VL Diagnostische Kompetenz 7. Eßverhalten Eßverhalten Programm 1. Begriff und Diagnostik • • Begriff Diagnostik 2. Essverhalten • • • Energieverbrauch Standard-Diäten Psychologie des Eßverhaltens 3. Therapie von Adipositas 1. Begriff und Diagnostik Begriff Eßverhalten Definition Adipositas: übermäßig hoher Anteil von Fett an der Körperzusammensetzung „übermäßig“ variiert mit Geschlecht und Alter Ursachen: Moderner Lebensstil: Sitzen, Nahrungsüberfluß Kalorienaufnahme > Kalorienverbrauch Speicherung als Körperfett Folgen: Gesundheitliche Komplikationen + psychosoziale Folgen bei Kindern und Erwachsenen Adipöse Kinder sind adipöse Erwachsene! Diagnostik Eßverhalten Diagnostik Operationale Definition: Adipositas = Körperfettanteil > 25%/30% (m/w) Bestimmung des Körperfettanteils Teuer: Dichtemessung, Kernspin, Isotope Ungenau: Kaliper, Bioimpedanz BMI Korreliert mit Körperfettanteil (mittel) Einfach, genau, billig Funktionale und statistische Normen 2. Essverhalten Energieverbrauch Eßverhalten Komponenten Geringes Sporttreiben 25% 10% 65% Grundumsatz Diät-induzierte Thermogenese Bewegungsinduzierte Thermogenese Eßverhalten Grundumsatz Energieproduktion zur Erhaltung der Organfunktionen Anteile Leber, Gehirn je ca. 25% FFM ca. 18%, variabel wg. Muskelmasse Steuerung: Genetisch bedingt Schilddrüsenhormone Alkohol und Nikotin erhöhen Grundumsatz Eßverhalten Nahrungsinduzierte Thermogenese Energie zur Verdauung und Verstoffwechslung von Mahlzeiten Nahrung Menge: Je mehr, desto mehr Energieverbrauch Schema: Bis zu 100% mehr Energieverbrauch bei vier kleinen Mahlzeiten vs. einer großen Zusammensetzung: bei Fetten geringer Verbrauch, Kohlenhydrate und Proteine werden vollständig verstoffwechselt Eßverhalten Bewegungsinduzierte Thermogenese Energieverbrauch aufgrund körperlicher Aktivitäten Umfang Durch Sporttreiben leicht zu erhöhen, bis zum Vierfachen des Grundumsatzes Adipöse bewegen sich zwar weniger, aber dies kostet sie mehr Energie Gesamtenergieverbrauch von Adipösen bis zu 4000 kcal/Tag, mainly wg. GU Diäten Eßverhalten • • Schritte bei einer Diät Der Körper kann nur Gewicht verlieren, wenn die Kalorienaufnahme geringer ist als der Kalorienverbrauch! Schritte einer Standard-Diät (z.B. Kur) 1. Beginn mit der deutlichen Senkung der Kalorienaufnahme 2. Nach 2 Tagen werden Fettspeicher mobilisiert: nur Größe, nicht Anzahl der Fettzellen vermindert 3. Bei längerer Dauer reagiert der Körper mit einer Reduktion des Grundumsatzes 1. Reduktion der Schilddrüsenhormon-Aktivität 2. Sympathisches Nervensystem reagiert: Blutdruck, Pulsfrequenz und Körpertemperatur Eßverhalten • Schritte bei einer Diät Schritte einer Standard-Diät 4. Erhebliche Gewichtsabnahmen möglich Fettmasse und fettfreie Masse nehmen ab: GU nimmt weiter ab Kompensation durch Bewegung notwendig 5. Rückkehr in den Alltag Aktivitätsprogramme werden nicht mehr aufrecht erhalten + Rückfall in alte Ernährungsmuster + Stark gesenkter GU = Schnelle Gewichtszunahme (Jojo-Effekt) Psychologie des Essverhaltens Eßverhalten Historische kognitive Ansätze • Hilde Bruch (1961): Adipöse haben in Kindheit „Hungergefühl“ verlernt Ständiges Bombardement mit Nahrung statt als Reaktion auf Hungerreize Externalitätstheorie (Schachter, 1971): Normalgewichtige steuern ihr Essverhalten aufgrund interner Hunger- und Sättigungsgefühle Adipöse jedoch aufgrund essrelevanter externaler Reize (Tagesszeit, Anblick, Duft) Eßverhalten Kekse nach Preload Schachter, 1971: Anzahl der Kekse, die in einem Geschmackstest verzehrt wurden Voller Magen: Preload mit Roastbeef-Brötchen 23 22 21 20 Normalgewicht Adipöse 19 18 17 16 15 Leerer