Zeitreihenanalyse WS 2004/2005 Michael Hauhs / Gunnar Lischeid • Definition einer Zeitreihe, Eigenschafte Tests und Trenderkennung bei Zeitreihen • Beispiele (ACF, Tests), Fouriertransformationen, Powerspektrum • Zeitreihenmodellierung der ARMA-Klasse • Modellierung von Zeitreihen mit langem Gedächtnis • Nicht-lineare Methoden: – – – – Wiederkehrdiagramme Komplexität und Information von Zeitreihen Singuläre Systemanalyse (SSA) (?) Wavelets (?) Modellklassen in der S-NL Ebene 1/f Chaos ? Edge of chaos Hidden Markov ? ? ? ? ? NLARMA ? Stabilitätsanalyse Schwingungen ? ? ARMA Stochastizität Zeitreihen als Ergebnis von Messungen an dynamischen Systemen • Skalare (univariate) Zeitreihe als 1-d Projektion aus multidimensionaler Dynamik • Nicht einzelne Trajektorien, sondern topologische Eigenschaften von Trajektorienensembles werden untersucht („Anfangsbedingungen sind irrelevant“) • Stabilitätsanalyse liefert mögliches Verhalten: - instabil/explodierend ("runaway solutions") - Fixpunkt - periodisches Verhalten - Grenzzyklus - Kompakte Mengen: Attraktoren - (falls nicht kompakt: ergodische Systeme) Kurze Einführung in dynamische Systeme • Untersucht wird das typische Langzeitverhalten (unabhängig von den Details der Anfangsbedingungen) • Dynamische Systeme werden im Zustandsraum beschrieben • Ausgangspunkt sind i.d.R. deterministische Systeme • Zwei Klassen: - Kontinuierliche Systeme: DGL 1. Ordnung - Diskrete Systeme : Iterationsgleichungen Diskrete dynamische Systeme, Attraktoren, Einbettung Autonomes dynamisches System im Zustandsraum: xn1 F ( xn ) Die Menge der asymptotischen Trajektorien ist der Attraktor des Systems (Dimension D) Takens Theorem (1983): Beobachtung einer Zustandsvariablen und Bildung von Einbettungsvektoren d xn ( xn( m1) d , xn( m2) d ,..., xn ) liefert eine treue Abbildung des Attraktors, falls m 2D 1 Stabilität von dynamischen Systemen Ein n-dimensionales dynamisches System sei gegeben: x F x , x x1 , x2 ,..., xn , F F1 , F2 ,..., Fn Eine Menge von stationären Punkten sei gefunden: F x0 0 Wohin führen kleine Abweichungen? Linearisierung : n Fi F x0 x F x0 i 1 x j d.h. x Ax x j x x0 Aij Lineare DGL 1. Ordnung! Lösung der Stabilitätsgleichung At x t e x 0 Wohin geht die Reise? Satz (Lyapunov): (1) Haben die Eigenwerte der Matrix A alle negativen Realteil, ist das System bei x0 stabil. (2) Gibt es einen Eigenwert mit positivem Realteil, ist das System instabil. (3) Ist der größte Realteil = 0, liegt ein Zentrum vor. Quantifizierung von Chaos: der kontinuierliche Fall x F (x ) B (x ) Man betrachtet -Kugeln um einen Punkt zum Zeitpunkt 0: Die Kugeln verformen sich zu späteren Zeiten zu Ellipsoiden mit Hauptachsen i . Dann lassen sich die Lyapunov-Exponenten des Systems so ermitteln: 1 i ( x ) lim log i ( x ) t t (Zeitmittel) (für ergodische Systeme nicht vom Ort abhängig) Definition des Lyapunov-Exponenten Mittlere Divergenzrate ln f ( x ) ( x )dx Ergodische Systeme: Lyapunov-Exponent hängt nicht vom Ort ab kontrahierend/expandierend: 0 0 Def.: Ein System ist chaotisch 0 Verallgemeinerung auf k Dimensionen: k Lyapunov-Exponenten aus den Eigenwerten der Jakobi-Matrix f ( x) Dx f ( x ) i x j Falls mindestens einer 0 Chaos! (A) Segment of the phase space trajectory of the Lorenz system (for standard parameters r=28, σ=10, b=8/3; Lorenz 1963) by using its three components and (B) its corresponding recurrence plot. A point of the trajectory at j which falls into the neighbourhood (gray circle in (A)) of a given point at i is considered as a recurrence point (black point on the trajectory in (A)). This is marked with a black point in the RP at the location (i, j). A point outside the neighbourhood (small circle in (A)) causes a white point in the RP. The radius of the neighbourhood for the RP is ε=5. Fraktale und