zusätzliches Material Optik und Mikroskopie WS 2009/2010 zusammen gestellt von Matthias Barth mit vielen Fotos von Regina Deforth Optik und Mikroskopie Ziele der Lehrveranstaltung • Erlernen der Methodik des Mikroskopierens • Vertiefen der Kenntnisse in Mineraloptik • Bestimmen der wichtigsten gesteinsbildenden Minerale im Durchlichtmikroskop Das Mikroskopieren ist eine der wichtigsten Arbeitsmethoden der Geowissenschaften und Sie werden die in diesem Kurs vermittelten Grundkenntnisse noch in vielen anderen Lehrveranstaltungen und wahrscheinlich auch nachher in ihrem Beruf brauchen! Das Polarisationsmikroskop In der Mineralogie verwendete Durchlichtmikroskope zeichnen sich dadurch aus, dass mit ihnen nicht nur Präparate (z.B. Mineralkörner eines Dünnschliffes) unter starker Vergrößerung betrachtet werden können. Durch die Verwendung von polarisiertem Licht und der Möglichkeit Minerale unter gekreuzten Polarisatoren zu studieren, eröffnen sich viele Möglichkeiten verschiedene optische Eigenschaften von Mineralen zu bestimmen. Diese Eigenschaften erlauben oft eine eindeutige Mineraldiagnose mit relativ einfachen Mitteln. Wesentliche Information zum Gefüge von Gesteinen ist oft nur mikroskopisch zu erhalten (z.B. feinkörnige Vulkanite). Bei der Durchlichtmikroskopie wird üblicherweise mit "weißem", linear polarisiertem Licht gearbeitet, das mit Hilfe von Polarisationsfiltern erzeugt wird. Frischen Sie Ihre Kenntnisse in Physik auf! Schlagworte: • Wellentheorie des Lichtes nach der Theorie von Maxwell; Licht als elektromagnetische Welle • sichtbare Wellenlänge des Lichtes: weißes Licht (395-760 nm), • monochromates Licht: bestimmte Wellenlänge (z.B. blau 450 nm, grün 550 nm, rot 700 nm) • normales Licht, linear polarisiertes Licht Lichttheorien A. Wellentheorie C. Huygens (1629-1695): Begründer der Wellenlehre; Huygenssches Prinzip J. Maxwell (1831-1879): Theorie des Lichts als elektromagnetische Welle B. Teilchentheorie I. Newton (1643-1727): Begründer der Korpuskular- oder Teilchentheorie M. Planck (1858-1947): Quantentheorie Ad. A. • Elektromagnetische Welle besteht aus zwei senkrecht aufeinander schwingenden Sinuswellenzügen. Der Ausschlag (= Amplitude) entspricht der elektrischen bzw. magnetischen Feldstärke • Die beiden Wellen schwingen in Phase • Gewöhnlich wird nur die elektrische Komponente betrachtet. Bezeichnungen: • Wellenlänge l = kürzester Abstand von zwei Punkten im gleichen Schwingungszustand • Schwingungsdauer T = Zeit in der eine Schwingung ausgeführt wird • Frequenz n = Anzahl der Schwingungen pro Zeiteinheit; Anzahl pro s = Hertz (Hz) • Wellengeschwindigkeit; abhängig vom Medium! ; im Vakuum c = 2.998 * 108 ms-1 c/l = n = 1/T Wellentheorie ist besonders geeignet zur Erklärung von • Interferenz • Polarisation Optik und Mikroskopie Einige Bemerkungen zum Mikroskopieren Vor dem Beginn des eigentlichen Mikroskopierens sollten Sie die Bestandteile eines Mikroskops kennen. 1. Nachdem Sie die Lichtquelle des Mikroskops eingeschaltet haben, prüfen Sie, ob die Kondensor-Frontinse (und bei den älteren Mikroskopen die Bertrand-Amici Linse) ausgeklappt sind. Diese werden nur beim konoskopischen Strahlengang ("Achsenbild") verwendet. 2. Öffnen Sie die Kondensor-Aperturblende. 3. Klappen Sie den Analysator aus. Bei eingeklapptem Analysator (gekreuzte Polarisationsfilter) bleibt das Gesichtsfeld, wenn sie kein Präparat auf dem Objekttisch liegen haben, dunkel! Dann sind die Pol. Filter exakt 90° gekreuzt. 