Bildungsungleichheit Nach Becker (Becker, 2002, 5) Bildungsungleichheit = sozial exklusive (bzw. privilegierte) Chance für die Beteiligung an höherer Bildung bzw. den Erwerb von höheren Bildungszertifikaten. Er unterscheidet zwei Bereiche: Sozial bedingte Ungleichheit beim Beginn der Bildungslaufbahn, später einen qualifizierten Bildungsabschluss zu erwerben zu können Herkunftsbedingte Bildungsungleichheit, wenn der soziale Kontext des Elternhauses ausschlaggebend ist und nicht die von der sozialen Herkunft unabhängige Motivation und Leistungsfähigkeit für den Bildungserfolg. Bildungsungleichheit (educational inequality) wird bei einer aktuellen UNICEF-Studie (Schnepf, 2002, 14) verstanden als „the differential tracking patterns of pupils from different types of family background conditional on ability. By contrast, educational disparities have been defined as the unbalanced distribution of children from different types of family backgrounds by school type unconditional on ability. Children who face educational disparities are not necessarily also hit by educational inequality since they may well display a generally lower level of ability than children with other background characteristics.” Sprachcodes nach Bernstein verschieden theoretische Positionen über die Auswirkungen der Schule auf die gesellschaftliche Ungleichheit Eine betont die Sprachlichen Fertigkeiten der Schüler Basil Bernstein geht davon aus, dass Kinder mit unterschiedlichem Hintergrund in den frühen Jahren unterschiedliche Sprachstile, Codes entwickeln, die ihre späteren schulischen Erfahrungen beeinflussen. Restringierter Sprachcode Unterschicht situativ, kontextgebunden Grammatisch einfache und oft unvollständige Sätze Seltener Gebrauch von Nebensätzen. Sätze werden mit einfachen Konjunktionen verbunden Starre Auswahl von Adjektiven und Adverbien Häufige Verwendung von traditionellen Wendungen und Aphorismen, die einen geringen Grad der Allgemeinheit aufweisen Tatsachenfeststellungen werden wie Begründungen verwendet Elaborierter Sprachcode Mittelschicht kontextunabhängig Sätze sind grammatisch sauber konstruiert Grammatisch komplexe Satzkonstruktionen mit Nebensätzen und differenzierten Konjunktionen. Der Sprecher geht kreativ mit ihnen um. Differenzierte Auswahl von Adjektiven und Adverbien größere Abstraktionsfähigkeit, subjektive Ansichten und Gefühle können verbalisiert werden Tatsachenfeststellung und Begründung getrennt Bedeutung der Sprachcodes Nach Bernstein nehmen Kinder aus der Unter- und der Mittelschicht bereits die Sprache des Lehrers unterschiedlich auf. Bernstein vertritt als erster die These, dass die Unterschicht-Kinder den elaborierten Code, in der Schule schlechter verstehen als die MittelschichtKinder Die sprachliche Kompetenz, welche die passive Sprachfähigkeit des Kindes prüft, zeigt immer wieder, dass schon im Aufnehmen dessen, was die Schule bietet, Unterschichtkinder vor ganz anderen Problemen stehen, als Mittelschichtkinder Die Sprachbarriere zwischen Unterschicht und Mittelschicht hat aber nicht nur eine inhaltliche, sondern auch eine soziale Funktion. Ein Lehrer signalisiert durch den Gebrauch eines anderen Sprachcodes dem Schüler, der diesen Code nur schwer verstehen kann, auf der Beziehungsebene der Kommunikation unbewusst und ungewollt eine negative Beziehung. Ohne es zu wissen, schafft der Lehrer allein durch den Gebrauch seiner