Magen Voller Magen Eßverhalten Das Grenzmodell Adipöse anfällig gegen externale Reize! Nicht weil sie adipös sind, sondern weil sie gezügelte Esser sind! Fragebogen zu Fluktuationen im Gewicht und Sorge um Figur und Diät Korrelation von 0,42 mit BMI 85% der Adipösen sind gezügelte Esser! Eßverhalten Modell: Gezügelte Esser Hunger Zone der biologischen Indifferenz Hungergrenze Normale Esser: Gezügelte Esser: Sattheit Sattheitsgrenze Hunger Sattheit Hunger Sattheit Diätgrenze Eßverhalten Gezügelte Esser • Kognitiv kontrollierte Essensaufnahme läßt Wahrnehmung von Hunger und Sattheit verkümmern! • Fähige und motivierte gezügelte Esser halten Diät ein, aber Anfällig gegen Ablenkungen (Ressourcenknappheit oder Abwägung) Verletzungen der Diätgrenze (Kontrolle verloren, alles egal): Gegenregulation Eßverhalten Eiscreme nach Milkshakes Herman & Mack, 1975: Gramm Eiscreme, die in einem Geschmackstest verzehrt wurden 220 200 180 160 Normale Esser Gezügelte Esser 140 120 100 80 Kein Ein Zwei Milkshake Milkshake Milkshakes Eßverhalten Kontrollstrategien 1. Rigide Kontrolle • • • Setzt sich absolute Ziele: Ich esse keine Schokolade mehr! Sehr effektiv, wenn‘s klappt! Bei Verstößen Gefahr von Gegenregulation groß (Essattacken bei Bulimikern) 2. Flexible Kontrolle • • Setzt sich konkrete, aber realistische Ziele: Ich versuche, diese Woche nur drei Tafeln Schokolade zu essen! Kontrolliert Gewicht z.B. nicht täglich, sondern wöchentlich, besser monatlich! 3. Therapie von Adipositas Eßverhalten Medizinische Behandlung BMI Therapie Kosten/ Jahr 50+ Chirurgische Therapie 10.000+ 40 Multidisziplinäre ambulante Therapie 2.500 >30 Hausarzt / Ernährungsmediziner Medikamente 1.800 <30 Prävention Ernährungsberatung, Sportangebote, Präventionsaktionen 0-400 0-30 Eßverhalten Medikamente 1. Lipase-Inhibitoren (Orlistat) Wirkung: Hemmt Lipase, d.i. Enzym für die Aufspaltung von Triglyceriden im Darm Gewichtsabnahme: Besser als Placebo, pendelt sich nach 1 Jahr ein Nebenwirkungen: Bei hoher Fettaufnahme wird‘s eklig, „Diät-Compliance-Verstärker“ Prakt. Einsatz: Vor allem in Kombination mit anderen Maßnahmen Eßverhalten Medikamente 2. Serotonin-Re-Uptake-Hemmer Wirkung: Blockiert Synapsen im Hypothalamus, verstärkt Sättigungssignal Gewichtsabnahme: Besser als Placebo, pendelt sich nach 6 Monaten ein Nebenwirkungen: Anstieg von Puls und Blutdruck, Magersucht, 17% Appetit Prakt. Einsatz: Vor allem in Kombination mit anderen Maßnahmen, Absetzen muss vorbereitet werden Eßverhalten Chirurgische Therapie Varianten 1. Vertikale Gastroplastik: Magen wird bis auf kleines Röhrchen zugenäht 2. Gastric Banding: Magen kriegt ein von außen steuerbares Band umgelegt Wirkung IdR spektakulär: 30-50kg Abnahme/Jahr Aber: 30-40% keine Gewichtsabnahme durch Kompensationsernährung (Alc.!) Eßverhalten Strategien einer Verhaltenstherapie • Einstellungsänderungen Schuldzuweisungen durch internal attribuierte Abnehm-Misserfolge abbauen Resignation wegen „Macht der Gene“ durch positive Kontrollüberzeugung ersetzen • Realistische Ziele aufbauen Zeithorizont und Gewichtsziel • Nahrungszusammensetzung • Essverhalten: flexible Kontrolle anstreben • Steigerung der körperlichen Aktivität Eßverhalten Lipolyse • Führendes Ziel im Gesundheits- und Abnehmsport: Fat-Burning • In multimodalen Therapien oft vernachlässigt (wg. mangelnder Kompetenz der Stakeholders?) • Trainierte können besser Fett verbrennen als Untrainierte • Es gibt ein Intensitäts-Optimum der Fettverbrennung g/min Fettoxidation Eßverhalten FatMax 0,45 0,4 0,35 0,3 0,25 0,2 0,15 0,1 0,05 0 Trainierte Untrainierte 0 20 40 60 Intensität % VO2 max 80 100