Selbstähnlichkeit • Kennzeichen eines Fraktals ist immer die nichtganzzahlige Dimension • Es gibt nicht-selbstähnliche Fraktale • Nicht jede selbstähnliche Struktur ist ein Fraktal (Gegenbeispiele: Strecke, Quadrat, Würfel) • Selbstähnliche Strukturen, bei der die Anzahl der Teile nicht skaliert wie ihre topologische (ganzzahlige!) Dimension, sind Fraktale Die Technik der Wiederkehrdiagramme • Zeitreihe {x(ti)} der Länge N liegt vor Konstruktion von Einbettungsvektoren sm (t ) ( xt , xt , , xt ( m 1) ) • Abstandsberechnung R(i, j ) sm (ti ) sm (t j ) p (für eine geeignete Norm p) • Die ( N (m 1) ) ( N (m 1) ) Matrix R heisst Wiederkehrmatrix von {x(ti)} • Der Punkt (i,j) heisst wiederkehrend, falls R (i , j ) r • Parameter: Einbettungsdimension m , Verzögerung , Schwellenwertradius r • Wiederkehrdiagramme (RPs): farbkodierte Visualisierungen von R Anzahl der Nachbarn abhängig von der Dimension Versuch zur Ermittlung optimaler Parameter • Teil 1: Ermittlung des optimalen Schwellenwertes r • Bestimmung der Wiederkehrpunkte RP als Funktion des Radius • Berechnung des Zuwachses dRP / dr • Maximum beim Überschreiten des „noise floors“ • danach Plateau? Wähle Beginn des Plateaus • kein Plateau? dann halber Wert des Maximums • Faustregel: RP ca. 30-50% Kriterium zur Ermittlung des optimalen Schwellwert-Radius Versuch zur Ermittlung optimaler Parameter II • Teil 2: Ermittlung des Delays • Der Attraktor sollte nicht zu dicht „abgetastet“ werden • Aufeinanderfolgende Einbettungsvektoren sollten nicht zu stark autokorreliert sein • Ermittlung der ersten Nullstelle der Autokorrelation (linear) oder des ersten Minimums der wechselseitigen Information (nichtlinear) • Wahl des Delays dort in der Nähe Versuch zur Ermittlung optimaler Parameter III • Teil 3: Ermittlung der Einbettungsdimension • Bestimme zu jedem Vektor x ( x1 , x2 ,..., xn ) seinen nächsten Nachbarn y ( y1 , y2 ,..., yn ) • Bestimme den Abstand der Werte zum nächsten Zeitpunkt: Rpred xn1 yn1 • Bestimme den Abstand im Originaldatensatz: Rorig xn1 xn („trivialer Prädiktor“) • Ist Rorig R pred , zählt y als „falscher“ (zufälliger) Nachbar • Wähle die Einbettungsdimension mit der geringsten Zahl von falschen Nachbarn Beispiel für falsche Nachbarn Wiederkehrdiagramme und ihre Quantifizierung (RQA) „Optische Eindrücke objektivieren“ • relative Anzahl der Wiederkehrpunkte (in Fenstern) • Deterministische Anteile sind an Linien unterschiedlicher Länge parallel zur Hauptdiagonalen erkennbar: In ist yn1 xn n (AR(1)-Modell) mit der Linienlänge korreliert • Kurze Linien werden als zufällig angesehen (Festlegung einer minimalen Linienlänge) • Verteilung der Linienlängen über Shannon-Entropie quantifiziert l max S line p (i ) log p (i ) i l min Wiederkehrdiagramme und ihre Quantifizierung (Fortsetzung) • Die jeweils längste Linie ist mit dem höchsten Lyapunov-Exponenten invers korreliert • Abnahme der Wiederkehrpunkte nach aussen ( Trend ) Verallgemeinerung: Kreuzwiederkehrdiagramme • zwei unterschiedliche Datenreihen • auf einheitlichen Wertebereich skalieren (z.B. [0,1]) • Quantifizierung so wie vorher Typische Muster in Wiederkehrdiagrammen: A: Zufällig B: Periodisch C: Trend D: Unterbrochen http://www.agnld.uni-potsdam.de/~marwan/rp/index.php?a=glance http://www.agnld.uni-potsdam.de/~marwan/rp/index.php?a=glance Vergleich: lineare Methoden und Wiederkehrdiagramm N. Marwan und Kurths (2002) Vergleich: lineare Methoden und Wiederkehrdiagramm N. Marwan und Kurths (2002) Vergleich mit komplexeren Modell: AR(1) gekoppelt mit dem Lorenz-System (n=8000) : yn = 0.86yn-1 + 0.500ξn + κxn2 N. Marwan und Kurths (2002) Vergleich mit komplexeren Modell: AR(1) gekoppelt mit dem Lorenz-System (n=8000) : yn = 0.86yn-1 + 0.500ξn + κxn2 Die lineare Methode (Kreuzkorrelation) versagt N. Marwan und Kurths (2002)