Sprache, der wirksamsten aller Distanzierungstechniken, eine kommunikative und affektive Barriere zwischen sich und dem Schüler. Verborgener Lehrplan Iwan Illich (1972) meint, dass in der Schule viel gelernt wird, was mit den offiziellen Bildungsinhalten nichts zu tun hat. Die Schulen lehren aufgrund der dort herrschenden Disziplin und Ordnung das, was er passiven Konsum nennt, d.h., eine unkritische Akzeptanz der existierenden sozialen Ordnung. Diese Dinge werden nicht bewusst unterrichtet, sondern sie sind ein fixer Bestandteil der Schulorganisation und des schulischen Ablaufs. Der verborgene Lehrplan lehrt die Kinder, dass ihre Rolle im Leben darin besteht, ihren Platz zu kennen und still dort zu verharren. Kulturelle Reproduktion Bourdieu, Bernstein, Freire und Williams beschreiben, wie die Schule mittels Festlegung des Wissens und Könnens das als kulturell erhaltenswert gelten soll, bestehende soziale Ungleichheiten in einer Gesellschaft tradiert und kulturell reproduziert. Wurde in feudalen Gesellschaften ökonomisches Kapital von Vater zu Sohn vererbt, so bieten moderne Gesellschaften den Erwerb von kulturellem Kapital als Investitionsgrundlage an. Der Begriff "Kapital" mag irreführend sein, weil fälschlicherweise angenommen werden könnte, dass Allgemeinwissen einen Mehrwert produziert, Bourdieu benutzt jedoch den Begriff vielmehr, um eine Analogie zwischen Allgemeinwissen und anderen Sorten des Kapitals, nämlich des symbolischen, sozialen und ökonomischen Kapitals, herzustellen. Schule ist die Stätte, wo der Erwerbsprozess von kulturellem Kapital, strukturiert und ritualisiert wird. Sie gestaltet diesen Übergangsritus der Schülerinnen und Schüler mittels Selektion und Qualifikation und bestimmt damit fortlaufend, wer den Übergang vom Zustand eines Nichtwissenden in den eines Wissenden vollzogen hat. Sie übt durch diese Institutionalisierung von kulturellem Kapital symbolische Gewalt aus (siehe Bourdieu 1983). Kulturelle Reproduktion Gruppen und soziale Klassen, die kulturelles Kapital definieren, handeln, als ob das von ihnen festgelegte kulturelle Kapital universell und breit abgestützt sei, und "vergessen", wie diese Festlegung selektiv und durch Exklusion zustande gekommen ist (Bourdieu 1979). In Zeiten demokratischer Ideale wird jedoch die symbolische Gewalt von Schule angefochten, Schule muss deshalb vorgeben, Allgemeinbildung - das Wissen aller, das Wissen für jede und jeden und das Wissen in allen Grunddimensionen des Lernens (Hand, Herz und Verstand) - zu vermitteln. Verdienst der Bildungssoziologie ist es, seit den sechziger Jahren das Konstrukt "Allgemeinwissen" demystifiziert zu haben. Sie hat die fünf Grundannahmen dieses Mythos aufgezeigt, die keiner genauerer Prüfung standhalten: Mythos „Allgemeinwissen 1“ die Vorstellung von akkumuliertem Wissen: Diese Grundannahme des Konstrukts "Allgemeinbildung" nährt sich von einem Harmonie- und Zivilisationsmodell, wonach Menschen in Eintracht miteinander immer bessere Ideen kreieren. Der Lehrplan ist gemäß dieser Vorstellung ein Konzentrat der Zivilisationsgeschichte. Bourdieu hat jedoch mit Bezug auf die Geschichte von Klassenkämpfen diesen Mythos von Eintracht und Fortschrittsglaube zerstört und zudem aufgezeigt, dass diejenigen sozialen Klassen, die kulturelles Kapital diskursiv festgelegt haben, zugleich auch die exklusiven Nutznießerinnen dieses vermeintlich akkumulierten