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Thomas Auinger
Sprachphilosophie
Aspekte von Wittgenstein bis Brandom
LV-Nr.: 180605
Infos unter: http://auinger.philo.at
Donald Davidson
Frage: Warum nicht beim „proximalsten“ Reiz bleiben?
„Warum soll man im Fall des Hundes etwa sagen, das Läuten der Glocke sei der
Reiz? Warum nicht die Luftschwingung in der Nähe der Ohren des Hundes – oder
sogar die Reizung seiner Nervenenden? Würde man dafür sorgen, daß die Luft in
derselben Weise vibriert, wie es sonst durch die Glocke bewirkt wird, würde das im
Hinblick auf das Verhalten des Hundes gewiß keinen Unterschied machen. Und wenn die
richtigen Nervenenden in der richtigen Weise aktiviert würden, ergäbe sich immer noch
kein Unterschied. Und wenn wir schon eine Entscheidung treffen müssen, dürfte die dem
Verhalten nächstliegende Ursache am ehesten Anspruch darauf haben, der Reiz genannt
zu werden, denn je weiter ein Ereignis in kausaler Hinsicht entfernt ist, desto eher besteht
die Möglichkeit einer Unterbrechung der Kausalkette. […] Warum kommt es uns aber so
natürlich vor, zu sagen, der Hund reagiere auf die Glocke […]?“ (VG,10f.)
Zusammengruppierung/klassifizierung – Ähnlichkeitsreaktionen – öffentliche Bezugnahme
Donald Davidson
Vorrang der distalen Theorie
„Die distale Bedeutungstheorie entfernt die Sinnesorgane sowie ihre unmittelbaren
Tätigkeiten und Äußerungen – wie etwa Empfindungen und Sinnesreizungen – aus
ihrer für die Bedeutung und Erkenntnis überaus wichtigen theoretischen
Stellung. Dies entspricht Quines Formulierung, sobald er der distalen Theorie zuneigt:
»Die einzigen Fixpunkte sind der gemeinsame Reiz und das Wort.« Der gemeinsame
Reiz ist natürlich etwas Distales, während die Reizungen der Sinnesorgane, die
nicht mehreren gemeinsam sein können, keine Fixpunkte darstellen. Mit dieser
Einsicht bestreiten wir nicht die kausale Rolle der Sinne, sondern nur eine bestimmte
erkenntnistheoretische Auffassung dieser Rolle. Eine distale Theorie ist ebenso
grundlegend kausal und in Einklang mit den Bekundungen der Wissenschaft
wie eine proximale Theorie. Der Unterschied liegt in der Wahl des angemessenen Orts
der relevanten Kausalfaktoren – außerdem auch in der Wahl einer erkenntnistheoretischen
Einstellung.“ (BWB,60)
Donald Davidson
Externalismus im Stile Davidsons
„Wie kann einer feststellen, was in einem fremden Geist vor sich geht?
Die vollständige Antwort auf diese Frage ist sicher überaus kompliziert, doch ein
grundlegender Teil dieser Antwort muß meines Erachtens auf der Tatsache beruhen, daß
Ereignisse und Gegenstände, durch die eine Überzeugung hervorgerufen wird,
zugleich den Inhalt dieser Überzeugung bestimmen. Demnach ist die je nach den
Umständen und unter normalen Bedingungen durch das offensichtliche Vorhandensein
eines gelben Gegenstands, der eigenen Mutter oder einer Tomate hervorgerufene
Überzeugung ebendie Überzeugung, dort sei etwas Gelbes, die eigene Mutter oder eine
Tomate. Dahinter steckt natürlich nicht der Gedanke, die Natur gewährleiste, daß unsere
einfachsten Urteile immer richtig sind, sondern der Gedanke, daß die kausale Geschichte
solcher Urteile ein konstitutives Hauptmerkmal ihres Inhalts liefert.“ (VG,8)
Donald Davidson
„Der Externalismus macht deutlich, wie eine Person in Erfahrung bringen kann,
was jemand anders denkt; zumindest gelingt dies auf der Grundebene, denn indem der
Interpret ausfindig macht, was normalerweise die Überzeugungen einer anderen
Person bewirkt, hat er einen wesentlichen Schritt getan in Richtung auf die Bestimmung
des Inhalts dieser Überzeugungen. Eine andere Möglichkeit, herauszubekommen, was der
andere denkt, ist nicht ohne weiteres vorstellbar.“ (VG,8)
„Natürlich zeigt der Externalismus nicht, daß bestimmte Wahrnehmungsurteile – und seien
sie auch von der schlichtesten Art – nicht falsch sein können. Was der Externalismus
tatsächlich zeigt, ist, daß die Fehlerhaftigkeit der Mehrzahl solcher Urteile
ausgeschlossen ist, denn der Inhalt der verfehlten Urteile muß auf dem Inhalt der
richtigen beruhen.“ (VG,9)
Donald Davidson
Wahrheit und Objektivität
Alfred Tarski
Davidsons Rückgriff auf Tarskis Werk: „Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten
Sprachen“ (1935)
Wahrheitstheorie
Bedeutungstheorie
Interpretationstheorie als radikale Interpretation
Von einer Tarski-Theorie für formalisierte Sprachen zur Interpretationstheorie für natürliche
Sprachen
Konvention-W mit einer konkreten Einsetzung:
Die Aussage »Schnee ist weiß« ist wahr genau dann, wenn Schnee weiß ist.