4. Nachdem Sie einen Dünnschliff auf dem Objekttisch postiert haben – mit der richtigen Seite, also mit dem Deckglas nach oben! – überprüfen Sie, ob die Objektive zentriert sind. Falls erforderlich zentrieren sie diese bzw. den Objekttisch, nachdem ein Betreuer Sie diesbezüglich eingewiesen hat. Dies ist vor allem bei den Objektiven mit stärkerer Vergrößerung nötig (z.B. Erstellung eines Achsenbild). Zum Wechsel der Objektive nicht am Objektivrevolver-Ring drehen (Gefahr des Dezentrierens!) Das mikroskopische Präparat - Der Dünnschliff Die meisten gesteinsbildenden Minerale sind bei einer Dicke von <30μm durchsichtig und können im Durchlicht untersucht werden (=Durchlichtmikroskopie). Solche die es nicht sind, wie z.B. viele Erze, werden als opak bezeichnet. Sie können nicht im Durchlicht, sondern nur im Auflicht untersucht werden (=Auflichtmikroskopie). Das Präparat wird auf einen Glasträger (Standardgröße 4.5 x 2,7 cm) aufgeklebt (mit Zweikomponentenkleber, Kanadabalsam, Araldit etc.), durch Schleifen (diverse Schleifmittel, wie Korund, Diamant) auf eine Dicke von ca. 25-30 µm gebracht und schließlich mit einem sehr dünnen Glasplättchen (Deckglas) abgedeckt. Optik und Mikroskopie Welche Eigenschaften bzw. Parameter können zur Bestimmung verwendet werden? Morphologische Angaben 1) Umgrenzung von Kornschnitten 2) Proportionen von Kornschnitten und Raumgestalt 3) Zwillinge 4) Spaltbarkeit 5) Zonarstrukturen, Einschlüsse Optische Parameter 1) Höhe der Lichtbrechung (Brechungsindices, Relief) 2) Eigenfarbe, Pleochroismus 3) Optische Isotropie bzw. Anisotropie 4) Interferenzfarben und Doppelbrechung 5) Lage und Bezeichnung der Schwingungsrichtungen 6) Optischer Charakter (einachsig - zweiachsig, positiv - negativ) 7) Achsenwinkel 8) Dispersion der Achsen und der Lagen Beziehungen zwischen optischen und morphologischen Eigenschaften 1) Auslöschungsschiefe 2) Lage der optischen Achsen und Achsenebene 3) Zonencharakter Optik und Mikroskopie Durchsichtige - undurchsichtige (= opake) Minerale Undurchsichtige = opake Minerale: sind auch bei geringer Dicke im Dünnschliff undurchsichtig → Untersuchung mittels Auflichtmikroskopie, Erzmikroskopie Durchsichtige Minerale: im Dünnschliff durchsichtig → Untersuchung mittels Durchlichtmikroskopie 1. optisch isotrope Kristalle 2. optisch anisotrope Kristalle Erkennen von Isotropie - Anisotropie In Abhängigkeit von der Gitterstruktur eines Minerals liegt bei vielen Kristallen eine Richtungsabhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes vor (optische Anisotropie!). Es lassen sich zwei normal aufeinander schwingende Teilstahlen unterscheiden, die sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit fortpflanzen. Ein schnellerer (=mit niedrigere Lichtbrechung nα´), und ein langsamerer (=höherere Lichtbrechung nγ´). Isotrope Medien (z.B. Gläser, kubische Minerale wie etwa Granat) zeigen keine richtungsabhängige Ausbreitung des Lichtes. Diagnose: Bei gekreuzten Polarisationsfiltern bleiben isotrope Kristalle dunkel. Anisotrope zeigen 4x Dunkel- und 4x maximale Aufhellungsstellung! Dunkelstellung bei 0, 90, 270, 360°, Hellstellung bei 45, 135, 225, 315°. Strahlengang im Mikroskop Das Köhler’sche Beleuchtungsverfahren ermöglicht die Betrachtung des Minerals unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten. Orthoskopische Abbildung: ermöglicht vor allem die Strukturanalyse des Dünnschliffs. Konoskopische Abbildung: ermöglicht die Analyse der Lichtwellen in verschiedenen Richtungen des einzelnen Minerals; v.a. Achsenbilder und Bestimmung des optischen Charakters. Morphologische Eigenschaften Umgrenzungen von Kornschnitten Zur Beschreibung, inwieweit kristallographische Flächen an einem Mineralkorn ausgebildet sind, werden die Begriffe idiomorph, hypidiomorph und xenomorph verwendet. • idiomorph (euhedral): alle beobachtbaren Grenzflächen sind gerade Flächen • hypidiomorph (subhedral): nur ein Teil der Grenzflächen ist schön ausgebildet • xenomorph (anhedral): keine ausgebildeten Grenzflächen erkennbar Kornschnitte und Raumgestalt Die räumliche Ausbildung eines Minerals ergibt sich aus den Proportionen der verschiedenen Korndurchschnitte einer Mineralart. 