Wissens einer Gesellschaft sind. Damals bezog sich Bourdieu (1979) auf Untersuchungen, die belegen, dass Theater, Opernhäuser, Museen, Bibliotheken fast ausschließlich von der oberen Mittelschicht aufgesucht werden. Mythos „Allgemeinwissen 2“ die Vorstellung von autorisiertem Wissen: Diese Grundannahme stützt sich auf die Vorstellung von Schule als Ort professioneller Erziehung, an dem Benachteiligungen, die Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer sozialen Herkunft "mitbringen", aufgehoben werden. Als Folge des "pädagogischen Diskurses" von Schule (Bernstein 1990) wurden, historisch gesehen, andere gesellschaftliche Lern- und Bildungsorte (Elternhaus, Gleichaltrigengruppe, Medien) in den zweiten Rang versetzt und als unprofessionell, sekundär und sogar störend abgetan. Bernstein hat jedoch in seinen Studien die Verknüpfung von Elternhaus und Schule aufgezeigt und den Mythos zerstört, wonach die Schule einen neutralen Lernort darstellt. Die Art, wie der Lernort Schule organisiert ist, wie gesprochen wird ("elaborierter Sprachcode") und wie der Unterricht vermittelt wird, begünstigt Lern- und Sprachstile von Mittelschichtkindern (Bernstein 1977). Mythos „Allgemeinwissen 3“ die Vorstellung von durchdringendem Wissen: Diese Grundannahme geht von einem Bild des Schülers als Trichter aus, bei dem es ausreicht, das vorgegebene Allgemeinwissen in geeigneter didaktischer Form hineinzugießen. Freire hat sich sehr früh für die Reaktion von erwachsenen Schülerinnen und Schülern auf vorgegebene Lerninhalte und -formen interessiert und mit seinen Schriften wichtige Impulse für kulturelle Studien auf dem Gebiet der Lehrplanforschung geliefert (z. B. Aronowitz & Giroux 1991, Apple 1993, Lankshear & McLaren 1993). Der Ansatz der kulturellen Studien kritisiert die marxistische, genauer die Althusserische Vorstellung von Schule als "ideologischen Staatsapparat„, wonach sie zur Aufrechterhaltung der Herrschaftsverhältnisse jedem einzelnen seine bereits vorbestimmte sozioökonomische Position zuweist. Kulturelle Studien haben diesen Ansatz durch eine neo-marxistische Erklärung ablöst, bei der der Einzelne nicht als Opfer, sondern als Handelnder in Erscheinung tritt. Sie bieten damit die Grundlage für die ethnografische Bildungsforschung, die beschreibt, wie Schülerinnen und Schüler soziale Ungleichheit deuten und sie in ihrem Schulalltag kulturell reproduzieren (siehe z. B. Willis 1979, 1988, 1990). Mythos „Allgemeinwissen 4“ die Vorstellung von repräsentativem Wissen: Diese Grundannahme impliziert, daß es ein Allgemeinwissen gibt, welches eine Kultur repräsentiert. Folglich können sich (gebildete) Einzelpersonen als Sprachrohr aller ausgeben, da sie nicht nur ihren eigenen Standort, sondern auch die Positionen anderer vertreten. Raymond Williams hat die treffende Bezeichnung "selektive Tradition" geschaffen (1961), um den Selektionsprozess zu markieren, der mit der Konstruktion von "Allgemeinbildung" einhergeht. Das Konstrukt "Allgemeinbildung" setzt eine enorme Ausscheidungsleistung von Werten, Normen und Lebenserfahrungen voraus, die nicht in das homogene monokulturelle Selbstverständnis von "Allgemeinbildung" hineinpassen. Mythos „Allgemeinwissen 5“ die Vorstellung vom besseren Wissen: wonach das "akkumulierte Wissen" der westlichen Hemisphäre vergleichsweise die höchste Zivilisationsstufe erreicht hat. Anderen nicht-christlichen