Notwendige Unterscheidung: Objektsprache (L) – Metasprache (M)
Definition von »wahr-in-L« in der Metasprache
Donald Davidson
Tarski-Programm:
Voraussetzung von Bedeutung zum Zwecke der Explikation von Wahrheit
Davidson-Programm:
Voraussetzung von Wahrheit zum Zwecke der Explikation von Bedeutung
„Der syntaktische Test ist lediglich dazu bestimmt, die Beziehung der Synonymie oder
Übersetzung zu formalisieren, und diese Beziehung wird in Tarskis Arbeit über den
Wahrheitsbegriff als unproblematisch aufgefaßt. Bei unserer Einstellung wird die
Blickrichtung Tarskis umgekehrt: Wir wollen ein Verständnis der Bedeutung
oder Übersetzung erzielen, indem wir davon ausgehen, daß der
Wahrheitsbegriff schon erfaßt ist.“ (Der Begriff des Glaubens und die Grundlage
der Bedeutung, in: Wahrheit und Interpretation,217)
Donald Davidson
Interdependenz von Überzeugung und Bedeutung
„Wenn ein Sprecher in einer bestimmten Situation einen Satz für wahr hält, so liegt das zum
Teil an dem, was er unter einer Äußerung dieses Satzes versteht oder verstehen würde, und
zum Teil an dem, was er glaubt. Wenn wir uns an nichts weiter halten können als die
Tatsache der aufrichtigen Äußerung, können wir die Überzeugung nicht erschließen, ohne die
Bedeutung zu kennen, und es besteht keine Aussicht, die Bedeutung zu erschließen, ohne zu
wissen, was der Sprecher glaubt.“ (Der Begriff des Glaubens und die Grundlage der
Bedeutung, in: Wahrheit und Interpretation,206)
Bedeutungsholismus
„Begriffe wie der der Bedeutung und der des Glaubens lassen sich in einer fundamentalen
Weise nicht auf physikalische, neurologische oder gar behavioristische Begriffe zurückführen.
[…] Die Irreduzibilität der diesen Theorien wesentlichen Begriffe wird […] durch die Methoden
gewährleistet, auf die wir uns bei der Aufstellung von Theorien des Glaubens und der
Bedeutung berufen müssen. Jede Interpretation und Zuschreibung einer Einstellung ist ein
Schritt im Rahmen einer holistischen Theorie, einer Theorie die notwendig durch das
Interesse an Widerspruchsfreiheit und allgemeiner Kohärenz mit der Wahrheit bestimmt ist,
und das ist es, was diese Theorien für immer von denen unterscheidet, die unbeseelte
Objekte oder Objekte als unbeseelt beschreiben.“ (Der Begriff des Glaubens und die
Grundlage der Bedeutung, in: Wahrheit und Interpretation,223).
Donald Davidson
Holismus und Irrtum
„Eine holistische These besagt, daß die Identität eines gegebenen Gedankens zum Teil
von seinen Beziehungen zu anderen Gedanken abhängig ist. Demnach lautet die
einfachste Frage im Hinblick auf den Holismus: Wäre es möglich, daß ein
Lebewesen einen Einzelgedanken erwägt?“ (Das Problem der Objektivität, in:
Probleme der Rationalität,37)
Möglichkeit des Irrtums und Verstehen des Irrtums!!!
„Meines Erachtens müssen wir zu dem Schluß kommen, daß die Möglichkeit, ein
Lebewesen könne einen isolierten Einzelgedanken haben, nicht besteht.“ (Das Problem
der Objektivität, in: Probleme der Rationalität,38)
„Der Sinn eines Satzes, der Inhalt einer Überzeugung oder eines Wunsches ist kein
Etwas, das man isoliert von seinen Genossen an dem Satz, der Überzeugung oder dem
Wunsch festmachen kann. Es ist keine verständliche Möglichkeit, jemandem den
Gedanken, ein Stück Eis schmelze, zu unterstellen, wenn dieser Jemand nicht eine
Menge wahrer Meinungen über die Beschaffenheit von Eis hat sowie über die
physikalischen Eigenschaften, die mit Wasser, Kälte, Festigkeit usw. zusammenhängen.“
(Paradoxien der Irrationalität, in: Probleme der Rationalität,309)
Donald Davidson
Irrtum und objektive Wahrheit
„Das Wesen des Irrtums liegt darin, daß das betreffende
Lebewesen selbst dazu in der Lage sein muß, den Irrtum als
solchen zu erkennen. Ein Lebewesen, das über einen Begriff
verfügt, weiß, daß der Begriff unabhängig von seinen
Überzeugungen auf Gegenstände zutrifft. Ein Lebewesen, das
den Gedanken, es sei vielleicht im Irrtum, nicht erwägen
kann, hat keine Begriffe und keine Gedanken. Insofern beruht
die Möglichkeit von Gedanken auf der Idee der objektiven
Wahrheit: auf der Vorstellung von einer Gegebenheitsweise der
Dinge, die nicht von uns abhängt.“
(Bedingungen für Gedanken, in: Probleme der Rationalität,243)
„Die Triangulation schafft auch den Raum, der für Irrtümer
nötig ist, und zwar nicht, indem sie entscheidet, was in
irgendeinem Einzelfall wahr ist, sondern indem sie dafür sorgt,
daß die Objektivität von Intersubjektivität abhängt.“
(Bedingungen für Gedanken, in: Probleme der Rationalität,246)
Danke für ihre Aufmerksamkeit !
Auf Wiedersehen
am
20.05.2010
Weitere Informationen unter:
http://auinger.philo.at
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