1. Isometrische (äquidimensionale) Ausbildung: Flächenausdehnung nach allen Richtungen annähernd gleich; z.B. alle kubischen Kristalle. 2. Anisometrische (nicht äquidimensionale) Ausbildung: Flächenausdehnung richtungsabhängig verschieden; z.B. lang gestreckte, prismatische Kristalle; nichtkubische Kristalle. Mit etwas Erfahrung kann aus mehreren Schnittlagen eines Minerals auf das Kristallsystem geschlossen werden. Man beachte, daß im Mikroskop immer ein zweidimensionales Bild beobachtet wird, während sich ein Kristallsystem auf ein dreidimensionalen Körper (eigentlich dessen Achsenkreuz etc.) bezieht. Daher immer mehrere Schnittlagen einer Mineralart, aber auch andere Kriterien, wie die Auslöschungsschiefe, in Betracht ziehen! Äußere Form idiomorph (euhedral) = vollständig von geraden Kanten umgeben typische Schnittfiguren idiomorpher gesteinsbildender Minerale Sodalith (PPL) Titianit (PPL) Leucit (PPL) Äußere Form hypidiomorph (subhedral) = nur teilweise von geraden Kanten umgeben Biotit (PPL) Äußere Form xenomorph (anhedral) = vollständig unregelmäßig Amphibol (PPL) Biotit (PPL) Quarz (XPL) Spaltbarkeit Spaltbarkeit ist die gitterbedingte "Neigung" von Mineralen sich bei mechanischer Einwirkung entlang bestimmter kristallographischer Flächen aufzuspalten. Es entsteht meist eine Schar paralleler Spaltrisse. Ein Mineral kann Spaltbarkeit nach einer Richtung bzw. nach mehreren Richtungen zeigen. Die Qualität der Spaltbarkeit kann folgendermaßen beschrieben werden: • sehr vollkommen (vv) • vollkommen (v) • gut (g) • deutlich (d) • schlecht (schl) Bei mehreren vorhandenen Spaltrichtungen kann auch der Winkel den die Spaltflächen einschließen gemessen und angegeben werden. Dieser Winkel ist z.T. diagnostisch für bestimmte Mineralgruppen (z.B. Unterscheidung von Amphibolen - Pyroxenen!). Lichtbrechung Relief und Chagrin Eine erste Abschätzung der Lichtbrechung erfolgt auch über die Beobachtung des Relief s bzw. des Chagrins. Ein farbloses Mineral tritt in seinem Erscheinungsbild umso stärker aus der Umgebung anderer Mineralkörner hervor, je mehr sich sein Brechungsindex (n) von jenem der Umgebungsminerale unterscheidet. Minerale mit wesentlich höherem n treten scheinbar positiv, solche mit niedrigerem n negativ hervor. Dies wird als positives bzw. negatives Relief bezeichnet. Chagrin beschreibt eine beobachtbare "unregelmäßige" Internstruktur an Mineralkörnern mit hoher Lichtbrechung, die umso deutlicher wird je höher n ist. Sie kommt durch diffuse Reflexion, Beugung etc. an Unebenheiten der Schliffober- und -unterseite (feine Ausbrüche, Risse) zustande. Ein Mineral das durch hohes Relief und Chagrin gekennzeichnet ist, wäre z.B. Granat. Lichtbrechung Becke-Linie Beim praktischen Mikroskopieren reicht zumeist die Bestimmung der relativen Lichtbrechungsunterschiede zweier aneinander angrenzender Minerale aus. Die einfachste Methode die relative Lichtbrechungsunterschiede zu bestimmen ist mittels der Becke-Linie. Vorgangsweise zur Bestimmung der Becke-Linie - Wählen Sie einen geeigneten Kornkontakt aus - Prüfen Sie, ob der Analysator ausgeklappt ist - Wählen Sie eine mittlere oder große Vergrößerung (z.B. Objektiv 10x, 20x, 40x) - Fokussieren