Regionen wird durch die Verbreitung des westlich geprägten Allgemeinwissens gewissermaßen die Chance geboten, den ihnen noch bevorstehenden Zivilisationsprozess einzuleiten. Das christlich-abendländische Allgemeinwissen der westlichen Hemisphäre wird deterritorialisiert und anonymisiert, das Allgemeinwissen anderen Staaten hingegen wird als islamisch, buddhistisch, animistisch, etc. benannt und damit in seinem Geltungsbereich räumlich eingeschränkt. Coleman-Report Ziel: Feststellung der Chancenungleichheit im Bildungswesen Resultate: Bildungsunterschiede zwischen Schwarzen und Weißen sind nicht auf die unterschiedliche finanzielle Ausstattung der Schulen, sondern auf die ungleiche Durchmischung der Schulklassen zurückzuführen. Offenbar hängt die Qualität einer Schule nicht primär vom Geld ab, sondern hauptsächlich von den außerschulischen Einflüssen, vom Elternhaus, von Freundschaften, von Freizeit-Aktivitäten, vom gesellschaftlichen Milieu überhaupt. Intelligenz und Ungleichheit Intelligenz (lat: intelligentia = Einsicht, Erkenntnisvermögen) ist ein vielschichtiger Begriff in mehreren Fach- und Wissensgebieten Allen Definitionen von Intelligenz ist gemeinsam, dass sie einen Bezug zu Verstehen, Denken und Begreifen haben, also in irgendeiner Weise mit Geist, Verstand und Funktionen des Gehirns in Zusammenhang stehen. IQ und genetische Faktoren Mit der Messung des IQ wird behauptet, dass individuelle Unterschiede in der Wahrnehmung oder der geistigen Begabung des Menschen durch Intelligenztests berechnet werden können. Psychometriker bestehen darauf, dass die Menschen mit unterschiedlichen intellektuellen Potenzialen geboren werden. Dies entspreche ganz ihren physischen Eigenschaften wie Größe und Augenfarbe. Sie behaupten, dass keine Sozialwissenschaft der Welt aus Menschen mit unterschiedlichen Begabungen intellektuell gleichwertige Personen formen könne. Hernstein und Murray schließen sich in ihrem umstrittenen Buch „The Bell Curve“ dieser Sichtweise an. Sie sagen, Intelligenz sei vererblich und es gebe genetisch bedingte IQ-Unterschiede zwischen den Rassen. Um es auf einen Nenner zu bringen: Diese Sichtweise spricht sich dafür aus, dass ein einzelner Faktor, die Intelligenz, mit Tests gemessen werden kann und für den Erfolg im Leben verantwortlich ist. Emotionale Intelligenz 1. 2. 3. 4. 5. Nicht analog dem IQ-System, aber durchaus beschreibend lassen sich auch persönliche und emotionale Faktoren in zielgerichteten und erfolgreichen Handlungskonzepten erkennen. Nach Daniel Goleman sind fünf Parameter wichtig: Selbstbewusstsein (eigene Stärken und Schwächen kennen und ausdrücken können) Selbstmotivation (die Fähigkeit sich trotz Unlust für eine Arbeit zu begeistern) Selbstmanagement (planvolles Handeln im Bezug auf Zeit und Ressourcen) Engagement in Gruppen (Teamfähigkeit, erweitert um Führungsqualitäten) Empathie (Einfühlungsvermögen in Motive/Handlungen unsympathischen Verhaltens) Nicht das Vorhandensein von Gefühlen, sondern der bewusste Umgang mit Emotionen machen eine hohe emotionale Intelligenz aus. Darüber hinaus zählen hierzu Eigenschaften wie Vertrauenswürdigkeit und Innovationsfreude oder die Motivationsfähigkeit und das Vermögen, Gefühle und Bedürfnisse anderer wahrzunehmen. Dabei werden Befähigungen wie Teamführung, Selbstvertrauen, die Fähigkeit, sich selbst und andere aufzubauen sowie politisches Bewusstsein betrachtet.