landesweit NP ca. 1.500 Stimmen Vorsprung
Malta
Parteiensystem:
Cleavage Tradition und Moderne entspricht nicht immer Parteitrennlinien
De facto Zweiparteiensystem seit 1966: PN (Nationalist Party) „christdemokratisch“
und MLP (Malta Labour Party) “sozialistisch”, unbedeutende kleinere Parteien
Parteien hierarchisch und zentralistisch strukturiert, finanziert großteils aus
Spenden, keine staatliche Parteienfinanzierung, ausgeprägter Klientelismus
1980er Jahre auch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Parteien
Präsident:
Wird traditionell vom Premierminister vorgeschlagen (Loyalität), seit 1974 von
Parlament gewählt, 5 Jahre, kann bei Unfähigkeit abgewählt werden
Formal Oberaufsicht über Rundfunk, Polizei und Militär, de facto repräsentative
Funktion, ultima ratio in Krisensituationen (in den 1980er Jahren Diskussion um
Erweiterung der Befugnisse, aber nicht realisiert)
Vertreter bei Verhinderung bestimmt durch Premier und Oppositionsführer oder
Oberster Richter übernehmt Vertretung
Für Interimsphasen Acting President
Edward Fenech Adami (seit 2004)
Malta
Gesetzgebung:
Initiative fast ausschließlich Regierung bzw. zuständiger Minister (obwohl
auch MPs Initiativrecht haben)
Gesetze meist vage formuliert, enthalten nur Gesetzesprinzipien, genaue
Details in Ausführungsbestimmungen, die Minister erlassen
Einfache Mehrheit, bei Verfassungsänderungen 2/3 (meist vorher
informelle Sondierungen)
Zahl der anwesenden MPS entscheidet, ob Gesetz angenommen oder
nicht (Whips sorgen für Präsenz), keine förmliche Abstimmung, bei
abweichenden Meinungen sehr selten) wird dies vor Abstimmung bekannt
gegeben, nur bei Unklarheiten formelle Abstimmung (nicht geheim,
BefürworterInnen stehen auf)
Plebiszit:
Volksabstimmungen als einzig direkt demokratisches Verfahren
Malta
Hinsichtlich EU-Integration gespalten (PN pro: weg von der „Peripherie der
Peripherie“, Tourismusentwicklung, wirtschaftlicher Aufschwung; MLP
contra: Volkswirtschaft nicht konkurrenzfähig, Abwanderung von
qualifizierten Arbeitskräften, Arbeitsmigration aus Sizilien)
EU-Beitrittsantrag: 1990
Eröffnung Beitrittsverhandlungen: 2000
EU-Abstimmung: März 2003, knapper Ausgang 53,6% (sehr hohe
Beteiligung 91,0%)
EU-Beitritt: 2004
EP-Wahlen 2004: 82,37% Wahlbeteiligung
Mitglied der Eurozone: seit 2008
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