Musterlösungen der Aufgaben 1. a) In welcher Weise unterscheiden sich der weibliche und der männliche Kehlkopf und wie wirken sich diese Unterschiede auf die Stimmgebung aus? Der Winkel des Schildknorpels ist beim weiblichen Kehlkopf flacher, was (ceteris paribus) zu kürzeren Stimmlippen führt und damit zu einer höheren Stimmlippenfrequenz (= höhere Stimme). b) Welchen Mechanismus gibt es, um die Sprechmelodie zu verändern, ohne die Stimmlippenmuskeln selbst zu justieren? Den „Kippmechanismus“ des Schildknorpels relativ zum Ringknorpel. Dadurch können die Stimmlippen gestreckt werden. Durch dir erhöhte Spannung schwingen sie schneller (= höherer Stimmton) Musterlösungen(2) 2. a) Was ist der anatomische Unterschied zwischen den intrinsischen und extrinsischen Zungenmuskeln und inwieweit unterscheiden sie sich funktional? Die intrinsischen Muskeln haben keine Verbindung außerhalb der Zunge, beeinflussen daher nur die Form der Zunge. Die extrinsischen verbinden die Zunge mit dem Skelett und beeinflussen somit die Position der Zungenmasse. b) Welcher Muskel spielt eine doppelte Rolle bei diesen Funktionen ..... und warum? Der Genioglossus (= Kinn-Zungenmuskel), weil er die Verbindung zum Kinn darstellt, also extrinsisch ist und die Position der Zunge beeinflusst, aber auch sehr viel der Zungenmasse ausmacht und somit die Form stark beeinflussen kann. Einführung in die Phonetik und Phonologie Sitzung 4 Artikulatorische Gesten und ihre Koordination Koordinierung Die Bewegungen der Artikulatoren müssen zeitlich koordiniert werden, um die benötigte Lautkategorie „entstehen“ zu lassen. , - orale Schließ- oder Verengungsgesten bzw. Öffnungsgesten; - Velumssenkungs- und –hebungsgesten - laryngale Adduktions- und Abduktionsgesten, D.h., vereinfacht gesehen, gibt es drei artikulatorische Subsysteme, die aufeinander zeitlich abgestimmt werden müssen, um die Sequenz von Lauten in einer Äußerung systemgerecht zu produzieren - Das supra-glottale orale System (Kiefer + Zunge + Lippen) - Das velopharyngale System (Velum + Uvula) - Das phonatorische System (Stimmlippen) Beispiele der Koordinierung 1. a) Bei /p/ muss der Lippenverschluss mit der Öffnung (Abduktion) der Stimmlippen koordiniert werden. b) Bei [ph] dürfen die Stimmlippen erst einige Zeit nach der Lösung des Lippenverschlusses wieder adduziert werden. c) Bei /m/ muss der Lippenverschluss mit der Senkung des Velums koordiniert werden. 2. Beim Wechsel von /p/ zu /s/ (z.B. “Psychologie”) muss die Bildung einer Rille in der Zungenspitze an den Alveolen mit der Lösung des Lippenverschlusses koordiniert werden. 3. Beim Wechsel von /p/ zu /n/ (z.B. “pneumatisch”) muss die Senkung des Velums und die Adduktion der Stimmlippen mit der Lösung des Lippenverschlusses koordiniert werden. Zusammenspiel der Artikulatoren Schauen wir wie Äußerung „Guten Morgen“ in der Position der drei Mechanismen wie folgt charakterisiert werden kann: / g u t n m g n/ Mundöffnung + + + ? + Nasenraum + + + Stimme ? + + + + + + + + + Artikulationsstellen Die Kontaktstellen der Konsonanten werden nicht differenziert. Welche Artikulationsstellen kommen hier vor? / n/ Mundöffnung g u t n m g vel + alv + alv bilab + uvul ? vel + alv Nase + + + Stimme ? + + + + + + + + + Die konsonantische Schließ- und die vokalischen Öffnungsgesten sind zyklische silbenbildende Bewegungen: (geringe größere geringe Sonorität) Beobachten Sie sich selbst Gehen wir Schritt für Schritt durch die Äußerung: H e r z l i c h e n G l ü c k w u n s c h Mund /h E ts vU n S l IC n g l Y k Nase Stimme xxxxxxxxx xxxxxxx xxxxxxxx xxxxxxxx N.B., das /g/ ist nicht durch volle Abduktion der Stimmlippen stimmlos, sondern wegen des (supraglottalen) Drucks im Mundraum xxxxxxxxxxx Stimmhaft vs. stimmlos im Deutschen Im Deutschen ist der Unterschied zwischen /g/ und /k/ (die phonologische Distinktion „stimmhaft“ vs „stimmlos“) nicht primär von der Stimmlippenaktivität, sondern von der Stärke der Lösung und der fehlenden bzw. vorhandenen Aspiration abhängt: K u h [ kh g u ][ g u t Mund xxxxx /g/ = /k/ = xxxxxxxx Glottis phonologisch [+stimmhaft] phonologisch [stimmhaft] = = phonetisch [aspiriert] phonetisch [+aspiriert] u Lautvarianten und Koordinierung • Stimmlose Plosive sind nach /S/ nicht aspiriert: z.B.: Pute [pu:t] aber spute [Spu:t] • Stimmhafte Obstruenten werden nach stimmlosen Segmenten entstimmt: [b, d, g, v, z, ] [b, z.B.: Lass das! [las das] • “Haben” kann als [habn], als [habm] oder als [ha ausgesprochen werden. • [habn] [habm] ist Einsparung der Öffnung+Sc • [habm] [ham] ist als Verschiebung der Koordinierun zu sehen. Artikulogramme von „haben“ [ h h a a a m] b b m ] [ h n ][ ___________________________________________________________________ M. ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________ N. ___________________________________________________________________ xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxx ___________________________________________________________________ S. ___________________________________________________________________ (M. = Mundraum; N. = Nase (Velum); S. = Stimmritze) Aufgabe 1. Transkribieren Sie folgende drei Wörter und zeichnen Sie ihre „Artikulogramme“ nach dem obigen Muster für „guten Morgen“: „Apart“ „spart“ „Bart“ [ ][ ] [ ] ___________________________________________________________________ M. ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________ N. ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________ S. ___________________________________________________________________ (M. = Mundraum; N. = Nase (Velum); S. = Stimmritze) 2. Transkribieren Sie das Wort „Streikposten“ und zeichnen Sie das Artikulogramm.