Sie das zu untersuchende Korn - Schließen Sie die Aperturblende an der Kondensoreinheit (das Relief des Kornes wird dadurch noch deutlicher hervorgehoben) - Defokussieren und fokussieren Sie das Korn mehrfach durch rasches Drehen am Feintrieb. Sie sollten dabei eine zarte wandernde Lichtlinie an der Korngrenze sehen. - Wenn sie den Abstand zwischen Tisch und Objektiv vergrößern, indem sie den Tisch senken, wandert diese Linie in das Korn mit der höheren Lichtbrechung! Eigenfarbe und Pleochroismus Im Durchlichtmikroskop können nur Minerale, die bei einer Dicke von ca. 20-30 µm durchsichtig sind, untersucht werden. Dies sind z.B. die meisten Silikate, Karbonate. Minerale, die auch bei so geringer Dicke undurchsichtig sind, werden als opake Minerale bezeichnet. Dies sind sehr häufig Erzminerale (Sulfide, viele Oxide), aber auch Graphit und andere feste organische Verbindungen („kohlige Substanz“). Opake Phasen können nur im Auflichtmikroskop näher bestimmt werden. Bei durchsichtigen Mineralen sind bei einfach polarisiertem Licht (PPL) farblose von Mineralen mit Eigenfarbe zu unterscheiden. Eigenfarbe ist eine Folge von Absorption bestimmter Wellenlängen des Lichts in einem Kristallgitter. Isotrope (kubische) Kristalle: Keine Richtungsabhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit bzw. der Absorption von Lichtwellen im Gitter. Immer farblos oder nur eine Farbe beobachtbar; keine Änderung! Anisotrope (nicht kubische) Kristalle: Richtungsabhängige Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Lichtwellen bzw. der Absorption im Gitter. Daher unterschiedliche Eigenfarbe in verschiedenen Richtungen beobachtbar = Pleochroismus. Erkennbar beim Drehen des Tisches am Mikroskop bei PPL. Dichroismus: zweifarbig; alle Wirtelkristalle (tetragonal, hexagonal, trigonal.) Trichroismus: dreifärbig; alle niedrig symmetrischen Kristalle (rhombisch, monoklin, triklin) Für die praktische Arbeit ist es wesentlich die Farbe des Pleochroismus einer Schwingungsrichtung zuzuordnen. Doppelbrechung bei optisch einachsigen Kristallen Durchgang von Licht durch eine optisch anisotrope (opt. einachsige) Kristallplatte • Lichtstrahl wird in zwei Teilstrahlen „zerlegt“, die sich unterschiedlich schnell ausbreiten (2 Werte für n! Erinnere n=1/v) • Teilstrahlen sind linear polarisiert und schwingen senkrecht aufeinander • Ein Teilstrahl breitet sich kugelförmig (Bezugsfigur: Kugel) aus; = ordentlicher Strahl no [manchmal auch nω] • Der zweite Teilstrahl breitet sich ellipsoidförmig (Bezugsfigur: Rotationsellipsoid) aus = außerordentlicher Strahl ne [manchmal auch nε] • Der Betrag der Differenz der beiden Brechungsindizes wird als DOPPELBRECHUNG (Δn) bezeichnet (manchmal auch δ) Δn = |ne - no| Lage der Schwingungsrichtungen Beispiel: Muskovit (Schliff X1) 1) Korn skizzieren (PPL) PPL 2) Dunkelstellung suchen (XPL): Muskovit ist in Auslöschungsstellung wenn die Spaltrisse N-S oder E-W orientiert sind. XPL 3) Schwingungsrichtungen: E-W und N-S (Schwingungsrichtungen von Polarisator und Analysator) gerade Auslöschung (Spaltrisse sind N-S → Schwingungsrichtungen parallel zu den kristallographischen Achsen) Bestimmung der Hauptzone Beispiel Muskovit (Schliff X1) 4) 45° drehen (XPL) → Hellstellung NE-SW (Diagonalstellung) Längserstreckung des Minerals parallel ng des Gipsplättchens XPL 5) Gipsplättchen einklappen (XPL) XPL + Gips ng‘ na‘ 6) Änderung der Interferenzfarben beobachten: Orangerot II → Rosarot III Additionsstellung → ng‘ (Mineral) parallel ng (Gips) Hauptzone positiv na‘ senkrecht zur Längserstreckung des Muskovits 7) Vergleich mit Tröger-Tabellen Muskovit